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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.05.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187805236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780523
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780523
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-05
- Tag1878-05-23
- Monat1878-05
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.05.1878
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Erschein tLglich früh «V. Uhr. i.g. « . iv-t/lr,! «eöettt— »d «^edstt», J«h«mi--assr »L. 8-«H->»d«» der Re-eeN«»: «er»,tt»AI 1»—1, Uhr. «Tchmitto-» 4—« Uh^ 2II«U. r. .. 6. r. .. r ? j. z. L Z. z 1 3 > * ? ,-er fftr -ten-chD- RrlMmrr -efft>>u»te> « «echentn-en «« »G»eftr»v«fr«htt- »«,FMLr,ste^LL«etz»e: 0tt» «e»». llntverMt-str. ,2 ^. fl^tz,tt«nstr.1-,p. «rr ««^S Utzr. Anzeiger. VW» str Politik, Loralgeschichte, Haldrtt- md Srfchästrvnkkhl. «ch-«»<>«,, 15,1«». -d«,»r»e,»vrtt« viertelt. 4V.ML, mcl. vrmarrtohu b Ml., durch die Post bezog«, « ML Jede einzeln« Nummer Lt Pf. velegexemplar >o Pf. Aedichrru für Lxiradeuageu «b«e Postdeiürderuug Z« ML mit Postbefvrderung 4S ML Zvserw« taesp. Petitzeü« ro Pf. Großer« Schrift» laut uufere» Preioverzeichmß. — Tabellarischer Satz nach HLHerem Tarif, »««tavn» »ater de» »rdatttvvvßrtch dir Spaltzeil« 40 Pf. Inserate stiw stet« an d. «riudüiv» zu feudeu. — Nadatt wird nicht gegeben. Aa-luna xr»aaam«r»aä« oder durch Postvorschuß. uz. Domrerstag dm 23. Mai 1878. 72. Jahrgang. Bekanntmachung. Da- S. Stück des die«jährigen Skse--und Verordnungsblatt«- str das Königreich Sachsen ist bei un» n» Rath-au-sm' saale zur Einsichtnahme öffentlich ans- zollamlliche vebandlung von Waarensendungen aus Inland« betreffend: vom 17. April 1878. uthpull Iver zur DenaMrirung von Salz betreffend; vom p k eingegangen und wird bl« zu« 8. kftg. M»N. auf dem hängen. Laffeld« enthLU: Nr. SS. Bekanntmachung, da- Regulativ über die dem Inland« durch da» Ausland nach dem - L7. Bekanntmachung, die Herstellung von Wermut! IS. Avril 1878. - 28. Verordnung, einige Abänderungen der Verordnung über di« Prüfungen im Husbeschlag« vom 19. Mai 1870 betreffend; vom 24. Avril 1878. - 29. Verordnung, di« Expropriation von Grundeigenthum für Erweiterung der Station Etraßgräbchen betreffend: vom 2«. April 1878. » 30. Verordnung, die Ermittelung der landwirthschaftlichen vodenbenutzung im Jahre 1878 betreffend; vom SO. April 1878. - 31. Bekanntmachung, di« Wiedereinberufung der Ständeversammlung betreffend' vom II. Mai 1878. - 32. Verordnung, einen Nachtrag zu dem unter dem 2«. August 1874 veröffentlichten Verzeichnisse der von den Gemeindevorständen zu erhebenden Sporteln betreffend; vom 1. Mai 1878. Leipzig, den 22. Mai 1878. Der »at» der Stabt Leipzig. vr. Georgi. Eerutti. r 2P. 100,'Vk L 0. U i« a. 6. i« v. 0. ?. tt t« r ?. a. r >4 d» a. k. k .pl/1 t» w.v.pl/ätt m.o.vi/i rr ?. Bekanntmachung. Da sich in verschiedenen Gärten Raupen in großen Mengen gezeigt haben, so fordern wir hiermit unter , awei- auf unsere Bekanntmachung vom 19. Januar ds«. J-. die Grundstücksbesitzer de». Garteninhaber «if, bei Vermeidung von Gelbftrafe bi- zu 44 Mark oder entsprechender