Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187807096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780709
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780709
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-07
- Tag1878-07-09
- Monat1878-07
- Jahr1878
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1878
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übenme- ilereLiek-I 10/13 per Aul, per e r nihio er «ugch l r, Jndiai, I der W^« >0, schwi» kala loa! - Z'N». ) Lftrl.- !T »2' reptemlm s L72 Fajl iland. lK r Seron«»! wb'te. sch. Imsatz W Middli», »llen Ea» - Reil zu lesen I rrikanis-, Tabak in oBay.Su! — 8, Gricheiat tugUch früh 6'/, Uhr. >«3«««» »»t Gr»estn«, Jrtzaumsgaste 33. APitchD»tzt> der lesicit» vmmuttag« 10—12 Uhr. Nachmittag« 4—4 Uhr. der für dl« uächft- Nummer desttumttea « Wocheutagn» di« I Uhr Nachmittags, au Soun- «d Kesttage, früh di« '/.S Uhr. >, de, FiUal,, stk Lus. L»«ah»e: Ott» Klemm. UutversitätSstr. rr, Imtt« LLfche, Latharweustr. 1S.P. «tt di« Uhr. MMr LagMM Auzeiger. OMN für Politik, Localgkschichtk, Handels- Md Geschäftsverkehr. IS«. Dienstag den 9. Juli 1878. «üflage 15L00 Znonunuruttpert» viertelt. 4', »Mt.. incl. «rinaerlohn b Mi., durch dir Post bezöge» 6 M'. Jede einzelne Nummer 2d Pj. Belegexemplar 10 Pf. «Kedübren für üxtradeilagen ohne Postbesvrderung 3« Mi. mit Postbesvrderung 4b Mi Inserate bgesp. Petitzeile 20 Pt iürvber« schritten laut unserem PreiSverzeichniß — Ladrllanicher Satz nach HSbrrrm Tarif Lrclauea »»irr »ew »rvartiOuoßrich die Spaltzeil« «ü Pf. Inserate sind stet« au d. Trpedttl»» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»snvi»«r»n<1<> oder durch Poftvorschutz. 72. Jahrgang. Bekanntmachung. Ein der fttleu Wuttz verdächtiger Hund ist hier am 25. vor. Mt«, der hiesigen Veterinär-Klinik über leben worden und daselbst am LS. best. MtS. vermuthlich an dieser Krankheit verendet. Die angestellten Erörterungen haben ergeben, daß der gedachte Hund vor seiner Einlieferung in die L>»e angestellten Erörterungen haben ergeben, datz der geoacvte Hund vor ferner «rnuefenrng in ore genannte Anstalt nur wenig auf die Straße gekommen, nach Eintritt verdächtiger Erscheinungen aber nicht ohne Beaufsichtigung gelassen und am Tage darauf bereit« in diese Anstalt gebracht worden ist. Bon Anordnung besonderer Maßregeln wollen wir zur Zeit absehen, bringen aber, da das Auftreten dieser Hundekrankhert zu großer Vorsicht mahnt, diesen Vorfall mit der Aufforderung an alle Hundebcsitzer brerdurch zur öffentlichen Kenntniß, ihre Hunde sorgfältig zu beobachten und bei Wahrnshmung verdächtiger Erscheinungen an denselben soglerch das Nöthrge vorzukeyren und bei uns Anzeige zu erstatten. Leipzig, den K. Juli 1878. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kretschmer. Bekanntmachung. Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß in den Nächten vom 8. zum 9. und vom s. zum Juli d. I. die Hauptröhren und von da ab die Zweigröhren der städtischen Wasserleitung gespült werden. 10. Leipzig, den 4. Juli 1878. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stoß. Bekanntmachung. Nachdem wir beschlossen haben, die parallel mit der Waldstraße an der alten Elster hinführende Ufer straße mit dem Namen „au der alteo Elfter" zu belegen, bringen wir die- hiermit zur öffentlichen Kenntnis?. Leipzig, den 4. Juli 1878. rer Nath der Stadt Leipzig vr. Tröndlin. lisch Res. Bekanntmachung. Wegen Ausführung der Pflasterarbeilen aus dem zwischen der Eutritzscher und Blücherstraße gelegenen Tracte der Berliner Straße wird dieser Straßentheil bis aus Weiteres für den Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 8. Juli 1878. rer Nath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Wangemann Bekanntmachung Der diesjährige internationale Productenmarkt in Leipzig wird Montag, den 22. Juli d. I. in den Räumen des alten SchützenhauseS hier abgehalten. Leipzig, den L7. Mai 1878. Der Nath der Stadt vr. Georgi. Leipzigs !efferschmidt. » — W ten. Aul Havanna, 411 Klsttl, ca.: 63«, Ser. Euba, , L4V Sn, Domingo, orico, M matra, 31» nila, 4LR cken ESme t Maturin, lätter. . Schlich gust 1040, » 15 Weizen- 85 * Warum -em Volk die innere Politik des Fürsten nicht gefällt.*) In der Reaction-zeit hatte unsere Regierung, deren Parole eS war, Courage nach innen und Feigheit nach außen zu zeigen, sich dem Volke so verächtlich gemacht, daß, als Fürst BiSmarck später seine stolze und kühne auswärtige Politik einleitete, Memaud daran glauben wollte, daß es sich wirklich um daS ehrliche Bestreben handelte, die deutsche Ein heit durchzusühren. Nachdem wir die Schmach von Olmütz, welche uns die conservative Partei bereitete, erlebt hatten, konnte Jeder mit Recht verlangen, haß ihm erst Beweise gegeben werden müßten, ehe er oaran glauben könnte, daß eS wirklich im Werke wäre, pr. No-I uasererauSwärtigenPolitikeinen Aufschwung zugeben * und alte Schmach zu tilgen. Wenn biS dahin die eifrig sten Förderer der nationalen Idee in jeder Weise von der Regierung verfolgt, in die Verbannung getrieben oder in das Zuchthaus geworfen waren, wie hätte da daS Volk den Muth gewinnen sollen, darauf zu bauen, daß die Regierung nun mehr wirklich Das selbst ausführen wolle, waS sie diSyer in dieser maßlosen und gehässigen Weise geächtet hatte? Die Zweifler wurden, Gott sei Dank! eineS Besseren belehrt. Der Boden, den die besten Männer des Volkes allen jenen Verfolgungen zum Trotz mit auSbarrender Treue gepflügt hatten, trug der Politik des Fürsten BiSmarch der sich desselben mit staatsmännischem Geschick bemächtigte, tausendfältige Frucht, und die Bennigsen, Unruh und Genossen, die bis dahin das nationale Banner in Regierung gegenüber hoch gehalten halten, er sten den Triumph, daß Da- von der Regierung -mSgeführt wurde, waS sie und ihre Vorgänger nner Welt voll Gefahren gegenüber vorbereitet batten. Fürst Bismarck ist seitdem der populärste Kann der Welt, und unsere Nation wird ihm immerdar in Liebe und Dankbarkeit für seine unsterblichen Großthaten ergeben sein. Und zwar wird sie diese Dankbarkeit ihm be ehren, trotzdem sie die vielen Fehler dieser sgroßartig, aber bei aller Großartigkeit einseitig gelegten Persönlichkeit niemals übersehen hat « jetzt mehr als je wahrnchmen muß. Gerade mal der Reichskanzler ein so einheitlicher, geschlosse ner Charakter, gerade weil er wie auS einem Holze geschnitten ist, ist seine Wirksamkeit nach der einen lÄte so fruchtbringend und aufbaucnd und nach der anderen nur Unruhe, Verwirrung und Zwie spalt bringend. In der kläglich verfahren gewese ne» auswärtigen Politik war mächtigen und rücksichtslosen Feinden gegenüber sein gewalt- lhätiger Charakter an der rechten Stelle. Hier häufte er Erfolg auf Erfolg. Umgekehrt aber war eS in der inneren Politik. Das eigene Volk mit denselben Mitteln einer Diplomatie zu bchaudeln, welche dem AuSlande gegenüber sich so wirksam gezeigt hat, kann nicht zu demselben Ziele, I lindern mußte schließlich dahin führen, wo wir !uu« jetzt befinden. Dem Volke war diese innere iPolitlk niemals sympathisch und jetzt, wo eS aufgerufen wird, Rückschau über dieselbe zu halten, hat es mehr als je die Empfindung, daß die Dinge, so wie sie bi-her betrieben worden sind, nicht I weiter gehen können. In der inneren Politik bietet sich eben für diplomatische Meisterschaft nur I selten und dann auch nur vorübergehend ein geeignete- Feld. ES hat noch niemals zum Ziele I «führt, wenn da- Volk und einzelne Parteien des I volles auf die Dauer nach demselben System be- Ihandelt werden, welche« in der auswärtigen Politik lam angebrachten Orte ist. „Entzweie und Igebiete!" ist ein tüchtige- Wort für die letztere; IlÜr die innere Politik ist „Vereine und leite" Inn besserer Hort. Von diesem ist doch wohl aber »nichtimmer ein ausgiebiger Gebrauch gemacht worden. Es ist an der Zeit, daß man sich darüber aller- Wir entnehmen diesen Artikel, der uns viel sehr erz'genswetthes zu enthalten scheint, der „Magdeb. sta.', welcher dessen weitere Verbreitung gewiß nur genehm sein wird. D. Red. eter früh: S ldert, loa .galizislb« 4—213 4 o. gering« ger 147 bit 38 4« bq. u. Br., d«. 4 — 147 4 70-185-1 « Br. 86—154 4 u. Br., galiz. 1« h Qualität! iO—180 4, > 140 brl dsl ohne Faj gust 66 4 !r. Faß höher.! > 53.20 4 den 3. Juli 0 53.30 4 rehl Rr.« r. I 27 4. >i, Roage» verback, loco SM 4 » 11.80 41 mm. i des Nord ck" ist hack » und sch! „Niger" ill ff de- Nord «Ute 7 Uhr offen: «» vitzerland", erra", beit« rpfer „Sar r Dampf« wärlS völlig klar werde, Venn aus allen Winkeln und Höhlen kommen jetzt die Volksberather, welche die Schuld an der Unbehaglichkeit der Lage, in welcher wir uns befinden, Denen zuschieben wollen, die in Wirklichkeit von vorn herein diese Folgen vorausgesehen und vor denselben gewarnt haben, als eS noch Zeit war, den selben mit leichter Mühe vorzubeugcn. Wer eS m Wirklichkeit war, der die so cialdemo kratische Partei herangezogen hat, darüber haben wir uns in der letzten Zeit den kecken Angriffen gegenüber, die von coniervaltver Seile gegen den Liberalismus geschleudert wurden, ausgesprochen, indem wir Thalsachen für uns reden ließen. Die liberalen Zeitungen haben von dein Tage an, wo Lassalle leine Agitation begann, unermüdlich aus die Ge fahren derselben hingewiesen und wurden dafür mit dem ganzen Hasse dieses Agitators bedacht. Die conservatlven Blätter dagegen haben bis in die neueste Zeit mit derselben Unvervrossenheit diese Agitation in jeder Werse offen und versteckt zu fördern sich bemüht; die Regierung aber trägt eine nicht geringe Mitschuld, so fern sie den libera len Mahnungen nicht Gehör gab. Und haben wir denn dasselbe Schauspiel nicht auch in der Volks vertretung erlebt, baß die liberale Seite beständig auf die Verderblichkeit und Verworfenheit der so- cialvemokratischen Umsturzideen hinwies, während die conservative nur Worte des Spottes und de- HohneS zur Antwort hatte? Schulze-Delitzsch war eS, der von den Conservatlven verhöhnt wurde, weil er sie und die Regierung gewarnt hatte, „die Bestie zu entfesseln", die m jeder Menschenbrust wohne. Die „Danz. Ztg." erinnert mit Recht daran: „Der verstorbene Twestcn (nat.« lid.) erinnerte in der Sitzung deS Abgeordneten hauses vom I I. Februar lb<>5 an daS Wort Ben jamin Franklin's: „Wer den Arbeitern sagt, daß sie auf andere Weise als durch Arbeit und Spar samkeit ihre Lage verbessern können, der ist ein Verführer deS Volks ^Beifall)." Twesten schloß seine Rede damals mit folgenden Worten, welche auf den Bänken der Liberalen lauten und anhaltenden Beifall fanden: „Wird aber der'Der- such gemacht, au« thörichter VerbesserungSsuchl, oder um boshaft zu Hetzen, durch communistische ober socialistlsche Hetzerei die Arbeiter in Bewe gung zu bringen und die niederen Elasten gegen die höheren auszuhetzen, dann werben wir mit Franklin sagen: Wer Das thut, ist ein Verführer des VolkS!" Der Abg. I)r Löwe prophezeite in der Sitzung vom 14. Februar 1865 u. Ä.: „DieCon servatlven könnten leicht daS Schicksal de« Zauber lehrlingS erfahren, so daß sie die herausbeschwore nen Geister Inicht loSwerven könnten. Die Pro phezeiungen der Liberalen sind nun leider einge lrossen, die „Verführer deS Volks" sind aber jetzt an der Arbeit, das Volk aufs Neue zu ver führen. Die Socialdemokratcn, die sie selbst unS und gegen vnS großgezogen haben, wollen sie jetzt als ihr Kind nicht gelten lasten, sondern möchten es gern der liberalen Parte» unterschieben DaS ist Betrug. Sie geben jetzt vor, die Socialdemokratie zu bekämpfen, daS ist aber nur em Vorwand, in Wirklichkeit kommt eS ihnen jetzt wie damals nur auf ihre eigenen speciellen Parteizwecke und auf die Bekämpfung der Liberalen an. Die Regierung glebt als ihren Zweck an: die Sammlung der staatSerhaltenven Elemente, und die „Nordd. Allg. Ztg." sagte darauf boshaft: Diese Sammlung der staatserhaltenden Elemente bestehe in dem Anschluß der „Liberalen an die Conservativen". Das ist eine Spcculation auf die Dummheit des Angstphilisters, und wir werden ja sehen, wie groß diese Dummheit ist." Sind denn alle diese Dinge nicht am Hellen Tage an unseren Augen vorübergegangen, daß man sich unterfängt, dem Volke Vorreden zu wollen, eS würde, wenn cs konservativ wählte, in eine glück lichere Lage kommen? In welche Lage eS dann in Wirklichkeit gerathen würde, daS kann sich Jeder, der nicht ganz im Finstern wandelt, wohl selbst sagen. Und wie ist eS mit der wirthschaftliche Krisis? Zeigen sicb hier nickt dieselben falschen Berather sehr geschäftig, das Volk in die Irre zu führen? WaS müssten wir da täglich für unge reimte Anklagen hören, die von Jedem, der nur ein wenig fähig ist, Umschau im AuSlande zu hal ten und Kritik zu üben, sofort in ihrer ganzen Nichtigkeit erkannt werden müssen. Wenn in der ganzen Welt, wenn in England, vor Allem aber in den Vereinigten Staaten von Amerika, die Vas ausgebildetste Schutzzollsystem seit langer Zeit genie- jcn, Nothstand herrscht, wie kann man dann sagen, >aß die liberalen Parteien oder ein Freihandels ystem die Schuld an unserem Nothstande haben? Auch hier sind eS dieselben egoistischen Partei zwecke, welche diesen unwahren Anklagen Cvurs u geben suchen. Schon Cavour hat mit seinem charfen staalsmänmschen Blicke die Aehnlichkeit, welche der SocialiSmus mit der rücksichtslosen Schutzzöllnerei habe, herausgefunden. Beide sind Geschwister und Genossen. Aer ertrcmc Schutzzoll >eraubt ebenso die Allgemeinheit, um sich selber zu mästen, wie dies der VocialiSm.'k mir seinen An griffen auf daS Eigenthum thut. Und beide suchen mit ähnlichen Künsten dem Volk, daS sie rupfen wollen, einzureden, sie wollten eS eigentlich nur bereichern und in eine mit allen Glücksgüleru gc- egnete Lage bringen. Man muß das Volk in der Thal für sehr thöricht Hallen, wenn man meint, cs davon überzeugen können, daß es nicht in einem eigenen Interesse sei, unbehindert dorthin ich wenden zu können, wo eS am billigsten kaufen kann. Wir erleben in unserer inneren Politik be ständige Krisen. Wenn die eine beendet ist. so tclll sich immer sofort die nächste ein. Jede Noth deS Augenblicks bietet die Gelegenheit, um irgend welche Aeudcrungen in unserem staatlichen Leben vorzunehmen. Wir gelangen gar nicht mehr zur Ruhe. Wie man srüher die Socialdemokratie hat gewähren lasten, so ermuthiqt man heute diese radicale Schutzzöllnerei. Eine Partei nach der andern wird dabei abgewirthschaflet und von den iouvernementalen Blättern geschmäht und zu den Reichsfeinden geworfen; eö herrscht eine allgemeine Unsicherheit, Niemand weiß mehr, woran er sich halten soll, die Regierungsinstanzen selbst, wie eS scheint, am allerwenigsten. Minister kom men und gehen, man weiß nicht warum und wes halb. Falk, Friebeuthal und Hobrecht sollen heute die Bürgschaft dafür bieten, daß eine Reaktion nicht kommen werde, und dabei wissen wir, daß diese Minister eben aus dem Sprunge waren zu rückzutreten, und daß Falk'S EntlassungSgcsuch auch heute noch im kaiserlichen Cabinet liegt. Morgen schon kann daö Kaleidoskop unserer inneren Lage ein verändertes Bild zeigen, auf welchem wir an dere Männer an der Stelle dieser Minister sehen. Wo soll daS Alles schließlich noch hinaus? Wohin sollen wir noch gerathen? Wir halten cs nicht für wvhlgethan, daß die Regierung Nichts thut, um alle diese unerträglichen Hetzereien der anscheinend officiöseil Presse rund heraus zu mißbilligen. Für schlechte Zeiten, die in der ganzen Welt gleichmäßig oder in noch erhöhtein Maße herrschen (in Nordamerika ist der wirthschaft- liche Zusammenbruch gradezu furchtbar; dort streifen, wie alle Kundigen übereinstimmend ver sichern, 2—2»/, Millionen „TrampS", Landstreicher, drodloS im Lande umher), machen die Agrarier, Schutzzöllner :c. hier plötzlich die angeblich liberalen Gesetze verantwortlich und die freiwlllig-gouverne- mentale Gesellschaft bläst mit Macht inS Feuer und hetzt gegen die liberale Partei. Die Conser vativen möchten sich wieder gern als die allein KöniaStreuen aujspielen, und je größer ihre Sünden last ist, um so lauter rufen sie jetzt, daß sie schon seil Jahren hervorgehoben hätten, die Herrschaft der liberalen Doctrin müsse Zustände, wie sie heute vorhanden seien, schließlich herbeiführen! Die Herrschaft der liberalen Doctrin? Hören w,r reckt? Man sollte eS doch nicht für möglich halten! Wann bestand sie denn ? Hat nicht Fürst Bis marck diese ganze Zeit hindurch regiert, und zwar bekleidet mit einer Machtvollkommenheit, wie sic vordem keinem Minister je zu Gebote ge- ianden hat ? Und trotzdem Herrschaft der liberalen ^'arlti? Hat der Fürst nicht bei Berathung der lundcSverfassuiig, des Strafgesetzbuchs, der Mai- zesctze, der JusUgesetze, kurz bei allen wichtigen Lerhandlungen immer gesagt: Daö und Jenes 'ann die Regierung nicht gut heißen und wird ie nicht annehmen? Und hat er dann nicht immer gcthan, waS er gesagt hat? Halten die Conservativen den Reichskanzler wirklich für einen so großen Schwächling, der die Zügel der Regierung nicht in der Hand hält, datz sie nicht ihm allein die volle Verantwortung für den Gang, den unsere innere Politik genom men hat, überlasten wollen? WaS ist daS doch ür eine einfältige Schnurre, daß die liberale Par tei geherrscht habe und daß die liberalen Gesetze, die doch BiSmarck gut geheißen und der Kaiser unterschrieben hat, zur Verantwortung zu ziehen seien! Unter welchem Regiment haben denn die Hödel und Genosten und alle die Socialdemokratcu ibre Volksschulbildung empfangen und ihren ortho doxen Religionsunterricht erhalten, welcher den Hauptwerth aus da- Auswendiglernen von 500 Bibelsprüchen legte, dagegen die Bildung deS sitt lichen Gefühls vernachlässigte? Die Wahrheit ist, daß die Früchte, die uns Allen jetzt so herbe schmecken, aus dem Beet der Raumer-Mühler'schcn Schule gewachsen sind. Und eS steht geschrieben in der heiligen Schrift: „An ihren Früchten soll man sie erkennen!" Von allen Gesetzen, die jetzt plötzlich angeklagt werden, ist kaum ein« der Jnitative der liberale» Partei entstammt, alle sind von der Regierung auSgearbeitet, dann vom Reichstag unter Mit wirkung aller Parteien berathcn und sestgestellt und schließlich vom Kaiser genehmigt und verkün digt worden. Ist also EtwaS an diesen Gesetzen schlecht, so haben alle Theile gleichmäßig daran Schuld. Liegt eS nun nicht aus der Hand, wie unwahr und gehässig die tückischen Anklagen der Freiwillig-Goilverneinentalen sind? Wir erleben in der inneren Politik in einem fort gewaltige Ansätze zu irgend einem ganz im Allgemeinen ins Auge gefaßten Ziel, die nickt zu diesem führen, weil dasselbe vorher nicht genügend geprüft worden ist. Es ist, alS wollte Einer einen blauen Berggipfel ins Auge nehmen und direct in gerader Richtung auf denselben losgehen. Kommt der Wanderer näher, so öffnen sich ihm Abgründe, die ihm den Weg versperren. Achnlich ist es mit dem großen Reichseisenbahnproject. Dasselbe wird angeregt, beunruhigt tausend Interessen, schädigt dadurch den Geldbeutel des Volke- und bleibt dann in der Luft hängen. Und wie steht's mit dem österreichischen Handelsvertrag? Die ..Schics. Presse" erhebt darüber folgende Klage: „Es giebt Leute, welche die Erneuerung deS Vertrages für nützlich, eS giebt andere, welche dieselbe für schädlich halten. Die Einen haben Gründe, die Andere» haben Gründe; wir lasten dahingestellt, welche von Beiden die besseren Gründe haben. Darüber aber müssen Alle, vom radikalsten Freihändler bi« zum extremen Schutzzöllner einig sein, daß die stete Un wissenheit über die Zukunft unserer Handclsbe riehungen zu Oesterreich da- Verderblichste von Allem ist. Wiederholt sind wir in der Lage ge wesen, daß alle Welt sich darauf rüstete, binnen einer Woche die altgewohnten Handelsbeziehungen Uber die österreichische Grenze abzubrechen, weil der bevorstehende Ablau; des Vertrages sie unmög lich machte. Dann erschien urplötzlich in der elften Stunde eine Bekanntmachung, welche mittheilte, daß eine Verlängerung auf eine Galgenfrist von sechs Monaten cingetreken sei. Trifft nun für diese Unsicherheit aller Verhältnisse den Reichstag oder die nationalliberale Partei auch nur der Schatten einer Mitschuld? Liegt es nickt ausschließlich in den Händen der Regierung, die Verhandlungen mit Oesterreich zu führen? Der Reichstag hat eS sogar Unterlasten, die Regierung durch eine Inter pellation, durch eme Discussion zu incommodiren. Er hat ihr die völligste Freiheit gelasten, und die Regierung hat Nichts zu Stande gebracht, weil
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