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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187801254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780125
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780125
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig: S. 434 fehlt; Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-01
- Tag1878-01-25
- Monat1878-01
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1878
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Erscheint täglich früh 6'/. Uhr. »»> «rpr-ÜI»» Jstzannisgaflr 33. <Prr-ß»»tr» der ürtoctto»: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag» 4—S Uhr. »««chor her für die nächst- «slaende Rmomer bestimmten I«scr«te «n Wochentagen bis 3 Uhr Nachmittags, an «mm- »ad Festtagen frich bis V.» Uhr. La de, Ftttatt, str Z,s. Lmuch»«: Ott« Lttmm. Univerfitätsstr. 22, -Mt» Lösche. Katharinen Pr. 1 S.p. «nr dis '/^ Uhr. L5. Mpziger Ja-MM Anzeiger. OWN für Politik, Socalzrschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Freitag den 25. Januar 1878. «»fiage 1L,SäV. Ld„m«r»t,»rrt»victtelt. »'/.ML, incl. Brinaerlohn 5 Mt., durch di« Post brzogen v Mt. Iev« eiu-rlnr Nummer 2- Pf. Hclegexemplar 10 Pf Gebühren für (Lxtradcilagcn 0b«e Postbesördrrung 3« Mt. Mit Postbesvrderung 4L Dck. Zafcttte igtsp Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preisverzeichnis, — Tabellarischer Satz nach höherem Tarif, «klimm» unter de« NrdarNosftrtltz die Lpaltzeile 40 Pf. Inserate sind stet» an d. Lrpedstt»» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»»n«un«r»üäa oder durch Postvorschuß. 72. Jahrgang. Bekanntmachuna. Denjenigen Grundstücksbesitzern be». Sarteninhabern, welche ihre Bäume, StrLucher, Hecken rc. bis jetzt nicht ober mcht genügend haben von Raupen säubern lassen, wird hierdurch unter Hinweis aus die Be Kimmung in A. 368L des Strafgesetzbuches bei Vermeidung von Geldstrafe biß zu sechSjtg Mark oder entsprechender Haft aufgegeben, ungesikumt und längsten« »iS «n»e -etzruar »lese» Jahre» gehärtg rosten sowie die «anstennester «erttigen zu lasten. Leidig, am 19. Januar 1878. Der Math »er Et«»t Leipzig. vr Georgi. l»r. Reichel. Holz-Auktion. Mittwoch. »en SV. Januar ». e. sollen von Vormittags 9 Uhr im Forstreviere Connewitz auf dem Holzschlagr am Rödelwehre, Abth. 33, 35 und 36 ca. 3 Raummeter eichene Rntzschette, 168 Raummeter eichene vrennscheite, 100 starke «»raumhausen und 38 Haufen Schlagrettzig (Langhaufen) unter den an Ort und Stelle öffentlich ausgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden. Hnsawmenknnft: am Rödclwehre unweit des Schleußiger Weges. Leipzig, am 14. Januar 1878. De» «ath» A*rst-Deputation. Holz-Auction. M»nt«g, den 4. Ke»ruar c. sollen von Vormittags 9 Uhr an im Forstreviere Burgau auf den neuen Echießständen am Leutzsch-Wahrener Fahrweg, in der Nähe der Fluthrinne circa 5VV Wurzelhaufeu (klar pemachteS Ttockholz) unter den an Ort und Stelle öffentlich ausgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden. Znsawwenkunst an der Leutzsch-Wahrener Brücke. Leipzig, am 23. Januar 1878. De» Math» Forst-Deputation. Leipzig. 24. Januar. Noch immer keine sicheren Nachrichten über die russischen Waffenstillstands- und FriedenS- bedingungen! Und ebenso wenig weiß man Genaues zu berichten über eine etwa bestehende Absicht Ruß lands, Konstantinopel zu besetzen, und über die Haltung, die England für diesen Fall einzunehmen aüvenkt. ES wäre müßig, über diese Ungewißheiten, Wahrscheinlichkeiten nnd Möglichkeiten, die nur AnklkÜrlichc Schlüffe und Bcrmuthungen gestatten, ein Langes und Breite- zu leitartikeln; in solchen Situationen halten wir uns am liebsten an die Worte de- bekannten vorsichtigen Politikers: „Wer weiß, was wird!" Diese Pause, die der Besprechung der auswär tigen Politik für den Augenblick aufdrlegt ist, wollen nur aber benutzen, um uns ein wenig nach unserer Reichsfrage umzusehen, die freilich auch noch gar sehr der Aufhellung bedarf. Klar ist das Eine, daß eifrig an ihrer Lösung gearbeitet wird, daß die Vorbereitungen zu einer Reorganisation der ReichSdehörden, zur Herstellung einer engeren Fühlung zwischen der preußischen und der Reichs regierung, zwischen Regierung und Parlament im Zuge sind. Es liegt in der Natur der Sache, daß diese Reorganisationsarbeit gleich artig von zwei Seiten her, sowohl von oben als von unten her, sowohl von der Regierung als von der Volksvertretung aus in Angriff genommen werden muß. Eine parlamentarische Regierung ohne eine feste parlamentarische Mehrheit wäre ein Haus ohne Grund, ein Messer ohne Griff. Die nationale Presse kann daher nicht ein dringlich genug auf die Bildung einer solchen Mehrheit hinwirken, wie dies neulich die „Nat.-Z." gethan hat. Die verschiedenen Schattirungen der reichsfreundlichen und liberalen Parteien mit ihren ortscyrittlichen Ausläufern nach links und ihren rciconservativen nach rechts haben bei aller Ver- chiedenheit doch wieder so viel Gemeinsames, daß ie ohne große Schwierigkeit zur Einigung Uber die wesentlichsten Fragen der heutigen inneren Politik gelangen und zu einer festen Majorität zusammentreten könnten. Diese würde nur den Rahmen für ein Zusammenhalten im All gemeinen und in Lebensfragen abaeben, in vielen Einzelheiten aber auch abweichenden Meinungen und Abstimmungen freien Spielraum gewähren. Daß der Ruf nach Bildung einer ge- chloffenen Reichspartei durch Zusammenfassung aller nationalen, freisinnigen und erhaltenden Kräfte auch außerhalb PreußenS getheilt wird, können wir bestätigen , und wir weisen für heute nur auf eine jüngst hier in Leipzig (im Verlage von Otto Wigand) erschienene Flugschrift von B. R. Bredt bin, welche den Titel führt: „Die Parteien im deutschen Reiche, was sie sondern und waS sie sammeln soll." Diese Schrift enthält neben manchem Irrigen und Gewagten viel Beherzigenswertstes und kommt mit ihrem patriotischen Aufrufe zur Einigung gerade im rechten Augenblicke. Angesichts der wachsenden Anstrengungen aller vorhandenen reichsfeindlichen Elemente hält eS der Verfasser der genannten Schrift für geboten, „über die bisherige Gruppirung allmälig wegzuschreiten und auf die Bildung von festgefügten, einheitlichen Parteien Hinzusteuern, welche alle verwandteren nationalen Elemente vereinen und einer kon stitutionellen Regierung verläßliche Stütze bieten." Die Gleichartigkeit der politischen Ziele soll dabei die bindende Kraft zur festen Begründung der Zusammengehörigkeit dieser Parteien ycrgebcn. Er prüft deshalb die vorhandenen Parteien auf diese Gleichartigkeit hin, und zwar geschieht dies an dem Gradmesser ihres Verhaltens zur natio nalen Idee und zum Reich. Zunächst stellt er nun da die Socialdemokraten und Ultramontanen als internationale Reichsfeinde allen nationalen Par teien gegenüber und dann führt er als nationale Reichsseinde die nationale Parteigruppe der Parti cularisten auf. Zu diesen zählt er nicht nur die nichtdeutsckcn beziehungsweise halbdeutschen Polen, Dänen und Elsässer, „sondern auch Welfen, süd deutsche