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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187701187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770118
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1877
- Monat1877-01
- Tag1877-01-18
- Monat1877-01
- Jahr1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1877
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Grschrbü tt-ltch früh 6»/, Uhr. Ridmtt»» »»4 IvhanuiSgafi« 33. -»«chstuudeu 4« L«4acü«»: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittags 4—» Uhr. Lnnabme der für die «Schst- kolaenoe Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bis 8Uhr Nachmittags, an Tonn- nud Festtagen früh bis '/,S Uhr. >» »enFUtalr, fiir Zul. Annahme: Otto Klemm, UniversitLtSstr. 22, Louis Lösche, Katharinenstr: 18, p. mrr dis '/.3 Uhr. Anzeiger. OrM skr Politik, Localgcschichtc, Handels- und Geschäftsverkehr. n»»,,e i«,s«a. Ahlunementtmet» viertelt. 4»/, Ml., incl. Brinqcrlobn 5 Mr.. durch di« Pos, bezogen V Mt- Jede einzelne Nummer SO Pf. Belegexemplar 10 Pf Gebühren für Exlrabenageo ohne Pofibesörderung 36 Ml. mit s ostbesörderung 44 Mt. Inskrate 4gcsp. Bourgeois;. 20 Pf. Größer« Schriften taut unserem Prnovrrzeichniß. — Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Rtclamc» um« dem ttedaclionogrich dir Spaltzette 40 Pf. J»s«at« ftuv stcls an d. SrprttNoa zn senden. — Rabatt wird «echt gegeben. Zahlung xriteituwanmcka »der durch Postvorschuß. W18. Do««erStag den 18. Januar 1877. 71. Jahrgang. Bekanntmachung. In Gemäßheit der Miuisterial-Bekanntmachung vom 10. Februar 1870 wird hierdurch bekannt gemacht, daß der Unterzeichnete Kirchenvorstand der -k»«ktrch»e hier znr Zeit au- folgenden Mit gliedern besteht: 8) Herr vr meä. Etadtr. L. ^ Kollmann. I) Herr Pastor vr. Gvrrs, Vorsitzender. 2) 3 5 6 2) 3 vr. zur. Ott» Tüuther, Staotrath a. D., stellvcrtr. Vorsitzender. » Prof vr U. E Bieder»«»«. - Uhrmacher Leopold Düri«g. . Justizrath Advocat N. W. Urenkel. - Fabrikant ThornaS Hauser. - Banquier JnliuS Keil. Leipzig, den 12. Januar 1877. ») 10) N) 12) 13) 14) ArchidiakonuS vie. vr. G. Merbach. Kaufmann Moritz Pohle»tz. Ksm E. G. Sch»idt-G-Hl»a««. Schuldirektor F. L. Schöne. Schlossermstr. JnltuS Schwarze)»» vr. zur. Advocat Julius Oscar Ze«ker Der Ktrchenvorftaud der Ukeuktrche. vr. EverS, Pastor. Woh«««gen der Herren Geistliche» der Menktrche: 1) Herr Pastor vr. GverS, Pfaffendorser Straße Nr. 5 parterre. 2) - ArchidiakonuS vic vr. Merbach, Neukirchhof Nr. 30, 1. Etage. 3) - DiakonuS vr König, Emilienstraße Nr. 30, 1. Etage. Nutzholz-Auction. Ureitag de« 28. Ja«uar L877 sollen von Vormittag- 9 Uhr an im Forstreviere B»rga», in der Nähe de- ForsthaufeS und der Ehrenberger Wiesen, am kleinen Gerade, ca. 39 eichene, 123 buchene, 2 maßholderne, 43 rüsterne, 13 lindene, 26 erlene und 1 apfelbaumener Vkutzklötze, sowie 118 Stück Schtrrhölzer und 440 Stück Schirr- sta«ge« nter den im Termine öffentlich auSgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden A«sa»»e«ku»ft: auf dem Mittelwaldschlage in Abtheilung 1a in der Nähe de- Forst hause» Burgau. Leipzig, am 8. Januar 1877. De» Rath» Forst.Dep«tatto». Leipzig. 17. Januar. „Man soll daS Eisen schmieden, wenn e- warm ist!" Noch ist in allen Krersen der Nation der Eindruck frisch und warm, den der AuSsall der Wahlen vom 10. Januar hervorgerufen; noch hallt in allen Gemüthern, die für Deutschland, für deutsche Bildung und geordnete Freiheit glühen, die Erschütterung wider, welche die Ueber- zeugung von dem mächtigen Anwachsen der Socialdemokratie erregte. ES dämmert, eS tagt. Eine ernste, opferfreudige, thatbereite Stimmung ist über da- deutsche Bürgerthum gekommen. Hier laßt unS einsetzen, um ein neue- politisches Leben zu beginnen und ein neue- Blatt in da- Buch der deutschen Geschichte zu schreiben, schöner alS alle vorangegangenen. Kommt herbei, ,hr Alle, denen Kaiser und Reich noch nicht zur Phrase, denen das Vaterland und sein Geschick noch nicht zum Spielbatt kleinlicher Eitelkeit geworden, denen die Ordnung alS die unent behrliche Grundlage aller öffentlichen und pri vaten Thätiakeit, alle- geistigen, politischen und socialen Fortschrittes gilt, kommt und ver einigt euch, schaart euch dicht zusammen, »rga- nifirt euch. ES ist keine Reden-art, sondern surcht- barer Ernst: da- Reich und seine Ordnung, und mit ihr alle Errungenschaften unserer Cultur stehen auf dem Spiele. Wollt ihr die Gefahr bezwingen, so dürft ihr nicht warten, bi- sie dicht über eurem Haupte steht; vorbauen müßt ihr und sie für immer verjagen, ehe sie festere Gestalt gewinnt. Darum geht sofort und herzhaft an- Werk, lastet keine Minute verstreichen und ver schiebet nicht träge auf morgen, wa- ihr heute beginnen könnt. Schmiedet da- Eisen, wenn eS «arm ist. E- ist schwerer, ein Gut zu erhalten, al- es zu erobern. DaS ist eine alte Erfahrung, und darum seid nicht erstaunt und bestürzt dar über, daß sich jetzt so harte Schwierigkeiten dem Fortgange de- so glücklich wiedererrungenen Vaterlandes entgegen werfen. Je höher und heiliger eine Sache ist, desto schwerer ist eS. sie zu behaupten und rein zu bewahren im Kampf um- Dasein. WaS aber steht unS höher und näher, alS der Inbegriff der Güter, die wir Deutschland nennen ? Und wenn wir das Vaterland nur erstreiten konnten durch daS opserwillige Zusammenwirken aller Kräfte, mochten sie diesem oder jenem Stamme, dieser oder jener Richtung angeyören, so bedürfen wir dieser eiumüthigen Erhebung noch viel mehr im jetzigen Augenblicke, da e- gilt, daS Erstrittene muerlich zu festigen und für alle Zeiten zu sichern. Sorgen wir dafür, daß dieser große Augenblick nicht ein kleine- Geschlecht in un- finde. Die Ehre Deutschland-, der Menschheit Würde ist in unsere Hand gegeben; wahren wir sie! „Wa-schadete-denn, wenn noch ein halb Dutzend Socialisten mehr im Reich-tage sitzen?" werfen eiuige Ueberkluge ein, und der Spießbürger, der sich »icht gern von seinem „lieben guten Kanapee" «usscheuchkn läßt, nickt schmunzelnd dazu. Seht ihr den» aber nicht da- stete Wachsen dieser unheimliche» Kluth? veklabt ihr nicht die Myriaden v»n Laud-leuten, die schon jetzt davon ergriffen sind? Und »ißt ihr nicht, daß, wenn nicht schleunig mit ihrer Eindämmung voraegangen wird, sie immer weiter und weiter -reise» muß? Den» dann in wiederum drei Jahren die gauze große Masse de- bcthörten Volke- auf der Hochflnth dieser Bewegung ein« herziehen wird, dann werdet ihr verzweifelt die Hände ringen, dann werdet ihr hastig zu Hammer und Spaten greisen, um den Alle- verschlingenden Waffcrn zu wehren. Dann aber ist eS zu spät; dann werden all die Heiligthümer, die ihr Conser- vativen conferviren wollt, und all die reizenden Steckenpferde, die ihr Fortschrittler so leidenschaft lich reitet, vor euren Augen zerschlagen und zer kaust den Strom hinabschwmnnen. Der kluge Uferbewobner sorgt bei Zeiten für gute Dämme und verbindet sich mit dem Nachbar, selbst wenn er ihm sonst nicht gefällt, zu gemeinsamer Be schwörung der drohenden Noth. So tretet denn zusammen, bildet cmen Bund deutscher Männer gegen vaterlandSlose Spieß gesellen, einen Bund' der Ordnung gegen den Umsturz, der Bildung gegen Roheit und Barbarei. Bcrathet auch, wa- zu tbun ist; greift da-Werk zusammen, greift eS von Grund au- an. Und vor Allem, waS ihr auch thut, thut eS rascb, thut es sogleich und führt eS rastloS, unablässig, von ganzem Herzen und von ganzer Seele fort. Dann, aber auch nur dann werdet ihr Siege feiern, gegen die selbst der Glanz der Siege von 1870 und 7l verblüffen muß. Hoch Kaiser und Reich, hoch Freiheit und Gesetz, hoch Ordnung und Bildung! I Ueber die bevorstehenden Stichwahlen schreibt die,.Nationall.Corresp.": Die Stichwahlen legen dem freisinnigen Bürgerthum die dringende Verpflichtung auf, seine ganze Kraft vor Allem zur Bekämpfung der unversöhnlichen Feinde unserer Staat-- und Gesellschaftsordnung zu sammenzufassen. Bei den Wahlen vom 10. Ja nuar hat sich auf liberaler Seite vielfach eine äußerst mangelhafte Organisation und infolge dessen eine große Lässigkeit der Wähler kundge geben. Dagegen muß gründlich Abhülse gefchassr werden. Wo Die- nicht bereits geschehen ist, müssen jetzt ohne Zögern zahlreiche kleine ComitLS gebildet werden, deren Mitglieder be stimmte Reviere unter sich vertheilen und danu HauS für Haus die Wähler über die Bedeu tung der Wahl ausklären bezrv. sie zur Ausübung ihrer Bürgerpflicht ausmuntern. Außerdem kann nicht genug empfohlen werden, daß man die in neuerer Zeit erschienenen, in volk-thümlichem Tone gehaltenen Schriften gegen die Social- demokrätie massenhaft verbreite. Wir machen in dieser Beziehung nochmal- aus die bekannten nationalliberalen Flugblätter aufmerksam; des gleichen aus die bei HuliuS Springer in Berlin erschienene Broschüre „Die Socialdemokraten, waS sie den Wählern versprechen und «a- sie wolle»;" endlich auf die nunmehr in 7. Auflage vorliegende kleine Schrift „In- Schlaraffenland mit den Socialdemokraten!" Die letztere, bei Faber in Magdeburg herauSgeyeben. ist neuer dings im Preise bedeutend ermäßigt; bei directem Bezug stellt sich derselbe für 50 Stück aus » für 100 Stück aus 11 für 200 Stück auf 20 für 500 Stück auf 45 für 1000 Stück auf 80 DaS bisherige Ergebniß »er Wahlen ist folgende-: E- sind von der Gesammtzahl der RnchStagSmandate — 397 — durch die Wahl am 10. Januar nur 327 defiuitiv vergeben, so daß also noch 70 Stichwahlen bevorstehen, von den Gewählten gehöre» nach ihrer Parteistellung 31 zu der konservativen Partei (darunter drei in außerpreußischen Wahlkreisen), 32 zur deutschen Reich-Partei beziehungsweise den Freiconservativen, 5 (bisher keiner Fraktion beiaetreten) stehen zwischen diesen und den Nationalliberalen; ferner 101 Nationalliberale, 9 von der Gruppe Löwe-Berger, 16 Fortfchrittümänner, l Demokrat, 3 hannoversche Particularisten, 1 Däne, 14 Polen, 15 Elsaß- Lothringer, wovon 7 Autonomisten, 3 Klerikale, 5 Protestler, 89 Klerikale und 10 Socialdemv- kraten. Die reich-feindlichen Parteien haben 133 Mandate, die reich-freundlichen deren 194. Bei den bevorstehenden Stichwahlen sind in mehr al- 40 Wahlkreisen Eandidaten der national liberalen Partei betheiligt; hoffentlich wird es möglich sein, in der Mehrzahl derselben die be strittenen Mandate noch zu gewinnen, sodaß also etwa 130 biS 135 Nationalliberale in den Reichstag emtreten. In der abgrlausenen Legislatur periode besaß die nationalliberale Partei 149 Man date, sie hat also aus alle Fälle bei Len letzten Wahlen eine erhebliche Einbuße erlitten. Die Conservativen haben schon jetzt einen definitiven Gewinn von lO Sitzcn, die deutsche Reichspartei weiß ihren bisherigen Besitzstand bereits in Sicherheit. Die Fortschritt-Partei, die bisher über 36 Man date verfügte, wird wenig mehr al- die Hälfte derselben fcstbalten können. DaS Centrum, da- bisher einschließlich 5 Hannoveraner 97 Mandate hatte, hat ohne die Stichwahlen deren jetzt 92 einschließlich der drei gewählten hannoverschen Particularisten, eS wird also seinen bisherigen Besitzstand zum Mindesten ausrecht erhalten. Die Zahl der Polen ist unverändert, die Social- vemokraten endlich werden einige Sitze mehr erhalten, a!S daS vorige Mal, wenn ihnen nicht noch bei den Stichwahlen eine unerwartete Ernte in den Schooß fällt. Daß die bevorstehenden engeren Wahlen bei dieser Sachlage Veranlassung zu den lebhaftesten Kämpfen bieten müssen, liegt aus der Hand. Tagesgeschichlliche Aeberßcht. Leipzig, 17. Januar. Der „Reichsanzeiger" schreibt: „Durch die aus wärtige Presse gehen in neuerer Zeit Gerüchte über eine angebliche Sonderstellung, welche Deutschland auf der Conferenz eingenommen habe oder einnehmen wolle. Der Ursprung solcher Gerüchte ist vornehmlich aus die „Agence HavaS" zurückzusühren. An allen diesen diachrichten ist kein wahres Wort. Deutschland vertritt jetzt eben so wenig wie früher directe politische In- teressen in Konstantinopel und hat nicht mebr, eher weniger Grund, alS die anderen Mächte, aus Beschleunigung der schwebenden Verhandlun gen zu dringen oder Forderungen aufzustellen, welche Über daS Maß der von den übrigen Mächten sestgehaltenen hinauSgingen Der deutsche Ver treter bei der Conferenz hat nach wie vor den Auftrag, sich allen Schritten seiner College» an zuschließen und, falls die Pforte auf ihrer Ableh nung der gemeinsamen Forderungen beharren sollte, mit anderen Botschaftern Koni!antinopel zu verlassen. Sein Verhalten hat tatsächlich genau diesem Austrage entsprochen, und die ent gegengesetzten, vorzugsweise auS französischen Quellen stammenden Nachrichten beruhen auf tendenziösen Lügen." Die „Berliner Börsenzeitung" schreibt: DaS Gerücht, daß Feldmarschall von Manteuffel nun dennoch in russische Dienste übertreten werde, tritt heute in so bestimmter Form auf, daß eS wenigstens einer erneuten Erwähnung bedarf. Die Detail-, welche in Verbindung damit erzählt werben, lassen wenigstens annehmen, daß daS Gerücht dieSmal von kundiger Seite her stammt. — Wir theilen diese seltsame SensationS- notiz mit, ohne irgendwelchen Werth aus die „kundigen" Quellen deS Börsenblattes zu legen. Die „Bonner Zeitung" veröffentlicht nach stehendes Schreiben auS dem Cabinet deS Kaisers an den altkatholischen Bischof vr. I. H. ReinkenS dortselbst: „Hccknvürdiger Herr Bischof! Die mir in dem Schreiben vom .10. v. M. ansgedrückten Glückwünsche zu dem zweifachen Anlass« des Jahreswechsels und der Vollendung einer ftebenzigjährigen Laufbahn haben mir zu großer Befriedigung gereicht Nicht ohne tiefe Bewegung blicke ick auf die reiche Ge schickte zurück, welche sich in dem Rahmen dieser sieben Jahrzehnte vollzogen hat. Wenn ich dazu beigetragen habe, den Gang derselben zu einem für dt« Nation ersprießlichen Ziele hivauszuführen, so bekenne ich gern, daß ich den Erfolg der besonderen Gnade zu verdanken habe, welche mir von der gött lichen Vorsehung in wunderbarem Maße zu Theil geworden ist. Möge der Höchste dieselbe mir auch m den Bemühungen schenken, de« Vaterlande nun- mebr eine lange Zeit friedlicher innerer Entwickelung zu sichern. Sie, Herr Bischof, bitte ich. diesen meinen Wunsch durch Ihre Gebete zu unterstützen Berlin, den 6. Januar 1877. (gez.) Wilhelm." Ueber die Präsidentenwahl im preußi schen Abgeordnetenhause werden in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" Betrach tungen angesteüt, welche für den unbefangene» Beobachter der parlamentarischen Vorgänge schlechterdings unverständlich find. Zmn Minde sten wird in denselben der Präsidentenwahl eine Bedeutung beigelegt, welche sie gar nicht hat. Bisher ist e- in unseren parlamentarischen Körper schaften Gebrauch gewesen, die größeren Parteien nach Maßgabe ihrer Zahlenstärke am Präsidium zu bethriligen. Wenn man gegenüber der Centrum-Partei von dieser Regel adgewrchen ist, so geschah e- in der Erwägung, daß diese Parte» al- eine politische und demnach al- eine in der Volksvertretung berechtigte überhaupt nicht an zusehen ist. Man mag über die Fortschritt-Partei urtbeilen wie man will, jedenfalls kann nicht auch sie unter den Gestchtöpunct dieser Erwägung fallen. E< muß daher einigermaßen befremden, wenn die „N. A. Z." behauptet, man habe all gemein erwartet, e« werde der Fortschrittspartei eine Stelle im Präsidium deS Abgeordnetenhauses nicht wieder zugestanden werden. Erwarten konnte die- nur, wer mit der bisherigen Uebung gar nicht vertraut war. Wenn man gemeint hat. daß die Nationalliberalen, eingedenk der uner hörten Angriffe, welche von fortschrittlicher Seite bei den ReichStagSwahlen gegen sie gerichtet worden, die Fortschritt-Partei nunmehr vom Präsidium au-schließen würden, so hat man ihnen damit einfach eine Fraction-rancune anaesonnen. deren eine große und besonnene politische Partei sich niemals schuldig machen wird. WaS die Nationalliberalen verlangen konnten und ver langen mußten, war. daß die Fortschrittspartei keinS von denjenigen ihrer Mitglieder für die 1. Picepräsidentenstelle präsentire, welche den Krieg auS Anlaß deS JustizstesetzcompromiffeS av- geschürt und die ganze Zeit her geleitet haben Da die Fortschritt-Partei sich dieser Bedingung unterwarf, so war kein Grund vorhanden, sie nicht, wie bisher, in der 1. Bicepräsidentenfteve zu belassen. Eine Verwischung der sachlichen Divergenzen, welche besonder- neuerding- zwischen der Politik der nationalliberalen Part« und der jenigen der Fortschritt-Partei hervorgetreten sind, ist damit weder beabsichtigt, noch thatsächlich be wirkt worden; diese Frage wird durch die Präsidentenwahl überhaupt nicht berührt Eben sowenig, wie man der Centrum-partei nach sagen wird, daß sie die nationalliberale Politik billige, wenn sie dem Abgeordneten v. Bennigsen ihre Stimme für die Präsidentenwahl gr'ebt, ebensowenig kann man den Nationalliberalen, wie die- m der „N A Z." geschieht, unter legen, daß sie mit der Wahl de- Ak«. Klotz zum I. Viccpräsidenten den von der Fortschritts partei gegenüber den NeichSjustizgesetzen einge nommenen Standpunkt gutgeheißen habe. — Noch unverständlicher fast, alS die Au-führungen der „N. A. Z ". ist ein Artikel der „Post" über die Präsidentenwahl. Derselbe sucht zu beweisen, daß die nationalliberale Partei sich einer Kränkung der Frciconservativen schuldig gemacht habe, indem sie denselben statt der zweiten Viceprästdentenstellc nicht die erste zuaestand. Dem gegenüber ist wiederum an die bisherige Hebung zu erinnern, nach welcher die numerische Stärke der Parteien auch für die Reihenfolge der Vertretung derselben im Präsidium maßgebend war, zu erinnern. Die Fortschritt-Partei zählt eben 68, die freiconfer- vative Partei nur einige 30 Mitglieder — da- ist eine Thatsache. deren Gewicht durch alle anderen Beweisgründe nicht zu beseitigen ist. Die Darlegung der Finanzlage de- preußi schen Staates, welche der Finanzmtnister Camphausen gestern in herkömmlicher Weise a« die Einbringung des EtatS für 1877/78 knüpfte, war weniger überraschend und Alänzend, alS in früheren Jahren, nichts desto wemger aber geeignet, unter den obwaltenden Verhältnissen vollauf zu , befriedigen. Zunächst da- finanzielle Ergebmß de- abgelausenen Jahre- betrachtend, erinnerte der Minister an die ungünstigen Einwirkungen, unter welchen dasselbe gestanden, die andauernde wirthschastliche Krise, den hinter den Erwartungen zurückgebliebenen AuSsall der Ernte, die durch die orientalische Verwickelung hervorgerusene Unsicher heit. Nicht» desto «enigrr hat da- Jahr 1876 nicht zu einem Deficit geführt, e- schließt vielmehr mit einem, wenn auch mäßigen, Ueberfchuß ab. AuS Berlin wird gemeldet: Die großartigen Erfolge der socialdemokratischen Agita tion scheinen unsere behäbigen Weißbier-Philister mit einem Male au- dem Schlummer gerüttelt zu haben, wenigsten- spricht hierfür die überraschend rege Betheiligung, welche ein« zu Montag Abend nach dem Easö Karl-bad berufene Versammlung von Mitgliedern der Fortschritt-Partei de- zweiten Wahlkreise- zum Zweck der Berathungen für die bevorstehenden Stichwahlen gefunden hat. Der an sich allerding- nicht übergroße Saal war biS aus den letzten Mann gefüllt, und eS mußten »och Hunderte und aber Hunderte Weggehen, ohne an der Versammlung Theil nehmen zu können. All seitig wurde von den Redner», Ubgeordneie Knörcke, Dunckrr, Ebertp *. die Rothweudlakeit
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