DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH-UNGARN jein einziges von den Kulturvölkern der Erde hat eine Kunstblüte er- ! lebt, ohne dass seine Künstler von fremden Einflüssen unberührt ge blieben wären. In ungleich höherem Masse als früher aber teilt sich in unserem Jahrhundert des Weltverkehrs jeder Fortschritt, den ein Volk auf dem Gebiete der Kunst, ebenso wie auf dem der Wissenschaft und der Technik, ge macht hat, auch allen übrigen Völkern mit. Es ist darum heute durchaus un angebracht, wenn man bei der Übernahme fremder Errungenschaften in den eigenen Besitz von Nachahmung oder gar von Ausländerei sprechen will, und es wäre völlig thöricht, wenn man dem Neuen und Guten gegenüber die Augen ver- schliessen wollte, nur weil es vom Auslande zuerst gefunden worden ist. Wir können ganz offen und unbekümmert zugeben, dass auf dem Gebiete des mo dernen künstlerischen Plakates das Ausland uns vorangeeilt ist, und wir können dies um so eher thun, als in der kurzen Zeit, in der dasselbe bei uns Einsiany re- funden hat, wir schon so hervorragende selbständige Leistungen aufzuweisen haben, dass wir im Begriffe stehen, wiederum das Ausland zu beeinflussen. Ja, wir können uns auch darauf berufen, dass ohne die deutsche Erfindung des Stein drucks und ohne die technische Vollendung, die der farbige Steindruck zuerst durch deutsche Lithographen gefunden hat, das moderne künstlerische Plakat im Auslande nicht die gleiche schnelle Vervollkommnung gewonnen hätte. Aber gerade die immer vollkommener gewordene technische Geschick lichkeit der deutschen Lithographen hatte dahin geführt, dass das Plakat bei uns eine ganz andere Entwickelung nahm und zum Teil auf falsche Wege geriet. Und nicht nur bei uns, sondern auch in den meisten anderen Ländern. Doch in Deutschland kamen auch noch besondere Umstände hinzu, die hierbei mit-