Demokraten und norddeutsche, namentlich altpreutzische Reactionaire — Freunde der „Frank furter-" und der ,Frenz-Zeitung" in unnatürlicher Gemeinschaft — welche über 1866 resp. 1871 nickt hinwegkönnen". „Die bayerischen conservatidcnReichs- seinde, welche sich (lueus a von lueeuclo) „Patrioten" nennen, hat man un ultramontanen Lager zu suchen. Die preußischen Particularisten aber sind meist Hochconservative, welche aus kirchlich-evangelischen oder feudal-agrarischen Beweggründen eine un sympathische Haltung gegen das neue Reich ein- nehmen." Die reichsfreundlichen Parteien theilt Bredt in Regierungsfeinde und Regierunqsfreunde ein. Die Ersteren vertritt in seinen Äugen die Fortschrittspartei. Die Anderen gliedern fick nach ihm in zwei Hauptabtheilungen, nämlich in die liberale und in die conservative Regierungspartei. Die erste umfaßt die Gruppe Löwe und den linken Flügel der Nationalliberalen. Die zweite schließt den rechten Flügel der Nationalliberalen, die Alt liberalen, Frei- und Neuconservativen in sich. Genauer genommen, berechnet der Verfasser die liberale und conservative Regierungspartei im Reichstage wie folgt: Anhänger Löive's 10 , Na tionalliberale 127, Altliberale, respektive liberale „Wilde" 4, Freiconservative 38, Deutschconserva« tive, welche aufrichtig zum deutschen Reiche stehen, mindestens die Hälfte sihrer Fractionsge- nosscn, d. i. 20 Mitglieder—Summa 190 Stimmen. In dieser Gesamintsumme findet der Verfasser die conservativ-liberale Mehrheit, welche die Stütze der Politik des Reichskanzlers bilden soll, im gegenwärtigen Reichstag die absolute Mehrheit umfaßt und aus der er das Ideal seiner Neu bildung, die zwei, nach englischem Muster geschulten, großen conservativ-liberaten Mittelpartcien erstehen lasten will, „wovon die eine konservativere, die andere liberalere Neigungen hat, ohne daß sic jedoch auf diese an sich leeren Schlagworte schwören. Wie auf den Rhythmus der Herzthätigkeit zwei Nervensysteme wirken: ein treibendes, beschleunigen des und ein zurückhaltendes, verlangsamendes, die sich gegenseitig bedingen und ergänzen, so muß es auch mit den Parteien bestellt sein, welche die Herzthätigkeit des Staatsorganismus ru reguliren haben." Der Fortschrittspartei wirft er theo retische Principienreiterei vor und den Deutsch- Conservativen unberechtigte Verquickung politi scher Grundsätze mit agrarischen und kirchlichen Interessen. Uevrigens will er die Fortschrittspartei, obgleich er deren stetigen Rückgang nicht Über sicht, nicht ganz missen. Als „allergetreueste Oppo sition" in englischer Weise bleibt sie ihm für ruhige Zeiten sogar voller Werth. Den Deut sch-Conscr- vativcn aber will er eine ähnliche Existenz im ent gegengesetzten Sinne nicht gestatten. Sie sind das eigentliche Hinderniß für d,e von ihm gewünschte Parteientwickclung. „sie binden reicvs- und regie rungstreue Elemente, die den Freiconservativen verwandt sind, an Affiliirte der Particularisten, wenn nicht des CentrumS". Nach dieser Darstellung würde also die Fort schrittspartei außerhalb der neuen Combination bleiben, während die dcutschconservative Partei ge sprengt und ein nationalgesinnter Bruchtheil der selben zur neuen Reichspartei hinllbcrgezogen würde. Es wird sich wohl noch Gelegenheit finden, auf diese Anregungen zurückzukommen. Eine soeben in München erschienene Schrift unter dem Titel „Graf Andrassy auf der Anklagebank der Delegationen und noch etwas mehr Licht über die letzten 18 Monate österreichischer Orientpolitik" übernimmt die