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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187801303
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780130
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-01
- Tag1878-01-30
- Monat1878-01
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1878
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st W.OvP lr>. t/t 7» U.1WS . 6. ^.p.1/477 ft-I'-t/l". Erscheint täglich ftüh 6'/, Uhr. >ch«ü«» >a» Se»rdtt1»> Johanuisgasse ZS. HffrrMmdt» »er Ürdaettsa: vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—6 Uhr. Annahme der für die nächst- ßalaende Nummer beftimmten Jaseratr an Wochentagen bis 8 Uhr Nachmittags, au Soun- und Festtagen früh vis '/.S Uhr. Ha »e»FUl«1ni für Z,s-L«»alMe: Otto Stemm. UniverfitLtsstr. 22, tioniS Lösche. Satharmenstr. I8,p. nur bis Uhr. Mpziger.ÄagtlilaN Anzeiger. Orzau für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage 15.2 »S. - - -a,aiicmtal§,rki, viertelt. 4»/, ML, incl. Brivaerlohn 6 ML, darck di« Post bezogeu 6 AL Jede einzelne Nummer 2L Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage, ohne Postbrförderung 36 ML mit Postbefvrderung 4L 2N. Inserate Lgesp Petitzeile 20 Pf Gröhere Schriften laut unsere« PreiSverzeichniß. — Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Uretamr« «ater de« Urdacttomßttch die Spaltzeile 40 Pf. Inserate sind stet« an d. Srpcdtttaa zu senden. — Rabatt wird aicht gegeben. Zahluirg pr»an>uv«r«»S« oder durch Postvorschvß. n. Oonx, .1^»u?4 ?p.1/l7k's 3V. Mittwoch den 30. Januar 1878. 72. Jahrgang. Milchlieferung für die Armenanstalt betreffend. Der Bedarf der Armenanstalt an Milch, welche auf ärztliche Verordnung an Arme abzugeben ist, zeither jährlich 40,000 bis 50,000 Liter, ist bis jetzt von einer Abgabestelle entnommen worden. Es wird aber b absichtigt, künftig die Milch an vier im Stadtbezirke möglichst gleichmäßig vertheilten Stellen abgeben zu lasten. Die Milch wird gegen Marken, welche die Herren Armenpfleger ausgeben, abgeholt und dafür viertel jährlich Zahlung geleistet . ... Auf eine Verpflichtung zur Abnahme eines bestimmten Quantums kann seitens der Armenanstalt nicht eingeaangen, auch die Lieferung nur auf kurze Kündigung abgeschlossen werden, worüber Vereinbarung Vorbehalten bleibt. Wir fordern Diejenigen, welche unverfälschte, nicht abgefchöpste Milch zu liefern bereit sind, hierdurch auf, ihre Offerten unter Angabe der Preise bei unserm Bureau — Centralballe, Zwischenstock — binnen acht Tagen einzureichen. Leipzig, den L6. Januar 1878. L«S Arme«. Direktorium. Schleißner. Hentschel. Leipzig, 2«. Januar. Die Bemühungen, eine feste parlamentari- scheMehrheit für die neu auszunebmende Reicks- Politik des Fürsten Bismarck berzustellen, stoßen aus große Hindernisse. Es ist klar, daß nur die natio nalliberale Partei den Kern dieser Majorität bilden kann. Es fragt sick aber, ob diese Partei, um eine wirllicke Mojorität zu Stande zu bringen, in engere Fühlung nack links treten oder umgekehrt Concessionen nack der konservativen Seite bin machen soll. In nationalliberalen Kreisen besteht eine sehr starke Neigung nack links; die „Nat.