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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187903114
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18790311
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18790311
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1879
- Monat1879-03
- Tag1879-03-11
- Monat1879-03
- Jahr1879
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1879
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In Triest fehlt es nicht au Zwischenfällen und Putsch«, Demoustrattoneu »uv Unfug der be denklichsten Art. ReuerdingS wird d« „U. Z." von dort geschrieen; Unsere Behörden haben den sehr zweckmäßigen Grundsatz angenommen die Petarden-Leauna, welche hier so häufig stattstndet, nicht al» politisch« Demonstration, sondern ganz einfach alt „Brand stiftung" und „Gewaltthüttqkett" zu behandeln und di« betrestenden Paragraphen de» Eriminal-Gesetz- buchet auf diese verbrecherischen Handlungen an- zuweuden. Eo ist bereit» ein Individuum, welche» sich in Görz einet solchen Verbrechen» schuldig gemacht hat, zu dreiiähngem schweren Kerker veruriheilt worden. Daffelbe vnncip wird auch Heer befolgt werden und Diet dürfte da» sicherste Mittel sein, jenem ruchlosen und unfin nigen Treiben ein Ziel zu stecken Während ei« paar dieser „Petardeure" sich bereit» in ge richtlicher Untersuchung befinden, wurden neuerding» einig« Petarden abgebrannt, wahrscheinlich in der Absicht, ben Bezichtigten zu Hülfe zu kommen und ihnen die Möglichkeit zu bieten, ihre Tbaten zu läugnen, den Verdacht von sich abzuwälzen, vielleicht auch um zu beweisen, daß die Zahl der Kanoniere der ,^t»ll, irreäent," in Trieft eine größere ist, als man glaubt. Hoffentlich w!rd e» der Wachsamkeit der SicherheitSoraane in Bälde gelingen, der aanzen Sippschaft Habhaft zu weiden. Ihren Zweck hat sie keine-weg- erreicht, denn die Triester haben sich durch diese lärmenden Einschüch- terungSversuche weder in ihren Geschäften, noch in ihre» Vergnügungen stören lasten. » » * Der in Versailles vom Deputirten Brisson verlesene Bericht der Commission sür die Unter suchung der Handlungen de» Ministeriums vom 18 Mai 1877, der, wie berichtet, sich für Erhebung der Anklage aussprach, wurde von der Kammer im Ganzen kühl ausgenommen, die Rechte verhielt sich vollständig theilnahmlos. Die Pariser Abendblätter vom Sonnabend weisen auf die Abstimmung der Mitglieder der Commission über die Amnestie Vorlage am 23. v. M hin und heben hervor, daß von den 22 die Majorität der Commission bildenden Mitgliedern, durch welche die Versetzung der Minister in den Anklagestand beantragt ist, 16 für volle Amnestie gestimmt, 3 der Abstimmung sich enthalten haben, während 2 an der fraglichen Sitzung gar nicht theilnalmen und ein Mitglied mit der Regierungsmajorität stimmte. Die Blätter ziehen daraus den Schluß, daß die Majorität der Commission die Minorität der Kammer repräsentier, und daß dieselbe am nächsten Donnerstag mit ihrem Antrag ebenso unterliegen werde, wie sie bei der Abstimmung über die Amnestievorlage geschlagen worden sei. — Eine telegraphische Correspondenz der „Post" faßt die Lage wie folgt auf: Nach den angeflellten Zählungen hält man eine Majorität gegen die Ministe ran klage für sicher. Die Regierung beschäftigt sich lebhaft nnt der Frage. «Ache Haltung die Rechte hierbei einnehmen