Rechtfertigung der Politik des Grafen Andrassy und kommt dabei auf die Haltung der deutschen Politik gegenüber Oesterreich und Italien in folgenden Enthüllungen zu sprechen: Die „Neue Freie Presse" brachte vor Kurzem einen etwas „indiskreten" Bericht über die Aufschlüffe, welche Graf Andrassy im Budgetausschuß der österreichischen Delegation gegeben hat, über welche jedoch das strengste Stillschweigen gewahrt bleiben sollte. Die Officiösen fielen mit ungeheurer Entrüstung über diesen ,Ler- trauensbruck" her. Wir wollen weder diese Herren noch das ,LLeltblatt" in Schutz nehmen und nur so viel sagen, daß der Bericht der „Neuen Freien Presse", so weit er die Beziehungen zu Italien be handelte, den uns bekannten Thatsachen vollkommen entspricht. Wir sind von einer anderen nicht osficiös österreichischen, aber höchst verläßlichen und aufs Genaueste unterrichteten Seite in den Stand gesetzt, das, was Graf Andrassy im Delegationsausschusse ge sagt oder nicht gesagt haben soll, zu ergänzen und weiter auszuführen: die Abwehr der italienischen Annexionisten Partei von Seiten Oesterreichs findet in Berlin volle Billigung und Zustimmung. Wiederholt, besonders nachdrücklich aber zu Anfang Herbst v.J., ließ Fürst Bismarck das Cabinet Melegan-Nicotera, mit dem er eigentlich niemals so gaN) zufrieden war, warnen, die Agitation, weiche dle Annexion des Trentino und TriestS sich zur Aufgabe gestellt hat, ja nickt zu begünstigen, da es sich sonst Verlegenheiten bereiten möchte, welche das deutsche Reich zu verhindern nicht im Stande wäre. Denn niemals würde es letzteres autheißen oder gar dazu behülslich sein, daß gewisse früher zum ehema ligen deutschen Bunde gehörige Länder und Theile Oesterreichs von Italien oeansprucht und seinem Be sitze einverkidt werden sollten. Der Vorwand, daß ein großer TheU dieser Gebiete italienisch spreche und dem Anschluß »N daS Königreich geneigt wäre, könne nicht als stichhaltig befunden werden. Herr v. Keudell war beauftragt, auf d«e Spracbverschiedenheit der pol nischen Provinzen Preußens binzuweisen und zu be tonen, daß das deutsche Reick niemals diese Theile herausgeben würde rc. — Zu Crispi, dem Minister- candidaten auf Reisen, welcher Fürst Bismarck in Gastein im vorigen Sommer aufsuchte, äußerte sich der Reichskanzler in ähnlichen bestimmten und war nenden Worten. „Die Verhältnisse lägen heute nicht mehr so wie im Jahre 1866, damals sei Preußen im > Interesse seiner Selbsterhaltung gezwungen gewesen, ein Bündniß mit einer auswärtigen Macht gegen Oesterreich einzugehen. Letzteres,die damalige Präsidial macht in Deutschland, würde dasselbe gethan haben, wenn Napoleon »I. zugänglicher gewesen wäre. An Ver suchen habe es gewiß nickt gefehlt, selbst bekannte damalige mittelstaatliche deutsche Minister haben sich nicht gescheut, französische Hülfe anzurufen, was ihre Souveraine freilich mit großen Knegscontributionen bezahlen mußten. Jetzt aber wäre ein Bündniß mit einer ausländischen Mackt, zur Bekämpfung der acht Millionen Deutsche zählenden österreichischen Monarchie, ihm auck dann nickt mehr möglich, wenn er selbst hierzu geneigt wäre; denn nimmermehr würde das nationale Gefühl, der deutsche Nationalstolz, dies zu geben, ausgenommen etwa in dem sehr unwahrschein lichen Falle, wenn die jesuitische Revanche-Partei in Wien ans Ruder gelangen und das deutsche Reich in der Absicht mit Krieg überziehen würde, um die Schöpfung des Jahres 1871 zu vernichten und die ultramontane Overhoheit über ganz Deutschland wieder herzustellen. Solches