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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187802071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-02
- Tag1878-02-07
- Monat1878-02
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1878
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Erscheint tSglich früh 6'/. Uhr. Ledortl»» »»» TRPtdüI»» Johaanisgasse LS. sp«chß»»te« Irr Lrdarttoa: vorwittagS 10-12 Ubr. Nachmittags 4—« Uhr. ae der für die «Lchs: Nummer bestimmten an «ochentagrn btc Uhr Nachmittags, an Sonn- uuv Festtagen früh bis VF Uhr. L« »rn /ltiair» filr Z,s.X«m>l>mr: Ott, Stemm, UniverfitätSstr. 22, stmrtö LAfche,tkatharincustr.18,p. nur bis VF Uhr. MMer.Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. IL.rL». Ld»aacmk»I«»rrt« viertelt. 4V incl. Brinanlobn S! durch die Post bezogen S Mt. Jede einzelne Nummer 2L Pf. Belegexemplar 10 Pf- Vebühren für Extrabeilage» ohne Postbesvrderung LS Mk. mit Postbesvrderung 4L Mk. Inserate Lgesp. Prtitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preisverzeichniß.—Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Lrrla««« nnter drin Nedaeltoarsktch die Spaltzeile 40 Pf. Inserate find stets an d. trpedttto» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»«aiuavr»i,<1o oder durch Postvorschuß. 38. Donnerstag den 7. Februar 1878. 72. Jahrgang. Mittmoch, den 13. Februar ». e. »elw« Holz-Auction. sollen von Bormittags S Uhr an im Forstreviere Connewitz auf dom Holzschlage am Rödelwehre, Abtheil. 33, 38 und 36 ca. 40 Raummeter eichene Brermschette, 100 Haufen »brau«- und 12 Haufen Lchlagrettzig (Langhaufen) unter den an Ort und Stelle öffentlich ausgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden. * Zusammenkunft: am Rödelwehre unweit des Sckleußiger Weges. Leipzig, am 30. Januar 1878. TeS Raths Forftdcputation Holz-Äuction. Freitag Sen 15. Februar -. «. sollen im hiesigen Rasenthale von Vormittags s Uhr an 4- «braumhaufeu und 117 Langhaufeu unter den an Ort und Stelle öffentlich ausgehangenen Bedingungen und gegen sofortige Bezahlung nach dem Zuschläge an den Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: Vormittags 9 Uhr am Rosenthalthore. Leipzig, am 4. Februar 1878. Tes Raths Forstbeputation. Realschule II. Ordnung (an ver Parthe). Die Anmelduug neuer Schüler für Ostern d. I. erbitte ich mir Mittwoch den 6. und Tonnerstag den 7. Februar Vormittags von 8—12 Uhr. Das letzte Schulzeugniß, Tauf- oder Geburtsschein und Impf schein find vorzulegcn. Der «ufnahme-rüsung findet Mittwoch den 20. Februar früh 8 Uhr statt. Papier und Feder find r. P, milzubringen. vr. Pfalz. Leipzig, 6. Februar. luter arm, silent lesreg! Mitten im Lärm der Waffen schweigen die Gesetze, ruht die Arbeit der Völker, die nur in den segensreichen Schranken der Ordnung gedeihen kann. Der gestrenge Herr Mars duldet keine Beschäftigungen, die nicht in den Dienst seines verheerenden Regiments treten, und die Menschen richten sich danach ein. Wenigstens sollte er aber seinerseits eine ähnliche Rücksicht üben, rüenn seine Sendung sich erfüllt, seine Herrschaft sich zu Ende neigt; er sollte in den Hintergrund rreten, wenn der Helle Ton der Friedensalocke durch die Lande zieht, t Leider liegt solche Rücksicht nicht in seiner herrischen Natur, und so