wird. Da sie die EabinetSfrage stellt, so kann sie die Stimmen der Rechten nicht al» Vertrauensvotum acceptiren, andernfalls aber läuft sie Gefahr, daß die Stimmenthaltung der Rechten der Anklage die Majo rität verschaffe. Aufsehen erregt der Beschlub deS linken EentrumS, gegen die Rückkehr der Kammern nach Paris zu stimmen, sowie die dabei gehalte nen Reden in betont conservativem Sinne. Die Hractton erklärte, ihre volle Handlungsfreiheit dem Ministerium gegenüber aufrecht erhalten zu wollen. — Die Ernennung CaubetS^ deS radikalen vice- vrüfidenten deS Pariser GcmernderathS, zum Ca- binetSchef deS Polizeipräfecten und besten proviso rische Betrauung mit der Leitung der Munnipal- polizei erregt große» Mißtrauen in gemäßigten Krerfen, well damit die Polizei dem Einflüsse deS radikalen GrmeinderathS verfallen ist. Gambetta spielt unter diesen Wirrnissen den BolkStribun mit demagogischer Ostentatron, um die Gunst der Masten buhlend Seit einigen Tagen finden sich viele Belleviller Weiber mit ihren Kindern im PalaiS deS Kammerpräsidenten Gam- betta ein und werden dort von Fran^oiS, dem Kammerdiener Gambctta'S, ganz gut empfangen und zum Concierge geführt, wo sie ein Almosen erhalte«, die Brosämlein, die von seiner luculltsch Lu»geftatteten Tafel fallen. Gambetta soll übrigen» deren» bedauern, daß er vor der Hand seine offi cielle „Residenz" nicht in Versailles nahm. Wie man hört, hielt Clemenceau seine Reden gegen Marcöre in vollem Einverständniß mit Gambetta. Der Cx-Dictator hält e« mit beiden Seiten, mit d.-m Ministerium und mit der radikalen Opposition; man nennt Da» ä äem muius arbeiten. * * O » Der Charakter de» neuen spanischen Cabinet» ist der eines CoalitionSministeriumS, welches neben entschieden konservativen und fast ultra-conserva- tiven Mitgliedern auch einige verhältnißmäßia liberale Elemente wie Silvela und Ayala auf weist. Die CorteS sollen aufgelöst werden, so daß die Entscheidung über die kubanische An gelegenheit den ne» zu erwählenden Volksvertretern zusällt. Betreff- weiterer Veränderungen in den höchste» RegierungSämtern heißt es, daß General Bianca nach Cuba gehen und valmaseda einen einflußreichen Gesandtschaftsposten erhalten werde. Wie es heißt, hätten sich England und Frank' reich mit der Ernennung des Erbprinzen Mohamed Tewsik zum Conseilpräsidenten de» eghptischen Cabinet» einverstanden erklärt. Nubar Pascha würoe rehabilitirt werden und daS Aeußere über nehme« In Mazarischerif hat nach dem Tode des Cmir» Schir Al» eine großartige Prügelei mit Blutvergießen stattgesunden, indem die Anhänger Iakub Khan», Ibrahim Khan'» (seine» Bru ders) und Ahmed Khan'» (seines Reffen) sich gleichzeitig um die Unterstützung der aus 15,000 Mann bezifferten SoldatrSka bewarben. Dabei wurde der russische Arzt IavorSky ins Gesäng- niß geworfen, aber von den Anhängern Iakub Khan'S, die schließlich Sieger blieben, am Abend des 22. Februar wieder befreit und zur russischen Grenz« eutlaffeu. Iu Taschkend ist da» Gerücht verbreitet, Iakub Khau sei von Kabul nach He rat geflüchtet. > », » * » Eia Anwalt des Friede»» ist selbst z»m ewigen Frieden eingegäugen. Lu» New-Nork wird gemeldet, daß der Friedensapostel Elihu Burritt gestorben ist. Elihu Burritt wurde am 8. December 1811 in New-vrüain im Staate Eonnecticut al» da» zehnt« Kind eine» Schuhmacher- geboren. Mit dem 17. Jahre kam er zu einem Schmied in die Lehre. Sein Bruder, der ern Schullehrer war, unterrichtete ihn in den AnfanaSgründen der Mathematik, de» Lateinischen und Französischen. In Worcester setzte er seine Studien und seine Arbeit al- Schmied unermüdlich fort. AI» Schriftsteller trat er zuerst 1843 mit einer Bearbeitung isländischer Sagen aus. Seinen großen Ruf verdankte der „gelehrte Grob schmied" indessen weniger seinen schriftstellerischen Leistungen al» seinen Bemühungen um die Her stellung eine- allgemeinen Frieden-, Schon al» zwanzigjähriger Jüngling predigte und sprach er m diesem Sinne und hatte einen kleinen Verein gebildet, in dem er seine An sichten vertrug. Seit 1840 bereifte er als Friedens apostel die Vereinigten Staaten, 1848 begab er sich nach England und nahm an den von ihm haupt sächlich in Anregung gebrachten FriedenS-Congreffen zu Brüssels Pari», Frankfurt (1850) und London (1851) eifrigen Antheil. Seine in viele Sprachen übersetzten „Olioenblätter" wurden in Millionen Exemplaren über ganz Europa verbreitet. Nach Amerika zurückgekehrt, veröffentlichte er hier 1854 seine Reise-Beobachtungen und Erinnerungen. Bald darauf begab er sich wieder nach England und fuhr bin fort, wenn auch mit geringem Er folg, in Wort und Schrift christliche Liebe und Brüderlichkeit zu predigen. Eine Selbstbiographie enthält seine letzte Schrift „Zehn Minuten Plau derei über alle- Mögliche" (1874). Elihu hat einen Nachfolger gefunden. Der Abgeordnete von Bühler (Oehrmgen) hat fol- genven Antrag gestellt: Der Reich-tag wolle beschließen: den Fürsten Reichskanzler zu ersuchen, einen europäischen Staatencongreß zum Zweck der Herbeiführung einer wirksamen allgemeinen Abrüstung, etwa aus die durchschnittliche Hälfte der gegenwärtigen Friedensstärke der europäischen Heere für die Dauer von vorläufig 10-15 Jahren zu veranlassen. So wünschenSwerth der Erfolg wäre, der Antrag Bühler strebt dennoch eine Utopie an, die selbst der edle Elihu Zeit seine» ganzen Leben» nicht zu verwirklichen wußte. Deutscher Reichstag. * Leipzig, 10. März. Wir tragen, unser gestrige» Referat über die Sitzung de« Reichs tage« vom Sonnabend ergänzend, noch einen Theil des Sitzungsberichtes nach, der die erwähnte sehr unerquickliche Controverse zwischen dem Reichskanzler und dem Abgeordneten LaSker in recht grellem Lichte erscheinen läßt. Bei den Ausgaben der ReichScasse für Maßregeln gegen die Rinderpest verlangt Richter (Meißen) eine strengere Absperrung der Ostgrevze, energische Maß regeln gegen den Schmuggel an der russischen Grenze und schleunigste Ausarbeitung deS SeuchengesetzeS. Darauf spricht derAbg. v. Bethmann-Hollweg. An dessen Rede anknüpfend, äußert sich Fürst BiS marck wie folgt: Wir können unS der Wahrnehmung nicht entziehen, daß unsere Grenzen gegen die Einschleppung der Seuche bisher nicht hinreichend geschützt sind (Zustimmung): ich möchte aber bitten, dafür nicht das Reich als ver antwortlich anzusehen. DaS Reich hat keine Executiv- mittel und kerne eigenen Beamten, um den Grenz schutz zu fördern. Es hat nur einen Eindruck gemacht, der rn mir Zweifel anregte, wenn ich auS den Unter suchungen entnommen habe, daß mit großer Wahr scheinlichkeit Jahr und Tag auf denselben bestimmten Waldpfaden die Einfuhr von Vieh massenhaft statt- gesunden bat. ES scheint mir doch fast unmöglich, daß die Grenzbeamten, daß der in seinem Kreise herumfahrende Landrath gar nicht auf den Ge danken kommen sollte, daß dort Umgehung und Uebertretung der Gesetze stallstaden könnten. Die neuesten Untersuchungen in Ostpreußen haben zur Genüge bargethan, daß Beamte, selbst von nicht ganz unterster Stellung, durch Ausstellung von falschen Attesten zur Ausbreitung der Seuche beigetragen haben, die unseren Viehbestand zerstört und uns um die ganze Ausfuhr nach England gebracht hat. Welche- werden nun die Strafen für die- vergehen, ja man kann sagen im Hinblick auf die Calamitäten, die dadurch über daS Land gebracht werden, Verbrechen sein, daß man leichtsinnig, um Gewinn zu suchen. daS ganze Land den Gefahren der Seuche auSsetzt? Ich erlaube mir, daran zu erinnern, wie wir da- Gesetz, betr. die Zuwiderhandlungen gegen die Be stimmungen über die Verhütung der Einschleppung der Rinderpest vorgebracht haben, wie außeror dentlich von der Seite, die eS für ihre Aufgabe hält, mehr Rücksicht auf den Verbrecher al- auf daS verbrechen zu nehmen, man bemüht gewesen ist, demselben seinen abschreckenden Charakter zu nehmen. Ich glaube, wir werden gezwungen sein, Ihren milden vorjährigen Beschluß zu amendiren; ich mache darauf aufmerksam, daß die Gesetzgebung gegen daS verbrecherische Emschleppen deS ViebeS eine viel zu milde ist. Einstweilen möchte ich bitten, nicht daS Reich als verantwortlich anzusehen für diese Mißbräuche der Einschleppung, die an der Grenze jedenfalls stellenweise statifinden müssen, sondern dagegen lieber in den Einzeiftaaten die Re gierung und Verwaltung zu interpelliren. Wir haben nicht die Mittel, da wir nicht einmal über die Zoll beamten ein verfügungSrrcht buben. Abg. LaSker: Ich weiß wirklich nicht, welchen An laß der Herr Reichskanzler hatte, sich bei dieser an sich so sachlichen Debatte einer persönlichen Gereiztheit »u bedienen. (Sehr wahr! link-, Unruhe recht-.) M. H., DaS hängt zusammen mit den Dingen, dir wir neulich verhandelt haben. Wenn der Herr Reichs kanzler von Mitgliedern deS Reichstage- spricht, die sich mehr deS verbrechen- annehmen, alS der öffent lichen Wohlfahrt, dann hinzufetzt: ich will eS zwar nicht gesagt haben, nachdem er aber thatsächlich bereit- gesagt hat, und diese Worte dabei offenbar an eine bestimmte Adresse richtet, so ist charakteristrt, von welcher Seite die Anregung zu aufregenden Depatten ohne den geringsten Anlaß gegeben wird. (Wider spruch recht».) E» ist sehr gut, daß der Reichskanzler einmal auf frischer L hat erfahre, wie «in solche» ver fahren wirkt. E» wäre wen lasten» billig gewesen, daß der Reichskanzler die Thatsachen so vorge tragen hätte, wie st« hier verhandelt worden sind, der ganze Vorwurf wäre dann haltlo» ge wesen. Da» Maximum der Strafe für folcye Ver- gehen, wie der Reichskanzler st« geschildert hat, näm lich Zuchthaus bi» nt 10 Jahren, ist von keiner Seite definiten worden. Wenn der Reichskanzler selbst auS- sagt, doß Beamte in Preußen sich daran bethe»ligt hätten, falsch« Alteste auSzustellen, um den Schmuggel- Handel zu begünstigen, >o ist von vornherein und un bestritten von allen Seiten de» Hauses die Vorschrift gegeben, mit denjenigen schweren Strafen die Thäler zu treffen, welche die Regierung vorgeschlaqen hatte. ES handelte sich damals vielmehr um da- Minimum. Meint denn der Reichskanzler, daß recht bohr Strafen schon