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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187203187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18720318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18720318
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1872
- Monat1872-03
- Tag1872-03-18
- Monat1872-03
- Jahr1872
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1872
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Erscheint täglich früh 6','r Uhr. Rrdaclivll und Lepkriitou JvhanniSgasi« 33. MNIW, Rctackcur Fr. Lüttvrr. Lrrcchsluiilt d. Rcdaclion Sommiag- von N—lL Ukr Nachmiuag» reu 4—L Uhr. «rwadmc brr für die nächit- fvlzmbc Nummer bestimmlen Aeimnr in den Wochentagen dis 3 Uhr Nachmittags. KipMk TagÄalt Anzeiger. AwMatt des Könizl. BczirkSgcrichts und dc8 Nathß der Stadt Leipzig. Auflage V5Ü1>. ^donncinentspeclr Vicrtcljat'rlict, I Ll'lr. 7'/, Nqr., mct. Bnngcrtolm l Thlr. 10 Ngr. Jede einzelne Nummer 2'/, Ngr. Mcl'ilbrcn für Extrabeilagen ohne Poslbcsördcriiiig '3 Tblr. mit Postbesörtcrung 12 Tblr. Inserate die Spattzcile l'/, Ngr. Leelamen unter d. vcdaclionrltricd die Spattzcile 2 Ngr. Filiale: ttto Klemm, Unil.'crsltätsstr. 22. Local-Comptoir Hainslrage 2l. M 78« Montag den 18. März. 1872. » U« vielfach auSgefprochnne« ^Bünsch«» z« genüge«, wird znr Feier de» Sebnrt-tag» Sr. Majestät d«S Dentfche« Kaiser» Freitag den 22. März d. I. Mittags 11- Uhr t» Gchützenhanse eia ge»et«sa«eS Festmahl stattfinde». Alle, »eiche sich daran z» dethetiigen gedenken, »olle» in de» Tage« von» L». bi» AI. d. M. Abends « Uhr die Taseikarte» » » Lhlr. L0 «gr. t» Schützen- Hanse in Empfang nehme». Leipzig, de» LS. Mär, 1872. Der Rath der Stadt Leipzig. Id». Koch. G Mechler. Holz-Auktion. Montag den 18. März d. 3. sollen auf BraSdorfer Revier von früh 10 Uhr an 10 Stück richue, 56 Stück birkene und 4 Stück kiefern« Nntzklötzer, 2 Raummeter eickneS Nutzholz, 28 Raum meter tichnts, 6 dcrgl. birkene-, 4 dergl. kieferne- Scheitholz und 117 Wurzelhaufen unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen versteigert werden. Zusammenkunft: auf dem die-jährigeu Gehau tm Schanz. Leipzig, am 12. März 1872. DeS Rath- Forst-Deputation. Submission. Bei der demnächst in Angriff zu nehmenden Neupflasterung der Parkstraße find zur Verbrei terung der Trottoir- 30S,,b laufende Meter Granitfchwelle«, 35 Centimetrr breit und 19 Centimerer hoch, anzuliefrrn und zu verlegen. Hierauf Reflecltrende wollen ihre Forderungen bi- zum 28. d. M versiegelt bei der Marstall- Expedition niederlegen, wo auch die näheren Bedingungen rinzusrhen find. Leipzig, den 14. März 1872. DeS Rath- Strahenban-Deputatio». Bekanntmachung. LS wird hiermit zur öffentlichen Krnntniß gebracht, daß vom I. April d. I. an da- Scheel- aeld für die LI., III., IV. und V. Bürgerschule nach dem einheitlichen Satze von Gech» Thaler jährlich für eine jede Elaste erhoben werden wird. Leipzig, am 4. März 1872. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. «och. Wtlisch,Ref. vr. LulharLt's zehnter Vortrag. Freitag, den 15. März, hielt vr. Luthardt den letzte» feiner Vorträge über die christliche Moral, besten Thema die Humanität und ihr Ber- hältniß zum Christenthum war. Cultur und Bildung sind die Autoritäten, »eiche unsere Zeit beherrschen, und die Humanität ist das Ziel, dem unsere Zeit zustrebt. Cultur ist die Entwickelung und Aneignung der unS um gebenden Natur, Bildung die Entwickelung und ÄnngnLng unserer eignen Natur ; jene bezeichnet unsere Aufgabe in Bezug auf die Welt, diese unser« Aufgabe in Bezug auf unS. WaS Gott an Gabe» und Kräften de» Geiste- in unS gelegt hat, muß entwickelt werden. Die- ist die Aufgabe der Bildung. Sie ist nicht idenrisch mit Ge lehrsamkeit. Misten und Gelehrsamkeit wird ein Vestandthell der Bildung uur, wenn eS unserer emeen LnlvtMelnn, dient und fich tu Harmonie «it unserem eignen Wesen zufammenschießt. Die Bildung entfaltet aber da-, wa- wir sind und Haien, um eS zu unserem Eigenthum und unS »u Herren desselben zu machen. Der Gebildete soll sich iu der Hand haben und beherrschen. Man unterscheidet sociale, geistige und sittliche Bildung. Die sociale Bildung besteht darin, daß wir un- in der Art und Weise, wie wir un- äußerlich gebe», nicht gehen lasten, sondern in der Hand haben und Alle- in die feste Form fasten, welche die Sitte und die Rücksicht auf die Andern ron unS fordert; die geistige Bildung in der Herrschaft über unsere geistigen Fähigkeiten und da- Material unseres Wissen- zu freier Verwen dung, je nachdem e- der Augenblick und die Rück sicht auf die Andern von unS fordert. Aber der Ilern de- Menschen ist ein sittliche- Wesen; die eigentliche Bildung daher die sittliche Bildung, ohur welche die gesellschaftliche und die geistige nicht viel wertb sind, d h. also die sittliche Herr- schaft, nicht bloß etwa über die AuSbrücbe der sittlichen Rohheit, sondern auch über die inneren Regungen. Religion ist nicht identisch mit der Bildung, aber sie ist die Borau-fetzuvg der vil- düng im höchst» Ginn und hebt auch die Unge- bildeten auf eine höhere Stufe. Bildung ist Entfaltung und Aneignung unserer Natur, unsere Natur aber ist da- Vaud, da- un» »it der un- umgebenden Welt verknüpft, der Resonanzboden, in welchem die mauniafaltigen Stimmen de- WeltlebenS wiederklingeu; Bildung ist also die allseittge Empfänglichkeit für den mannigfaltigen Rcichthum d«S Natur- und Geistes leben-, raS unser« Seele berührt; darum aber auch der erschlossen« Sinn für die Dissonanzen de-- selben, für da- innere Ringen und Kämpfen, Lehnen und Hoffen, kurz für die ganze große Trägst der Wirklichkeit. Je tiefer daher die Bildung ist, desto ernster ist sie, und «eist un» ilber die Wirklichkeit hiuau- dahin, wo dr« Dis harmonien de- WeltlebenS gelöst sind, d. h. die Bildung fördert die Religion. Aber nicht- steht dem Menschen näher alS der S Ziel der Bild» Mensch. Da» der Bildung ist daher die Humanität, und die schönste Erweisung der Hmanität ikdie allgemein» Menschenliebe. Da» herrschende Privcip der autikru Welt war »icht die Nächstenliebe, sondern der Lgot-muS. Der „Großherzige", in welchem Aristoteles sei» sittliches Ideal zeichnet, ist da- Bild eine- in fich abgeschloffe«» Stolzen, uud der stoische Spruch: »eder vergebe« noch vergelte«, ist der Au-druck der abfoluteu Gleichgültigkeit. Nb und zu durch bricht zwar die liebend« Theilnahme, welche von Natur dem Menschen ivuewohnt, die Schranken de- EgoiSmuS; aber erst da- Christenthum hat die Menschenliebe zum obersten Gesetz de- Leben gemacht, indem r» die Gotte-lieb« predigte. Die ^esibichkr der christlichen Kirche ist eine reiche Geschichte der Barmherzigkeit; dt« innere Mission ist die Orgauisirung der christlichen Barmherzigkeit, so groß »nd mächtig auch jetzt noch der EgoiSmuS thc'sächlich ist; wenigsten- den Grundsatz der Nächstenliebe erkennt man doch alS den obersten und dt» Uebung derselben al- den schönsten Zug im Bilde der Humauttäl an. Aber die Quelle dieser Nächstenliebe, der Ursprung der Idee der Huma nität liegt in der Predigt de- Christenthum- von der Liebe Gotte», welche den Menschen zum Bilde Gotte» geschaffen und erlöst hat. Im weiten KretS der menschlichen Gesellschaft bilden fich kleinere Kreise durch die Wahlverwandt schaft der Naturrigrnthümlichkeit uud de» Ge müt h-, welche Einzelne mit einander verbindet durch da- Band der Freundschaft. In der alten Well spielte die Freundschaft eine groß» Rolle und war nickt blo» von persönlicher, sondern auch von politischer und wissenschaftlicher Bedeutung. In Sparta war die Freundschaft de» Manne- mit dem Heranwachsenden Jüngling die Grundlage de- politischen Leben- u. s. w. So ist den» auch von der dichtenden ur.d bildenden Kunst die Freundschaft mamlichsach verherrlicht worden. Aber auch den wiffeuschaftlichen Bestre bungen lag sie zu Grunde und bildete einen Gegenstand der pülosophtschev Untersuchung. Da dem Leben der asten Welt di« höheren Mächte de- sittlichen Leben- fehlten — da- Gesetz konnte doch nur da- äußere Verhalten dtffrlbrn bestim men, die Religio» war eine Summe äußerer Uebungeu, und di« Ehe war mehr staatlich und sinnlich alS persönlich und sittlich — so sollte die Freundschaft in die Lücke der fehlenden sittlichen Mächte des Leben- rintrete» «nd der Freund dem Freunde da- verwirklichte sittliche Ideal und da durch die nölhige Hülfe auf dem Wege zum höch sten Ziele sein. Aber diese Anschauung fordert« von der Freundschaft mehr, als sie leiste« kann. Man hat de» Christenthum, besonder» von Sei ten de-Humaui-muS, öfter vorgeworfen, e» fehle ihm die hohe Würdigung der Freundschaft, welche die alte Welt vor ihm voraus habe. Aber der Freundschaft-bund zwischen David und Jonathan kommt in poetischer Zartheit und Innigkeit jedem antiken Freundschaft-bunde gleich; die Jünger Jesu wareu ein Bund von Freunden; Freunde haben die neue Epoche der christlichen Zeit her- aufgefUhrt, und die Geschichte der Kirche erzählt un» von vielen Freunde-paare», welche «it ein ander verbunden waren in der Erfüllung der höchsten Aufgaben. Allerdings nimmt die Freund schaft im Cyristrnthum nicht die ausschließliche Stellung ein wie dort; da- Oberste ist hier die Lieb«, die christlich« Bruderliebe und die allgemeine Menschenliebe; die Freundschaft ist nur ein Strahl dieser Sonne, welche die Liebe ist. Die Freundschaft ruht auf der Wahlverwandt schaft der Natur und de» GemüthS zwischen Gleichgestimmten nnd Gleichgesinnten. Daher ist die Zeit der Entwickelung des Gemüth-leben-, d. h. die Zeit der Jugend, die Zeit der Frennd- schaftSschließung. Im reifere« Manne-alter tritt die Verschiedenheit stärker hervor al- die Gemein schaft. Wenn dann auch in der späteren Ent- Wickelung die Wege der Jugendfreunde fich schei den, so bleibt doch da- Band der Erinnerung «nd bewahrt so den Zusammenhang de- Lebrns im Streit der Gegensätze. Wa» der Freund im Freunde sucht, ist nicht Gewinn oder dergleichen, sondern der Andere selbst. Diese» Verhältnis will gepflegt sein durch gegenseitiges fich Geben und Nehmen. Die- fordert auch stnlicke Arbeit an einander Und dt« Freundschaft hat keinen ans fittUcker -iS schäften am Ende de» »origen und am Anfang diese» Jahrhundert- mit ihrer Ueberschwänglich- keit de- FreundschaftScultuS fehlt» fast durchweg die innere Wahrheit uud darum auch der äußere Bestand. Freundschaft ist nur zwischen Wenigen, aber in Verkehr sollen wir mit Bielen stehen; denn eS soll der Mensch dem Menschen nicht gleichgültig sein, sondern einer dem anderen Theilnahme und Wohlwollen erweisen; und iu Allen tritt unS der Reichthum der menschlichen Natur entgegen, besten wir un- freuen sollen. Die Form für die Pflege de- Verkehr- ist die Geselligkeit. Wenn auch genoffenschaft und Freundschaft den Mittel punkt bilden, an welchen sich die Geselligkeit an- schließt, so ist eS doch nicht bloS der Berui»- enoste und der