schnell der Friede vordem plötzlich Hera «stürmenden Kriege entflieht, so schwer wird es dem Kriege, dem zögernd eintretenden Frieden das Feld zu räumen. Wir sehen Das jetzt wieder, wo die Mächte sich zur Conferenz rüsten, Bon dieser wünschen wir sehnlich, daß sie zum Friedens- seste Europas werde, daß sie auf lange hinaus das Schreckgespenst der orientalischen Frage banne, daß sie eine neue glücklichere Aera verkünde den aus tausend Wunden blutenden Völkern des Ostens und den in Mitleidenschaft gezogenen Nachbarn und Zuschauern. Mitten in die Einladungen zur Conferenz tönt aber noch immer ein wüster Waffen lärm hinein. England rüstet; die dortige Re gierung besteht auf ihrer Creditforderung, um ge hörig gesattelt, gestiefelt und gespornt in die Conferenz reiten zu können. Da bleibt denn auch Rußland nicht zurück, das gleichfalls seinen Forderungen aus der Conferenz Nachdruck geben will, und so dröhnt der rumänische Boden von dem klirrenden Fußtritt der frisch nachgescho benen Truppen wider. Oesterreich hält sich noch vorsichtig zurück; doch rüstet es seine Schiffe aus und stellt sie zum Ausflug nach der Levante-bereit, ivie Italien d,e seinen. Griechische Truppen über schreiten die türkische Grenze uud besetzen Thessa lien; die Türkei antwortet mit der Absendung ihrer Panzerschiffe nach dem Piräus. Und zu den diplo- matchherr Schwierigkeiten, die zwischen Rußland ciuerselt- und Oesterreich und England anderer seits bestehen, tritt setzt noch eine neue hinzu, die sich zwischen den seitherigen Bundesgenossen Ruß land und Rumänien entwickelt. DieseS soll jenes Stück von Bessarabien, das Rußland nach dem Pariser Frieden von 1856 an Rumänien ver lor, jetzt wieder herausgeben und als Ersatz dafür die Dobrudscha erhalten. Es legt aber auf den Besitz des befsarabischerr Landstriches mit Recht gr ßes Gewicht und hat um so weniger Lust, aus das von Rußland angebotene Tauschgeschäft einzu geben, als Oesterreich einem Hinübergreifen Ru mäniens über die Donau abgeneigt ist, sodaß also letzteres Bessarabien verlieren könnte, ohne die Dobrudscha dafür einzulauschen. Oesterreich wird Rumänien in seiner Weigerung unterstützen; eS bat bereits zu verstehen gegeben, daß eS durch die Ueberlaffung jene- Grenzgebietes an Rußland die freie Fahrt auf der Donau und damit eines der stärkst« wirthschastlicben Interessen Oesterreichs für gefährdet halten würde. Diesen Inter essen trotz der Rückerwerbung von Bessarabien Rechnung zu tragen, ist zwar die russische Diplo matie bemüht. Nach einem heute eingetroffenen Telegramm hat General Iauatieff Rumänien die Dobrudscha biS Küstendsche bei Belassung der Kilia- und Donaumünd unacn im ru mänischen StaatSverbande alS Entschädigung für das an Rußland zu überlaffende Stück von Beffa- rabien anaeboten. Ob es aber Rußland gelingen wird, da« Mißtrauen Oesterreich« durch eine solche Lösung zu besiegen, steht dahin; jedenfalls wird sich Rumänien, da- sich schlecht belohnt sieht, nur mit schwerem Herzen dazu herbeilaffcn und sich fortan vielleicht mehr an Oesterreich alS an Rußland an lehnen. Wenn dies der Erfolg der russisch-rumä nischen Verwickelung sein würde, so könnten wir freilich mit einer solchen Wendung nur zufrieden sein; denn so sebr wir die Beseitigung der türkischen Mißberrschast in Europa wünschen, so sehr muß uns doch Alles willkommen sein, was zur Ein schränkung de- russischen Einflusses auf der Bal kanhalbinsel beitragen kann. Die rumänische Frage wird sicher eine Rolle auf der Conferenz spielen, deren Aufgaben ohnehaz schwierig genug sind. Noch immer weiß »« nicht, wie Rußland sich bezüglich der Dardanellen nnt Englcnck, wie es sich bezüglich Bosnien- mit Oesterreich abzufinden gedenkt, was aus Bulgarien werden soll. Eine ofsiciöse Correspondenz des Brüsseler „Nord" er wähnt wieder unter den Grundlagen für die Prä liminarien einen Fürsten von Bulgarien aus einem der nicht regierenden Häuser Europas, der an der Spitze eines zu bildenden bulgarischen Tributärstaates stehen soll. Wer den Fürsten ernennen soll, wird nicht hinzugefüat. Die Bildung eines bulgarischen FürstenthumS, daS möglichst unabhängig zu stell wäre von der Türkei wie von Rußland, ist ein Problem, das den Gelehrten der Conferenz viel Kopfzerbrechen machen wird. Es wird aber auf die cme oder die andere Art gelöst werden müssen, da eine Rückkehr zum früheren Zustande undenkbar ist. Bei der grotzen Zahl von ernsten Anzeichen, unter denen die Conferenz in Sicht tritt, ist wenigstens das Eine beruhigend, daß sie überhaupt zu Stande kommt. Wie heute berichtet wird, haben auf die Einladung Oesterreichs nicht nur Deutschland und Rußland, sondern auch Italien, Frankreich und England bereit- zusagend geantwortet. Auch die Pforte hat ein Billet-doux zum Stelldichein in Wien erhalten. Sie wird dieSmal, Dank den russischen Siegen, die wenigsten Schwierigkeiten machen und sich sehr bescheiden in die Ecke drücken. Es ist daher gleichgültig, ob sie kommt oder nicht —, man wird unter all« Umständen mehr über sie, als mit ihr verhandeln. Was haben wir von der Fortschrittspartei für die zu bildende reich-treue Parlamentsmehrheit und für die Unterstützung der geplanten Reichs organisation zu erwarten? Auf diese Frage hat neuerdings die Rede Antwort gegeben, die von einem fortschrittlichen Führer auf ecnem in Berlin stattgehabten Feste der Partei gehalten worden ist. Der Avg. Virchow hat die Gelegenheit wahrge nommen, die Stellung seiner Parte: gegenüber der Reichsorganisationsfrage rund und nett zu kenn zeichnen. Rach dem Berichte der „Boss. Ztg." sagte er: „Was unS Alle gleH nahe berührt, ist die Frage der Organisation de- Reiches, welche die preußische Organisation in Mitleidenschaft ziehen muß. Da- is die Seite, wo wir Fühlung mit dem Hrn. v. Bismarck durchaus nicht gewinnen können, wo das Vertrauen nickt eher kommen kann, alS bis wir wirkliche Thal- fachen sehen. Herr v. Bismarck ist kein Organi sator. Er hat kein Bedürfnis bleibende Bildungen, wahrhafte Organisationen zu schaffen. DaS ist ein positiver Fehler des Staatsmannes, der Alles aus sich und seine Person stellt und keine Garantie siir die bleibende Entwickelung unsere- Volke- schafft. Deutschland muß, mit einem Worte, eine Organi- sation haben, vermöge deren eS leben kann ohne Herrn v. Bismarck! Könnte der Letztere diese Orga nisation schaffen, nun gut, so würden auch wir iym folgen. Ab«: eS ist eine Aufgabe, die über die nun einmal selbstherrrsch angelegte Natur dieses Mannes geht. Es ist ^anz unmöglich, daß er ein selbstständiges Ministerium neben sich dulde WaS er will, ist keine Organisation, sondern daS Gegen theil davon. Und dazu können wir die Hand nicht bieten. Daher haben wir nur die Wahl, uns zu fügen oder Opposition zu machen. Die Zeit, im Wesentlichen „Ja" sagen können, ist für uns noch nicht gekommen, jetzt sind wir in den Hauptsachen noch die Partei des „Nein!" — So Herr Virchow. Der klare Sinn seiner Aeußerung ist also: die Fortschrittspartei lehnt es ab, sich an einer unter der Aegide des Fürsten Bismarck vor zunehmenden Organisation der Centralvcrwaltung des Reiches zu betheiligen. Im Grunde Dasselbe hat Herr Richter zu Anfang Januar in BreSlau, Herr Parisius schon vorher in seinem Buche über die Parteien in Deutschland verkündigt. Es ist das ewig wiederkehrende eeterum eeusoo der Berliner . Fortschrittspartei: erst muß BiSmarck beseitigt sein, bevor eine ersprießliche Ordnung unserer politischen Zustände überhaupt möglich sein soll. Der Gegensatz zu der Grundlage, welckc in der StellvertretungSvorlagc für die Organisationsarbeit geboten wird, kann nicht schärfer auSgedrückt werden. Im Ernst hält Nie mand für möglich, daß die nothwendiaen Reformen ohne oder gar gegen den Fürsten Bismarck ins Werk gerichtet iverden sollten. Und so ist denn klar, daß Herr Virchow und seine Freunde sich der Herausbildung des geplanten neuen Verhältnisses zwischen Regierung und Parlament unter den ob waltenden Umständen, wenn nicht gleich alS ent schiedene Widersacher, so wenigstens alS lediglich kritische Zusckauer gegenüber zu stellen gedenken.— Die Kundgebung der BerlinerFortsckrittspartei ist, wie jede Klärung rweifelhafter Lage, unter allen Umständen dankenswerth. Man weiß fortan, daß für die Bildung der festen parlamentarischen Mehrheit auf die fortschrittliche Fraktion als aus einen zuver lässigen Factor nicht zu rechnen ist. Eine andere Frage aber scheint es doch, ob die fortschrittlichen Wähler im Lande überall mit der von Herrn Virchow vorgezeichaeten Stellung zufrieden sein werden. Die R^»ner des Berliner Banke tS schritten «ar stolz und zuversichtlich einher. Daß die Fortschritt-Partei allein „dem Volke unab« Hänghze, freie Charaktere bewahrt hat," daß sie die „Partei der Selbstständigkeit, der Unabhängigkeit, der persönlichen Würde" ist — solche und ähn liche Redensarten mag man einfach auf daS Conto des fortschrittlichen Eurialstyls setzen. Aber, wenn Herr Richter erklärt, sich „in Uebereinstimmung ru befinden? mit Dem, was das strebsame intelligente Bürgerthum in Deutsch land denkt und fühlt," wenn er die Fort schrittspartei gewissermaßen als die alleinige Ver treterin des deutschen Büraerthums hinstellt, so ist eS doch nöthig, den allzu kühnen Orator aus einen handgreiflichen Protest gegen seine Behauptung auf merksam zu machen. Dieser Protest ist das Vor handensein der nationalliberalen Partei. Mehr als je ist es geboten, daß alle die Elemente unseres Volkes, welche wir unter dem „deutschen Bürger thum" begreifen, fest zusammenftehen in diesem ent scheidungsvollen Augenblicke. Die Frage tritt an sie heran, welcher von beiden Richtungen sie sich anschließen wollen, der von einer radikalen Minder heit verkündigten Politik der Verneinung, oder der von der natronalliberaleir Partei vertretenen Po litik des positiven Schaffens in der Balm einer maßvoll fortschreitenden freisinnigen Entwickelung. Es ist nicht zweifelhaft, für welche Seite das deutsche Bürgerthum sich entscheiden wird. Tazesgeschichtliche Ueberjicht. Lettzris. «. Februar. . Dem heute eröffnet« ReickS tage wird Prä sident v. Forckenbeck mittheilen können, daß bereit- mehrere Bundcsraths-Vorlagen eingcgangen sind. Sämmtliche zum HauShaltsetat gehörende Special- etatS sind zwar vom BundcSratb genehmigt, aber die Vorlegung verzögert sich wohl bis rum Sonn abend, weil bis dahin mit der Fertigstellung ein zelner Entwürfe die Druckerei beschäftigt ist. In der ersten Sitzung deS Reick-tagS kann nur die Verlesung der eingetretencn Mitglieder und damit die Verloosung in die Abtheilungen vor sich geben; die Wahl des Präsidium- und der Schriftführer erfolgt vermuthlich am Freitcw. Bor Mittwoch nächster Woche wird die EtatSverathung nicht be ginnen können, schon weil den Abgeordneten Zeit gelaffen werden muß, sich für die Generaldebatte vorzubereiten, bei welcher gleichzeitig die Tabaks- steuer-Vorlage Berücksichtigung finden dürfte. Damit ist angezeigt, daß der Reichstag sofort in sehr wichtige und erregte Debatten eintreten wird. Die Fortschrittspartei will ferner ihre Interpellation Über die Orientpolitik des Reiche- auch schon in nächster Woche einbringerr, und endlich steht zu erwarten, daß in längstens acht Tagen der Bunde«- rath über den Entwurf, betreffend die Stellver tretung des Reichskanzlers, sich schlüssig gemacht haben wird. Unter den Vorlagen, welche dem Reichstage zu gehen werden, befinde» sich der seiten- des Bundes- raths schon vor einiger Zeit sestgestellte Entwurf einer Rechtsanwaltsordnung für da-deutsche Reich. Dem Gesetzentwürfe ist seiten« des Rcichs- als justizamtS ein sehr umfassende-Material bei namentlich eine vollständige Darstellung der RccktS- verkältnisse der Rechtsanwälte in den einzelnen deutschen Bundesstaaten. Württemberg hat im Bundesrathe die Ein setzung einer Commission beantragt, zur Bcrathung der Frage, ob das Tabaks monopc-l einzuführen sei. Der Antrag ist den Ausschüssen überwiesen worden, welche weitere Vorschläge machen sollen. Das kaiserliche Statistische Amt in Berlin hat soeben die Zahlen der Geburten, Eheschließ, ungen und Todesfälle im Jahre l876 für da« deutsche Reich mit Rückblicken auf die Bevölke rungsbewegung der früheren Jahre seit 1872 veröffentlicht. Die Summe der Eheschließungen betrug 366,612, der Geborenen 1,83l,2l8, der Ge storbenen 1,207,144, des Geburtenüberschusses dem nach 624,074. Im Verhältniß zur Bevölkerung (diejenige der Volkszählung von 1875 zu Grunde gelegt) kamen im Jahre 1876 auf 1000 Ein wohner: 8 59 Eheschließungen, 42,86 Geborene, 28.25 Gestorbene, 14.61 mehr Geborene als Ge storbene. Gegen die Vorjahre seit 1872 zeigt sich eine Abnahme der Eheschließungen, die im Jahre 1872 die Zahl von 423,900 erreicht hatten und seitdem beständig sich vermindert haben. Selbst Berlin, wo sich bisher in allen Jahren eine Zu nahme gezeigt hatte, macht diese« Mal keine Aus nahme. Es wurden hier im Jahre 1876 nur 12,093 Eben geschloffen, im Vorjahre (1875) »och 14,528 Ehen, so daß die Zahl um 2435 gefallen ist. Trotz der Abnahme der Ehen hat die Frucht barkeit der Bevölkerung sich gesteigert; denn e« kamen 42.86 Geborene auf lOOO Einwohner, während in der vierjährigen Periode vorher die Verhältnißzahl nur 41.40 war. Da zudem das Verhältniß der Todesfälle ein günstigere« war in den Vorjahren, so blieb der Teburtenüber- ein sehr bedeutender, und die Bevölkerung weist also ein noch rascheres WachSthnm als in den vorhergehenden Jahren auf. Diese starke Ver mehrung des deutschen Volkes macht nicht nun die Franzosen wegen der Zunahme unserer Wehr fähigkeit bedenklich, sondern scheint auch bei unS ängstliche Patrioten z» beunruhigen. In der Augsburger „Allgemeinen Zeitung" wurden neulich „unliebsame Zeitbetrachtungen" angestellt, welche uns die Bevölkerungstheorie des Malthus ins Gedächtniß rufen sollten und die Schuld der gegenwärtigen schlechten Zeiten auf die Be- völkerungszunahme schoben, die im Verhältniß zun, WachSthnm des Capitals zu groß sei. Dagegen bemerkt aber mit Recht die „Post": Daß die Bevölkerung sich der Zeitlage anpaßt und in ihrer Vermehrungs-Tendenz nicht leichtsinnig vorgeht, sieht man ja auS der Abnahme der Eheschließungen. Die Vermehrung der Geburten, die keineswegs durch eine Zunahme der unehelichen Geburten herbeigeführt ist, hat aber noch stets, und mit Recht, als ein Zeichen von Kraft gegolten, die auch mit den wirthschaftlichen Fähigkeiten rusammcn- hängt. Von einer Zunahme der'Sterblichkeit, die allerdings ein ungünstiges Zeichen sein würde, ist sie nicht begleitet. Die Zunahme an Menschen kraft ist aber doch schließlich die Vorbedingung der Zunahme der Eapitalkrast, die trotz der „arbeit sparenden" Maschinen immer aus der schaffenden Arbeit beruht. Von einer „Uebervölkerung" im Sinne eines MalthuS kann nicht die Rede sein; denn Niemand wird glauben, daß bei der heutigen Ausbildung der Verkehrsmittel die Erde etwa nicht im Stande sei, genügende Nahrungsmittel für dre deutsche Bevölkerung zu liefern; oder daß überhaupt die Frage so gestellt werden könne: wie groß eine Bevölkerung naturgemäß" sein dürfe. Zwischen Natur und Menschen treten heute WirthscbaftSrecht und WirthschaftSleben mit ihren Bedingungen der Production und Bertheilung. Die- sinv aber Dinge, welche der menschlichen Einwirkung unter liegen; und wenn wir durch zweckmäßige Wciter- entwickelung unseres WirthschaftSleben- im Innern, durch Handel und Colonisation nach Außen unsere Productionsgrundlagen verbreitern, so können wir das rasche WachSthnm unserer Bevölkerung ohne jede Beunruhigung sehen, ja sogar nur mit Freuden begrüßen. In preußischen Abgeordneteirkreiscn wurde am DienStag mitgetheilt, daß daS Ministerium in Bezug auf die Frage der Vertagung oder de- Schluffes de-Landtags in der letzten Sitzung einen Beschluß noch nicht gefaßt habe. Die Abgeordneten werden also vorläufig bestimmte Dispositionen in Betreff ihrer Abreise nicht treffen können. — Da-Abgeordnetenhaus hatte sich in der DienStagS- sitzung zunächst mit der dritten Lesung des Gesetz entwurfs betreffs der Befuaniß der staatlichen Commifsarien für die bischöfliche Vermögens- Verwaltung zu beschäftigen. Der Aba v. Schor. lemer-Alst sorgte dafür, daß die an sich so einfache und selbstverständliche Vorlage auch diesmal nicht ohne den begleitenden Culturkampf-Lärm durch da- HauS ging. Mit mehr alS gewöhnlicher Gereizt heit constatirte der ultramontane Redner, daß der Gesetzentwurf lediglich beweise, wie cs mit der
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