Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187803125
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780312
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-03
- Tag1878-03-12
- Monat1878-03
- Jahr1878
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1878
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Risalit»», na- <Ll».dlri a Johann,sgasse 33. Lvrrch-»o»k, »rr LedaeN»»: Bormitt^z« tv—12 Nyr. -iachmitl.,-,« 4—S kyr. Amrabme der für die uL'-ssr- folgende Nummer bestimmte!, gerate an Äuil^ntage« üi>- 8 Uhr Nachmirtag». au Soun- u»d Fest lagen früh bis V,V 1Uzr. Z, de,/llloik, für I,s. Xmnchme: Otto klemm. Univerfiratsstr. 22. Lo«ts Üö'chr.Kathcirineuftr.1S,v. unr bür '/,3 Uhr. Mipnger.Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- »nd Geschäftsverkehr. Auflage Ado»»,»r»t«»kr«, viertelt. 4'/,Mk^ incl. Bnnaerlohn L Ml., durch di« P»st bezogen Ü Ml. Jade einzelne Stummer 2ü Pf. Belegexemplar IN Ms. Gebühren für Exnabetlagen ohne Postbttvrderuiig «6 D'k. -mst PaslbesVrderung 4b Mt. Znstrale ügesp Pelirzeil« 20 Pf. Äcüßere Schriften laut unserem Preisverzeichniß. — Ladellarstider Satz nach h-i>crem Tarif. N»lla«ea m»rr dem ttedatt1««fir>.) die Spaltzcite 40 Pf. Inserate find stets an d. Kavedütm zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pnu-»n»ar»«»^o oder durch PopvorfchuH. 71. Dienstag dm 12. Mürz 1878. 72. Jahrgang. Vermietung in der Fleischhallc am Hospitalplatze. Die für den 36. April d. I. gekündigte Abtheilnng Nr. I I der Fleischhallc am HoSpitslplatze soll Dienstag, den 19. dies. Mon.. Vormittags 11 Uhr an Rathsftelle gegen etu«»uatliche Kündigung vom 27. April d. I. a» anderweit an den Meistbieten den »crmtethet werden. Die Versteigerungs- und Vermiethungsbedingungen können ebendaselbst schon vor dem Versteigerungs- termine eingesehen werden. Leipzig, den 6. März 1878. Der «ath der Stadt Leipzig vr. Georgi. Eerutti. Holz-Auction. Mittwoch, de» 18. Mürz 1878, sollen von Nachmittags 3 Uhr an im Forstreviere Connewitz auf dem Fluthrinnentracte ca. 559 klar gemachte Stockhvlzhausen unter den an Ort und Stelle öffentlich ausgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an d> n Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem Holzschlage am Rödelwehr, unweit des Schleußiger Weges. Leipzig, am 36. Februar 1878. De» NathS Forst-Deputation. Städtische Fortbildungsschule für Mädchen. Anmeldungen für dieselbe nimmt der Unterzeichnete von Montag, den 11. März, bi- Mittwoch, den IS. März, Vonnittags von 10—13 Uhr und Nachmittags von 3—5 Uhr im Direttorialzrmmer der I. Bürg, v> schule für Knaben entgegen. Bei der Anmeldung ist die letzte Sckulcensur mitzubringen. Zur Aufnahme ist erforderlich, daß die Schülerin aus der Volksschule entlassen ist, das 16. LebenSjakr noch nicht überschritten hat und die entsprechende Vorbildung besitzt. Die Anstalt hat einen zweijährigen Kursus für eine tiefere allgemeine Bildung und einen darauffolgenden ! einjährigen Fachcursus. In ersterem wird wöchentlich 34 Stunden Unterricht in: deutscher Sprache u: d ! Literatur, französ. Sprach« (im zweiten Jahre auch Englisch facultativ), Rechnen und Geometrie, einfaä r ! Buchführung (nn 3. Jahre), Geographie, Geschickte, Naturkunde, Zeichnen, weiblicher» Arbeiten, Srnaen u d , Turnen ertheilt. In letzteren» sind Deutsch, Franrösisch und Englisch gemeinsame Gegenstände; im klebrigen j scheiden sich die