-Ztg." hat das in letzter Zeit wiederholt ausgesprochen. Die freiconservatioe „Post" ruft sie deshalb zur Ordnung und weist das Bündniß mit der Fort schrittspartei zurück, und die „Nordd. Allg. Ztg." knetet vollends die deutsck-conservalive Par tei als den Grund und Eckstein einer „festen und zuverlässigen Majorität" an. Dem gegenüber ist es denn dock von Interesse, sick nochmals der Be strebungen dieser Partei zu erinnern, wie sie erst jüngst im preußischen Landtage durch ihre Wort führer zum unzweideutigen Ausdruck gekommen find. Wichtig ist vor Allem die Frage: Wie steht diese Partei zur BiSmarck-Falk'schen Kirchenpolitik'? Bekanntlich Kat die deutsch-konservative Partei gleich bei ihrem Entstehen die Forderung einer ^Revision der Culturkamps- oder sog. Maigesetze" erhoben. Diese Forderung ist seitdem nicht zurück- gcnommen worden; vielmehr bat ein hervorragendes Mitglied dieser Partei. Herr v. Kleist-Retzow. erst jüngst im Herrenhause eingehender angedeutet, wie man sich die Revision ungefähr verstellt. Herr d. Kleist verlangt nickt die vollständige Aufhebung der Maigesetze, wohl aber, daß man von einer staatlichen Anerkennung der Geistlichen absehc und rein geistlicke Handlungen nickt bestrafe. Was beißt dies aber Anderes, als die Aushebung des Gesetzes vom l l. Mai 1873, d. h. gerade des jenigen Gesetzes, welches mehr als alle anderen den Charakter einer dauernden Institution und nicht denjenigen eines zeitweiligen Kampfmittels trägt'? Das Reicksgesetz, betreffend die Ver brüderung der unbefugten Ausübung von Kirchen- ämtern, daS preußische Gesetz über die Ver waltung erledigter katholischer Bisthümer sind auf einen vorübergehenden und außerordcntlickcn Zu stand berechnet; das Gesetz über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen dagegen enthält For derungen, aus welchen der Staat unter allen Um ständen bestehen muß. Herr v. Kleist indeß will gerade dies Fundament eines die staatliche Souve- rainetät wahrenden Verhältnisses zwischen Staat und Kirche beseitigt wissen. Daß er im Zusammen hänge damit auch die Aufhebung der obligatorischen Clvllehe verlangt, kann nickt Wunder nehmen. Denn die Regierung wurde zur Einführung derselben be kanntlich durch den Umstand gedrängt, daß in zahl reichen Fällen die Ehe vor einem der staatlichen Anerkennung ermangelnden Priester geschlossen wurde. DieS Bedenken, meint Herr v. Kleist, würde wegfallen, sobald auf die staatliche An erkennung überhaupt verzichtet würde. Auch der Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten ist ein Gegenstand des Kleist'schen Revisionsbedürfnisses. .Aufgehoben" soll auch er freilich nickt werden, woh» aber ist eS auf seine vollständige Lahm legung abgesehen. Mau kann Herrn v. Kleist nicht dankbar genug dafür sein, daß er die kirchenpolitischen Wünsche seiner Kreise endlich ein mal in faßbaren Vorschlägen formulirt hat. Und ein anderes Mitglied, Graf Krassow, der sogar ru den Gründern der deutfch-confervativcn Partei zählt, übertrumpfte nock Herrn v. Kleist, indem er den Staat rundweg beschuldigte, den Widerstand der katholischen Kirche herausgesordert, grundlegend« Doqnien derselben verletzt und ihr dadurch das Nachgeben unmöglich gemacht zu haben Und eine solche Partei wird als Grund- und Eckstein für die Politik deS Fürsten Bismarck empfohlen! Die an die Fortschrittspartei ergangene Aufforderung, sich einen Platz in der neuzubilden- d?n Majorität zu sickern und die Dritte im Bunde »nt Nationalliberalen und Freiconservativcn zu fein, wird von der Berliner „Volksztg." zurückgewiescn. Dagegen fäkrt das Organ Häncl's, die „Kieler Z'g ", fort, für die Annäherung an die National