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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187808127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780812
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780812
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-08
- Tag1878-08-12
- Monat1878-08
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1878
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ML^UHr. sr. NtkarÜ»«: vmmüta«« U»c-:l2 Uhr «achmittagq 4 8 Udr veftunmre» tage« dts , ... an Gönn- > Festtag«, fdssdiö V.v Uhr. ^ »n, FUdNn, »> Z»f/.X»°admr ^ UW «NNW. UtNvNsKütSftr. 22. W»l« r^che.VÄchannenstr. 1N.p. nur bis V.8 Uhr. äs W4. «»»««« L»n>«»«Nn»rrt» viertelt. » lnä. Bttnqerlotm s «k, G'Hw'Poft.hHogt» « «r. k »«»«tr rL Pt. Änzetzer. OlW für Politik. Localgcschichtk, Halldtls Mid Gtschäftkvrrkkhr. «ah nach Mcrcn, Tarif. vr»«Wt« >«Wr»n>,»c><illtoa»Lrirr cke-EvaltzZile 40 Pf Sn<erat« sind stets «r d. Alprwti-» tu fradGl. 7- PabM wird nicht gegeücn. Äahlu»zpr»ed«-r»Lcka "der durch Postverschutz. Montag den 12. August 1878. 72. Jahrgang. dir cinservaNvr Taktik dei den engeren Wahlen. Die Stichwahlen haben zum Theil euren recht unerfreulichen Verlaus genommen und manche Enttäuschungen gebracht. Die Socialdemokraten haben Elberfeld und Dresden gewonnen, auch Frankfurt a. M. ist in der Person d«S Herrn Sonvemann wenig genug von einer socialdemo- kratischen Vertretung entfernt. Die Ultramon- lruen haben den Sieg in München und Mainz erfochten, und dabei ist augenblicklich erst von chn Stichwahlen mit Sicherheit daS Ergebniß bekannt geworden. Zum großen Theil haben die beiden extremen Parteien diesen Erfolg ihrem Lahlcarteü zu danken, da» diesmal in verschie den Orten mit einer Offenheit zu Tage rrat, die gegen daS frühere verschämtere Har.dmhandgehea merkwürdig abstach. Auch in Zolingen wäre der Socialdemokrat durchgedrungen, wenn nicht der sreiconservative Gegenbewerder, w Nelbeck, in Sachen des Culturkampfes eine die ,sichrer des Centrum- befriedigende Erklärung ab gegeben hätte. Gegen ein soclaldemokratisch-mtra- »ontaue- Bündniß in Gegenden, wo die beiden Parteien stark vertreten sind, reicht die Macht der iaatSerbaltenden Parteien eben nicht auS. Für alle auf dem Boden unserer Staats- und Ge sellschaftsordnung stehenden Parteien aber mußte a diesem Bund der revolutionairen Kräfte ein um so größerer Antrieb liegen, wenigstens bei den >wgeren Wahlen zusammenzuhalten und die während xt Wahlkampfe» zu Tage getretene Parteileiden fchast zu verwinden. Leider können wir in dieser Beziehung durchaus lau Lob spenden. Wahlenthaltung, laue Betheili- Mg oder auch offene Unterstützung dcS Umsturz- cülldidaten ist auch bei den gesährdetsten Stich- mchle« in den Reihen der staatSerhaltenden Par- reien nur ru oft zu bemerken gewesen. Wir be kamen, daß hie und da auch in da» Reihen der Liberalen gefehlt worden ist. In Dresden z. B. :rLgt offenvar die dortige Fortschritt-Partei durch üie überaus kühle Haltung, welche sie bei der Stichwahl gegen die Candidatur v. Friesen ein- achm, an dem Siege Bebel'S die Mitschuld, und wir können nur aus« Höchste bedauern, daß ?«rch die Spaltung und Gleichgültigkeit der vrdnungSparteien auf einem Boden, der an und iär sich so wenig Vorbedingungen zum SocialiS« wuS hat, wie die sächsische Residenz, der social- remokratische Bewerber durcbgedrungen ist. Eine weit größere Verantwortung aber haben au ver miedenen Orten die Conservativen auf sich gr üben. In München haben sie notorisch mit den Atramontanen und Socialdemokralen im Bund Herrn v. Stauffenberg au« dem Sattel gehoben; ra Elberfeld sind keineswegs alle Stimmen, die vorher aus Prell und Aegidi gefallen waren, bei )er Stichwahl für den Erstereu abgegeben worden, iondern e« hat sich trotz der warmen Aufforderung re« Herrn Aegidi ein ansehnlicher Theil konser vativer Wähler der Abstimmung enthalten. DaS sind die Früchte der officiöfen Taktik, zugleich mit der Socialdemokratie den Liberalismus be impfen zu wollen. Sieht doch die conservative Dresse der Hauptstadt mit der denkbar größten Sichle zu, wie in der nächsten Nähe, im 4. Wahl- 'reiS, der fortschrittliche Candidat täglich mehr iu vedrängniß geräth. ?n> form» ertheilte die „Post" mit saurem Gesicht ihren Anhängern den Rath, für Zelle zu stimmen, allein sie fügte gleich tue Absolution hinzu, wenn sich ein conservativer Rann zu diesem Schritte nicht entschließen könne. Äa. in der „Nordd. Allg. Ztg." lasen wir dieser Tage eine im jetzigen Augenblick geradezu frevelhafte Argumentatwn, worin der Nachweis versucht war, daß die Fortschritt-Partei im Grunde xüchrUcker fei als die Socialdemokraten. ES nabet sich dort der schöne Satz: „Ja, wir würden e« für nachtheilig gehalten haben, wäre eS vielleicht durch den Druck der Arbeitgeber gelungen, der Tocialdemokratie den Weg zum Reichstage zu ver sperren, denn dann würde die Fortschrittspartei mit der sogenannten nationalliberalen zusammen in da- Holk hrneingerusen haben: Da seht ihr, daß die Furcht »or der Socialdemokratie gai» unbegründet und wie gut e» war, daß wir kem Ausnahmegesetz bewil ligten!" ES ist daS immer noch die alte bekannte StaatSweiSheit, die mit dem SocialiSmuS coquet- tirte, um der freisinnigen Bürgerschaft Angst ein- zujageu, die seit Begmn der socialen Bewegung mt dem Feuer spielte, um hinterher, wenn der Brand auSgebrochen ist, diejenigen anzuklagen, die »ach Kräften bemüht waren, da- Feuer im Keime z» ersticken. Wir wollen den alten Vorwurf, daß «S der Regierung weniger um die Bekämpfung de« GorialiSmu« als de- Liberalismus zu thun sei, »icht wiederholen; aber wundern kann man sick »ach solchen Ergüssen der officiöseu Presse und solcher praktischen Haltung vieler conservativer Wäbl-r allerdings nicht, wenn derartige Uuter- stellangen umlausen und Glauben finden Tazesgeschichtliche Ueberstcht. Letpzt,, II. August. Die Genesung de-KaiferS schreitet von Tag zu Tag vorwärts. ES scheint in der Thal, als sei in diesem Greise dre Heldenkrast eine- Jünglings thätig. Gemeldet wird aus Teplitz vom 10. August: Se. Majestät der Kaiser Wilhelm nahm gestern und heute Vollbäder. DaS Befinden deS Kaisers ist fortdauernd befriedigend. Auch die Deutschen im AuSlande nehmen herz lichen Antheil an dem Wohlbefinden de« hohen errn. So wird gemeldet auS Rio de aneiro, 2. Juli Unter die Deutschen in Brasilien hat die Nachricht über die Atten tate vom 1l. Mai und 2. Juni eine sehr lebhafte Bewegung gebracht. Aller Orten traten dieselben zusammen, um zu berathschlagen, auf welche Weife der Freude über deS