eine gute Gesetzgebung au-machen? Wer all dem juristischen Sinn neben dem Interesse deS Ver kehr- auch die Natur deS vergehen- zu berücksichtigen wünscht, der hört auS dem Munde deS ersten Be amten de- Reiche-, er begünstige mehr da- verbrechen als da- Wohl de» Lande». (Beifall link». Wider spruch recht».) Fürst BiSmarck: Ich rufe den Reichstag und alle Zuhörer zu Richtern an, wer ruhiger und sachlicher gesprochen hat, ich oder der Herr Abg. LaSker. Ich habe mich vollständig innerhalb der sachlichen Debatte bewegt, habe auch Niemand persönlich genannt, namentlich den Herrn Abg. LaSker nicht. Wenn er sich zu der Bezeichnung Derer meldet, die den Schutz de- Verbrecher- gegen Ungerechtigkeiten schärfer accentuiren, alS den Schutz deS ehrlichen ManneS gegen die Verbrecher, so kann ich doch nicht dafür. Außerdem muß ich doch sagen, daß die Art, wie der Herr Abgeordnete mir einen belehrenden Verweis giebt, wie ich schon öfter an ihm bemerkt habe, doch himmelweit verschieden ist von der sachlichen Kritik, die ich an der Lage unserer Gesetzgebung geübt habe, im Interesse der Sicherheit unserer Viehzüchter; und ich möchte rhm gerade den Vorwurf zurückgeben, daß ich ihn hier auf fiischer Thal ertappe, wie er die sachlichsten Bemerkungen, sowie er den leisesten Stachel einer Kritik seiner Auffassung findet, zu einer zor nigen Strafrede persönlicher Natur benutzt, mir zu beweisen, daß ich Jemanden verdächtigt hätte. Ich habe an ihn gar nicht gedacht und erst jetzt wird eS mir gegenwärtig, daß er einer der Redner war, die verlangten, es solle dem Viehschmuggler die gewinn süchtige Absicht nachgewiesen werden. (Widerspruch von Seiten Laster'-). Ich bin auf die Einzelheiten nicht vorbereitet, da ich weit entfernt war, an die Möglichkeit einer solchen persönlichen DiScusfion zu denken. Sie haben daS Minimum herabgesetzt; da- Minimum heruntersetzen heißt aber die Strafe ber- untersetzen. Ich glaube auch nicht, daß in solchen Gesetzgebungen, die recht eigentlich praktischer Natur sind, die Herren Juristen da- Hauptwort mitreden sollten, sondern die praktischen Interessenten. (Beifall rechts.) Abg. LaSker: Der Reichskanzler konnte sehr viel ruhiger sprechen, denn Herr von Bethmann-tzollweg bat weder ihn noch sonst Jemand im Hause provociri. Dagegen sind alle — ich war eS nicht allein, sondern die Mehrheit de- Hause- —, welche im vorigen Jahre bemüht waren, das Minimum herunterzusetzrn, durch die Worte de- Reichskanzler- provocirt worden, indem er über einen Beschluß des ReichStagS sagte, daß eS Mitglieder gebe, welche da- Verbrechen mehr schützen alS die Wohlfahrt de- Lande-. Ich habe immer wahr genommen, daß er, der große Meister der Rede, genau ledes Wort abzumessen weiß, damit eS an die richtige Adresse komme, und stet- weiß er sehr wohl, wie das Won psychologisch wirkt. Der Reichskanzler hat ferner gesagt, er hätte nicht gewußt, daß ich mich dieser Sache annehmen würde. Ich weiß nicht, ob der Reichskanzler die „Post" oder ..Norddeutsche Allgemeine Zeitung" liest; in diesen Blättern war eS jahrelang Mode, mich alS solchen Mann zu charak- terisiien, wie eS der Reichskanzler beute aethan hat. llebrigenS bin ich nicht allein getroffen, sondern daS ganze Hau» ist dabei betheiligt. (Rufe rechiS: Nein!) Sie nicht, meine Herren! Mein Antrag ist damals gar nicht durchgegangen, sondern der Antrag, den die Regierung mit anderen Mitgliedern de- Hause- ver einbart hatte. Und nun gar daS Urtheil über die Richter. DaS Minimum war durchaus nicht niedrig gegriffen; wenn daS Minimum hoch gegriffen ist und iu schweren Fällen biS zum Zuchthause gezogen werden kann, dann wird ein Richter sich gekränkt fühlen, wenn man sagt, ein derartiges Strafgesetz habe für ihn die Bedeutung, als ob da- Minimum der Strafe die anzuwendende Strafe wäre. Fürst BiSmarck: Ich glaube, die DiScusfion wird selbst den Eindruck gemacht haben, daß die Grenze, die der Herr Abgeordnete zuletzt citirte, nicht ver lassen wäre, wenn er nicht daS Wort ergriffen hätte; erst von dem Augenblicke hat sie meines Erachten» die Grenze, die der Herr Abgeordnete selbst bezeichn«»«, verlassen. Ich habe mich vollständig m sachlichen Grenzen bewegt. Der Herr Abgeordnete hängt sich an den einen Ausdruck, mit dem ich Diejenigen be zeichnet habe, die stets für die mildesten Strafbe stimmungen, für die Herabsetzung der Strafbestim mungen sind, um mich zu kennzeichnen wie Jemand, der ganze Kategorien unüberlegter Vorwürfe macht. Ich halte DaS nicht für unüberlegt, sondern halte eS für nothwendia, die Ausdrücke so scharf und prägnant zu brauchen, daß sie auch im Publicum einen Ein druck machen, daß unsere Gesetzaebung in ihren Strafbestimmungen zum großen Theil zu milde ist. Ich bin außerdem berechtigt, wenn ich davon spreche. Versuche der Grsetzqebung nach der Richtung hin zu erneuern, daß ich mich ohne Nennung irgend eine- Namen- an diejenige Richtung wende, die meines Erachten- die vorgelegten Gesetze in ihrer Wirkung zu sehr abgestumpft hat, damit die Herren ihrerseit- nch der Folgen besten, waS sie durch diese Ab minderung gethan haben, recht klar bewußt werden. Ich weiß nicht, nach der Schärfe, mit der der Herr Abgeordnete mich angegriffen hat, muß ich allerdings glauben, daß ich DaS ihm gegenüber nicht erreicht habe; aber mir genügt es, wenn ich im Lande und in der großen Mehrheit der Abgeordneten DaS erreiche. Abg. LaSker: Ich habe also die Absicht de-Herrn Reichskanzler- richtig beurtheilt und eS deswegen für nothwendrg gehalten, sofort nachzuweisen, daß di« Darstellung nicht richtig war, um den Borwurf nach- zuweisen, alS seien die Bestimmungen in dem Gesetz gegen Einschleppung der Rinderpest zu milde getroffen. Abg. vr. Zinn: Die AeußerunadeS Reichskanzler», daß man für die mangelhaften Maßnahmen zur Ab wehr der Seuchen nicht da- Reich verantwortlich machen könne, sondern die Initiativ« den Einzrl- staaten überlasten müsse, veranlaßt noch mit Rücksicht darauf, daß hier vor allem Preußen in Betracht kommt, m der Vitt« an den Reichskanzler, . . den preußischen Ministerpräsidenten auf dies« Hebe» stand aufmerksam machen möge. Fürst BiSmarck: Im Namen de» preußische» Ministerpräsidenten kann ich dem Herrn Vorredner sagen, daß diese versuche von mir gemacht worden sind, ich hoffe, mit Erfolg, aber mit einem sehr schnellen nicht. Ich bitte ihn aber, zu erwägen, daß Preußen von verschiedenen Ministerien regiert wird, von denen jede» für sein Ressort verantwortlich ist, und daß der Ministerpräsident von Preußen keine verfügende vefugniß gegen irgend eine» dieser Mini sterien hat. Ich habe nur die Verantwortlichkeit de» Reiche» für Da», wa» bisher geschehen ist, salvireu wollen: die de» preußischen Minister Präsidenten bitte ich dafür doch nicht unmittelbar in Anspruch zu nehmen, namentlich da ich jetzt mit vollem Recht seil Jahren dort stellt, rrtreten bin und die Identität zwischen dem Kanzler und dem Minifter-Präfi- beuten von Preußen doch nicht mehr in de« Grade stattfindet, wie e» der Herr Abgeordnete mit einer ironischen Wendung vorauSzusetz-n scheint. Abg. v Behr-Schmoldow ersucht die Reich»- regierunq um Mtttheilunaen über die gelegentlich de» letzten AuSbruch» der Rinderpest angestellten E* Mittelunaen. Abg. Saro (Oberstaatsanwalt in Insterburg, con- servativ): Die Meinung de- Abgeordneten LaSker, daß trotz emcS niedrigen Minimum» die Richter doch nicht auf ein zu Milde- Strafmaß erkennen, ist nach meinen langlährigen Erfahrungen al- Richter und StaatSanwalt nicht richtig, (hört!) Mein« Er- fahrung hat mich gelehrt, daß m dn meisten Fällen die Richter nur auf daS Minimum erkennen und nur in den seltensten Fällen darüber hinauSgehen. Ich selbst habe als Richter dieser Richtung gehuldigt. Rußland hat ein zu große- Interesse an dem Bich- Import nach Preußen. Hierbei müßte selbst bei ge ringen Contraventronen eine absolut abschreckende Strafe als Minimum festgesetzt sein, wegen der un heilvollen Conseq aenzen, welche hierau» für da» Reich und Europa folgen können. Abg. Richter (Hagen). (Fürst BiSmarck verläßt den Saal.) Ich finde e» äußerst bedenklich, in der Weise, wie eS hier gescheben ist, Richtersprüch« zu kritisiren, und bedauere, daß DaS geschehen ist unter Vortritt de» Reichskanzlers. Wenn der Reichskanzler sich wieder einmal beklagt über die gesunkene Achtung der niederen BolkSklaffen vor der Autorität der Gesetze und der Behörden, dann mag er sich erinnern, daß seine Art, die Richter anzugreifen, nicht dazu beiträgt, diese Achtung vor ihnen zu erhöhen. Abg. LaSker: Eine Kritik, wie sie der Abg. Saro hier an Richtersprüchen geübt hat, namentlich, wenn sie nicht mit der Politik zusammenhängen, »st mir noch in keinem Parlamente vorgekommen Eine ab solute Abschreckung, wie sie der Abg. Saro wünscht, lst nur die Todesstrafe. Der Reichskanzler selbst bat gesagt, daß die deutsche Grenze nicht genügend be wacht sei. ES wäre deshalb besser gewesen, dahin die Aufmerksamkeit zu richten, anstatt die Richter mit einer Kritik zu beyaften, die sie nicht verdienen. (Bei fall links.) — Die Position wird bewilligt (Fürst BiSmarck tritt wieder in den Saal.) Die Jena'sche Zeitung schreibt unterm 23. Februar: AlS der JustuS von Llebig'sche Fleisch-Export zum ersten Male auf dem Kontrnente der Küche offeritt wurde, staunte man ihn zwar an, betrachtete ihn aber mit Mißtrauen' erst nach und nach bürgerte er sich ein, und heut ist er in jeder guten Haushaltung zur Bereitung von Bouillon, Suppen, Saucen u. s. w. unentbehrlich. Die Erfahrung hat gelehrt, daß dieser Fleischextract wohlthätig nährend auf einen gefunden, mehr noch auf einen kranken Körper wirkt. Vor Kurzem traten die Herren Henning und tzildebrandt, Berlin. Schiffbauerdamm 3, mit einer Novität, einzig in semer Art, einem Fleisch-Extract-Liqueur und einem Fleisch-Extract-Bitter hervor, in denen man neben byaieinischen Kräuter-Absuden und Balsamen de- zur Erhaltung und Beförderung der Gesundheit daS Na gende Vehikel — den Flersch-Extract — in zarter Auslösung unbemerkt genießt. 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