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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.04.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187804039
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780403
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780403
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-04
- Tag1878-04-03
- Monat1878-04
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.04.1878
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Erscheint täglich früh 6>/, Uhr. »«>««0» «lt «q>t»<lto» JoharuuSgasir SS. Lprahß»»kn> »er Rrdaclt«»: vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—6 Uhr. der für die nächst- Nummrr defftmml« an Wochentagen bis Ir Nachmittags, an Sonn- l und Festtagen früh bis '/,S llhr. sz» ten/tUale» für Ins. L,»ah»e: > Klemm, llnivrrsitätsstr. 22, ^ Lösche, Katharinenstr. 18, p. nur bis '/^ Uhr. ÜWgtr Mgcblalt Anzeiger. Organ für Politik, Lvcalgcschichtk, Handels- nnd Geschäftsverkehr. «»»«,«is,ro». I»«»>e«t»t,»rrt» viertelt. S^Mk.. incl. Bringerlohn 5 ML, durch die Post bezogen 6 Alt. Jede einzelne stummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Exttabrilagen ohne Postbeförderung »6 Lck. mit Postbeförderung 45 Ml. Jose rate Sgesp Petetzeil« 26 Pf Größere Schuften laut unserem PreiSoerzeichmß.—Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Ntltamea »»Irr drm »kdarttonnstrt« die Spaltzeile 40 Pf. Inserate sind stets an d. Crprdtltso zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben Zahlung praonaursnuräa oder durch Postvorschuß. 93. Mittwoch den 3. April 1878. 72. ZahMNg. Ergänzung der Commission für die Notirung der Productenpreise. Nachdem auS der Commission für die Notirung der Productenpreise an der hiesigen Börse Herr Reinhard Ledermau« infolge Geschäftsaufgabe ausgeschieden ist, hat die Handelskammer an dessen Stelle auf Vor schlag der II. Sektion des Börsenvorstandes Herrn Oskar Lenke, in Firma Lenke L Co., zum Mitgliede der genannten Commission erwählt. Leipzig, den 1. April 1878. Sie Handelskammer. vr. Wacbsmuth, Vorsitzender. l>r. Gensel, S. Bekanntmachung. Das 5. Stück des diesjährigen Reichs-Gesetzblattes ist bei uns eingegangen und wird bi» zu« 18 dies. Man. auf dem RathhauSsaale öffentlich auShängen. Dasselbe enthält: Nr. 1225. Gesetz, betreffend die vorläufige Erstreckung des Hausbalts-Etats des Deutschen Reichs für das Etatsjahr 1877/78 auf den Monat April 1878. Vom 30. März 1878. - 1226. Bekanntmachung, betreffend die Prüfung der Thierärzte. Vom 27. Mär, 1878. Leipzig, den I. April 1878. rer Nattz der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Cerutti. Bekanntmachung. Wir beabsichtigen bei Gelegenheit der Uebcrwölbung des Elstermühlgrabcns im Ranstädter Steinwege, auf dem linken Ufer desselben eine Thonrohrschleuße emzulegen und fordern daher diejenigen Besitzer bez. Administratoren der an genannte Uferseite angrenzenden Grundstücke, für welche sich die Nothwendigkeit der Einführung von Beischleußen, sowie der Unterführung von Fallrohrschleußen in diese Thonrohrschleuße für die nächsten Jahre übersehen läßt, auf, hierüber bis spätestens den 3V. April d. I., bei dem Rathsbauamte (Ratbhaus, II. Etage) Anzeige zu erstatten und die erforderliche baupolizeiliche Ge nehmigung hierzu einzuholen, damit die Legung der Privatbeischleußenrohre gleichzeitig mit dem Bau der Hauptscbleuße auf Kosten der Adjacenten erfolgen kann. Leipzig, am 28. März 1878. Der Nath der Stadt Leipzig. Oe. Georgi. Wangemann. Bekanntmachung. In hiesiger Gasanstalt lagert eine beträchtliche Quantität Graphit zum Verkauf. Wir geben denselben im Ganzen oder Einzelnen ab und ersuchen Reflectanten, sich mit ihren Wünschen und Angeboten an die Verwaltung der Gasanstalt unmittelbar zu wenden. Leipzig, den 1. April 1878. Des Naths Teputattan zur «asanftalt. Verkaufslocal. In der Durchfahrt zwischen dem Kiirftenhanse und dem Mauricianum, Grimma'sche Straße 151«. ist links von der Straße herein ein kleines Berkaufslocal vom 1. October 1878 an auf sechs Jahre meisi bietend zu vermiethen. Hierzu ist Freitag, den 12. April 1878, Vormittags 11 Uhr Termin angesetzt und werden Reflectanten ersucht, sich zu der angegebenen Zeit im UniversitätS-Nentgmle einzufinden und ihre Gebote abzugeben. Die Licitationsbedingungen liegen daselbst zur Einsicht aus. Die Auswahl unter den Licitanten und die Entschließung in der Sache überhaupt bleibt dem Rentamt.- Vorbehalten. Leipzig, am 1. April 1878. Uuiversttöts - Nentamt. Graf. Bekanntmachung. Die Anlieferung von 6 Stück neuen Wagen zur Abfuhre des Schlammes von den Straßen soll im Wege der Submission vergeben werden. Hieraus Reflectirende haben ihre Forderungen bis zum 13. dieses Monats Abends 6 Uhr versiegelt auf der städtischen Marftall-Erpedition im alten Johannishospital niederzulegen, wo auch die näheren Be dingungen eingesehen werden können. Leipzig, den 2. April 1878. Des Naths Ttratzenbau-Deputation. >»» »7». teho» i87». NS «r,»» enß «Do r SEB Leipzig, 2. April. Neue Männer find an das Steuer des deutschen lund deS preußischen StaatSschiffeS getreten, und iobwohl der altbewährte Capitain ' noch immer »obenan steht, ist doch das Gefühl ziemlich allgemein, daß wir im Begriff sind, den (5urs zu verändern. Werden wir trotz dieser Acnderung daS alte Ziel im Auge behalten und verfolgen, oder segeln wir ^vielleicht in die Reaction hinein? Bei der Beant- !wortnng dieser Frage kann unS, wie wir neulich I schon hervorhoben, der Culturkämpser I)r. Falk /als Wetttrzeiger dienen; sein Bleiben oder Gehen i mag uns lebren, wie der Wind gebt. Bleibt er oben, so haben wir keine rückläufige Strömung zu befürchten; fällt er aber, so ist zehn gegen eins zu I wetten, daß der Wind sich gedreht hat. Blir ! wollen das Letztere nicht hoffen; verhehlen aber Ikönnen wir nicht, daß der Eintritt der Grafen iStolberg und Eulenburg in die Regierung nur zu sehr geeignet ist, die Hoffnungen der llmänner zu beleben, unseren eigenen Besorg nisse« aber Vorschub zu leisten. Zwar wird ver breitet, der neue Bicekanzler habe sich mit Herrn ^alk ausgesprochen und dabei sei ein erfreulicher kinklang der beiderseitigen Ansichten zu Tage ge- reten. Sogar die „Magd. Ztg.", die in Sachen cs Eulturkampses sehr auf dem Posten ist, brachte Neulich eine beruhigende Notiz in dieser Richtung; 1e sagte dem Grafen Stolberg ein gewisses faß von Unbefangenheit und Freisinnigkcit jach. Dem gegenüber giebt aber ein Corre- pondent der „Weser-Ztg." Folgendes zu bedenken: Gras zu Stolberg-Wernigerode hält sich rzweifelhast für einen Mann, der so freisinnig rnkt, alS eS mit feiner Stellung und mit dem !ohle deS Staates irgend verträglich ist. Wenn uns dieS ausdrücklich versicherte, würden wir lis ganz sicher nicht erlauben, in die Aufrichtigkeit jeser Versicherung auch nur den leisesten Zweifel icht blos zu äußern, sondern selbst nur in Ge- rnken zu hegen. ES ist nur schlimm, daß der lfaßstab, mit welchem die Freisinnigkeit gemessen jird, ein so überaus verschiedener ist und daß der junct, wo der Obskurantismus (Dunkelsinn) auf- ört und die Freisinnigkeit beginnt, gar nicht ab lut festgestellt werden kann, sondern sich je nach gesammten DenkungSweise des Einzelnen hin > herschiebt. Wir haben zu seiner Zeit einen reußischen RegierungSrath in einer Provinzial» jdt gekannt, der, als die Bewegung de« JahreS j oegann, mit Enthusiasmus die Pike auf seine »S breit« Schultern nahm und seinen unbe- lichen Leib zu tactmüßigem Marschiren zwang, mit Kreti und Pleti Arm in Arm durch Straß« wanderte, und dann mit dem tzufriedmst« Lächeln umberfragte: „Bin ich jt sehr liberal?"' Und der Mann, der sonst ein karrstokrat war, heuchelte nicht etwa um der der Zeit will«, sondern er war wirklich l ehrlich überzeugt, daß er in Freisinnigkeit Aeußerste geleistet und sich um daS Vaterland nt gemacht habe. Die Familientradition der Lfen v Stolberg ist von der Anschauung, welche Minister Falk von seinem ehrwürdigen Vater komm«, dann durch ernste Studien und wissen» tliche Arbeit bei sich au-gebildet hat, so himmel verschieden, daß beide kaum neben einander 1« können, und e- ist zulässig, den Unterschied rch zu erläutern, daß man in die Erinnerung Zeitgenossen zurückruft, wie die Sache vor wahren stand. Ein Stolberg-Wernigerode, der Oberpräsident und Minister, nebenbei aber Kosakmhetman war, ist damals mcht der edeutendste, wenn auch nicht der einzige Führer kirchlich« Reaction gewesen, welche in den vierziger Jahren den gebildeten Mittelstand ausregte, und der Consistorialrath Falk mußte seinen Sitz im Conststorium aufgeben und sich auf eine Landpsarre zurückziehen. Die Standpunkte haben sich seitdem wesentlich verschoben, wie die Zeiten sich geändert haben, und der jetzige Graf Stolberg-Wernigerode und der Minister Falk können darum ganz gut in der kirchlichen Mittelpartei sich ohne Hintergedan ken unlerbrinqen lassen. Aber an bestimmter Stelle wird deshalb der Gegensatz der Gedanken und Grundsätze unfehlbar ru Tage treten, und eS kann für Niemand zweifelhaft sein, wer daun welchen wird. Um der inner« treibmden Kraft dieser Gegensätze willen, und nur um deswillen, ohne den Personen und ihrem Charakter irgend wie zu nahe zu treten, glauben wir, daß dem vor acht Tagen erfolgten Äusscheiden des Ministers Achen bach noch andere Minister, vielleicht gar solche, die heute noch gar nicht daran denken, Nachfolgen werden. Wenn wir aber sehen, daß auf Delbrück Camphausen, auf diesen Achenbach folgte, und daß der Ersatz immer weiter von rechts her geholt werden muß, so wird uns Niemand einreden dürfen, daß die Sache nicht eine grundsätzliche Aenderung erfahren hat und noch weiter erfährt, und daß dawider die Versicherung des Ministers Friedenthal, daß die Verwaltungsresorm fortgcführt werden solle, nicht die geringste Sicherheit gewähren kann. Fortgc führt wird sie werden, sie wird aber in dem Sinne fortgeführt werden, welcher den Anschauungen deS Reichskanzlers und der neuen Minister, die nun mehr, wenn die LandeSvcrtretung nicht mit voller Festigkeit und Energie den Faden festhält, besseren Raum gewonnen haben, entspricht. Wir sind aber wohl berechtigt, eine solche Fortführung mit dem Namen einer Reaction zu bezeichnen." — Der Ge währsmann der „Weser-Ztg." gehört offenbar unter die Schwarzseher; so unfehlbar sicher, wie hier geschildert, ist das Hereinbrcchen der Reaction denn doch noch nicht. Aber es ist bezeichnend für die Stimmung, wenn ein hervorragendes und überaus gemäßigtes Organ der nationallibcralen Partei schon jetzt derartigen Befürchtungen Raum giebt. ' Tagesgeschichüiche Ueberficht. Lei-zi«, 2. April. Zur auswärtigen Lage schreibt man der ,Föln. Ztg." aus Berlin: Die Ansichten über die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit eine- englisch-russischen Krieges sind natürlich sebr aetyeilt. Derselbe wird großentheilS bezweifelt. Man glaubt aber, irgend ein Zwischenfall könnte in der so sehr gespannt« Lage ein« Bruch herbei- führ«, der die für die Erhaltung deS Friedens aufgewandtm Bemühung« vereiteln würde. Ge rüchte, daß England ein Pfand ergreif« wolle, sind überall verbreitet. Dann würde Rußland die Be setzung KonstantinopelS versuchen. Die russische Diplomatie soll andererseits überall äußern, Ruß land werde sich nicht gleichsam militairisch auS- hungern lass«, sondern nöthigenfalls England zwing«, daß eS seine Absichten kundgebe. Die Lage kann jedenfalls, wie e- scheint, nicht mehr lange in der Schwebe bleiben. Deutschland ver hält sich nach wie vor neutral und soll auch in die Verhandlungen in Wien nicht eingegriffenhabcn. Der „Magd Ztg." berichtet man: Die Mission Jgnatieff'« ist vorerst zum Abschluß gelangt; der General hat an dem Gras« Andrassy seinen Partner gesunden, der an diplomatischer Gewandt veit ihm die Stirn zu bieten vermochte. Gras Andrassy forderte um so viel mehr, als General Jgnatieff anbot, daß Letzterer, obwohl es hieß, er sei mit d« weitgehendsten Vollmachten vcrseben, nach Petersburg zurückreisen zu müssen erklärte, um dort aufs Neue mit Gortschakoff zu verhan deln. Schwerlich wird der General selbst nach Wien zurückkehren. Er kennt jetzt die dortige Situation und ist über die Anschauungen des Leiters der österreichischen Politik so weit cin- gcweiht, daß die weiteren Unterhandlungen von Petersburg aus schriftlich geführt werden können. Oesterreich verlangt nicht blos den domi- nircnden Einfluß in Bosnien, der Herzegowina und Albanien bis Salonichi, sondern eben solchen in d».u Fürstet.Lhümern Montenegro und Serbien und — Westbulgarien. Unter Westbulgari« ist derjenige Theil deS durch den Frieden von San Stefano ««geschaffenen „autonomen", faktisch aber unter Rußlands Oberhoheit stehenden Bul gariens verstanden, der in auffallender Weise über die natürliche Grenzscbcide, den bisher Albanien von Makedonien und Rumelien trennenden Ge- birgskamm hinüberragcnd und tief bis an den Ochrida-See in Albanien sich hiiicmziehend, den russischen Einfluß biS in die Wcsthalfte der Balkanhalbinsel hinübertragcn und dem Ruß land von je her eng befreundeten Montenegro gewissermaßen die Hand bieten würde. Sogar die oberen Wasserläuse von Flüssen, die ins Adriatische Meer münden, würden nach den Friedensbestimmungen von San Stefano dem neuen „Staate" Bulgarien angehören. Gras Andrassy läßt die Grenzen des neuen nationalen Gebietes Bulgariens zwar unangetastet, fordert aber, daß dieser kleine westliche jcheil jenes Ge bietes, der nach der Adria zu gelegen ist, dem russischen Machteinfluß entzogen und dem öster reichischen untcrthan wird. Diese Forderung, so wie diejenige, daß Serbien wie auch Montenegro, die beiden verwöhnten Schützlinge der russi schen Politik, in Zukunft gänzlich zur öster reichisch« Machtsphäre gehören sollen, einfach zurugestehen, wollte General Jgnatieff nicht auf sich nehmen, lieber diese Puncte wird von Peters burg weiter verhandelt werden und vorläufig blei ben wir dabei, daß sich zwischen dem russisch« Angebot und den Wiener Forderungen ein Aus gleich wird finden lassen, zumal die Spannung mit England so weit gcdieben zu sein scheint, daß ein plötzliches Wiederanknüpfm der Congreßverhand- lungen zwischen London und Petersburg wohl kaum in Frage kommen dürfte. — Was sonst in Wien Uber den Friedensvertraa, besonders über die Bestimmungen desselben rücksichtlich BessarabienS und der Donauschifffahrt verhandelt worden ist, darüber verlautet bis jetzt nichts. Der Augsb. „Allg. Ztg." meldet man aus Wien: Die Mission Jgnattesss ist gescheitert. Ergeht nach St. Petersburg, um folgende Ansprüche Oester reichs mitzutheilcn: 1) Ausdehnung des österreichi sch« Einflusses auf die westliche Balkan «Halbinsel durch militairische und handelspolitische Conven tionen mit Serbien, Montenegro und Albanim; 2) Herstellung einer direct« Verbindung Oester reich- mit Salonichi auf türkischem Gebiet; 3) Fern- baltung Bulgariens vom Aegäischen Meere; 4, Be festigung der oSmanischen Macht in den der Türkei verbleibend« Gebieten; 5) directe Verständigung Oesterreichs mit der Pforte über alle erwähnten Puncte. Dem Reichskanzler Fürsten Bismarck, der am I. April sein dreiundsechSzigsteS Lebensjahr voll endete, bracht« die MusikcorpS deS 2. Garde-Re giments zu Fuß und deS Kaiser Alexander-Garde- Grenadier-RegimcntS Nr. l im Lause deS Vor mittags eine Morgenmusik. Von zahlreichen Seit«, auS allen Theil« deS deutsch« Vaterlandes lies« Morgenstunde Briefe und Telegramme l> ' - - seit früher ein, welche dem leitend« Staatsmann die besten Wünsche zum Geburtsfest übermittelten. Das Palais des Reichskanzlers war das Ziel für zabl reiche Gratulanten und für so manche kostbare Gabe, unter denen sich besonders prachtvolle Bon quctS auszeichneten. Der zurückgetrctene Finanzminister soll sich, wie man der „Clbcrfelder Ztg." schreibt, gegen seine Umgebung darüber beschwert haben, daß Herr v. Bennigsen doppelzüngig gegen ihn verfahren sei, indem er ihm gelegentlich versichert habe, es handle sich bei den Verhandlung« über seinen Ein tritt in die Regierung nicht um das Finanzportc- feuille, sondern um das Ministerium des Innern In einem gewissen Zcitpunct ist Die« aber ohne Zweifel vollkommenrichtig gewesen; Herr v.Bennigsen bätte sicher das Innere vorgezog«, und auch Fürst Bismarck soll damit einverstanden gewesen sein Der ablcnkende Widerstand lag höher hinauf. In, klebrigen ist eS klar, daß nicht Herr v. Bennigsen die Pflicht hatte, Herrn Camphauscn zur recht« Zeit in Kenntnis; zu setz«, sondern sein College und Chef, der Fürst Bismarck „Vor der Gewährung des Abschiedsgesuchs hat der Ministerpräsident, wie jetzt bekannt wird, noch ein Mal versucht, seinen Picepräsibcntcn zuni Eingehen auf seine Steuerresorm-Jdeen und daun: zum Bleiben zu bewegen, aber vergeblich. Er hätte natürlich gern Camphausen's Erfahrung und An sehen benutzt, um aus Ideen Projekte zu machen, und diese dann gegen eine widerstrebende Reichs tagsmehrbcit mit oder ohne Auflösung durchzu drücken. WaS er fordert, sind rund dreihunderl Millionen Mark mehr. Diese zu schaff«, wird also die nächste und hauptsächlichste Aufgabe des neuen Finanzministers sein. Der Mann, welch« ihn dafür erkoren und bernf« hat, trug wenig. Stunden nach dem entscheidenden Gespräch in der großen Rede am Sonnabend Sorge, dem bisherig« Berliner Oberbürgermeister auch vor der Oeffe'nt lichkcit keinen Zweifel darüber zu lass«, daß er nickt daran denken dürfe, blos gemächlich ver walten zu wollen oder, wie einst der so bitter charakterisirte Finanzminister v. Bodelschwingl gethan haben soll, blos „Concepte zu signir« und Munda zu unterschreiben". Gelingt es Herrn Hobrecht, einen dem Reichstag ebenso wie dem Bundeöratb annehmbaren Steuerresormplan mil dem bezeichnet« Effect — und wären cs auch hundert Millionen Mark weniger — auSzuhecken, so mag er für einige Zeit in derselb« angenehmer: Lage wie sein Vorgänger nach dem Herabkräufeln de« Milliarden-Segens sein. Er kann dann die preußischen Communen und vielleicht obendrein noch die unterste Schicht der Classensteuerzahler entlast«. Da er selbst auS der Conimunalver waltung in den unmittelbar« Staatsdienst zurück kehrt, wird er sicher für die Noth der aroß« Gemeinden im Lande mehr Herz haben, als fein verschlossener Vorgänger. Aber wehe ihm, wenn es ihm nicht gelingt, vom Reiche her dem Staat und vom Staate her die Communen zu erleichtern' Dann wird sich das tragische Geschick Camp hausen'S an ihm im Wesentlich« sehr geschwind wiederholen. Nur die baarste llnknnde kann be Haupt«, Camphauscn sei durch die nationalliberale Fraktion gestürzt. Er ist gefallen, weil Bismarck ihn im Interesse seiner eigenen Finanzprojeete abstoßen mußte und weil seine Colleg« ihn nicht hielten." Die zahlreichen Namen, welche gegenwärtig als muthmaßliche Nachfolger Hobrecht'S aus den Berliner Oberbürgermeisterposten genannt werden, beruhen bis jetzt aus gänzlich willkürlicher Ver muthung. In den maßgebend« städtischen Kreiser ist man der Nachfolgertrage überhaupt noch «ich: naher getreten. Ucbrigens findet auch der Gedanke,
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