Schülerinnen in eine kaufmännische Abtheilung, eine Zeichenclafse und eine Abtheilung für weibliche Arbeiten, welche letztere in einer entsprechenden größeren Stundenzahl gelehrt werden. E. Netmer, Director. Vermietung einer Abteilung der Landfleischerhalle. Die von dem dermaligen Abmiether für den 16. Mai d. I. gekündigte Abtheilnng Nr. 52 der Land- fleischcrhalle am Plauen scheu Platze soll Dvnnerstag, den 28. diese» Monats, Vormittag» 11 Uhr an Rathsftelle vom 17. Mai d. I. an gegen einmonatliche Kündigung anderweit an den Meistbietenden vermiethet und es können die Vcrmiethungs- und Bersteigerungsbedingungen schon vor dem Termine bei uns eingesehen werden. Leipzig, den 7. März 1878. Ter Rath der Stadt Leipzig. De. Georgi. Eerutti. Donnerstag den 14. diese- Monats sollen im Hofe des alten IohannishoSpitaleS, Vormittag- 10 Uhr, zwei ausrangirte Karrenpferde gegen sofortige baare Bezahlung versteigert werden. Leipzig, den S. März 1878. De» NathS Deputation zum Marstall. Leipzig, II. März. DieSt ell ver tr etu naSv orl aq e. das» Schmer zenskind der diesjährigen Reichstagösession, hat nun glücklich die zweite Lesung passirt und wird wohl auch die auf heute angesetzte dritte Lesung unver ändert überstehen. Der Reichskanzler hatte gebeten, ja nicht an dem zarten Organismus zu rütletn, — unter den einmal vorhandenen Umständen mit Recht; denn die leiseste Beränderung würde das Zurückgehen der Vorlage an den BundeSratb noth- wendig gemacht haben, der keine besondere Freude an der Neuerung hat, und ob daS Gesetz dann überhaupt noch lebendig auS dem wieder ausgenommenen Dcstil- lationsproceß hervorqegangen wäre, mußte sehr zwei felhaft erscheinen. Wenn wir diese nicht etwa blos voraespieaelte, sondern in Wahrheit vorübergehend heremdrohende Gefahr erwägen, so müssen wir noch froh sein, den schwachen und bescheidenen Fortschritt in der Leitung deS Reiche-, den daS Gesetz dar- steüt, noch unter Dach gebracht zu haben. ES geht ja nicht selten im Leben so, daß man mit stattlich geschwellten Segeln in die offene See hin aussteuert und schließlich noch glücklich ist, wenn man nur „still mit gerettetem Kiel" in den Hafen zurückkehrcn kann. Üebrigens deckt dieses Bild doch nicht ganz die Stellung und Stimmung, in der fick die nationalen Parteien dem Stellvertretungs gesetze gegenüber befinden; wir kehren denn doch nicht ohne werthvolle Beute von der Fabrt heim. Auch nur als Nothgesetz betrachtet, gestattet das selbe dem Kanzler, den wir trotz seiner Ermüdung nicht misten wollen, die Fortführung seines schweren Berufs, indem eS ihm in ausgiebigerer und geordne terer Weise, als dies bisher anging, die Heranziehung von Stützen ermöglicht, die ihm die Last der ReichS- regierung und der vamit verbundenen Verantwort lichkeit tragen helfen. Indem aber die Verant wortlichkeit, die bisher aus dem Kanzler allein ruhte, sich wenigstens zum Theil auch ans andere Schultern überträgt, indem für diejenigen Regie- rungszweiae, in denen das Reich eigene Verwal tung treiot, besondere verantwortliche Vertreter bestellt werden, muß das Gesetz in seiner Ausfüh rung naturgemäß über den Rahmen eines bloßen Nothgesetzcs hinauswachsen; es niuß die Grund lage zu einer Weiterführung und Fortbildung der Reichsorganisation werden. Der Posten des Reichs kanzlers, wie er im Buche der Verfassung steht und im Leben Gestalt gewonnen hat, war auf den Leib des Fürsten Bismarck