Hast, ungesäumt ihre Bäume, tzträucher, Hecken rc. getzbrig raupen» sowie die sich noch vorfindenden «aupeuuefter virttlgen zu lasten. Leipzig, am 18. Mai 1878. Der «attz ber Stabt Leipzig. vr. Georgi. Wangemann. tue ber »«leihe ber Stabt Leipzig >«b. eih« der Stadt Leipzig vom 12. Juni 18S8 Bekanntmachung, bie »usgabe »e«er Ltnsbogen kür bie Schnlbscheine l »am IS Sani 1848 betreff Die Ausgabe neuer ZinSbogen für die Schuldscheine ber «nie findet gegen Rückgabe der bisherigen Talons b«m »4 btese« Manat« a« in unserer Etadtcaffe statt. Auf briefliche Zusendung der neuen Zin-bogen, sowie überhaupt auf dieSfallfige Lorrespond wir un- nicht einlassen, es haben vielmehr alle auswärtigen Inhaber den Umtausch tragt« bei unserer vorgenannten Sasse zu bewirken. Leipzig, a» 21. vmi 1878. Der «attz ber Stabt Leipzig. Seid können . , . «nr > den Umtausch selbst oder durch Beaus» Stabt Leipzig. vr. Georgi. Seidemann, Stadtcasfirrr. Bekanntmachung. Die von un- laut öffentlicher Bekanntmachung im Tageblatte zur anderweiten Vermietbung auSgebote ^ E. ...... .. . ^ .. . . Erimma'sche Straße Nr. 3« ^ ne ist »er- SatzmrNG in der lll. Etage de- Seitengebäude- von Seffter'S Hof ReichSstraße Nr SS «iettzet, wovon wir die nicht berücksichtigten Bewerber hierdurch benachrichtigen. Leipzig, am 21. Mai 1878. Der «attz ber Stabt Leipzig. vr. Georgi. Eerutti. Bekanntmachung. Der diesjährige Leipziger Wall markt wird am 17. und 18. Juni abgehalten, e- kann jedoch die An fuhre und Auslegung der Wolle in hergebrachter Weile bereit- am 18. Juni erfolgen. Auch ist es gestattet, Maschinen und Geräthe, welch« Beziehung zur Landwirthschaft und Wollprvduction haben, mit aufzustellen. Leipzig, den 2. Mai 1878. Der «attz ber Stabt Leipzig. sterschm vr. Georgi. Meß idt. Leipzig. 22. Mai. Die Stellung der verschiedenen Parteien zu dem zu dem Gesetzentwürfe, betreffend die Abwehr s»cialdemokratischer Ausschreitungen, läßt «t bereit- übersehen. Die beiden conservativen Kractionen haben sich für bedingungslose Annahme Reich-par r 1, m.Oxl/11» sp.1'N, r. i. '.son.rt»<T> atschieden. Von der deutschen Reich-Partei wurde war gesagt, daß sie eine veränderte Fassung in Vorschlag dringen werde; eS scheint indeß, daß sie sich inzwischen von den unüberwindlichen Schwierig keiten, welche einer solchen entgegenftehen, über zeugt hat. Ihr Organ, die „Post", verkündet denn auch, daß sie eiustimmig mit den Deutsch- conservativen für die Regierungsvorlage eintreten verde. Betreff- de- Centrum- und der Fort schrittspartei steht von vorn herein fest, daß sie den Gesetzentwurf » limine ablehnen werden. In der utionallibcralen Fraclion wird die Vorlage in mer besonderen, auf Mittwoch anberaumten ung einer ruhigen und gewissenhaften lsung unterzogen; man zweifelt nicht, daß das Mat ein negative- sein wird. Daß die Frei- onsnvativcn Über diese Stellung einer ihnen reundeten Partei, mit welcher sie im letzten hrzehnt zur Förderung der nationalliberalen rbeil fast immer Schulter an Schulter ge tänden haben, nicht erfreut sind, ist be stich; auffallen aber muß die Weise, wie hr Organ den Nationalliberalen von dem ernsten 'chritte abzurathen sucht. Es spricht von «n „traurigen Schauspiel", daß „Socialdemokraten, rticulariften, Ultramontane, Fortschrittler und wnalliberale Arm in Arm gegen die Regierung gegen die Conservativen aller SchalUrungen men," und es meint, daß die Nationalliberalen ,8esahr lausen, in einer Stunde da« Werk zehn- "riger ruhmvoller Thätigkeit zu zerstören, denn sie rdendiese BundeSgenoffenschafl, der sie sich zugesellt >en, nie wieder los werden, weder vor ihrem eigenen irischen Gewissen, noch vor dem Volke". Darauf twortet die „N.-L. C ": „Mit derartigen Bor sten von compromiltirenden BunbeSgenossen- sten hat es so seine Bedenken. Bor einigen >gen, in der Frage der Sonntagsarbeit, sahen die deutsch« Reich-Partei Arm rn Arm mit den tschconservativen, den Ultramontanen und den ialdemokraten gegen die Regierung stimnien, ihrerseits von den liberalen Parteien unter- t ward. E« würde unS lächerlich erscheinen, dieser Coalition den Schluß auf eine gewisse athie der Conservativen für die Umsiurr- der Socialdemokratie zu ziehen. Eben so aber ist dieser Schluß in dem heute vorliegen- ille zulässig. Die Nationalliberalen stehen der ldemokratischen Wühlerei und ihren folgen rlich mit nicht geringerem Abscheu gegenüber die Freiconservativen; aber die- Gefühl kann nicht bewegen, jeder ersten besten Maßregel, > die Regierung zur Bekämpfung der soclaltsti- l Partei geeignet erachtet, ohne Weitere» ihre iwmung zu geben. Die nationalliberale Partei lrd«, wenn sie den jetzt in Rede stehenden An-« Meaesetzentwurf annähme, mit allen Traditionen ^r freisinnigen Partei brechen, und eine solche tzt geblieben zu sein, rechnet sich die Partei zum Ruhme an. Aber, wie sie es seit ihrem Be ine gethan, so wird sie auch diese Frage nicht einer doktrinären Parteischablone entscheiden, oberster Grundsatz ist allezeit das öffentliche Wohl , und dürfte sie überzeugt sein, daß der twurs, welchen die verbündeten Regierungen vorgelegt haben, wirklich dem öffentlichen dienen, bie Gefahren der socialistischen »on von Grund aus beseitigen würbe, — will ihr augeficht- ihrer ganzen Vergangen heit nachsagen, daß sie alle theoretischen Bedenken nicht der sonnenklaren patriotischen Pflicht unter ordnen würde ? Die Thatsache aber ist, daß sie jene Ueberzeugung nicht zu gewinnen vermag, daß sie vielmehr, durch die Geschichte belehrt, von solchen AuSnahmemaßregeln nur eine Verschlimme rung de- Nebel- befürchten zu müssen glaubt. Und weil sie dieser Anschauung ist, so meint sie, in der Bahn „zehnjähriger ruhmvoller Thätigkeit" lediglich zu verbleiben, indem sie, so viel an ihr ist, eine so verhängnißvolle Maßregel verhindert." Wir bleiben dabei: Wer gegen da- Gesetz fehlt, ben treffe mit unerbittlicher Strenge der Arm de- Gesetze-; man stelle aber Keinen außerhalb drS Gesetze-, jage nicht Tausenbe in den Zustand der theilweisen Rechtlosigkeit schlechtweg, treibe sie nicht geradezu auf den Weg der ungesetzlichen Agitation, der Geheimbündclei und der Revolution, schaffe keine Märtyrer und gebe keinen Anlaß zu der bi» jetzt grundlosen Behauptung, daß eine Freiheit der Meinungsäußerung in Deutschland nickt existire. Reichen die bestehenden Strafgesetze nicht aus, so ergänze man die Lücken, so verschärfe man die Strafen; vor Allem prüfe man, ob nicht auch die vorhandenen Machtmittel ernster, eifriger und gründlicher hätten ange wendet werden können, als dies in man chen Bundesländern bisher geschehen ist ^ir sind ü ' (llomina sunt odios»!). Wir sind in diesem Puncte ganz der Meinung der „Nat.-Ztg ", wenn sie sagt: „Die Gesetzesvorlage (gegen die Sorialdemokratie) ist nicht mehr und weniger als eine Bankerott erklärung des deutschen Juristcnstandes in Justiz und Verwaltung. Ehe man ein so herbe- Verbiet ausspricht, untersuche man doch erst die Vor bedingungen der bisherigen Thätigkeit unseres richterlichen und administrativen Personals. Vielleicht liegt e- in diesen Vor bedingungen, vielleicht hat in der obersten Leitung dieser RegierungSrweige die kräftige Hand bis jetzt gefehlt, viel leicht war man des Ernstes de« Kampfes sich allzu wenig bewußt und hat mit einer Gefahr zu viel gespielt, die jetzt als so außerordentlich sich darstellt. In unserem Staat-Wesen nimmt jede neue Wendung gleich ganz Überraschend«, ungeheuer liche Verhältnisse an. Um so dringender ist die Aufforderung, kaltes Blut und Besonnenheit zu wahren. Wir werden eS alS der Gesetzgebung am angemessensten erachten, 'wenn sie sich vor Allem die Zeit nimmt, den Gegenstand auf seine eigentlichen Proportionen zurückzuführen, dann unseren öffentlichen RechtSzustand einer eingehenden Prüfung zu unterwerfen und zu prüfen, ob er in der That dem Staat nicht die Waffen darbietet zur Vertheidigung gegen die Organisirunq der Revolution und endlich die erkannten Mängel zu verbessern. Auch den eifrigsten Bertheidigern energischer Maßregeln geben wir zu bedenken, daß der Bruch mit dem gesammten Inhalt de- Rechts staates immer noch allzu früh kommt. Aber, hört man sagen, „EtwaS muß geschehen". Gewiß — wenn etwas Heilsame- und Zweckmäßige» vorgeschlagen werden kann; gewiß nicht — wenn ein Beschluß gefaßt werden soll, der nur einer Tagelstimmung entspricht und einem augen blicklichen Zuge eine unabsehbare Zukunft opfert." Die gouvernementaleu Blätter stellen sich an, als ob die Liberalen aus Doktrinarismus, au- unfruchtbarer Principlenliebhaberei den von der Regierung vorgeschlagenen Maßregeln wider strebten. Wir für unseren Theil müssen dagegen protestiren. Gern würden wir zugreifen, wenn uns Mittel geboten würden, die irgend welche Wirkung versprächen gegen die Erbärmlichkeiten der Sscialdemokratie. Kann man da- aber von den vorgeschlagenen Maßregelungen sagen? Wer den sie wirksam, werden sie nicht geradezu schädlich sein? Der vorliegende Gesetzentwurf will die Socialdemokratie in der Hauptsache kurzer Hand durch die Polizei bekämpfen. Schon Das ist ein Grundirrthum. Diese Bewegung schließt eine Summe von Nothfragen und Mißverhältnissen ein, die wiederum nur durch eine Summe von Mitteln, nur in langsamer schwerer Arbeit zu lösen find. Positive Fürsorge für die leidenden Elasten, Ver breitung von Belehrung, polizeiliche Verhinderung de- Gefahrdrohenden, Bestrafung des Verbrecheri schen, Alles muß zusammen kommen, bevor wir sagen dürfen, daß wir unsere Pflicht gethan haben. Und wird es denn bei der Abwehr der Social demokratie bleiben? Wird nicht auch die Freiheit in anderen Kreisen in Gefahr kommen? Daß die Vorlage der polizeilichen Willkür einen sehr wei ten Spielraum öffnet, geht sofort au» der ersten Bestimmung hervor. Nach tz. l können Druck schriften und Vereine verboten werden, „wenn sie die Ziele der Socialdemokratie verfolgen." Was sind die Ziele der Socialdemokratie? Eine Frage, deren Beantwortung ein Buch in Anspruch nähme! Der letzte bedeutende socialvemokratische Agitator Lassalle hatte als sein Ziel „Productiv-Associattonen mit Staatscrebit" hingestellt. Will man — so fragt mit Recht die „Schles. Presse" — Druck schriften und Vereine verbieten, in denen die Er richtung dieses Zieles aus friedlichem Wege als wün- scheu-wert h hingestellt ivird ? Oder ist es nicht viel mehr der gewaltsame Umsturz der bestehenden gesellschaft lichen Ordnung, den man der.Verfolgung über liefern will? Und wiederum zu dieser Absicht ge waltsamen Umstürze- bekennt sich nicht leicht ein socialdemokratiscker Verein oder eine Druckschrift. Die Fassung dieses Paragraphen ist eine so vage, daß jede Druckschrift danach verboten wcrden kann, in der irgend ein Ziel als wünschenöwerth hingestellt wird, das zufälliger Weise in irgend einer socialdcmokratischen Schrift auch befürwortet wird. „Schwarzseherei!" wird man einwenden. Aber leider sind wir in Deutschland an eine maß volle Handhabung ausgedehnter polizeilicher Be fugnisse, namentlich in Dingen, welche die Presse und Vereine angehen, nicht gewöhnt. Die Regie rung hat sich nicht verhehlt, baß die in 1 ausgesprochene Regel einen so craß absoluti stischen Charakter trägt, daß sie selbst nicht gewagt hat, die hier ausgesprochene Besug- niß in die Hand der Behörde zu jlegen. Der Reichstag soll Mitwirken. Er soll allerdings nicht vorher befragt werden, aber er soll nacklräglich seine Zustimmung geben, sonst wird die Maßregel rückgängig gemacht. Man denke sich die oberste Vertretung de- deutschen Volkes in jeder Session mehrere darüber debattiren, ob irgend eme obscure Flugschrift confiScirt, ob in Polkwitz ein Verein geschlossen werden soll. Man denke sich die Reden der Herren Most und Liebknecht bei dieser Gelegenheit, die nicht verfehlen werden, AuSzuge auS der beanstandeten Druckschrift ihren Reden einzuverleiben, die dann durch die stenographischen Berichte von Neuem in die Welt hinausgehen, wie damals jene Encyklyka de- Papste». Man denke sich die Reclamc, wenn e» der Reichstag für an gemessen erachtet, ein erlassenes Verbot auszuheben. Eine mehr verfehlte Bestimmung konnte gar nicht ersonnen werden. Und wie, wenn die Socialdemokratie nach dem etwaigen Erlaß eine» solchen Gesetze- ihren seit herigen Namen einzöge und sich unter allerlei an deren Titeln fortschliche? Könnte die Gesetzgebung, könnte die Polizei mit diescu fortwährenden Ver puppungen und Umgehungen Schritt halten? Der Reichstag wird — Dies scheint bereit- seft- zustehen — die Vorlage ablehnen, und die Social demokratie wird sich inS Fäustchen lachen. Die Regierung hätte sich diese Verlegenheit erspare« können, wenn sie sich vorher nach der Stimmung der Parteien im Reichstage erkundigt hätte. Aber sie scheint aus diese Stimmung wenig mehr zu geben; sie hat mehr und mehr die Fühlung mit dem Parlament verloren, und Da- ist es, weran da- Reich leidet. Tagesgeschichtliche Ueberficht. . 22. Mai. Die Budgetcommission beschäftigte sich am DienStag noch mit der fast zur Mythe gewordenen Tabakssteuervorlage. Nachdem die Regie rung durch den Enqueleentwurf ihe eigenes Bc- dürsniß nach genauerer Insormiruna über das Tabaksstcuerwesen zugegeben hatte, konnte ma^ jene Vorlage alS tatsächlich zurückgezogen be trachten. Um so mehr war man erstaunt, al- der RegierungScommissar nun die Vorlage mit alcr Entschiedenheit aufrecht erhielt. Die Co,„Mission beschloß indeß, in die Berathung derselben nicht mehr einzutreten. Eine Notiz der „Post" giebt Hoffnung, daß Falk im Amte beiden werde; daS Blatt schreibt: „Wie wir bereits mittheilten, scheint zu unserer Freude und in Erfüllung der von unS geäußerten Hoff nung die Angelegenheit, betreffend daS Entlassungs- gesuch de- Ministers Falk, einen Verlaus zu nehmen, welcher einen für die Interessen dcS Landes in persönlicher wie in sachlicher Beziehung befriedigen den Abschluß erwarten läßt." Nack der „Wescr-Ztg." hat der Kaiser daS E>.t- lassungSgesuch Falk's dem Staatsministerium zur Begutachtung überwiesen, und hat daS letztere, indem eS die Motive, welche I)r. Falk bestimmt haben, billigte, mit Diesem sich für solidarisch er- klärt. Die Rückäußerunq des Fürsten BiSmarck soll noch ausstehcn; indessen dürfte dieselbe in dem Sinne deS StaatSministeriumS auSfallen. Aus dieser Sachlage erNärt sich daS formell vielleicht noch verfrühte Gerücht, daß daS Verbleiben Falk'ü gesichert sei. Selbstverständlich können die im Widerspruch mit den Vorschlägen des Cultuü- ministerS erfolgten Ernennungen von Mitgliedern der Provinzialsynoden nicht mehr rückgängig ge macht «erden; c« dürfte sich also nur um den Verzicht aus die in Aussicht genommenen Ernen nungen einiger Mitglieder der Hospredigerpartci zu Mitgliedern deS Oberkirchenraths handeln. Der „Hann. Cour." äußert sich wie folgt: Jedenfalls soll die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung abgelenkt werden von dem Puncte, auf den sie sich nicht entschieden genug concentriren kann: von der Thatsache, daß der Rücktritt Falt'S die all.u-- meine Reaction in unserem inneren EtaatSleben b>» deutet... Wenn vr. Falk am 9. d. M. seine Ein lassung nachsuchte, so hat er damit bekundet, daß rr den weiteren Kampf wider diesen Gegner al» vergrl - lich ansah, wenigsten- vergeblich in der Miniftri- stellung, in der still weiter beharrend er vielmehr der Rcaction al- Deckung gegen die öffentlich« Meinung gedient hätte .. »egen keine Unterdrückung ist d.^ deutsche Volk so empfindlich wie gegen die mit kirchlichen Waffen geübte, und so dürfen Win hoffen, daß Alle-, wa- freisinnig ist in der Nation, sich al-bald zum Wide, stände zusannnen- schaaren wird, nicht gespalten durch den Versuch, die Aufmerksamkeit auf die socialdemokratische Gefahr abjulenken, die aewiß eine ernste und große ist, aber durch die Unthat eme- von Kindesbeinen an ver kommenen Burschen nicht binnen einer Woche sich so erhöht hat, daß Abwehrmaßregeln gegen sie da- ein- »ige politisch« Interesse der Nation wären. Di« «ine ltsache, daß mit Falk's Rücktritt da- ^bren vorbereitete Unterrichtsgesetz eine Beute erren
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