Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.06.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187806197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780619
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780619
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-06
- Tag1878-06-19
- Monat1878-06
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.06.1878
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. U«»att1so a»t ArvdtU«» JodaliniSgmje »ö. Lpr-»«''-»»» Kr lKsatttov: Bvc-rr rr.i .,a io—n Udr. V-r--^uragD 4-4 Ulst »rmchm, der für dir nächst- ''oitzt.l-r Kummer britlmmren Iwerite an Wochentagen via , Uhr Nachmittags, an Sonn- Ed Festtagen früh bis'/,!»Uhr. d« »r» /Ulattti für L»s. Klemm. Umvrrütälsftr 22. '!»»,-! Lösche. Katyarnmntc. Id.u nur di» '/^l Uhr. Anzeiger. Organ für Pslilik, Localgeschichtc, Handels- und Geschäftsverkehr. A«s1,ge 15,500. Ld«,i,r»r,»q>rri« Viertels. mcl. Brmgcrlobn b Mt. durch d,e Pos, bezoqen « Mt. Jede anzelnr Kummer 2» Pf. velegexrmplar 10 Bf. »ebüdreu fttr «rttabellage, »Vne Poftdesbrderuug 36 NN. mit Postbesvrdernug 4b Mt Znscmik »aesp Petrlznl« 20 Pf. ütröße« «cchrifteu laut unsere» PreiSoerztichnitz. — Tadellanlche, Sah nach höherem Tarif. Nrclime» »irr de« Lrdarttoxßntch die Spaltzeil« 40 Pf. Jnteral« find stet« an d Gemdtk«» zu senden. — Rabatt »,r» «ich» gegeben Zahlung praanumanurck, oder durch Postvorschuh. .1? 170. Mittwoch den 19. Juni 1878. 72. IahMNg. Bekanntmachung, die ReichStagswabl betreffend. Behuf» Aufstellung der ReichSlagSwahllisten werden in den nächsten Tagen in die einzelnen Grundstücke der Stadt von uns Fragebogen gesendet werden, in welche alle diejenigen hier wesentlich wohnhaften, wenn auch vorübergehend abwesenden männlichen Personen mit Bor- und Zunamen nach Stand und Gewerb« enizuteichnen find, welche" da» Lk. Lebensjahr erfüllt haben und Angehörige de» deutschen Reiches find. Die Hausbesitzer oder deren Stellvertreter haben diese Fragebogen den Lbmiethern, letztere ihren etwaigen Astermietbern »uzustelleu; die Fragebogen sind genau nach der denselben vorgedruckten Anweisung au-zu- füllen und bei Vermeidung von 1b Geld- beziehentlich entsprechender Haftftrafe, längstens binnen L Tagen, vom Tage der Zusendung an gerechnet, von 8—li> Ukr Vormittag- und von 2—« Uhr Nachmittags im hie sigen Einwohnerbureau, ReichSftraße K8/K4, von den HauSeigenthümern oder deren Stellvertretern persönlich oder durch Beauftragte, welche über die Hausbewohner genaue Auskunft zu ertheilen vermögen, abzugeben. Jeder Wähler hat sich übrigens nur »n dem Fragebogen deS Hauses, in welchem er wohnt, einzutragen. Leipzig, den 13. Juni 1878. Der Natd her Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Ritzsche. Bekanntmachung. Die >»Sm«fteru«>». und Ersatzreser»eschet«e II. «lasse der in diesem Jahre hier gemusterten Mannschaften sind eingeaangen und liegen auf unserm Quartieramte, RathhauS L. Etage, zu« Aohoten bereit, waS hiermit zur Kenntnißnahme der vetheiligten gebracht wird. Leipzig, am 18. Juni 1878. »er »attz der Stadt Leipzig. ve. Trdndlin. Lamprecht. Bekanntmachung. DaS 16. Stück deS diesjährigen ReichS-GesetzblatteS ist be, un» eingepangen und wird dt» M» 5. Juli d. I. auf dem RathbauSsaale öffentlich auSHLngen. Dasselbe enthält: Nr. 1246. Gesetz, betreffend d»e Ausnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltung de» Reich- Heere-. Vom 18. Juni 1878. Leipzig, den 17. Juni 1878. »er »ath der Stadt Leipzig. ve. Trdndlin. Lerutti. Wahlaufruf der «attdnalltberaleu Partei. Die unerwartete Auflösung des Reichstag s ruft die Wähler in schwerer Zeit zur Wahlurne. Unerhörte Frevelthaten sind an dein ehrwürdigen Haupte und Einiger der deutschen Nation verübt. El»e tiefe Aufregung durchzuckt da- deutsche Volk. Kammer, Scham und Zorn erfüllen alle Gemüther und werden noch gesteigert durch die in erschrecken dem Umfange hervortretenden Zeichen einer weit verbreiteten Berirrung und Verwilderung. In Folge einer gewaltigen. alle Culturländer umfassenden, von der Gesetzgebung einzelner Länder unabhängigen Krisis und des orientalischen Krieges liegen Handel und Gewerbe noch immer da nieder, die besitzenden und die arbeitenden Elasten leiden gleichmäßig unter dem schweren wirthschaft- lichen Drucke. Politische und konfessionelle Kämpfe lähmen die einheitliche Kraft der erhallenden Elemente. Die politische Organisation de» deutschen Reichs ist noch nicht erstarkt. Das Finanz- und Steuersystem harrt einer umsaffenden Reform. In dieser Lage ergeht die Aufforderung der Reichsregierung an die Nation, aufs Neue Ver treter zu entsenden, welche bereit und entschlossen sind, ihr Hülse und Unterstützung zu gewähren in de« Kampfe gegen die Ausschreitungen der Social demokratie. Wir sind davon überzeugt, daß auch die große Mehrheit deS aufgelösten Reichstage- hierbei ihre Mitwirkung nicht versagt haben würde, welche unsere politischen Freunde schon damals anboten, al» der Reichstag sich gezwungen sab. da- in, letzten Augenblicke vorgelegte Gesetz abzulehncn. Unsere politischen Freunde werben auch im neuen Reichstage es als ihre erste Pflicht erachten, der Reick-regierung in der Verthelb,guncf der Grundlagen gesellschaftlicher Ordnung und ' staat licher Sicherheit entschlossen zur Seite zu stehen, und überall, wo eine aufmerksame und energische Handhabung der bestehenden Gesetze nicht aus reicht, die erforderlichen gesetzlichen Vollmachten und Befugnisse ohne Schwänken gewähren. Alle Vorschläge, welche darauf gerichtet sind, in wirksamer Weise die aus den Umsturz der be stehenden Rechtsordnung und die Zerstörung des bürgerlichen Friedens gerichteten Angnste zu Ver bindern und abzuweüren. ohne die dauernden Garantien unserer schwer errungenen bürger lichen Freiheit zu gefährden, werden unsere Unter stützung finden. Wir werden solche Gesetzentwürfe lediglich nach ihrem Wesen und ihrer Wirk samkeit prüfen. Eine gleiche Unbefangenheit setzen wir bei allen Mitwirkenven voraus und zweifeln daher nicht, daß die Einigung der gesetz gebenden Faktoren gelingen werde Aber in voller Würdigung deS ErnsirS der Lage uud der durch die Verhältnisse de, Gegenwart uner läßlich gebotenen Maßregeln wüsten d:e Wähler inmitten der jetzigen Erregung sich erinnern, daß der Nation unentbehrlich« dauernde Rechte und Freiheiten nicht verloren gehen dürfen, daß eine sociale Kra»kheit z« heilen ist, nicht allein ihre gefährlichen Symptome z« unterdrücken sind, und daß eine wahre Heilung nicht von den Gesetzen allem zu erwarten, sondern dnrch die freie und l^Ltige Mitwirkung aller Theile de- Volkes Wrr unsererseits weisen gegenüber der gewaltigen, allen Freunden deS Vaterlandes gleichmäßig ge stellten Ausgabe jede einseitige Rücksicht «ns da- Parteiintereste von unS. Wir werden auch in Zu kunft lediglich nach unserer Einsicht von den Be dürfnissen des Landes handeln. Die deutschen Wähler werden eingedenk bleiben, »aß der nächste Reichstag auch berufen ist, eine groß« Anzahl anderer wichtiger Frage» zu Es gilt, di« Institutionen de- Reich- in kon stitutionellem Ginne auszubauen und die Vedin- gvnaen einer stetigen und wohlerwogenen Leitnng >er Regierung zu sichern E- gilt, mittels einer planmäßigen Steuer reform das Reich dnrch Vermehrung der eigenen Einnahmen finanziell selbstständig zu machen und Ersatz für die ungleich belastenden Matricularum- lagen zu schaffen. Es gilt, für lange Zeit die Handelspolitik de- deutschen Reichs feilzustellen. Wir verlangen nach wie vor eine Steuerreform, welche zugleich die Verhältnisse deS Reichs und der Einzel-Staaten berücksichtigt und nicht bloS eine Mehrbelastung de- Volk- herbeisührt Wir verlangen ein Finanzsvstem, welches die konstitu tionellen Rechte der deutschen Volksvertretungen wahrt. Wir werden Vorschlägen nicht zustimmen, deren Annahme große und blühende GerverbS- zweige vernichten würde. Die Zoll fragen haben niemals einen Theil unsere- politischen Programme- gebildet, lieber manche derselben gehen auch in unseren Reihen die Ansichten auseinander, aber einig sind mir darüber, daß die Handelspolitik nach festen Gesichts punkten und dauernden Grundsätzen geleitet werden muß, daß nur daS allgemeine Interesse de- Landes bestimmend sein darf, und daß die großen Grunvzüge der durch ein halbe- Jahrhundert er probten Politik nicht durch unsichere Experimente verdrängt werden dürfen. An den Grundlagen der Verkehr, Handel und Gewerbe regelnden Gesetze halten wir fest, doch wird uns diÄ auch m Zukunft nicht hindern, die bessernde Hand anzulegen, wo die Erfahrung Miß- stände oder Mängel klar gelegt bat. Insbesondere werden wir alle Maßregeln unterstützen, welche den Zweck haben, das geistige und materielle Wohl der arbeitenden Elasten zu fördern. DaS deutsche Bürgcrthum in Stadt und Land hat bei den letzten Wahlen sich nicht beeirren lasten durch die gegen unS crhooene Anklage, daß wir beim Abschlug,der Iuslizgesetze der Staatsgewalt zu viel eingeräumt hätten. Es wird sich nicht be irren lasten durch die jetzt von anderer Seite er hobene Anklage, daß wir der Staatsgewalt zu wenig cinräunren und nicht bereit seien, die Auto rität de- Staate- und der Behörden im vollen Maaße sicher zu stellen. Die nationalliberale Partei, welche seit den ersten Tagen nationaler Einigung bestrebt war, an der Errichtung und dem Ausbau deS deutschen Reiches auf den Grundlagen bürgerlicher Freiheit und Ge sittung ulitzuwirken, wird auch in Zukunft, allen Angriffen zum Trotz, ihren bisherigen Grundsätzen getreu bleiben Das deutsche Volk wird, detz sind wir sicher, seine Entscheidung auch dies Mal mit Besonnen heit und Festigkeit treffen. Berlin, den 16. Juni 1878. Das Henlral-Waht-Eomile der Hationalsiberalen 'Aarlel. I»r. Ludwig Bau,berger. v. venda. v Bennigsen «tcorg v Bunsen. Fr. Dcrnburg. v Forckenbeck. I»r. Friedr Kapp Kiefer Laster Marauardsen. Mtauöl. H v. Oppenhe,« Paggr - Streit«. Nickrrt. Freth Schenk ». Sta«ffentzer,. Stephani Vr. Techaw ». Unruh. ». «ahl. vr. «ach», vr. »etgel. Der obige Wahlaufruf ist da- Ergebniß der ein gehendsten Berathungeu, die jüngst im Central, wahlcomits der nationallib er aleu Partei stattaefunden haben. Diese- trat am Sonntag, 16. Juni, in Berlin zusammen, um die allgemeinen Grunvzüge für das Verhalten im gegenwärtigen Wahlkampfe zu berathen und sich mit einer An sprache an das deutsch« Volk zu wenden. Nach drücklicher, al- durch Verlauf und Ergebniß dieser Sitzung, hätte die Vehauptung von einer Spal tung innerhalb der nalionalliberalen Partei nicht widerlegt werden können. AuS den verschiedensten Gegenden de- Vaterland«- waren die Mitglieder de- EentralorganS herbeigerilt, aber sie fanden sich ohne jede Schwierigkeit zusammen in der gleichen Austastung der Lage. Ihren AuSbruck finket diese Auffassung in dem beschlossenen Ansrufe. Nach zwei Richtungen hin giebt derselbe die Norm für da- Verhalten der Partei in Bezug aus die die-maligen Neuwahlen. Man ist der Ueberzeugung. daß Uber die Krage de- Augenblick- — wirksame Maßregeln gegen die aus den Umsturz hinarbeitenden Bestrebungen der Socialdemokratie — ein ernstliche- und dauerndes Zerwürfniß unter den Verteidigern von Staat und Gesellschaft ar nicht denkbar ist; man zweifelt keinen ugenblick, daß die Verständigung unter den Faktoren der Gesetzgebung über die Ab wehr einer Gefahr, welche von allen Seiten anerkannt ist, bei der erforder lichen Unbefangenheit des Urtheils und Aufrichtigkeit des Wollens sicher erreicht werden wird. Wenn die Wähler sich bei ihren Eandidaten dieser Unbefangenheit und Aufrichtigkeit versichert haben, mögen sie getrost die Feststellung der zweckmäßigsten Mittel zur Bekämpfung der dro- henven Gefahr den parlamentarischen Verhandlungen überlasten; es ist unmöglich, die Wahlversammlungen mit dem Streite über, wir möchten fast sagen, technische Einzelsragen der Gesetzgebung anzufüllen. So weit der eine Punkt. Der andere betrifft die regelmäßigen Ausgaben der Legislative. Von Aistang an ist als die bedenklichste Seile der Auf lösung de- Reichstags im gegenwärtigen Augen blicke hervorgehoben worden, daß inmitten einer Erregung, die durch zwei unerhörte Verbrechen her- vorgerusen und durch die Wahrnehmung außer ordentlicher socialer Krankheilserscheinungen »och vermehrt ward, die Rücksicht aus die dauernden Ziele in verhängnißvolter Weise werde zurück- georängt werden. Dieser Gefahr gilt eS mit aller Entschiedenheit zu begegnen. Geschieht dies, sehen sich die Wähler ihren Eandidaten nicht allein aus die Bereitwilligkeit zur Bekämpfung der Social- demokratie, sondern auch auf ferne Stellung zu den aus politischem und wirtschaftlichem Gebiete demnächst zu lösenden Fragen an, so dürfen wir der Entscheidung des 30. Juli mit ruhiger Zuversicht entgegengehen. Ein nationalliberaler Wahlaufruf bedarf zur Bezeichnung und Erläute rung dieser Fragen nicht vieler Worte. ES Han belt sich um Forderungen, welche die nationallrbe- rale Partei seit langer Zeit gestellt hat. Heute kommt es nur darauf an. sie in Erinnerung zu bringen. Und weil dem so ist, darum darf dieser Ausruf deS Central,vahlcomits ohne Bedenken als eine Manifestation der nationatliberalen Partei angesehen werden Von verschiedenen Seiten war angeregt worden, die leitende Kund gebung für die Wahlbeivegunjn statt von einem vor Jahren ernannten AuSschusie, von einem all gemeinen Parteitage auSgehen zu lasten. Das Eentralwahlcomitö selbst hätte sehr gewünscht, dieser Anregung Folge geben zu können. Die Kürze der Zeit bi- zum Wahltermme aber, die Arbcltsüber- häufung der localen EoinitoS, die Unmöglichkeit, mit der Manifestation der Partei noch länger zu warten — alle diese Gründe ließen die Anberau mung eine- Parteitage- im gegenwärtigen Augen- blicke als unausführbar erscheinen. Man wird denselben auf eine spätere, ruhigere Zeit verschieven müssen. Für jetzt galt cs. rasch zu handeln. Und jeder Unbefangene wird anerkennen, daß die Männer, die sich nunmehr rin Namen der Partei an bas Land wenden, dabei überall die Linie ,nne- gehalten haben, auf welcher da» Vertrauen eines großen Theil« unsere- Volke- sie seit einer langen Reihe von Jahren begleitet hat. — Der Ausruf der nationalliberalen Partei wird, so hoffen wir. erheblich zur Beruhigung der Gemüther unk zur Klärung der Lage benragen. Er ist k.rne Streit schrift; seine Absicht ist Vertheidigung, Vertheiv, ;ung der Errungenschaften einer segensreichen politischen Entwickelung gegen die geschworenen Feinde der selben. Die Rechnung unserer Gegner war, durch Au-beutung einer außerordentlichen Stimmung Verwirrung und Zwietracht in unsere Reihen zu tragen. Wenn das Wort, welche- heute an die Unjerigen hinau-geht, überall, wie e- ehrlich ge meint »st, auch ehrlich verstanden wird, so zweifeln wir nicht, daß uu- der 30. Juli Alle einmüthig und fest um die alte Fahne geschaart finden wird. Der Wahlaufruf der nationalliberalen Partei ist von sämintlichen Mitgliedern de- Eentralwahl- comits mit Ausnahme der Herren I)n. Braun unk v. Hö lder unterzeichnet Diese beiden Mit glieder waren in der Sitzung nicht anwesend und Hallen ihr Ausbleiben mit zwingenden Gründen entschuldigt. Tagesgeschichtliche Uebersicht. Letptti, 18. Juni Auch die deutsche Fortschritt-Partei hat einen Wahlaufruf erlaffen, worin es heißt: Die deutsche Fortschrittspartei verlangt von der Regierung rasche und starke Mederwersung jedes Ver sucbes einer gewaltsamen Bedrohung der Rechtsord nung, strenge und unparteiische Handhabung der Ge setze gegenüber jeder Ausschreitung. Sie ist bereit, jede Vorlage der Regierung vorurtheilSfrei zu prüfen, welche Verbesserungen der bestehenden Gesetzgebung in dieser Richtung erstrebt. Aber die Fortschrittspartei muß eS ablehnen, den Gegensatz der Elasten, wie ihn die Socialdemo kratie thatsächlich aufrecht, gesetzlich anzuerkennen. Rach ihrer kleberzeugung würde die Geschichte auch diesmal keine Ausnahme machen von der Lehre, die sie predigt, daß eine Bewegung der Geister mst geistigen Mitteln zum Stillstand gebracht werden muß, und erne Rückkehr der Gesetzgebung zur Rechtsungleichheit und damit zur Nnaerechtigkeit und Willkür eine solche Bewegung ehe, schüren und auS der Oeffentlichkeit in da- Gebeimnch gefährlicher Verschwörung zwingen würde. Wähler, vergesset nicht über der Erregung de- Augenblicks, daß der neue Reichstag nicht bloS be> rusec sein wird, Maßnahmen gegen die Social demokratie zu berathen, sondern daß er, für drei lange Jahre gewählt, in diesem Zeiträume die schwerwie gendsten Fragen der wittbschaftlicben Ordnung, der Organisation der ReichSverwaltung und der künftigen Gestaltung des Militairdienftes zu entscheiden haben wird. Es gilt, den Volksbaushalt gegen neue Steuer belastung, große ErwerbS-weige gegen Beunruhigung durch bedenkliche Proiecte, wie Tabaksmonopol, ReichSeisenbahnen rc. sicher zu stellen. Wie nach der „Kreuzzettuncz" verlautet, soll dem neuen Reichstage in ver nächsten Session neben einer speciell gegen die Socialde m okra ti e ge richteten Vorlage auch der Entwurf eines Reichs- Bereinsgesetzeß zugehen, lieber die Ausstel lung diese- Gesetzentwurfes wird gegenwärtig von den bctheüigten Refforts berathen. Die „Post" giebt sich jetzt die Mühe, nachzu weisen, daß durch die Auflösung de- Reich-tag- für die Beschaffung von Abwehrmitteln gegen die Socialdemokratie im Wege der Gesetzgebung kein Zeitverlust entstanden sei. Dabei schreibt sie: „Jeder, der mit dem Geschäftsgänge vertraut ist. weiß, tvelchen Zeitaufwand die Au-arbeitung und Feststellung der Gesetzentwürfe in allen vorae- schriedcnen Stadien der Vorbereitung, im preutzi- schen Staat-Ministerium, in den Ausschüssen de- BundrSratheS, im BundeSrathe selbst u. s. w. er fordert, wenn eine gründliche Prüfung er folgen soll. Vor Mitte oder Ende des nächste« Monats wären diese Stadien auch im Falle der Nichtauflösung des Reichstag- nicht zu passiren ge weseu. Von einem Zeitverlust kann mithin nicht die Rede sein." Der am 24. Mai abgelehnte Ge- ictzfiUwurs zur Abwehr gegen socialbemokratische Ausschreitungen hat bekanntlich alle die angegebenen Stadien in Zeit von kaum einer halben Woche vurchmesien. Welche Ansicht muß demnach die „Post" über die Gründlichkeit der Prüfung dieser Vorlage haben, deren Ablehnung sie der national- liberalen Partei al- eia s» große- Verbreche« anrechnet! Die Berliner Socialdemokraten waren am Sonntag Vormittag von den Herren Finn und Greiffcnberg za einer Wahlversammlung nach dem Locate Zelten Nr. 4 crnge'.aden und zogen schon in früher Morgenstunde in Hellen Hausen durck' das Brandenburger Thor dem angegebenen Locale zu. Daselbst trafen sie jedoch auf starke Schutz- mann-posten zu Fuß und zu Pferde, und während in der Mitte de- Gartens die Büste de- Kaiser mitten in Blumenschmuck ihre Aufstellung erhalten batte, kündigte«,, Anschlag am Eingang den Ankömm lingen an, „daß dieBersammlung nicht stattfinde." De» Reklamationen de- Herrn Finn begegnete der Wurth, Herr Walterstein, mit dem Einwand, daß ihm keine „Volksversammlung", sondern eine „Ver ein-Versammlung" angezeiqt worden sei, und daßer für socialdeino^ratische Volksver sammlungen sein Local nicht hergede. Da- Gro- der Erschienenen setzte sich hieraus in dem Nachbarzelte Nr 3 fest, di» auch der dortige /» V 4
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite