Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187802125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780212
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-02
- Tag1878-02-12
- Monat1878-02
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1878
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Resattiea »»> «exidttt«, JvhauniSgafie 33. Apuchß»»tk» »n »esactt«»: vornnttags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—ü Uhr. L«mch«r der für die nächst totaeuve Nummer bestimmten Imentte an Wochentagen bis » Uhr Nachmittags, an Sonn- m»d Festtagen früh bis V,i> Uhr. Z» te« FUtate» stir Zus-Aimchmt: Otts Klemm. UniverfitLtSstr. 22. LontS Lösche, Katharinenstr. 18.P. nur bis '/.» Uhr. «nflage 1S.SSH. Adivanxitt^ktt, viertelt. 4»/-ML, mcl. Brinaerlohn S ML. durch die Post bezogen S ML Jede einzelne Nummer 2S Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbefvrderung 3L ML Mit Postbefvrderung 4S ML Just rate Sgesp. Petitzeile 20 Pf Größere LLnslen laut unserem PreiSverzeichuiß. - Tabellarischer Satz nach höherem Tarif, lltrlamt« unter »r« »rbartionillrtch die Spaltzeil« 40 Pf. Inserate find stets an d. Lkpebittr » zu senden. — Rabatt wird uübr gegeben. Zahlung pr»«Lamk>r»n<t«- Dienstag den 12 Februar 1878 72. Jahrgang. Holz-Auction. Mittwoch, den IS. Februar ». e. sollen von Bormittags S Uhr an im Forstreviere Eonnewitz auf dem Holzschlag« am Rödelwehre, Abtheil. 33, 35 und 3tz ca. 40 Raummeter eichene vrennschette. 100 Hausen Abraum- und 12 Haufen Tchlagreihig (Langhaufen) unter den an Ott und Stelle öffentlich ausgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: am Rödelwehre unweit des Schleußiger Weges. Leipzig, am 30. Januar 1878. Des Raths Korstdebutation. Das sächsische AusflihrmWgeseh zum Gerichtsversasiungsgeseh. Ueber diese« Thema bringt die „Nationall -Corr." folgenden Artikel: Inmitten .der großen auswär tigen und inneren Fragen, welche sich in der letzten Zeit in beispielloser Weise gehäuft haben, ist ein überaus charakteristischer Borqang auf dem sächsi schen Landtage in weiteren Kreisen fast gar nicht beachtet worden. Es verlohnt sich, auf denselben zurückzukommen. Wir haben seinerzeit, als der be treffende Gesetzentwurf der sächsischen Regierung ans Licht trat, auf die vollständige Unvereinbarkeit einer sehr wesentlichen Bestimmung desselben mit dem Reichsgerichtsvcrfassungsgesetze aufmerksam gemacht. Der 8- 8 dieses Gesetzes schreibt vor, daß Richter wider ihren Willen nur kraft richter licher Entscheidung und nur aus den Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in Ruhestand versetzt werden können. In offenbarem Widerspruche damit wollte die sächsische Regierung in der ihrem Landtage gemachten Borlage sich die Be- fngniß beilegen lassen, Richter zu versetzen, wenn ein Bedürfmß des Dienstes dazu vorliegt und dies vom Oberlandesgerichte anerkannt wird. Daß die sächsische Negierung diesen Widerspruch mit vollem Bewußtsein cinführte, konnte um so weniger zweifel haft sein, als ihre Vertreter seiner Zeit iu den Berathungen der Rcichsjustizcommission sowohl wie deS Reichstages gerade gegen den erwähnten tz 8 vom particularistischen Standpunkte aus lebhaft protestirt hatten. Die Erste Kammer, welche den Entwurf zunächst zu berathen hatte, empfand die Disharmonie zwischen der fraglichen Bestimmung de- sächsischen Entwurfs und den im RcichSgesetz für die Unabhängigkeit der Richter gegebenen Ga rantien zu sehr, als daß sie nicht wenigstens eine scheinbare Verbesserung hätte versuchen sollen. Sie änderte den Ausdruck „Bedürfmß des Dienstes" in „Interesse der Rechtspflege" um und wollte, daß dies „durch Entscheidung^ des Oberlandesgerichts anerkannt sein solle. Wie wenig aber bei Licht besehen damit gewonnen ist, das hat der vom Abg. Schaffrath erstattete Deputationsbericht der Zwei ten Kammer unanfechtbar nachgewiesen. Nach Wiedergabe deS H. 8 des RcichsgcnchtsversassungS- gesetzes heißt es in demselben: „Diesen reichs gesetzlichen Vorschriften entspricht nun der tz. 8, Abs. 1 des vorliegenden Gesetz entwurfs nicht; auch mit dem Wortsinne de- tz. 8 deS Gerichtsverfassungsgesetzes steht der gegenwärtige 8. 8 in der Fassung der Regierung sowohl als der Ersten Kammer im Widerspruch." Die Begriffe „BÄ)Ürsniß de- Dienste«", „Interesse der Rechts pflege" werden unbarmherzig zerpflückt, ihre gänz liche Unzulänglichkeit, als „Gründe" im Sinne deS 8- 8 de« GerichtSverfaffungSgesetzes, dargethan. , sich das „Anerkenntniß" des Oberlandesgerichts -ird als werthlos gekennzeichnet, da ein „Bedürfmß des Dienstes" bezw. ein „Interesse der Rechtspflege", rvenn eS von dem Justizministerium behauptet werde, fast bei jeder Versetzung eines jeden Richters vom Oberlandesgericht als vorliegend werde anerkannt werden müssen. Dann fährt der Bericht fort: „Selbst aber hiervon abgesehen, ist doch der Grund und Zweck sowohl deS tz. 8 d>» Eerichtsverfaffungs- gesetzes alS des gegenwärtige« Entwurfs: Schutz und Sicherheit eine- jede» WchterS gegen willkür liche, seine gesetzliche Unabhängigkeit beeinträch tigende Versetzungen. Dieser Grund und Zweck wttd nicht schon dadurch erreicht, daß solch« Ver setzungen zulässig sein sollen, wenn sie „durch daS Interesse der Rechtspflege geboten" sind. Ver setzungen bleiben auch dann, wenn sie durch „daS Interesse der Rechtspflege geboten" erscheinen, gleich i »angenehm und fühlbar für den versetzten Richter, md daher geeignet, die rtchtetkchk k1»abtz,>«>iaWt gefährden und außerdem auch noch die «ensetzung der Gerichte ander- zu gestalten, fahr solcher Versetzungen bleibt jeder Richter a«H» setzt, auch daun, wenn die Versetzung .church «B Interesse der Rechtspflege geboten" ist; kein Rtchtzer und kein Gericht ist vor einer solchen „durch das Interesse der Rechtspflege gebotenen" Versetzung sicher. Ueberdies wird nicht immer die ««frei willige Versetzung gerade eines bestimmten Richter- an eine andere Stelle, sondern weit öfter die ilersetzung irgend eines Richter- einer bestimmten Kategorie ein „Bedürfmß de« Dienstes" oder irgend ein „Interesse der Rechtspflege" sein, so daß die Auswahl der Person des Richters, welche, „wenn ein Bedürfniß des Dienstes" oder ein „Interesse der Rechtspflege" für eine Versetzung vorliegt, ver setzt werden soll, in Wahrheit dem Justizministe rium schrankenlos zustehen würde. DaS selbst noch so gründliche und gewissenhafte und in der Forni einer Entscheidung abgegebene Anerkenntniß des Obcr- landesgerichts: daß ein „Bedürfniß des Dienstes" oder „ein Interesse der Rechtspflege" für eine vom Justizministerium beantragte Versetzung eines Richters an eine andere Stelle vorliege, würde keine wirkliche Gewähr dafür bieten, daß die Ver setzung nicht doch auS anderen, dem Interesse der wahren Rechtspflege und dem wahren Bedürfnisse deS Dienstes fremden Gründen und Tendenzen er folge» könne. Ein diesfallsigcS „Anerkenntniß" oder „Entscheiden" des OberlandesaerichtS würde daher dem Grunde und Zwecke der Bestimmung in 8- 8 des Gerichtsverfassungsgesetzes, nämlich der Bestimmung des 8- l desselben Gesetzes: „Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem Gesetze unterworfene Gerichte ausgeübt", nimmer genügen und entsprechen. Abgesehen hiervon, ist der Sinn des fraglichen 8 8 deS Gerichtsversassungsgesetzcs offenbar der, daß Richter nur aus solchen Gründen, welche sie verschuldet haben, ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in Ruhestand versetzt werden dürfen." Die Deputation hat daun eine den fraglichen Paragraphen mit dem Gerichts- verfasiungsgesetze in zweifellose Uebereinstimniung setzende Fassung vorgeschlagen und der Bericht fügt noch hinzu: „Gelöst wenn aber nach der von der Deputationsmchrheit beantragten Fassung ja einnial eine Versetzung eines Richters in einem Falle, in welchem sie wirklich durch das Interesse der Rechtspflege geboten erschiene, nicht möglich wäre, so wäre dieser eine, jedenfalls nur ganz ausnahmsweise, unverhältmßmäßig selten und nur an einem Gerichte eintretende Uebelstand aus andere Weise zu beseitigen, und jedenfalls geringer, als das allgemeine Unglück, welches darin läge, wenn nach der thatbestandlosen Fassung der Regierungsvorlage und des Beschlusses der ErstenKammer jeder Richter ohne alle eigene Schuld der Ge fahr einer unfreiwilligen Versetzung „im Interesse der Rechtspflege" auSgesetzt und daher seine reichsgesetzliche „Unab hängigkeit" nicht eine Wahrheit wäre!" — Das Plenum der Zweiten Kammer fand die Vorlage in jeder Beziehung so unvollkommen, daß eS sie m seiner Sitzung vom 1. Februar ganz von der Hand wies und der Regierung die Ausarbeitung einer anderen überließ. Die Regierung mußte cs sich dabei, wenn auch unter dem heftigsten Protest ,des Justizministers, gefallen lasten, daß ein Redner sie ermahnte, bei Vorlegung eines andern Entwurfs der Majestät der Reichsgcsetze Rechnung zu tragen. Der ganze Vorgang bedarf keines Commentars. Und nun erinnere man sich der unerhörten Aus fälle, welche vor Kurzem in der Ersten Kammer egen die Unabhängigkeit des preußischen Richter andes gerichtet wurden! S' Entwurf der Nechtsarirvaltsordnung. i. —r. Leipzig» 11. Februar. In einem stattlichen Bande liegt der vom Reichskanzler dem Reichstage zur Berathung vorgelegte Entwurf einer deutschen Rechtsanwaltsordnung vor. Da diese Materie sicher in weitesten Kreisen interessirt, so möge das Haupt sächliche aus dem Entwürfe, der in den Verhältnissen de- Sachwalterstandes ganz bedeutende Umwälzungen herbeifühtt, mitgetheilt sein. In den beiden ersten Paragraphen des Gesetzent wurfes ist alS Fundamentalsatz ausgesprochen, daß nur Der zur Rechtsanwaltschaft zugelasten werden kann, der die Fähigkeit zum Richteramt erlangt hat und daß die Erlangung der Fähigkeit zum Richter amt die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in jedem Bundesstaat begründet. Ueber den Antrag auf Zu- laffMtg »nlscheidet die Landesjustizverwaltung und vor der Entscheidung ist der Vorstand der Anwalts kammer gutachtlich zu hören. In». » befindet sich die Bestimmung, daß, wer die zum Mchttramt« befähigende Prüfung bestanden hat, bei dm G«eicht«n de- Bundestaates, in welchen die Prüfung bestanden ist, zur Rechtsanwaltschaft zuge lasten werden muß, sofern er diese Zulassung binnen einem Jahre nach bestandener Prüfung beantragt. Dieses Recht erlischt, wenn der Antragsteller im Staats dienst angeftellt worden ist. Die Zulassung erfolgt bei einem bestimmten Gerichte. Kammern für Han delssachen, welche ihren Sitz