Freund, mit dem wir geselligen Zerkrhr pflegen, sondern der Mensch. ES soll ein Jeder dem Anderen sich geben und de- Anderen sich freuen. Dadurch wird Theilnahme und Wohl wollen erweckt und maunichfache Bande um die Einzelnen geschlungen. Und indem Jeder dem Andern sich von der besten Seite giebt, wird eine edle Atmosphäre erzeugt, welche veredelnd zurück- wirkt und eine Erquickung in diesem staubigen ArbettSlcbrn ist. Aber eben dadurch stellt sich der gesellige Verkehr wie alle» Andere unter da- sitt liche Gesetz und nimmt von daher sein Maaß «nd da- Gebot de. Zucht und der Wahrheit und der Liebe. Geselligkeit ist Genuß, somit Erholung von der Arbeit; darnach bestimmt sich ihr Maaß. Ge selligkeit ist verbunden mit sinnlickem Genuß; dann liegen die Gefahren einer falschen Gesellig- keik, di« fern gehalten sein wollen. Ja der Geselligkeit soll sich Jeder dem Andern von der besten Seite geben. Die» bringt die Gefahr der Unwahrheit mit fich. Zwar viele Redewendungen unsere- Verkehr- sind wie Münzen, die nach gegenseitiger stillschweigender Uebcreiukunft her- untergesetzt stad und weniger bedeuten, al- sie lauten. Aber durch unfern Verkehr zieht sich doch nur allzuviel unwahre Höflichkeit und Schmeichele» hindurch, von welcher der Christ sich frei halten soll. Geselligkeit soll getragen sein vom gegen seitigen Wohlwollen; aber nicht von einem bloS äußerlichen und vorübergehenden Interest«, son dern von der wirklichen Theilnahme, welche auf sittlicher Grundlage rubt. Da- Leben der Thätigkeit fordert seine Unter brechung durch die Pausen der Erholung. Die allgemeinst« Form der Erholung ist vaS Spiel, entweder da- Spiel de» Geistes in der Covver- sarion, iu welcher wir un- geistig einander er schließen uud die verschiedenen Kräfte uud Setten unsere- Geiste- tu leichter Bewegung spielen lasten solle» ; oder in den verschiedenen Formen der gymnastisches Spiele (Billard rc), mit denen wir die Arbeit de- Geiste- unterbrechen ; oder daß die Jugend sich ergötzt an der harmonischen Bewegung de» Tanze» oder da- Alter dru müden Geist au»- ruhen laste i» leichten und anregenden Zufalls spiel. Dir- Alle- scheint so äußerlich zu sein, daß r» fich der sittlichen Würdigung entzieht. Aber nicht» von Alls«, wa» der Mensch thut, ist in Wirklichkeit gleichgültig, e« mag an sich noch so gleichgültig sein ; sondern Alle» bekommt seinen bestimmten sittlichen Charakter durch den sittlichen Inhalt, den der Einzelne htneinlegt, wodurch er da- Thun zum Au-druck seiner sittlichen oder un sittlichen Stnne-wetse macht — bi» zum Aeußer- lichstrn hinau-, bi- zu Speise und Trank und bi- zu den Formen der Kleidung. Die Formen de- Leber- wechseln ; aber durch alle Schwankungen de- Wechsel- hindurch voll zieht sich ein Fortschritt zu immer menschen würdigerer Gestaltung de- äußeren Dasein». ES ist dt« Idee der Maschen, di« Idee der Humanität, welche immer mehr zum AuS- druck und zur Verwirklichung zu kommen sucht. Unsere Zeit kennt keine höhere Idee al- diese uud im letzten Grunde erblickt man in ihr die Religio» der Zukunft. Und allerdings giebt eS keine höhere Wettaufgabe dr» Menschen al- die der Cultur und Bildung und keine höhere irdische Idee alS vir de- Menscken und kein schönere- Ideal al» daS Humanitäisiveal Aber eS muß di« wahre Humanität sein ; es muß die Erfassung de- ganzen MensckenweftnS sein. Da- ist nicht der ganze Mensch, wenn er nur in seiner Beziehung zur Welt erfaßt wird. Wir sind nicht bloS Menscken der Well, sondein auck Menschen GotleS, nicht bloS Menschen der Cultur, sondern auch Men schen der Religion. Zum ganzen und vollen Menschenwesen gehört auch die Religion. Und nur dt« Zeiten sind groß und nur die Völker glücklich uud blühend gewesen, welche den Zu sammenhang der Religion mit dem gesammren öffentlichen Leben bewahrten und die Religion zur Grundlage auch ihre- nationalen Leben- machten. Der Fortschritt de» Leben- ohne Gott ist nickt da- Heil der Menschen, sondern ihnen zum Unheil. Man bricht nicht ungestraft die Frucht vom Baum der Erkenntniß, wenn nicht daneben die göttliche Gnade steht, welche dte Wunden und Schmerzen de» Leben- Mt. ES ist der Bund der Cultur mit der Re ligion, auf welchem da- Glück der Menschen, auch der Völker beruht. Aus zwei Bahnen vollzieht sich der Fortschritt de- menschlichen Geschlecht«. Iemehr da» ge schichtliche Bewußtsein erwacht und die Menschen wissen, wa- sie wollen, um so mehr gehen die Wege auseinander- Da» Ende der Geschichte ist die Scheidung, und unverkennbar vollzieht sick in unseren Tagen eine Scheidung der Geister Cultur, Bildung, Humanität — da- wollen wir Alle. Aber e- fragt sich, ob ohne Gott oder mir Gott. Die Denkweise, welche da- gesammke Leben in dieser Welt abschlirßt — dte Uebersetzung der pantheistischen Denkweise in die Praxi» — und m dem Maße, als das Leben religiös ver armt, eS um so mehr weltlich schmückt, vollzieht mit Nothwendigkeit ihre Consequenzen. Knüpf: man da- Leben nickt an Gott und den Himmel an, so führt der Weg in die Tiefe. AuS der Tiefe aber steigen die Geister auf, welche die Herrschaft an sich reißen Die edleren Vertreter jene- blo» weltlichen CulturgevankenS werden bald von den anderen verdrängt werden, welche den Hunmel auf Erden, den sie alle wollen, in ihrer massiveren Weise verstehen. DaS ist nicht Schwarzseherei oder Verleumdung, sondern die unerbittliche Logik der Sache. DaS lst daS eine Ziel. Man will nur ein Reich dieser Welt; dteser Weg mündet in der Tiefe. Der andere geht zur Höhe. Sein Ziel ist daS Reich Gotteö. DaS ist der höchste Gedanke und daS höchste Ziel unsere- Streben-. Denn Gott hat unS zu seinen Mitarbeitern berufen. In der göttlichen Werkstatt fitzt der Mensch mit am Webstuhl der Geschichte und arbeitet an dem Kleide der Zukunft, welche wir hoffen. Unsere Aufgabe ist nicht die Religion, und daS Reich GotteS ist nicht bloS die Kirche. Wir sind in diese Welt hereingeflellt und haben hier unsere Auf gabe zu erfüllen. Aber dte Religion will die Seele deS Leben- und die Kirche die Gehülst« in der Erfüllung jener Aufgabe sein. Unendlich reich breitet sich die Welt vor un- au-, daß wir un- ihrer freuen, sie genießen, erkennen, beherrschen. Dir Welt prophetisch zu erkennen und königlich zu beherrschen, da- ist der Beruf V«S Menschen — eS kann keinen stolzeren geben. Aber wa- wir so prophetisch erkennen und königlich un« umerlhan machen, da- wollen wir sammt unS selbst priefierltch dem weihen, der un- die- Alle» aegrben. Gott dienen heißt ein Herr auf Erden sein. Beide» zu verbinden, die Herrschaft cher Welt und den Dienst Gotte», ist die Aufgabe de- Christen; die Harmonie de» irdischen und de» himmlischen Berus», da- ist der Grund gedanke der Moral dt- Christenthum- und die Wahrheit aller andern Moral. Mit einem Rückblick auf den Gang, den seine Betrachtungen an den zehu Abenden genommen, vom Menschen au-gehend und durch dte mannig faltigen Kreise de» irdischen Leben» hindurch, überall nachweisend, daß da- Christenlhum nicht die Vrrneinung de- natürlichen Leben» oder- die Weltkunst, sondern die reckte Bejahung de» natür lichen Leben» und die Heiligung und Heilung und dte höhere Wahrheit de» WeltlebenS sei, schloß der Redner seine Vorträge.
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