190 Christoph Wolff lieh ungenannten Geiger zusammen spielen hörte, „dann wäre an einige der frühen Trios für Violine und obligates Cembalo - etwa Wq 71 und 72 sowie BWV 1036 ... zu denken.“ 22 Mehr als die von Pegah geäußerte Vermutung läßt sich in Ermangelung eines Aufführungsbeleges nicht sagen. Aber die bei den Trios Wq 71-72 sind im NV ebenso wie BWV 1036 mit „Leipzig 1731" datiert und wurden gleichfalls 1746/47 revidiert, behielten allerdings im Unterschied zur Neufassung von BWV 1036 ihre Primärbesetzung als „Cla- viertrio“ - dem von Bach seinerzeit offenbar bevorzugten Aufführungsmodus für Triosonaten. In dieser Hinsicht orientierte er sich am Vorbild der ent sprechenden Sonaten J. S. Bachs (BWV 1014-1019), die er sehr viel später noch unter „die besten Arbeiten des seeligen lieben Vaters“ zählte. 23 Ein weiteres frühes Kammermusikwerk, das laut NV in „Frankfurt]. 1735“ komponierte Trio a-Moll, zeigt überdies, daß Bach in Frankfurt dieses Reper toire durchaus pflegte, und stützt damit zugleich die Frankfurter Verbindung mit BWV 1036. Auch wenn die ursprüngliche Fassung des a-Moll-Trios ver loren und nur deren Revision Wq 148 erhalten ist, deutet sich hier die Mög lichkeit an, daß die unbekannte Vorlage für die Abschrift in der Sammlung Mempell-Preller nicht unbedingt aus der Leipziger Zeit stammen müßte. Ihre Herkunft könnte sich ebenso gut mit dem Collegium-musicum-Kreis der Frankfurter Zeit 1734-1738 erklären lassen. Der Mangel an biographischen Daten zu Mempell verhindert hier die notwendigen Erkenntnisse. Aber zurück zum Brief des musikalisch gebildeten Kronprinzen. Welche Kompositionen auch immer der junge Friedrich vor dem 8. Juni 1735 gehört haben mag, die Bemerkungen gegenüber seiner Schwester über Stärken und Schwächen des nur zwei Jahre jüngeren Bach-Sohnes zeugen von ausgeprägt kritischem musikalischen Urteilsvermögen, selbst wenn Geschmack als sol cher kein präzises Kriterium darstellt. Immerhin aber hielt auch Bach es für notwendig, die betreffenden Werke jener Jahre gründlich zu erneuern, das heißt nicht nur kompositionstechnisch zu verbessern, sondern auch einer neuen musikästhetischen Ebene anzupassen, mit der er sich in den 1740er Jah ren identifizierte. Ein Vergleich der Neufassung des d-Moll-Trios mit seiner früheren Gestalt bietet hierzu konkrete Anhaltspunkte, wie sie anderweitig kaum greifbar sind. 22 Ebenda, S. 331. 23 Dok III, Nr. 795.