möge zwar in den Wünschen mancher Leute in Oesterreich liegen, aber nickt in ihrer Macht, und würde schon deshalb un möglich sein, weil, wie er fest überzeugt sei, die Deut schen in Oesterreick bei einer solchen Politik nicht mit- thun und sie bald zum Fallen bringen würden. Zwischen dem keuschen Reiche und der austro-ungariscken Monar chie, wie sie in den letzten zehn Jahren neu- und umge staltet worden sei, bestehe eine wahre, auf Interessen gemeinschaft fußende Freundschaft, welche mehr gelte und eigentlich längere Dauer verheiße, als die persön liche Freundschaft der Souveräne, welche nickt selten ein Thronwechsel, der Einfluß eines Hofpfaffen oder weibische Jntriguen zu erschüttern vermögen. Er (Bismarck) habe da gerade keinen konkreten Fall im Auge; er wolle nur an einem abstrakten Beispiele Nachweisen, wie gut Oesterreich und Deutschland seit mehreren Jahren stehen. Dieser Thatsacbe werde auch Italien Rechnung tragen und sich die Hoffnung auf Gewinn des Trentino und gar erst Triests aus dem Kopfe schlagen müssen. Eher wäre vielleicht noch Aussicht für die italienischen Patrioten, einmal Sa- voven und das Arrondissement de Nice (Nizza) zurück- zngewinnen, doch möge in dieser hingeworfenen Be merkung nicht etwa eine Aufforderung seinerseits er blickt werden, den Wiedergewinn dieser verlorenen italienischen Landestheile anzustreben. Was ihn (Bismarck) betreffe, lege er auf Erhaltung des Frie dens, wenigstens für Deutschland', den größten Werth und das größte Gewicht, und ermuntere Niemanden, seine Hand nach fremdem Besitz auszu strecken. Nicht die barten Kämpfe auf dem Balkan noch die Betisen Mac Mahon'S und seiner Minister leien es, die ihm, was leider so oft der Fall sei, schlaflose Näckte bereiteten, obwohl er gestehen müsse, daß letztere Kämpfe, hinter welchen er die Hand des Vatikans und der Jesuiten gewahre, ihn näher be rühren als die Kämpfe um Plewna." Ueber die Ausgleich-Verhandlungen und ihre Beurthciluna durch Fürst BiSmarck weiß die Ärochure die folgenden, vor einigen Monaten in Barrin gefallenen Aeußerungcn mitzutheilen. Der Reichskanzler habe gesagt: „Er halte Oesterreich nach außen für kräftiger und einflußreicher, als es seit Metternich's Zeiten gewesen sei, und sei aufrichtig befriedigt davon, weil diese Monarchie durch ibre geographische Lage, dadurch, daß sie mit einem Arme gleichsam in die Barbarei, mit dem andern in die höchste Civilisation hineinreiche, als Bindeglied zwischen Ost und West wie zwischen Nord und Süd von größter europäischer Wichtigkeit sei und noch manche civilisatorische Aufgaben und Culturmissionei, zu erfüllen habe. Aber gerade weil Deutschland interessirt sei, daß Oesterreich-Ungarn diesen Aufgaben, wenn sie herantreten, gewachsen sei, erfülle es ihn mit einer gewissen Besorgniß und Unruhe, daß der fortdauernde innere Zwiespalt und die ewigen Ausgleichsdebatten und Streitigkeiten die besten Kräfte des Staates lähmen und aufzehren. Die stete Wiederkehr dieser Krisen und die traurige Ueberzeugung, daß es mit dem ersten und auch Mit dem zweiten, ja vielleicht auch mit dem dritten Aus gleiche noch nicht abgethan sei und daß man nach einem gewissen Zeiträume wieder von vorn anfangen, wieder mit einander ringen, Gladiatorenkämpfe ühren, und was noch mehr ist, gleich Schacherjuden ritschen und mäkeln müsse, sei die bedenklichste Er- cheinung im befreundeten Kaiserstaate. Das komme ihm vor wie ein schleichendes Fieber, welches, wenn es nicht nach den ersten und zweiten Symptomen radikal curirt wird, lebensgefäbrlicb werden kann, indem es die besten, gesundesten Säfte absorbirt. Wäre er ein Ratbgeber Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich, so würde er demselben rathen: Majestät, appelliren Sie an Ihre Völker dies- und jenseits der Leitha; was den Parlamenten allzu schwer gelingt, wird Ihnen ein Leichte- sein. Machen Sie die Lösung der Differenten zwischen der Ost- und Westhälfte Ihres Reiches zu emer Majeftät»sach« und ich garantire Ihnen, der Ausgleich ist binnen zwei Wochen fix und fertig." Der Verfasser scheint feine Quelle auf den Grafen Andrassy zurückzuführen, dem Fürst Bismarck bei seinen« Zusammentreffen einige Tage nach der Unterredung mit CriSpi in Gastein wohl Mit theilung von dem Verhandelten gemacht hat. Einzelne Bemerkungen erscheinen sehr wahrschein lich, andere ebenso unwahrscheinlich. Die „Nat- Ztq." kann den Bericht authentisch dahin ergänzen, daß der Reichskanzler nach der Zusammenkunft mit Crispi einem Politiker mit Bezug darauf erklärte: „Mit Italien stehen wir sehr gut." Daß Victor Emanuel stets mit dem Gedanken umging, d«e italie nische Waffenehre bedürfe einer Rettung, wurde jüngst vielfach hervorgehoben. Daß mäßigende Worte nach jener Seite gefallen sind, ist daher an sich keineswegs unwahrscheinlich. Tagesgeschichtliche lleberficht. Leipzig. 24. Januar. Der deutsche Kronprinz hatte bereits vor der Eidesleistung des Königs Humbert Rom zu verlassen beabsichtigt, um bei dem OrdenSsrstc «n Berlin gegenwärtig zu sein; aber in Folge der eindringlichen Bitten des Königs willigte der Kronprinz ein, seine Abreise zu verschieben. Als der Kronprinz dein König seine Abreise angekündiqt hatte, bat ihn dieser recht sehr, zu bleiben; aber der Kronprinz hatte von seinem kaiserlichen Vater gemesse nen Befehl erhalten, an jenem bestimmten Tage wieder in Berlin zurück zu sein. Aus diese Auskunft hin sagte der König zu dem Kronprinzen: „Telegraphiren S«c an den Kaiser, daß ich Sie gebeten habe, hier zu bleiben, »m dem Augenblicke anzuwohnen, in welchem ich den Schwur Kisten werde. Es ist die erste Gunst, um welche ich ihn bitte. Beiden Sie hier, Ihre Anwesenheit wird mir Glück bringen." Der Kronprinz telegraphirte darauf und da er eine zusagende Antwort erhielt, so blieb er und wohnte der KvnigSsitzung bei. Zur Kanzlerkrisis schreibt man der „Köln. Ztg.": Wie aus den ossiciösen Aeußerungcn über die innere Frage zu schließen, hat es den Anschein, als ob der nächste Reichstag denn dock nicht ans das ziemlich enge Programm beschränkt bleiben sollte, daS ihm vor einigen Tagen von der „Nordd. Allg. Ztg." zuqewicsen war. Es handelt sich um die Rcicksämler. Der Gedanke, daß eine Verant wortung nicht allein bei dem Reichskanzler ver bleiben, sondern für alle persönlichen Handlungen der neuen RcichS-Miniftcr Platz greifen soll, erhält ossiciöse Zustimmung. Ein Artikel der „National- Zeitung" vom Sonntag bemerkte, daß, wie der Kaiser zweifellos neue Rcichsämter errichten und diese mit preußischen Ministern besetzen könne, es für die letzteren nur der „freien Ueberein- stimmung mit dem Reichskanzler" vedürfe, um ihre Aeinter «m Reiche mit derselben Verantwortlichkeit wie im preußischen Ministerium auszuübcn. Auch die- sollte, wie es scheint, vor Allem die moralische und politische Verantwortung andeuten. Was dann in jenem Artikel weiterhin von etwaigen neuen Bestimmungen über die Eontrasignatur gesagt wird, für deren Vereitelung nur vierzehn Stimmen des
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