liberalen und selbst an die Frciconservativen einru steben. Sie tritt der „Volksztg." folgendermaßen entgegen: „Sehr wahrscheinlich scheint es uns nicht, daß die Fraktion der deutschen Fortschrittspartei im Reichs tage diese Notiz der „Volks-Ztg." billigen sollte oder inspirirt baden könnte. Bis wir eines Besseren be lehrt werden, können wir nickt umhin, die „bestimmte Versicherung" der „Volks-Ztg." in den allerbestimm- testen Zweifel zu ziehen. Wenn nach den faktischen Stärkeverhältnissen der Parteien es sich darum ban delt, einen für die liberale Sacke günstigsten Verlauf herbeizuführen, so wird die Fortschrittspartei allerdings auch darauf rechnen, als mitentscheidender Factor in Betracht gezogen zu werden, und je mehr darauf seitens der nationalliberalen Partei die vernünftige Rechnung gestellt wird, desto niebr wird der entsck>eidende Schwer punkt in der Gesetzgebung nack links gelegt werden und desto bereitwilliger wird die Fortschrittspartei sein, mit den Nationalliberalen und nötbigcn Falls auch mit den Freiconservativcn die Mehrheit zu bilden, selbstverständlich unter der Voraussetzung einer Ent scheidung von Fall zu Fall und ohne Preisgebung lbrer Zielvuncte. Wenn sie aber diesen näher kommen kann auf dem von der „Nat.-Ztg." richtig angedeuteten Wege, so wird sie das lieber thun, als die entschei dende Majorität ans den Conjervativen und National liberalen gebildet zu sehen, was nichts Anderes heißt, als eine Verrückung des parlamentarischen Schwer punkts nack rechts. Daß das den konservativen Blättern aller Farben reckt genekm sein würde, bedarf keiner Bemerkung und daß die Aeußerung der „Volks- Zeitung" ihnen gefällt — ebensowenig. Tie kon servativen mögen daraus nur nickt ihre Rechnung stellen. In der Fortschrittspattei giebt es optimistische und pessimistische Strömungen und es mag gern sein, daß wir unS in den ersteren befinden. Aber Thatsacke bleibt — seit der Reichstag existirt, beweist es die Geschickte — daß die deutsche Fortschrittspartei praktische Politik treibt, daß sie mit den realen Machtverhältnissen, mit dem Möglichen rechnet und das Durchführbare ebenso scharf in das Auge faßt, wie die letzten Zielpunkte ihrer Strebungen. Und diese Thatsacke, keine Inspiration, macht es sonnenklar, daß die parlamentarische Fort schrittspartei im Interesse der liberalen Sacke nur eine Entwickelung der Dinge in der bevorstehenden Session des Reichstages wünschen kann, welche es ihr möglich macht, in den entscheidenden Puncten mit den Nationalliberalen zu geben. Und wenn die Fort schrittspartei das in bestimmten Fällen nach ihren Grundsätzen und Ueberzeugungen kann, so wird cs ihr nur erwünscht sein, wenn genau in denselben Fällen die Freiconservativcn dasselbe thun können. Nack unserer Meinung hängt Alles davon ab, ob die Nationalliberalen den Fortschrittsmännern das Mit- gehen möglich macken". Tugesgeschichlliche Aeberficht. Letpjt«, L9. Januar. Wie die „Köln. Ata." hört, beruht der Gesetz entwurf über die Stellvertretung des Reichs kanzlers auf einer Denkschrift, welche Fürst Bis marck wenige Tage nack Neujahr an den Kaifer einsandte. Bekanntlich hatte der Reichskanzler im vorigen Frühjahr sich Vorbehalten, dem Kaiser die jenigen Veränderungen zu bezeichnen, unter welchen er bereit sein werde, sein schwieriges Amt wieder zu übernehmen. Jene Denkschrift des Fürsten Bismarck war seine erste Aeußerung über diese Angelegenheit. Die Vorlage ist den Ausschüssen für Justtzwesen und für die Verfassung überwiesen und es wird angenommen, dchß zur Beratbung derselben die stimmführenden Minister der Bundesstaaten nach Berlin kommen werden. In parlamentarischen Kreisen macht sich die Ansicht geltend, daß der Entwurf eine Verfassungsänderung erheische und daß die Erledigung dieser Vorfrage zu mannich- facken Weiterungen führen könne. Wie der A. „A. Z." gemeldet wird, hat die Be ratbung der preußischen Tabaksteuer Vorlage in den Ausschüssen deS Bundesratbs zu der fast einstimmigen Annahme der Grundlagen derselben gefübrt. Das ungarische Unterhaus verwarf in der Sitzung am 28. Januar mit einer Majorität von l9 Stimmen den Antrag aus Vertagung der Be ratbuna des Zoll- und Handelsbündnisses und beschloß, sofort in die bezügliche Generaldebatte einrutreten. Gambetta hielt aus einem Banket in Belleville eine demerkenSwerthe Rede, in welcher er betonte, daß die Republik Nickt- mehr zu befürchten habe, wenn man die Politik der Klugheit, Mäßigung und Reform sortsetze. Der Redner gab der Über zeugung Ausdruck, daß selbst die gegenwärtige Ma jorität des Senates gegenüber dem Willen Frank reich- nackqeben werde. Indem Gambetta auf den Marschall Mac Mahon anspielte, sagte er: wenn man sich dein Lande völlig anvertraue, so fei der ganze Vortheil aus Seiten Frankreich-, die ganze Ehre aber für denjenigen, welcher nachgebe. Gambetta spendete auch den Ministern lebhaftes Lob und nannte dieselben Mitarbeiter der Majorität. Der „Standard" will wissen, daß Derby Nichts gegen den Extra credit einwende, welcher laut Beschluß des Ministerraths am Montag einge bracht werden sollte. Den Antrag der Opposition wird nicht Hartinaton, sondern Rvlands stellen. Derselbe lautet: Ürgend welche Mehrausgabe für Heer und Flotte sei durch die bestehenden Umstände nicht gerechtfertigt und würde die drückende Steuer last des Landes nur unnöthig vergrößern. — Gladstone hat ein Schreiben an den Secretair des liberalen Verein- in Greenwich über die Credit- forderung gerichtet, in welchem es beißt, er sei fest überzeugt, daß dieser höchst indiscrete Vorschlag im Parlament mächtig bekämpft werde, und hoffe,' das Land werde seine Meinung darüber verständlich ausdrückcn. — Die „Times" glaubt noch immer, die Regierung werde die Cred'ttsorderung nock in elfter Stunde vertagen, wenn nicht, so werde Hartington eine Vertagung der Debatte beantragen; wie verlautet, würde die Regierung einem solchen Anträge rustimmen. Eö steht so ziemlich außer allem Zweifel: der englische Admiral Hornby war in der That bereits in die Dardanellen eingefahren und von den türkischen Seeschlöffern mit Salutschüssen begrüßt worden, als Lord Beaconsfield sich beeilte, ihn wieder heraus zu beordern und heraus zu dementiren. Welch einen betrübenden Eindruck muß diese Schwenkung auf die Türken gemacht habe», bei denen das Erscheinen deS englischen Banners sicher noch einmal eine letzte Hoffnung auf den Beistand Großbritanniens anfachte, eine Hoffnung, die so grausam getäuscht wurde, wie jede frühere! In dem Befinden deS PapsteS ist eine Besse rung cingetreten; doch hütet derselbe nock immer das Bett. König Humbert hat den Prinzen Amadeus zum Commandanten des in Rom stehenden Armee korps ernannt. Der russische „Regierungsbote" veröffentlicht eine Adresse der Bewohner des Sandschaks Tultscha an den Kaiser, in welcher sie denselben zu den glänzenden Siegen beglückwünschen und ihm zugleich den Dank der Bulgaren für die übernommene Be freiung derselben auSsprcchen. Aus Tiflis, 28. Januar, wird gemeldet: Der Frost in der Umgebung von Erzerum dauert fort, das starke Schneegestöber hat seit dem 24. Jan. ausgehört. Ismail Pascha ist am Tvphus erkrankt. Nack einem Telegramm deS „Reuter'schcn Bureau" aus Konstantinopel vom 27. Januar antwortete Savfet Pascha auf eine Anfrage Layard's. es sei ihm noch nickt möglich, ihm die Bedingungen für die Friedenspräliminarien mitzutheilen, obgleich er am Freitag telegraphirt habe, die Bedingungen anzunehmcn. lieber die Wafsenstillstandsverhändlungen sei er nock ohne Nachricht ('?). Aus Konstantinopel, 27. Januar, wird berichtet: Nach hier eingeganqencn Berichten haben noch am 26. Januar Gefechte bei Silistria und bei Battekik stattgefunden. Auch haben die Serben noch bei Simmtza Kurkumla und die Montene griner bei Kova Popova bei Mostar gekämpft. Sämmtliche feindliche Angriffe sollen zuruckgeschla gen worden sein. Sulciman Pascha befindet sich in Kirkaautels?). Die Einschiffung der Truppen dauert fort. Es werden noch sechs egyptischc Transportschiffe erwartet. — Nachdem am Freitag die Zustimmung zu den Friedenspräliminarien seitens der Pforte beschlossen ist, haben noch Ver handlungen über die Einzelheiten deS Waffenstill standes stattzusindcn. Unter den verschiedenen Lesarten derFrieden s- bedingungen wird der .Köln. Ztg." au» Pari- Folgendes als authentisch bezeichnet: Serbien und Rumänien selbstständige Königreiche. Montenegro selbstständig mit kleinem Gebietszuwachs. Die Bulgare» bis zum Balkan halbselbstständiger Vasallenstaat. Für Bosnien und die Herzegowina wird ein christlicher Gouverneur in Aussicht ge nommen, doch soll über das Nähere erst ein euro päischer Esngreß entscheiden. Demselben bleibt die Dardanellenfrage Vorbehalten, aber Rußland tritt schon jetzt mit dem Verlangen hervor, daß die Meerenge für alle europäischen Nationen frei sein soll. Der Betrag der Kriegsentschädigung ist noch nicht festgesetzt. Di« Angaben über das Gebiet in Asien, welches Rußland als Faustpfand behält, Weichen noch von einander ab Neues Theater. Leipzig, 29. Januar. Zehn Jahre sind mit dem gestrigen Tage verschwunden, seitdem daS Neue Theater am Augustusplatz seine Pforten eröffnet hat. Zur Feier des Erinnerungstages hatte die Direk tion das Programm der Erösiiw »gsvorstellung vom 28. Januar 1868 wiederholt. Wiederum hoben die trefflich exccutirten Ouvertüren von Weber und Gluck die Stimmung der Besucher de« festlich er- leuchteten Hauses; wiederum folgte aus die Ouver türe zu Gluck's „Iphigenie" daS Festspiel de« Unterzeichneten: „Die Heimath der Künste", dessen leibende Bilder von den Herren Pettera und Ghurian sinnig arranqirt wurden, wäbreud besonders Frau Senger als „Lipsia" und Krl. Wessely als „Muse des Trauerspiels" sich durch schwunghaften Vortrag der Verse auszeichneten; wiederum folgte Goethe's„Jpkigenie" und hob die Bühne durch den Adel ihrer unvergänglich schönen Verse in den Bereich jener weihevollen Schönheit, deren Zauber sich dem ganzen andächtig lauschenden Publicum mittheili, so daß der Eindruck sich wie derum nicht besser schildern läßt. alS mit Goethe'« Worten: Und hinter uns in wesenlosem Scheine Lag, was uns Alle bändigt, das Gemeine. Daß Marie Geistinger die harmonische Ge statt der Iphigenie glücklich wiedergeben