zugeschnitten; auch das Stellvertretunasgesetz ist zum Theil noch auf seine Persönlichkeit verechnet besonder- im tz. 3, der dem Kanzler die Möglichkeit deS fortwährenden Eingreifens in die Amtsführung seiner Vertreter giebt); zum Theil aber weist es bereits über diese Persönlichkeit hinan- und arbeitet einem Zeitpunkt vor, in welchem wir einer geordneten Reichs- regcerung, eineß Reich-Ministerium- unter welchem Namen immer nicht mehr werden entbehren können. Der Haß sieht schärfer als die Freund schaft, und so mag unS die Unlust, mit der die particulariftischen Elemente trotz alledem auf die Vorlage blicken, und die Bitterkeit, mit der die Klerikalen gegen sie losziehen (Windthorft bezeich- nele sie geradezu als eine bedenkliche Ueberleitung in da- Stadium der Neich-ministerien), ein gute- Zeichen sein für die „Keimkraft" des Gesetzes im Sinne der nationalen Fortentwickelung. Ob es diese Keimkraft bewähren wird und wann — daS hängt von der Ausführung ab, die ja den Werth eine- jeden Gesetzes bestimmt. Aber die Möglich keit ist gegeben, die Bahn liegt offen, und wieder um ist die Reichsidee, wenn auch unter mancherlei Beschwerden und nicht ohne unbehaglicbe Zwischen fälle, um ein kleines, aber wertbvolleS Stück Wcge- vorwärtS gerückt. Tagesgeschichtliche Itcbersuht. Letpzt,. N. März. Die parlamentarische Soirse, die am Sonnabend beim Reichskanzler stattfand, war wieder sehr zahlreich besucht. Die nationalliberale Partei war zahlreich vertreten, obgleich Herr v. Bennigsen und Herr Lasker fehlten. Der Reichskanzler unterhielt sich besonders lange mit dem säcbsischen Gesandten. Herrn v. Nostitz. In der Gesellschaft machte eine Caricatur des Wiener Witzblattes „Der Floh" Glück, welche drastisch die Vortheile der Position des Fürsten Bismarck für den Fall darstellte, daß aus der Conseren; die drei Kanzler sich „in die Haare" gerathen sollten. Dem „Dtsch. MtgSbl." meldet man über die Soiree: Es blieb nicht nnbemerkt, daß u. A. die Abgeordneten v. Bennigsen und Lasker, welch Letz terer wenige Stunden vorher einen harten Strauß mit dem Reichskanzler zu bestehen hatte, fehlten. Von der hohen und inneren Politik wurde wenig gesprochen, desto mehr über wcrthscbaftliche Dinge und Handelsverhältniss». Die ziemlich zahlreich er schienenen Schutzzöllner deS Reichstags kündigten den Ministern Hofmann und Achenbach mehrere Inter pellationen über die Stellung der Reichsregierung zu dem Abschluß eines Handelsvertrages mit Oester reich. sowie über die gesammle Wirtschaftspolitik der Regierung an. Der Reichskanzler selbst erging sich in philologischen Betrachtungen und führte eine lange Conversation über die Platt-Dialekte in den verschiedenen Sprachen. Fürst Bismarck wiederholte einem Elsäßer gegenüber die schon im Reichstage abgegebene Erklärung, daß er niit der dortigen Be völkerung den Zcilpnnct herbeisehne, an dem es möglich sein werde, den RcickSlanden eine eigene Landesvertretung und eine eigene Regierung mit dem Sitz in Straßburg geben zu können. Aus der Soirüe wurde von einigen Abgeordneten, die dem Bureau des Reichstages angehören, bemerkt, daß über die Vertagung des Reichstages während der bevorstehenden Sitzungen des preußischen Landtages noch keine Bestimmungen getroffen seien. Allgemein wurde aus der Soirse davon gesprochen, daß dort rum ersten Male einer der Protest-Elsässer, der klerikale Abgeordnete Grad, wunderbarer Weise nicht in GesellschastStoilette, erschienen war. Fürst Bismarck wird sich Anfang nächster Woche mit seiner Familie nach Friedrichs ruhe be geben, von wo er zum Beginn der Conferenzcn wieder nach Berlin zurückzukehren gedenkt. Die Nachricht von der Erkrankung des Ministers Camphausen bestätigt sich nicht; dagegen hört die „Pest", daß der Minister Frieden thal an einem rheumatischen Leiden erkrankt und gezwungen ist, das Bett zu hüten. Die „Köln. Ztg " nreldet aus Paris, man wolle daselbst wissen, daß Prinz Rcnß, deutscher Bot schafter in Kenstantinepel, augenblicklich am meisten Aussicht habe, zum Fürsten von Bulgarien erwählt zu werden. Die Wiener „Montagsrevuc" schreibt: Der Con- greß, besten Zustandekommen gesichert ist. ist daS Aequivalent und daö Gegengewicht des Frieden- vvn San Stefano. Soll sein Eraebniß den Er wartungen Europas entsprechen, so wird er die Zuriickbämmung einzelner Machtansprüche Ruß lands bezeichnen müssen. Die europäischen Cabinele werden dem Gewichte des Vorgehens Rußlands die nachdrückliche Geltendmachung der eigenen In teressen entgegensetzen, sie werden den Erfolg ihres Einspruches nicht nur von der Logik der Argumente abhängig machen, sondern denselben aus die ge wichtige Logik der realen Machtverhältnisse stützen müssen. In diesem Sinne stellt Graf Andrassy die Creditforderung, durch deren Bewilligung die Chancen und Bedingungen der Entscheidung auf dem Kongresse gleichartiger gestaltet werden. Der „Agcncc Russe" zufolge bestätigt eS sich, daß nunmehr auch die Regierungen Frankreich-, Ita liens und Englands dem Zusammentritte deS Congresse- in Berlin zugestimmt haben. Der „Nat.-Ztg/' telegraphirt man aus Wien: Die Forderung England- nach einer Feststellung von Grundlagen für die Berathungen deS Con- Hgrcsses vor dessen Zusammentritt wird hier in einem für dessen Zustandekommen wenig günstigen Sinne gebeutet. Nach eincin Pariser Telegramm des „Deutscheil Mtgö.Blattes" soll nach Abschluß deS CongresseS in Berlin eine Dreika i serzusa mm en kunft stattfinden, als schlagendster Beweis für das un unterbrochene Fortbestehen deS Dreikaiserverhält- nificS und faßbare Bürgschaft eines dauernden Friedens. Der friedliche Verlauf deS CongresseS erscheine also als unzweifelhaft ('?). Die vereinigten Subcommissionen der ungari schen Delegationen beriethen bereits am Sonntag die Creditvorlage. Der Referent Falk setzte in längerer Rede auseinander, daß er mit den Wünschen der Regierung übereinstimme, nur wünsche er gegenüber den Gerüchten von einer Occupatiou Bo-meu» mrd der Herzegowina Ga rantien dafür, daß es sich wirklich um eine ernste große Action handele und daß die Mitwirkung der konstitutionellen Faktoren unverzüglich in An- sprucb genommen werde, wenn sich diese Aktion als nothwcnbig erweisen würde. Schließlich brachte Falk einen dem entsprechenden Antrag auf Bewilligung des CrediteS von 60 Millionen ein. Nachdem Graf Andrassy hierauf noch mehrere An fragen ausführlich beantwortet hatte, wurde die Berathung wegen der vorgeschrittenen Zeit abge brochen und die Fortsetzung auf Dienstag vertagt. Graf Andrassy hat die Forderung eine- außer ordentlichen Kredits mit einem Exposä (Aus einandersetzung) über die politische Lage begleitet, worin es heißt: Die Benrtheilung der Politischen Situation sei hellte durcb zwei Ereignisse beherrscht, durch die Friedenspräliminarien und durch die Aussicht auf den Congreß, der berufen sei, die Resultate de» Krieges endgültig »u regeln. Der Minister will nickt in eine detaillmc Analyse der noch nicht authentisch bekannten Friedenspräliminarien eingehen. Dies wäre auck vor dem Zusammentritt des CongresseS unzeitgemäß und nicht thunlick, schon um den Zu sammentritt des Congresses nicht zu erschweren. Es sei ganz natürlich, daß bei Abmachungen, die wäh rend enies Feldzuges getroffen waren, die politi schen Interessen von den militairischen in den Hin tergrund gedrängt würden, wobei die europäischen Interessen und die Interessen einzelner Staaten unmöglich gewahrt werden könnten, zumal wenn die Abmachungen nickt als definitive gelten. Der Minister weist darauf hin, wie die öffentliche Meinung sich von einem Extrem in das andere bewegt habe. Die gelammte Situation dürste sich auf dem Congresse in einem weniger beunruhigenden Lickte zeigen. Rußland habe wiederholt erklärt, daß es das Schwert nicht zu selbstsüchtigen Zwecken, sondern zur Verbesserung des Looses der Christen im Orient ziehe. Die Regierung müsse eine solche Be grenzung der Kriegsreiultate verlangen, daß dadurch weder ihre noch die europäischen Interessen ge- ckädigt würden, und daß der Friede eine mög- ickst befriedigende Lösung, nicht aber eine Vcr- chiebung der Machtverhältnisse herbeiführe. Die attischen Ergebnisse der Kriegführung mit diesem Stanb- ounct in Einklang zu bringen, sei die Aufgabe deS Congresse-. Dies sei ebenso ein russisches wie ein europäisches Interesse. Rußland habe eine schwierige Aufgabe unternommen. Wenn die im russischen Hauptquartier getroffenen Vereinbarungen in der beabsichtigten Form für die eine Hälfte der Türkei in das Leben treten sollten, so tauchten die Fragen auf. wie die andere Hälfte der Türkei aussehen würde, auf welches Maß die Türkei reducirt werden könne, um noch auf einen weiteren Bestand Aussicht zu bieten, wie das bessere Loos deS einen Theilcs der Christen im Orient auch für den anderen gesichert werden solle, worin die Garantien für die Durchführung der Reformen zu bestehen hätten. Solche riesige Schwierigkeiten könne Europa nur im Einver nehmen lösen. Daß eine einzelne Macht ohne die Unterstützung einer anderen oder gegen deren Willen diese Aufgabe löse, erscheine völlig allsgeschlossen. Ein Staat, welcher diese Fragen nach eigenem Gutdünken lösen wollte, müßte gegenüber dem übrigen Europa auf eine Coalition rechnen können, welche aber nickt eristire. Es sei kein spccielles Interesse Rußlands, Opfer für Dinge gebracht zu haben, die nicht die Garantie der Stabilität in sich trügen und denen Europa seine An erkennung versagen müßte. Demnach sei die Hoffnui!., berechliat, daß dre Berathunqen der Mächte zu einem Einverständniß führen werden. Die Regierung gehe dem Congresse entgegen mit der Aufgabe, den Frieden auf recht zu erhalten und für die österreichisch-ungarischen und die europäischen Interessen auf das Entschieden! e cinzutrcten. Andererseits könne die Regierung eines an den Ereianissen so nahe betheiligten Reiches nick: auf die Hoffnung allein ihre Berechnungen bauen. Die Regierung bedielt sich die Ausübung ihres Ein flusses für den Moment des Friedensschlusses vor, für welchen die ganze Kraft der Monarchie crufgespait werden mußte. Sie wende sich an die Volksvertretung im Gefühle der Pflicht, die Interessen des Reiches gegen jede Ueberrascbung sicher zu stellen und sich nicht in dem Momente, wo ein betheiligter Staat in voller Rüstung erscheint, nur aus das Gewickt politischer Argumente >u verlassen. Sie beansprucl e keine Mobilistrung, sondern nur die Mögnckkei:, im Falle der Nothwendigkett Geeignete- vorzukehren. Das sei keine Feindseligkeit gegen irgend eine Macht, auck keine leere Demonstration, sondern eine Vorsichtsmaßregel gegenüber allen Eventualitäten und eine Illustration zu der wiederholt betonten Aill- aabe der Negierung, die europäischen Rechte mtt Europa und die eigenen Rechte auf eigene Faust zu schützen. Es sei kem Vertrauensvotum, welches die Regierung verlange, kein Credit für die gegenwärtigen Mnister, aber ein Credit für jede Regierung, von welcher die Delegationen erwarten, daß sie unter den jetzigen Verhältnissen eine Bürgschaft für die Wahrurg der Interessen der Monarchie übernehmen könne. Der verstorbene Erzherzog Franz Karl, La ter deS Kaisers, war der zweite Sohn des Kaisei s Franz l. ans dessen zweiter Ehe mit Maria Th,- resia, der Tochter deS Königs Ferdinand IV. und der Königin Maria Carolina von Neapel un) Sicilien. Er war am 7. Dccember t802 geboren. Sein älterer Bruder. Kaiser Ferdinand I., ist ihn, 1875, 82 Jahre alt, im Tode vorangegangen. Nun ist von den zwölf Kindern Kaiser Franz' I. nur die achtzigjährige Erzherzogin Maria Clemcn- tine, Wittwe des Prinzen Leopold von Salerno, noch am Leben. Da die Ehe des Kaisers Ferdinand kinderlos blieb, wurde die schon früher gehegte Er wartung. daß Franz Karl, der sich durch eine sehr rüstige Gesundheit auszcichnete, den Kaiserthron besteigen würbe, sehr bestärkt. Das Verhältniß, in welchem er zu seinem Vater wie später zu seinem Bruder stand, war ein keineswegs freundschaftliches; denn er wurde, obgleich er für recht begabt galt und im Volke insbesondere sehr beliebt war, von allem Einflüsse auf die Staatsgeschäfte fern ge halten; hierin mochte es feinen Grund haben, daß er selbst später wenig Neigung für die Erlangung der Kaiserkrone zeigte. Seine Ge mahlin, die bekannte Erzherzogin Sophie den Bayern, mit welcher er seit 1824 vermählt wec und welche 1875 gestorben ist, galt für eine geist volle und tbatkräftige Frau, war aber auS manchen Gründen, besonder- wegen ihrer offenkundig zu Tage tretenden Verachtung der Volkswünsche, ihrer Neigung zur Heftigkeit und ihrer kirchlichen Rich tung sehr unbeliebt. Sie hätte zwar selbst gern den Thron bestiegen, wirkte indessen in richtiger Erwägung der Sachlage, als Kaiser Ferdinand abdanken mußte, nicht für d>e Nachfolge ihre- Ge mahls, sondern für die ihres ältesten SohneS Franz Joseph. Erzherzog Karl verzichtete dc-wegen cu«. 2. December 1848 auf fein Thronfolgerecht und lebte seit der Zeit verhältnißmäßig zurückgezoaen und ruhig in Wien, in Ischl oder auf seinen Be sitzungen. Auch während der Rcaierung seines SobneS hat er nie Einfluß auf die StaatHefchäsie aeübt. Außer dem Kaiser Franz Joseph entsprossen seiner am 4. November 1824 geschlossenen Eie noch drei Söhne, der unglückliche Baiser Maximilian und die Erzherzöge Karl Ludwig und Ludwig Vrctor. AuS Rom, 9. März, wird gemeldet: Prinz Amadeus ist heute Abend 10'/, Uhr über Florenz nach Wien abgereist, um dem Leichenbegängnisse des Erzherzogs Franz Karl brizuwohnen. Nos dem Bahnhofe waren bei der Abreise de» Prinz, „ der Prinz von Carignan, die Minister, der österr.i- chische Botschafter und der militairische Ho,Kggr
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