VI VORWORT Anhänger und Freunde der neuen Kunst geworben haben. Wenn man sich bei uns in Deutschland im Anfänge der Bewegung gegen das moderne Plakat ablehnend verhielt, besonders weil in den modernen Plakaten des Auslandes vielfach Sittenschilderungen zu sehen waren, die mit unseren Anschauungen und Moralbegriffen nicht im Einklang standen, so haben inzwischen unsere neuen deutschen Plakate hinreichend davon überzeugt, dass wir sehr wohl die neuen Principien annehmen können, ohne darum zugleich die unserem Volkstum eigentümliche Denkart und Empfindungsweise hintanzusetzen. Das moderne Plakat ist auch bei uns schon zu einer Macht geworden, ja es hat seinen Einfluss, seine technische uud stilistische Eigenart auch schon in anderen Gebieten des Kunstdrucks geltend gemacht, die seither lediglich der Industrie untergeben waren. Das Plakat, die Postkarte, der Buchumschlag, die Speisekarte, das Notenblatt, der Theaterzettel und vieles andere wird heute vielfach in künstlerischem Buntdruck hergestellt, von Künstlern entworfen und ausgeführt. Während die Franzosen schon grössere Werke über die neue Plakatkunst besitzen und auch von englischer Seite der Stoff behandelt wurde, ist bisher in Deutschland noch kein Werk erschienen, das die Bewegung für das moderne Plakat im Zusammenhänge geschildert hätte. Wenn dies in dem vorliegenden Buche versucht wird, so ist sich der Verfasser sehr wohl der Schwierigkeit bewusst gewesen, eine fast gleichzeitig in allen Kulturländern zu frischem Leben erblühte Kunst, die mit jedem Tage neue Früchte zeitigt, im vollen Umfange zu überblicken. Soweit es möglich war, ist der Stand der Entwickelung bis zum heutigen Tage dargelegt worden. Es sind hierbei immer nur die charakte ristischen Werke, die in irgend einer Richtung etwas Neues in die Entwickelung hineingetragen haben, behandelt worden. Eine vollständige Aufzählung moderner Plakate und ihrer Künstler ist jedoch vermieden worden; diese ist Sache der Kataloge; in diesen ist auch die Aufzählung der Farbenplatten und der Masse, sind die biographischen Notizen über die Künstler, die Angaben der Druckfirmen und anderes mehr in erster Linie am Platze. Als der umfassendste und sorg- fältigst gearbeitete Katalog dieser Art verdient der von Alexandre Henriot für die zu Reims im November 1896 stattgehabte Plakatausstellung genannt zu werden. In Deutschland ist der Katalog der Hamburger Plakatausstellung vom Herbst 1896 daneben von besonderem Wert. Auf die Auswahl der Abbildungen, sowohl der einfarbigen Textbilder wie der farbigen Nachbildungen, wurde in unserem Werke grosse Sorgfalt verwendet,