an einem anderen Orte haken, als demjenigen des Landgerichts, sind im Sinne dieses Gesetzes als besondere Gerichte anzusehen. Der bei einem Collegialgerichte zugelastene Rechtsanwalt kann zugleich ber einem anderen an demselben Orte befindlichen Collegialgerichte zugelasten werden. Die gleiche Bestimmung befindet sich in dem Entwürfe be züglich des bei einem Amtsgericht zugelassenen Rechtsan walts, dessen Zulassung zugleich bei dem Landgerichte, in besten Bezirk das Amtsgericht seinen Sitz hat, sowie bei den i,n Bezirke des Landgerichts befindlichen Kam mern für Handelssachen zulässig sein soll. Die Zulassung bei dem im Anträge bezeichneten Gerichte darf wegen mangelnden Bedürfnisses zur Vermehrung der Zahl der bei demselben zugelaffenen Rechtsanwälte nicht versagt werden. Die Versagung der Zulassung ist, so lange bei einem oder mehreren Gerichten die zugelassenen Rechtsanwälte zur ordnungs mäßigen Erledigung der Anwaltsprocesse nicht aus reichen, bei anderen Gerichten desselben Bundesstaats zulässig. Tie Zulassung bei dem im Anträge bczeich- ncten Gerichte kann versagt werden, wenn bei dem selben ein Richter angestellt ist, mit welchem der Antragsteller in grader Linie verwandt oder ver schwägert oder in der Seitenlinie im zweiten Grade verwandt oder verschwägert ist, ferner wenn nach dem Gutachten des Vorstandes der Anwaltskammer durch die Zulassung des Antragstellers die gedeihliche Ausübung der Rechtspflege würdet gefährdet werden. Nach der ersten Zulassung hat der Rechtsanwalt in einer Sitzung des Gerichts, bei welchem er zu gelassen ist, folgenden Eid zu leisten: „Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Rechtsanwalts gewissenhaft zu er füllen, so wahr mirGott helfe." Der Rechtsanwalt muß an dem Orte des Gerichts, bei welchem er zugelasten ist, seinen Wohnsitz nehmen. Inwieweit benachbarte Orte im Sinne dieser Vorschrift als ein Ort an zusehen sind, bestimmt die Landesjustizverwaltung. Dieselbe kann einem bei einem Amtsgerichte zu- gelastenen Rechtsanwalts gestatten, an einem anderen Orte innerhalb des Amtsgenchtsbeurkes feinen Wohnsitz zu nehmen. Jit der Rechtsanwalt bei mehreren Gerichten zugelassen, so muß er bei dem Gericht, an dessen Orte er seinen Wohnsitz nicht hat, einen dort wohnhaften ständigen Zustellungs-Bevollmächtigten bestellen, hqt der RechtSamoalt den Eid «giftet u»d seinen Wohnsitz in Gemäßheit des^Tesetzes genommen, so ist er in die bei den Gerichten über die zugelastene» Rechtsanwälte zu führende Liste einzutragen und die Eintragung ist von dem Gerichte durch den deutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Mit der Ein tragung beginnt die Befugniß zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft. Die Zurücknahme der Zulassung erfolgt durch die Landesjustizverwaltung, und zwar nach Anhörung des Rechtsanwalts und des Vorstandes der Anwalts kammer. Die Stellvertretung eines an der Ausübung seines Berufes zeitweise verhinderten Rechtsanwaltes kann nur einem Rechtsanwälte oder einem Rechts kundigen, welcher die erste Prüfung für den Justiz dienst bestanden hat und mindestens zwei Jahre im Vorbereitungsdienste beschäftigt worden ist, übertragen werden; insofern die Stellvertretung nicht von einem bei demselben Gerichte zugelassenen Rechtsanwalts übernommen wird, darf die Bestellung des Vertreters nur durch Anordnung der Landesjustizverwaltung er folgen. Tagesgeschichlliche lleberficht. Leipzig» 11. Februar. In das tiefe Dunkel, von welchem daS Schicksal des dem Bundesrathe vorliegenden Stellv er- tretungsentwurfs noch verhüllt ist, läßt die Antwort des bayerischen Ministers v. Lutz auf die betreffende Interpellation der Ultramon tanen des bayerischen Landtags einen ersten, freilich noch recht schwachen Lichtschimmer fallen. So viel steht nunmehr wenigstens fest, daß die Negierung des zweitgrößten deutschen Staates sich nicht schlechterdings ablehnend gegen die Vorlage verhält. Ebensowenig freilich ohne Weiteres zustimmend. Die bayerische Regierung will sich Uber Ziel und Zweck des Gesetzentwurfs erst noch ein Urtheil bilden. Zweck des Entwurfs ist nach der Thron rede „die Zulässigkeit einer Vertretung deS Reichs kanzlers in der Gesammtheit seiner AmtSthätiakeit oder in einzelnen Zweigen derselben mit dem Recht zur Gegenzeichnung außer Zweifel zu stellen". Die bayerische Regierung muß also die Möglichkeit voraussetzcn, daß mit der Vorlage noch etwas Weiteres geplant sei, als dieser ostensible Zweck be sagt, und sie wartet ab, bis der Minister v. Pfrehsch- ner in den BundeSrathsverhandlungen diese weiter« gehende Absicht ergründet haben wird. Man sieht nicht recht, welche Geheimnisse die bayerische Re gierung hinter der Stellvertretungsvorlage ver- muthen könnte. Daß etwas geschehen muß, um die betreffende von der Verfassung gelassene Lücke auszusüllen, bestreitet Niemand. L dem von der neuen Einrichtung erwart offenkundig, nämlich die allmäligc Her verantwortlicher Rei.chsministcrien. Es i^ Nichts, waS den einzelnen Bvndelreaier soiHniß erregen könnte. Iß di« Zulä vollen Stellvertretung eine Nothwen wird sich Legen die Möglichkeit, daß ai außer ird, ist lldung 'dabei LN Be rit der eit, gegen die Möglichkeit, daß auf Grund derselben sich thatsächlich sei es ein vollständiges Reichsministerium, sei es die Institution eines dauernden VicekanzlerS entwickelt, kaum ein Riegel finden lasten. WaS geschehen könnte, wäre höch stens, daß die Träger der stellvertretenden Ver antwortlichkeit, deren Ernennung aus der Mitte des Buiidesraths die Vorlage bekanntlich dem Kaiser vorbehält, ein für allemal durch Gesetz be stimmt würden. Mag der BundeSrath versuchen, den Entwurf in dieser Richtung unizugestalten! Unter oem Gesichtspunkte der Wahrung der einzel- staatlichen Interessen würde uns aber eine der artige Aenderung ziemlich gleichgültig erscheinen. Die Träger derVerantwortlichkeit können doch naturgemäß nur die Leiter der einzelnen Verwaltungszweige, oder, wenn ein Mann allein die Stellvertretung für die Gesammtheit der reichskanzleriscben Thätig- keit übernehmen soll, nur ein Beamter sein, der mit dieser Thätigkeit in ihrem ganzen Umfange durchaus vertraut ist. In beiden Fällen kann es sich nur um Bundesrathsmitalieder handeln, welche der Eentralverwaltung selbst angehören. Dies Alles ist so selbstverständlich, daß man nickt be greifen würde, wie irgend eine Bundesregierung etwas Anderes wollen könnte. Freilich, man er zählt, daß das Project der „Personalunion" ein zelner Reichsämtcr mit den entsprechenden preußi schen Ministerien daS Mißtrauen der Einzel- staaten wachgcrufen habe. Aber, ganz abgesehen davon, daß diese Frage in zweiter Linie steht, liegt für jeden der thatsächlichen Verhältnisse Kun digen auf der Hand, daß eine derartige Verbindung nicht den Einfluß Preußens auf daS Reich, sondern umgekehrt den Einfluß des Reichs auf Preußen vergrößern würde. Handelt es sich um diesen Punct, so wird alle Aengstlichkeit ohne Schwierig keit zu heben sein. — Nach alledem können wir nicht annehmcn, daß nach den von der Präsidial macht des Reiches oft genug gegebenen Proben wahrhaft bundesfreundlicher Gesinnung jetzt ein unbegründetes Mißtrauen eine durch die Natur der Dinge gebotene Einrichtung scheitern macken sollte. Es handelt sich nicht um einen Vortheil für einen einzelnen Staat, sondern um ein kür Alle gleich wichtige- Interesse de- Reichs. Ist diese Ueber reugung vorhanden, so muß im Bundesrathe die Verständigung leicht sein. Ueber das Gesetz, betreffend die Stellver tretung de« Reichskanzlers, erfährt dak „Deutsche MtgSbl." Folgendes: Im Bundesrathe sind alle Regierungen, die sächsische nicht au-ge nonimen, mit denjenigen Bestimmungen des Ent wurfS, welche für den vielbeschäftigten Reichskanzler eine geordnete Stellvertretung schaffen, einver standen. Dagegen herrscht unter den Vertretern fast sämmtlicher Bundesregierungen die Ansicht, daß der Entwurf in der vom Reichskanzler vorgelcgtcn Fassung nicht angenommen werden kann. Zuvörderst wird beantragt werden, die Bestimmung zu streichen, wonach die Vertretung des Reichskanzlers von diesem an einzelne Resiortchcfs übertragen werden dürfe. Hierin wird an den betreffenden Stellen die definitive Einsetzung verantwortlicher Reichs minister erblickt. Die Majorität deS BundesrathS will den Entwurf dahin amendiren, daß die Stell vertretung, und zwar dauernd, an eine bestimmte Persönlichkeit übertragen sei, waS der definitiven Schaffurig cineS Vicekanzlers gleichbedeutend wäre. In liberalen Abgeordnetenkreisen würde man sich mit dieser Fassung des Entwurfs eher befreunden können, als mit der jetzigen, wiewohl diese die Er nennung von Neichsmimstern embryonisch zu ent halten scheint Die Nachricht, daß Bayern und Württemberg Separatvoten vorbcrciten, wird als durchaus unbegründet bezeichnet. Der Cultusminister vr. Falk wird für längere Zeit das Zimmer hüten müssen. Derselbe ist von einem schweren Halsleiden befallen worden. Als Abgeordneter für den Reichstag hat sich vr. Falk einen längeren Urlaub erbeten. Die dritte Berathung des preußischen Ab geordnetenhauses (am Sonnabend) über das Justizorganisationsgesetz drehte sich haupt sächlich um zwei Punkte. Zunächst handelte e- sich um einen in der zweiten Lesung bereits abgelehntcn Antrag, nach welchen, die Sitze und Bezirke der Amtsgerichte durch den Justizminister bestimmt werden sollen, vom 1. October 1881 ab aber nur durch Gesetz verändert werden können. Trotz des lebhaften Widerspruchs deS Justizministers wurde der Beschluß der zweiten Lesung aufrechterhalten, nach welchen« die Sitze der Amtsgerichte durch Ge setz bestimmt, die Bezirke der Amtsgerichte durch den Justijminister gebildet werden, die erstmalige Fest stellung der Sitze der Amtsgerichte aber auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung durch den Justiz minister erfolgen kann. Der zweite Punct be traf den in der zweiten Lesung abgelehntcn 8. 42 der Regierungsvorlage, nach welchem daS Ober- landeSgericht «n Berlin ausschließlich für die nicht zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehörenden Revisionen in Strafsachen zuständig sein soll. Der Justizmlnistcr betonte dringend die Nothwendigkeit der Wiederherstellung deS Paragraphen im Interesse der Einheit der Rechtsprechung. Die Commission hatte indeß diesem Einwande gegenüber bereits eine Resolution beantragt, welche die Revision in Landesstrafsachen ebensall- dem Reichsgerichte über
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite