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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.02.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187202174
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18720217
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18720217
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1872
- Monat1872-02
- Tag1872-02-17
- Monat1872-02
- Jahr1872
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.02.1872
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»M.I sowie k«. lei Grichu^j. > er» mÜ HA^ bringt rMch en.Luchda.,,! vns« «icht M -rstr.rr.l.OL >r vluurt s t -- li>, tschev Am«. !stc Mittel i^j mg, Ap»v lvtar«ch, s hwerden LÜ« a im Nazqi, ^ >, Ecke r»« Zweite Leilage M Leidiger Tageblatt md Anzeiger >en »rau- an w «it beliebiges lb Sgr. er zusamum >ng?'/, Sgr. «er alle- des c. Ängehcche )pW, rIastrmme. >en, Bchörde». agenomweii, lost, - tw.StemR. A eeppe » Post. Z ^ 5 I IS .? - ahe der Paß. k^ > cktz Lo., i- bewährtester r«r. lug-bnrg. »abe ich ei-e istern billig lkl M. S. n Mnall«, irden, §»-« auf stelle «r Nvcheit ISchwirgel, wrrrhvolit en wurden, sich dieser Hotel- mrd Leipzig, Aee« 20 * a ße 7, , »ge» tl«lrl vir Commuualbank des Königreichs Sachsen. Liner aufmerksamen Beobachtung bat eö nickt lieben kennen, das? die Crevitinstitulionen !Ladens bisker in dein Mangel einer Cemralstelle Ich die Vermittelung von Änleben der Stadt- I «t Landgemeinden ^acksenü eine fühlbare Lucke -Mn. bewogen gefunden, den zu emittirenden Anlekns-s scheinen burch Bekanntmachung »n besetz- und Verordnungs Blatt den seltenen Vorzug der soge- nanmen püpillarisck, en Qualiläk beizulegen, d. b. den Bormundfchaftöbehörden zu gestalten. daö Vermögen ihrer Pflegbefohlenen in diesen Anlelms- sckeinen anzulegen. Durchaus anderen Ursprungs und Charakters, als die meisten in diesen: Jahre begründeten Banken, wird die Communalbank, wie wir über- las rascke Aufblüken der zahlreichen industriellen I zeugt sind, in ihrem eng begrenzten Wirkungskreise Lirdie des Landes, die erhöhte Sorge für die ge-1 einer stetigen Illndbeitlicken Bedürfnisse dichtbevölkerter Ortschaften l»d der Anrbeil, welchen die Gemeinden selbst sschr und mehr an Errichtung von BcrkehrSwegen ».,. w. nehmen, haben vielfach Ansprüche an den Mshalt derselben hervorgerufen, welche einerseits M sich zu hoch sind, um in dem Steuerertrag n»es oder mehrerer Jahre Befriedigung zu finden, andrerseits der Natur der Sache nach die Ver- ideilung aus eine größere Zeitperiode rechtfertigen, da der Zweck und Nutzen dieser Ausgaben weit »der die Gegenwart hinausreicht. Wenn fick in dieser Richtung die finanziellen Ltdürsmsie auch mittlerer und kleiner Gemeinden analog denen des Staates und der größten Ge meinden entwickeln, wenn namentlich dieser Geld bedarf nickt mehr im Wege der Handdarlehne und der Tarlekne von Privaten zu decken ist, sondern an den großen Kapitalmarkt sich zu wenden nöthigt, so sind dock diese Gemeinden andrerseits bisher ganz von den Bortheilen ausgeschlossen gewesen, weite in gleicher Vage der Staat und die größeren Gmunden durch ihre Organisation, durch die Mäusung des Kapitals in den Cenlren der Be- Mning, durch die allgemeine Bekanntschaft mit den finanziellen Verhältnissen dieser großen Körper schaften, dnrck die 'Nahe des Börsenverkehrs ge nießen. Ten kleineren Gemeinden sind daher Abschlüsse rcn Anleihen nur unter den drückendsten Bedin gungen, wenn überbaupt, möglich gewesen, trotzdem die Sicherheit, welche die Steuerkraft diesen An Entwickelung enlgegengesührl werden Crevi ' und sich den nutzbringendsten Sachsens anreihen. tltlnMtutlonen Politische Monatschronik 1872. I. Monat Zauuar. (Fortsetzung aus Nr. 3L.) 17 DaS EntlafsungSgesuch des preußischen CultuSministerS v. Mühlrr vom Kaiser angenom men (siehe den 12.). — Neue AuSglelchsoerhand- lungrn zwischen der ungarischen Regierung und den Kroaten zu Agram bleiben, wie die zu Wien gepflogenen, ohne Erfolg (siehe den 28. December 1871). — Stände und Nationalrath der Schweiz einigen sich über größere Centralisatron deS Milt» tairwesenS. — Dre I. Kammer der holländischen Generalstaaten genehmigt den Vertrag mit Eng land über Abtretung de« holländischen TheileS der Küste von Guinea von England (stehe den 8. Juli 1871). — Eröffnung de-schwedischen Reichstage- 18. Erster Jahrestag der Proclamirung deü König- Wilhelm von Preußen zum deutschen Kaiser (wird hier und da — namentlich in den Rheingegenden, aber auch da nur vereinzelt — festlich begangen). — Fürstm Caroline von Reuß- Greiz stirbt. 10 In Folge einer zu Ungunsten der Regie rung ausgefallenen Abstimmung der französischen Nationalversammlung bei der DiScussion der Steuerprojecte reichen nicht allein daS gesammte leihen gewährt, kaum geringer anzuschlagen ist, als! Ministerium, sondern auch der Präsident der Re- die der größeren Städteanleihen. Line Abhülfe dieser vielfach empfundenen Uebel- stände erscheint nur dadurch möglich, daß auch den kleineren Gemeinden der große Kapitalmarkt er öffnet, daß die, für ihre Anleihen zu emittirenden Papiere ihres lokalen Charakters entkleidet und in eine gleichartige Form gebracht werden. Tiefe Erwägungen haben — nachdem rnannig- satr Versuche, die Städte selbst zu einem Verbände mit Solidarhaftung zu vereinigen oder sie direct bei der Leitung eines Bankinstit utes zu bet heiligen, hatten scheitern müssen — bereits im Verlause des vorigen Jahres die Allgemeine Deutsche Credit- Anstalt veranlaßt, bei der königlich Sächsischen Staaisregierung um Genehmigung zu Errichtung publik, ThterS, ihre Entlastung ein. — Auflösung deS kroatischen Landtage- (da sich derselbe den AuSgleichSverhandlungen nicht willfährig erwiesen, siehe den 17.). SO. Dankschreiben de- Kaiser- Wilhelm I. für die ihm am 18. von vielen Seiten zu Theil ge wordenen Glückwünsche. — Mit allen gegen tz Stimmen constatirt die französische Nationalver sammlung. daß die Abstimmung vom vorhergehen den Tage durchaus kein Mißtrauensvotum gegen die Regierung in sich hätte fasten sollen. Eure Deputation überbringt diese Erklärung dem Prä sidenten Thier-, der daraus sein Entlastungsgesuch »urückzieht. — König Wilhelm der Niederlande sanctionirt den Vertrag mit England über Ab einer, unter der Firma Communalbank des König-! tretung der Küste von Guinea (siehe den 8. Juli reiibs Sacksen sich der Lösung der ebenbezeichneten I 1K71 und 17. Januar 1872). — Franz Grill- Ausgabe widmenden Bank nächzusucben. ! parzer, bedeutender dramatischer Dichter, stirbt in liele Genehmigung ist ertheilt worden und die s hohem Alter zu Wien. 21. Auch da- französische Ministerium zieht, auf Wunsch de- Präsidenten, sein Entlastungs gesuch zurück (siehe den 19. und 20. d. M.). — Fürst Orlow überreicht dem Präsidenten Thier- Lank hat in diefen Tagen, — nach Vollendung vielfacher nothwendiger Vorarbeiten und nachdem sie für den Beginn ihrer Thätigkeit mehrfache lWäflsopcrationen bereits eingeleilet hat — ihr Lüreau hier eröffnet. Aach dem uns vorliegenden Statut ist die Bank aus ein Äctiemapital von 1,000,000 Thlr. fundirt, welches von der Allgemeinen Deutschen Crcdit- Anstalt selbst und einigen andern hiesigen Firmen sch übernommen ist und nicht zur öffentlichen Zeichnung gelangen soll. T,e Thältgkeit der Bank ist, um sie ausschließlich dem, in ihrem Namen angedeuteten Zweck dienst bar und von dem Einflüsse anderer Börsengeschäfte ganz unabhängig zu macken, auf die Abschlüsse von Änlehnsgeschäften mit Gemeinden und auf die verzinsliche Anlegung ihres Betriebskapitals in Lombard und sicheren Werthpapieren beschränkt. — Tie Abschlüsse mit den Gemeinden sind durchaus der freien Vereinbarung überlasten, so daß ebenso Tarlehne auf kürzere Zeit, als auf eine längere Reihe von Jahren mitRückzahlungdeS Lammten Kapitale« in ungetrennter Summe oder in Annuitäten ' abgeschlossen und der Zinsfuß den Verhältnissen des Kapital marktes zur Zeit des Abschlusses angepaßt werden kann. Der Aufsichtsrath und die Dircclivn ge nießen keinen Antheil am Ertrag. — Um den Kescrresond möglichst rasch auf einen ansehnlichen Lctrag zu bringen, werden demselben 25»^ des Reingewinnes überwiesen, welcher nach Vertheilung von t"'o Dividende erübrigt. Der Bestand desselben darf nur in Staatspapieren angelegt werden In dem Maaße, als die Bank Anleihen mit sächsischen Gemeinden absckließt, ist sie berecktigt unter ihrer Firma „Anlehnssckeine" in Abschnitten von Einhundert Thalern auszugeben, welcke in Mtem Vethäliniß getilgt werden, als die An- leiken der Gemeinden. Ten Inhabern der Anlehnsscheine steht ein vsantreibt an den Forderungen zu, welche die Bank gegen die Gemeinden erwirbt, so daß sie direct aus die nach der Lage der Verhältnisse und den gesetzlichen Bestimmungen unzweifelhafte Sicher- lxu bietende Steuerkraft der Letzteren angewiesen sind. UeberdieS sind diese Anlehnssckeine mit der Bürgschaft der Allgemeinen Deutschen Credit-An stalt bekleidet Bei diesen Garantieen, welche zunächst die Lteuerkraft der Gemeinden, ferner das Aktienkapital von l,ov0,ooo Thaler »nd die Bürgschaft eines großen Credit- rsßUsteS bieten, hat die Staatsregierung fick seine Creditive als russischer Botschafter bei der französischen Republik. — Einnahme de- Dorfe- Dschisa (im Gebiet der aufständischen CooShaiS iu Indien) durch dir Engländer 22. Oberjustizrath v. Falk zum preußischen CultuS- und Unterricht-minister ernannt (siche den 17.). — Eröffnung der spanischen Cortes; durch die Wahl Zorilla'S, de- Candidaren der Opposition, zum Präsidenten ertheilen sie dem Ministerium sofort ein Mißtrauensvotum. — Geburt emeS griechischen Prinzen. — Bedeutende FeuerSbrunst zu Florenz verzehrt über 200 Gebäude. 2!1. Erlaß «ine-Gesetze- über Einführung de- RtichSkriegS-esrtzr- in Elsaß und Lothringen. — Erdstöße zu Bukarest. 24. Antrag de- Devutirten Naguet in der französischen Nationalversammlung, den Exkaiser Napoleon in Anklagezustand zu versetzen (wird von der Versammlung einstweurn zurückgrstellt) — Auflösung der spanischen Corte- (stehe den 22.) — Prof. Trendelenburg, bekannter Phtlolog, stirbt zu Berlin. 2L. Generalmajor v. Hindnsin, Inspektor der preußischen Artillerie und sehr verdient um die Ausbildung dieser Waffe, stirbt in Berlin, des gleichen der italienische General Gorone, nament lich bekannt al- italienischer Bevollmächtigter bet Abschluß der preußisch-italienischen Allianz von 1866, zu Alba. 20. Mit 406 gegen 265 Stimmen genehmigt die französische Nationalversammlung bei der Be ralhung der Steuervorlagen der Regierung eint Zuschlagsteuer auf einl-ufende fremde Handel- sch sie (und spricht sich dadurch im Princip für da- Schutzzollsystem, da- von der Regierung pro tegirt wird, au-). 27. Der englische Gesandte, Lord Lyon-, zu Versailles übergtebt dem Präsidenten ver Re publik, Thier-, eine Note seiner Regierung, in welcher dieselbe ihre ernsten Bedenken gegen eine Aufkündigung der Handelsverträge von Setten Frankreich- auSspricht. — Nach scharfen Debatten verwirft die bayerische Abgeordnetenkammer (vn 7K gegen 76 Stimmen) eine Beschwerde de Bischof- von Aug-bura über da- Verhalten der Regierung dem katholischen KleruS gegenüber. — Kiamil Pascha zum türkischen Justizmtnister er nannt. 28. Die Stadt Schamachi (iu der kaSpische« Provinz Sckirran) durch ein Erdbeben fast voll ständig zerstört. rio. Bei der verathurg d«s Cultu-etat- durch da- preußische Abgeordnetenhaus erklärt der neue CultuSmtnister v. Falk, daß in dieser Session außer dem SchulaufsichtSgesetz von Seilen keines Ministeriums keine weiteren Vorlagen, die Schule betreffend, erfolgen würden. — Bedeutende Ar- beiterunruhen, durch da- Octroigesrtz veranlaßt, zu Barcelona. ;ri. Abermalige Abzahlung von 80 Millionen Kriegsentschädigung seiten- der französischen Re- zierung (siehe auch den 12 d. M.). — Graf Apponyi überreicht dem Präsidenten Thier- seine Lrebitive al- österreichischer Botschafter bei der ranzöstschen Republik. Vorlesungen im Gewaudhause tu« Beste« des Deutschen Lentral- MuseuueS für Völkerkunde tu Leipzig ') V v. Leipstg, 6. Februar. Der gestrige Abend machte da- Leipziger Publicum mit einem jungen Redner bekannt, der an hiesiger Universität als Privatdocenl für da- Feld der Geschichte seit Kurzem habllittrt und an der Stadrbibliothet als Bibliothekar der Pölitziana angestellt ist: Or. Franz Rühl. Derselbe trug über Girolamo Da von arola vor, rin im gegenwärtigen Augenblicke doppelt interessantes Thema, dem der Redner in jeder Beziehung vollauf gerecht wurde. ES sind Heuer 420 Jahre, daß Savonarola in Ferrara daS Licht der Welt erblickte. Er sollte Arzt werden, trat aber aus aufrichtigem Schmerz Uber die Verderbniß der Sitten in den Domim- canerorden ein und stellte sich zur Lebensaufgabe, die sündige Menschheit über ihren sittlichen Ver fall durch Büßpredigten aufzuklären, sie zur Um kehr auf der Bahn de- Verderbens, zur Einkehr in sich selber zu veranlassen. Lorenzo von Medici berief den melancholischen Mönch im Jahre 1482 von Bologna nach Florenz in da- Kloster San Marco. SrchSzrhn Jahre hat er zuerst al- Möuch, daun al- Prior dort gewirkt mit einem Erfolge der gewaltigsten Art, einem Einfluß auf Volk und Staat, der nicht größer gedacht werden kann. Welche- waren die Verhältnisse, in die er 1482 hinetnkam, als er die Zelle zu San Marco de zog, dre er nach seinem Sturze nur verlassen sollte, um auf den Scheiterhaufen geführt zu werden- Redner zeichnete in großen Zügen die Um Wandelung aller Dinge in dem Italien jener Zeit im Allgemeinen und zu Floren; im Beson deren. Die Ideen de- Mittelalter- waren hier längst überwunden, eine neue Zeit angebrochen, als noch im Norden Alle- beim Alten war. Mit dem Katsrrthum war e- politisch vorbei, vorbei mit Tradition, mit CorporattonSwesen, vorbei mit der Macht der Kirche Rom- über die Geister. Da- Individuum machte sich gellend, brach sich rücksichtslos Bahn. Gestürzt waren reihenweise die kleinen und größeren Republiken und ein Fürstenthum nach dem andern an ihre Stelle getreten, Fürstenthümer, in denen die Illegitimität gewistermaßen zum Princip geworden, in denen der Cäsari-mu- herrschte, da- Zugreifen und Annectiren allgemftnr Herrenfitte war. Gewalt geht vor Recht, da- war dieser Principt gemein sanier Spruch. Redner bezeichnet« daher diese Regierung-weise mit Fug und Recht als moralisch scheußlich. Dagegen vergaß er nicht di« Lichtseite dieser absolutistischen Renaissance hervorzuhebeu, die Blüthe der Künste und Wissenschaften auf diesem durch und durch fittlich faulen Boden. Auf diesen Gebieten kam deren JndividualtS muS zum freiesten Ausdruck. Die Welt freuete sich der aeuerstandene», neuerschloffenen Antike, der gewistermechen jetzt erst wieder entdeckten Natur. Neue Ideen feierten Triumphe. Wie morsche Schranken fiele« die Scheidewände der Staaten unter einander. DaS Heimweh eines Dante auS dem Exil ward jetzt ein kaum mehr verstandenes Gefühl. Die römisch« Kirche war tief herabgekommen. Niemand la- mehr Bibel und PatreS. Der Respect vor Papst und KleruS war vollständig abhanden gekommen. ES war schon damals, al- ob die ganze „göttliche Komödie" de- PapstthumS über den Hausen fallen wollie. ü" Florenz genoß damals eine- demokratischen Ge meinwesen- von einer seit PertkleS' Staat von Athen unerhörten freiheitlichen Potenz. Der Adel gab nicht nur nicht Vorrechte, nein er machte zu öffentlichen Aemtern geradezu untauglich. Ver brecher erhielten zur Strafe die Drgratnrung zum — Adel! Der Handel-- und Gewerbesland spielten die ersten Rollen im Staat. Florenz hatte sich de- einst mit Genua und Venedig rivaltsirenden Pisa bemächtigt und hielt es. besten Selbststän digkeit vergewaltigend, eisern fest. Der Florenttntschen Freiheit selbst wurde aber schon damals rin mächtige- Geschlecht mehr und mehr gefährlich, daS Hau- der Medici. Reich gewordene Kauf- und Handel-Herren wollten die Medici auch auf politischem Gebiete den Markt beherrschen. Geld allein that'S bei ihnen freilich nicht, sie hatten etwa- Ordentliche- gelernt und begünstigten in freigebigster Weise Künstler und *) I« Folge «wßrrgewehnlichcr »ot ansung ven Stofs sowie wegen de« Tarneval« ist der Abdruck dieses Be richt« erst jetzt mdglich geworden. D. Ned Ihm folgten di« und Giuliani gemeinschaftlicher Lorenzo war ein klug, mild, sanft Gelehrte. Eosimo bei Medici war e- auch, der nach dem Falle KonstantinopelS den flüchtenden griechischen Gelehrten ein glänzende- Achl ge währte, so daß ein ArayropuloS. ChalkontylsS, die La-kart-, Johanne- ÄndromkoS und KallistoS den Segen ihrer Bildung den abendlänvffchrn Schulen und Kreisen zuführen konnten. Coflmo ward daher von den Humanisten gefeiert, wie ihre daS von seiner Partei bearbeitete Volk nahezu als Fürsttu verehrte und ihm den Namen eine- 1'ater Mria«? in- Grab mitgab (1461). Sein Sohn Pietro überlebte ihn nur fünf Jahre, auch er förderte die Wissenschaften. Söhne Lorenzo tl Magnifico Letzterer fiel nach neunjähriger Regierung durch Meuchelmord, würdiger Nachfolger Eosimo'S, und freigrbigwit Dieser, ein warmer Freund der Künste und Wistknschaftln wie Dieser. WaS ein Perugino, ein Bramante und Leonardo da Vinci für dir Welt geschaffen, zum Theil dankt sie eS deren Mitten Lorenzo. Auch Savonarola ward, wie erwähnt, von ihm nach Florenz berufen. Fra Gtronimo brach sich al- Bußredner wun derbar schnell Bahn. Bald reichte kein Klvfier- raum mehr auS für seine Hörer. Gleichwohl war er kein Redner von Beruf und Sckule. Körper größe, Stimme, Geste, Aussprache, Siil selbst fehl ten ihm. Aber er fesselt, durch interessante Züge, düster flammende Augen, melancholische- Wesen. Er zündete gewaltig durch den Inhalt seiner Pre digten, von denen unS viele durch Rückschreiben seiner Verehrer erhalten sind. Er war wirklich von tiefem Kummer erfüllt über die Verrottung der Menschheit, dir Fäulniß in Kirche, Staat, und sprach mit schonungsloser Offenheit sein Anathema über diese Zustände auS, prophezeiete göttliche Strafgerichte, al- ob er Offenbarungen von oben hätte. Selbst die Medici griff der kühne Prediger an, ließ sich durch keine Verwarnungen der gebietenden Herren etnschüchtrrn und ver weigerte dem sterbenden Lorenzo, wie er ihm bei seiner Erwählung zum Dominicanerprior zu S. Marco nicht einmal die übliche Visite gemacht, auch die Absolution, da er — Lorenzo — die ihm gestellten drei Bedingungen nicht erfüllte. Lorenzo starb 1192. — Pietro H. folgte ihm, ein schwacher Kops, der die Zügel de- Staate- bald auS den Händen verlor. Er benahm sich gegen Frank reich feig und unklug, machte erst Carl VIII. Krieg, dann — unbesiegt — einen unehrenvollen Frieden, dessen Preis die HerzogSkrvne von Florenz sein sollte. Die Florenttner waren nickt gefragt worden, und sie gaben sie ihm daher auch nicht, wohl aber taS Oov-ttlium ndonncki, den Laufpaß. Savonarola - Partei hat bei diesem Umschwünge wesentlich mitgewirkt. Florenz erhielt eme reue Verfassung, deren wesentlichste-Element ein Großer Rath von 800 Bürgern und ein Achtziger-AuS- schuß al- Executive waren. Redner schilderte nun Savonarola auf der Höhe seiner geistigen und materiellen Macht. Cavona- rola war ein Reformator, indem er eS dahin brachte, die Klosterzucht straffer zu gestalten und da- öffentliche Leben wieder zur Sittlichkeit zurück- zusühren. Dieser sittliche ReinigungSproccß kauert« freilich nicht lange, wie kaum ander- zu erwarten war, da Savonarola nicht auf den Kern der Sache, die Reformation der Kirchrnlehre, cinging, also auf halbem Wege, oder beim Anfang seiner reformatorischen Thätigkeit stehen blieb. Wie groß Savonarola'- Einfluß als Sitten prediger in Florenz war, veranschaulichte vr. Rühl durch eine Schilderung de- Florentiner CarnevalS von 1496, einer wunderlichen btlderstürmendrn Fastnacht-Parodie, bei der die Welt eine toll ge wordene Büßfertigkeit entwickelte, Fra Barto- loweo seine Actstudtr» in- Feuer warf, die Menge aber Autodafe- von Kunstgegenfiänden und ge lehrter Profavltteraiur veranstaltete. Savonarola predigte selbst wider den Papst, den säubern Alerander VI. (Borgia), waS aber nicht zu dem Schluffe berechtigt, al- ob er selber aufhörte ein gläubiger Katholik zu sein Daß er vielmehr die- war und blieb, hat Savonarola'S Biograph Villart unwiderleglich bewiesen. Savonarola'- Opposition, die nicht einmal durch die Excommunicatton zum Schweigen gebracht werden konnte, galt nur der Person d«S Papste-. Redner erwähnte die Tochter Alexander- VI., Lucrezia Borgia, indem er dieselbe in dieselbe Kategorie warf wie ihre Familie. Gleichwohl ist gerade in Leipzig unlängst die nach neuen Oiullen gearbeitete Veriheibigung der genannten Herzogin von Ferrara, tie auch bei un- eia Oprrnlexl nach Victor Hugo'- phantastischer Tragödie in der öffentlichen Meinung so gewaltig dikcrrdirirt hat, in deuister Au-gabe von l)n. Friedrich Sieger- erschienen, da- Werk von William Gilbert: „Lucrezia Voraia, Herzogin von Ferrara." (Leipzig, AmbrofluS Adel. 1870.- Nach diesem Werke »fl Alexander- Tochter durchaus nicht da- moralische Ungehemr, al- welche- man sie bisher von einer Partei hingestelll sah. Redner ging zur Erzählung der Wirren in Florenz nach der ersten Vertreibung der Medici über und betonte die Bethell,gung von Savonarola'- Partei dabei. Die Hinrichtung einer Anzahl iu eine Verschwörung verwickelter Jüngling«, rin Justizmord, diScreditirte diese seine Partei gänzlich. Die öffentliche Meinung schlug gegen ihn um — Seine F«nde benutzten daS geschickt und daS Ende war, daß er vor rin Ketzergericht gestellt und zum Feuertod verurthrM ward, nachdem er bereits
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