würde, davon waren wir im Voraus überzeugt; doch sie hat unsere Erwartungen übertrofsen und einen neuen Beweis geliefert, welche überraschenden Fort schritte sie hier durch eisernen Fleiß gemacht hat In der That, das Phänomen, daß die beste Dar stvllerin der frivolsten Heldin des Alterthums, der schönen Helena, jetzt die edelste Heldin desselben, die Iphigenie, in solcher Weise darzustellen ver mag, hat sich bisher in der Geschickte der deutschen Schauspielkunst nickt wiederholt. Frl. Ziegler, die frühere Darstellerin, hatte in dieser Rolle vielleicht mebr Hoheit und Portament; aber daS Seelen und Ausdrucksvolle dieser Iphigenie, die wechseln den Bewegungen des GemütheS, die Freude des Wiedersehens mit Orestes, die zartflebende Bitt' im letzten Act kamen bei Marie Geistinger zu er greisenderem Ausdruck. Die Monologe sprach sie im Ganzen mit jener Getragenheit. welche den Adel der Diction nickt verlöschen läßt; aber sie gab ihnen eine reichere Tvnfärbung, oft stimmungs volle Weichheit, ließ die Zwischenglieder des Satzbaues oft mehr zurücktret-n, rückte sie nicht alle in das blendende Lickt der gleichen Emphase, gab dem Nebensächlichen schnelleren Verlauf, nickt den gleichen Kothurnschritt; kurz, bei ihr trat gerade das ewig Menschliche hervor, durch welches Goethe diese antike Gestalt unserem modernen Empfinden genähert hat. Der reiche Beifall des vollen, in den festen Plätzen ganz auSvcrkauftcn Hauses lohnte der Künstlerin durch mehrfachen Hervorruf nach allen Acten. Goethe'« „Iphigenie" und ein volles HauS — welches Hoftheater kann sich dessen heutigen Tages rühmen ? Schon bei den meisten Lesstng Vorstellungen war das Haus gefüllt: jedenfalls ein Sporn für die Direktion, durch vorwiegend edle Haltung des Repertoire dem rühmenswerthen Geschmack des Publikums entgegenzukommen. Die gestrige Aufführung war in. Ganzen stvlvoll unv frei von Störungen. In den Beifall, den die „Iphigenie" der Marie Geistinger fand, theilte sich der Orcst des Herrn Grube, der den von den Erinnven verfolgten Muttermörder mit dämo nischer Kraft vorführte. Die sanftere Vision, über welcher der Schein milder Versöhnung schwebt, gab er stimmungsvoll wieder; nur erschien uns sein Organ etwas angegriffen. Trefflich war der Thoas des Herrn Johannes, ganz der edle Barbar, der die Stimme der Menschlichkeit hört; der Arkas des Herrn Pettera traf den etwas rauheren Grundton des scythischen Vasallen. Herr Wächter als Pylades sprach mit Verständniß und Wärme, doch er deckte die Rolle nicht; seine Stimme, sein ganzes Wesen ist zu jugendlich für den besonnenen, geistig reifen Mentor des Orestes; hier war eine andere Besetzung geboten. Ruv. von Gottschall. Musik. C » « e e r t. Leipzig, 29. Jan. Das von Herrn Adolph Carpe veranstaltete Concert. welche- gestern im Saale deS Gewandbauses stattfand, gab dem ge nannten Pianisten Gelegenheit, seine Leistungs fähigkeit »m Pianosortcspiel nach verschiedenen Richtungen hin in einer sehr acktungSwerthen Weise zu entwickeln. Ganz besonders ist der Vor trag der großen Ockur Sonate op. 53 von Beethoven yervorruheben, dessen Werth deutlich erkennen ließ, daß Herr Carpe unter der auS gezeichneten Leituna seines bochangesehenen Lehrers, des Herrn Capellmeister Carl Reinecke, mit größter Energie seine Technik im Clavierspiel ver vollkommnet und, in das tiefe Wesen der classi
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