Kaisers Er rettung au- Lebensgefahr am würdigsten Ausdruck verliehen werden lönne. Hier in R«o einigte man sich wegen Abfassung einer längeren Adresse, daneben jedoch folgte man dem Beispiele der Deutschen in Porto Alegre, Bahia u. a. O., in dem man sofort ein Glückwunschtelegramm nach Berlin aufgab. Dasselbe war an den Krön- Primen adressirt und lautete: „Mit tiefster " liche Hoheit, sten und g« sten Entrüstung wegen des neuen Attentats, sowie unsere innigsten Wünsche für seine baldige Herstellung im Interesse des Vaterlandes darzubringen!" Die Deutschen ,n Porto Alegre telegraphir ten Folgende« :> „Kaiser Wilhelm, Berlin. Tiefste Empfindung der Freude über Rettung auS Gefahr sprechen au« Deutsche in Porto Alegre." In Bahia war die Antheilnahme so groß, daß man eine telegraphische Rückantwort von Berlin über die näheren AttentatSumstände bestellte. All« Vorgänge, welche auf da- Ver- hältniß der Curie zu Preußen und dem deutschen Reiche wie überhaupt dm weltlichen Mächten von Einfluß sind, wervm begreiflicher Weise im. gegenwärtigen Augenblicke mit größter Spannung verfolgt. So ist man jetzt bemüht, sich die Bedeutung der Uebernahme deS päpstlichen Staatssecretaria» durch den Cardinal Nina klar zu legen. Derselbe erklärt in einem Rundschreiben an die Nuntien, daß er die von seinem Vorgänger Franchi verfolgte Richtung einhalten werde, und empfiehlt in einigen friedlich klingenden Wendun gen, man möge alle unnützen Verlegenheiten ver meiden. Wir erkmnm die mtgegenkommmden Formm, unter denen der neue StaatSsecretair sein Amt, bekanntlich daS allerwichtigste an der Curie, antritt, wohl an, können jedoch eine neue Garantie für da- Gelmgen der gegenwärtigen Verständigung-Versuche in solchen äußerlichen und für die Oefsentlichkeit bestimmten Nedewendungm eines osficiellen Aktenstückes unmöglich erkennm. WaS den materiellen Inhalt der Kffsinger Be sprechungen gebildet und zu welchem Ergebniß sie geführt haben, ist bisher ein absolutes Geheimniß geblieben; was die Combination darüber zu Tage gefordert, ist Alle« in schroffster Weise dementirt wor den. ES »st für einenzurückhaltendeu und vorsichtigen Beobachter zur Zeit ganz unmöglich, über die Wahr scheinlichkeit eine« bevorstehenden Friedensschlüsse« und dessen eventuellen Charakter sich ein Urtheil zu bilden. ES hat auch nicht den Anschein, als sollte diese Ungewißheit sehr rasch zu Ende gehen; man wird sich daraus gefaßt machen müssen, den Zustand bewaffneter Verhandlungen, wmn man so sagen darf, noch geraume Zeit sich hinziehen und die Versöhnung vielleicht mehr in einer Reihe all- mälig entgegenkommender Schritte von beiden Seiten als in dem förmlichen Acte eine- FriedenS- chlusseS mit ganz bestimmten beiderseitigen Be engungen bestehen zu sehen. DaS letztere, die ormclle PreiSgebuug von einmal erhobenen An- vrüchen, ist wenigstarS nicht Tradition der curialen Politik. Sehr voreilig erscheint eL unS darum auch, die Rückwirkung de- Friedensschlüsse- zwischen Staat und Kirche auf unsere inneren politischen und parlamentarischen Verhältnisse schon jetzt auSrechnen zu wollen, und sich etwa einzu bilden, da- gesammte Centrum werde schon in der nächsten ReichStag-session mit Sack und Pack in- Lager der Regierung übergeaangen sein, än der Sprache der ultramontanen Blätter und der Taktik ihrer Parteiführer bei den Wahlen ist eine Wirkung der skeptisch, fast spöttisch behan delten Kissinger Besprechungen noch keineswegs zu entdecken; hier lautet die Parole: die Colonnen geschlossen halten und nicht voreilig dem Feind« trauen! und vielleicht thun auch wir gut, unS nicht vorzustellen.', daß der Eulturkampf mit allen seinen Eonsequenzen, nachdem er seck» Jahre lang die Leidenschaften aufgeregt, plötzlich mit einem einzigen erlösenden Worte au- unserem politischen Leben verschwinde ES mag sich Manche» im Lause de* Zeit glätten und ebnen, aber immer wird eS Fragen geben, über die sich ein päpstlicher RuntluS und der Kanzler deS deutschen Reichs nubt zu ver ständigen vermögen. Die Reich-reaierung ist auf den Schutz der handelspolitischen Interessen de» Lande- eifrig bedacht. Die größten Schwierig keiten sind Oesterreich-Ungarn gegenüber zu beseitigen. Bon ofsiciöser Sette wird versichert, über den Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Handelsvertragsverhandlungen mit Oesterreich sei noch keine Bestimmung getroffen: namentlich sei e- unnchtig, daß der Beginn der Verhandlungen aus den 1. September angesetzt sei. Die letztere Nachricht beruhte indeß auf einem Mißver ständnis die Nachricht ging dahin, deutscherseits sei in Wien die Bereitwillmkett erklärt worden, Vor schläge der österreichisch-ungarischen Regierung wegen Wiederaufnahme der Verhandlung vom 1. September ab, d. h. zu irgend einem späteren Termine entaegenzunehmen. Diese Nachricht wird durch daS osficiöse Dementi nicht berührt. Thal- sächlich besagt dasselbe nur, daß allerdings die Wiederaufnahme von Verhandlungen wegen Er neuerung de« deutsch-österreichischen Handelsvertrags in Aussicht genommen sei. In Ausführung de« PlaneS einer Erweiterung der consularizchen Vertretung deS Reiche- in Rußland, welche bei den engen Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Reiche de» Czaren nicht zahlreich genug sein kann, ist da» Consulat zu MoSkau m ein General-Consulal umge wandelt und Herr Bartel- au die Spitze desselben berufen worden. Wir werden in Ruß land demnach fernerhin General-Consulate zu Odessa, Riga und Moskau haben. NeuerdingS wurde auch für Finnland ein eigene- Consulat ,u HelsingsorS errichtet, welche- Herrn v. Lamezan, einem im letzten Kriege schwer verwundeten baye rischen Osficier und Mitglied der deutschen Bot schaft in Petersburg, übertragen wurde Kerner designirle die ReichSregieruug den Consul Brüning zu Beirut zu ihrem Vertreter für die Consular- commissio» in Tiraowa, und Viceconsul v. Vraunschweig in Bukarest zum provisorischen Mitglied« der internationalen Commission in Philippopel. Die Physiognomie de- neuen Reichs tages ist von großem Interesse. Ihrem Berufe nach sind von den auS dem ersten Wahl- gange hervorgegangenen Reichstagsabgeordneten: 9l Ritterguts- und Gutsbesitzer, 23 RechtSanwalte und Advocaten, 19 katholische Geistliche und Priester (eS ist kein einziger evangelischer Geistlicher ge wählt), 2 actlve Staat-mmister (Friedenthal und Falk). 5 Minister a. D. (v. Bonin, Del brück, Windthorst, v. Bernuth, v. Varndüler, 2 Oberpräsidenten (v. Iagow und v. Puttkamer) und 2 Oberpräsidenten a. D., 4 Regierungs präsidenten, l Polizeipräsident, 3 LandeSdirectoren (v. Saucken-jTarputschen, v. Levetzow, v. Bennig sen), 13 Landräthe, darunter 3 a. D., l Land- drost a. D., l LandschaftSrath, l LandeScredit- Cassenvirector, 5 Geh. OberregierungS- und Re- gierungSräthe, 1 Oberauditeur ja. D., 1 Bezirks amtmann, 1 Präsident de- RechnungSboseS, l Do- mainendirector, 1 LandeSmarschall, l Landeshaupt mann, 8Oberbürgermeister und Bürgermeister, 1 Ge- neralseldmarschall, 1 General a. D., l Oberverwal- tungS-Gericht-rath, 1 GeneralstaatSanwalt, 2 Ober staatsanwälte, 4 KreiSgerichtSräthe, 5 ObertribunalS- räthe, 5 OberappellationSgerichtSräthe, 2 Oberge- richt-räthe, 2 KreiSrichter, 5 LandgerichtSräthe, l ObcramtSrichter, 3 BczirkSgerichtSräthe, I Staats anwalt a. D., 1 Generaladvocat, l Reichs-Ober handelSgerichtSrath, 6 KreiSgerichtS- und Handels gerichtSdirectoren, l Obertriounal-Bicepräsident, 19 Rentiers und Privatier-, 10 Universitätsprofessoren, 1 Gymnasialdlrector a D., 9 Kausleute, 5 Kammer herren, 10berjägermeister, 9 Schriftsteller und Rc dacteure, 3 Großindustrielle, 1 Civilingenieur. 2 Geh. LegationSräthe a. D., 2 Stadträthe, 3 Hof besitzer, 3 Aerzte, 7 Fabrikanten, I Bergrath, l Erzgicßereünspector, 2 Bierbrauereibesitzer, 2 Bank directoren. 1 Bankier, l Kürfchnermeifter, 2 Ober- sinanzräthe, 1 Baudircctor, 1 Senator, I HandelS- kanimerpräsident, l Maurermeister und 1 Fabrik- director. Unter den Leitern der Fortschritt-Partei soll die Absicht bestehen, um die stark gelichteten Reihen der Partei wieder etwa- zu füllen, eine Wieder vereinigung mit der Gruppe Löwe zu beantragen. Doch ist bei den sehr trefgehenden sachlichen und persönlichen Differenzen da» Gelingen dieser Ab sicht äußerst zweifelhaft. In den Kreisen conser vativer Abgeordneter soll dagegen schon jetzt er wogen werden, ob man mit Rücksicht auf die Ge- sammtzahl conservativer Abgeordneter da» Präsi dium «m neuen Reichstage beanspruchen könne, oder ob man in Anbetracht der doch immer in zwei Fractionen zerfallenden konservativen Partei da- numerische Uebergewicht der Nationalliberaleu anerkennen und sich mit der ersten Vicepräsidenten- stelle begnügen solle Delbrück wird 7,den Wahlkreis Jena vertreten. Da- liberaleWahlcomitL in Stettin ublicirt Folgende-: „Sobald es seststand, daß Herr Staat-minister Delbrück in Jena Neustadt gewählt sei und dort die Annahme der Wahl erklärt Hab«, bat daS liberale WahlcomitS sich an Herrn Ober lehrer Schmidt mit dem Ersuchen gewandt, nnn- mehr, nachdem sein Verzicht durch die erwähnte» ThatsaLcn hinfällig geworden, denselben im Interesse der Partei zurückzunehmen und sich aus- Neue der Entscheidung deS Wahlkörper» zur Verfügung zu stellen. Herr Schmidt hat dieser unserer Bitte entsprochen und unS ermächtigt, die« zur Kenntnitz der Wähler zu bringen." Eine frappante Stichwahl lieferte Offen dach Der Redacteur der Nationalzeitung. vr. Dern- bürg (nat.-llb), ist mit rund ll,lv0 Stimmen egen Liebknecht (Soc.) mit 10,530 Stimmen zun, leich-taaS-Abgeordneten gewählt. Dem „Vor wärts" wird diese» Resultat sehr „nationalm iserabel" Vorkommen. Aus die Verhandlungen, welche zwischen der CentrumSpartei und der Socialdemokratie bezüglich der Stichwahlen gepflogen werden, wirst daS folgende, von der „Germania" veröffentlichte Schreiben deS Herrn Liebknecht eiu bezeichnende- Licht: »Lochgeehrter Herr! Sie fragen mich: „Wie wür den Sie sich verhalten, wenn im Reichstage der Ln trag gestellt würde, die gegen die Katholiken bestehenden Ausnahmegesetze resp. die SulturkampfSgrsetze aufzuheben? Meine Antwort ist einfach: Mem Parteiprogramm, welches an seine Spitze gleiche» Recht für Alle fordert, legt mir die Pflicht aus, gegen jede» neu aufzuleaende Ausnahmegesetz »u stimmen und für die Aufhebung jedes bestehenden Ausnahme gesetzes, also auch der Eulturkampfgesetze einzutreten. Leipzig, den 4. August 1878. Hochachtungsvoll W. Liebknecht." Der SiegeSjubel derSocialdemokratie wird durch einen DorganaauS Barmen illustrirt, der hiS in daS Roth der Pariser Commune schillert. Der „Barmer Anzeiger" schreibt: „Sowohl auf dem Altenmarkt als besonder- in Unterbarmen, im Bendahl und am königlichen Arresthause in Elberfeld haben die Anhänger Hasselmann 'S ihren Wahlsieg durch Unfug aller Art, Lärmen und Steinewerfen gefeiert. Auf den, Altenmarkt nahm da« Brüllen und Pfeifen nachS Uhr derartige Dimensionen an, daß die Polizeibeamten den Platz und die benachbarten Straßen mit Gewalt räumen mußten. Eine Anzahl Personen wurden verhaftet, weil sie den Beamten Widerstand entgegensetzten und dieselben beleidigten In der Bendahlerstraße und am Arresthause wurde unter dem Geheul der Arbeiter-Marseillaise ein sörm liche- Bombardement der umliegenden Häuser und deS ArresthauseS auSgefükrt. Mit HochS auf Hasselmann sind die eiuschreitenden Polizeibeamten angegriffen und vier derselben durch Steinwürle verletzt worden Als charakteristische Rufe er wähnen wir folgende: „ES lebe die Commune!" „Vorwärts zur Attaque, Hurrah!" „Nieder mit den Hunden!" u. s. w. Ausgezeichnet hat sich be, den geschilderten Vorgängen namentlich die von den Socialisten sogenannte „junge Garde", die Burschen von 15—20 Jahren, welche bekanntlich auch in den Volksversammlungen alö die tonange benden Hochschreier fungiren. Auch da- zarte Ge schlecht benahm sich in einer Werse, die für die Erziehung der Jugend wenig Gute« verheißt " DaS Ce nt rum hat alle Veranlassung, auf solche Waffenbrüder stolz zu sein. Friedrich der Große Pflegte von den Croaten zu sagen: „Mit solchem Gesindel muß ich mich schlagen." Dieselben Croaten müssen sich jetzt mit noch viel schlimmerem Gesindel schlagen Die österreichische HeereSabtheilung, die von Norden her in Bosnien eingedrnngen war, nähert sich immer mehr Serajewo, wo die Commune proclamirt ist und Hadji L 0 ja herrscht Hadji Loja ist, wie der „Time-" geschrieben wird, ein fanatischer Derwisch. Man erzählt sich, daß er der längste Mann in Bosnien sei und stet in verlumptem und phantastischem Costüm um hergehe. Sommer und Winter barsuß, laufe er während der Ramazan-Periode (Fastenmonat) halb nackt durch die Straßen. Sein gewöhnliche- Geschäft ist der Bettel; mit dem Erlöse pflegt er die Hunde vor den Moscheen zu füttern Während seiner „heiligen Verzückungen" hat er manchen Christen ermordet, ohne jemals für seine Ber brechen und Uebeltbaten vor Gericht gezogen und verurtheilt zu werden. Man schreibt der „N A Z" au- Agram, 7 August: Die Truppen sind in Mostar ohne Kampf eingerückt. Damit aber find sie noch lange nicht im faktischen Besitze der Herzegowüra, welche sie wahrscheinlich ebenso erobern müssen wie ihre Waffenbrüder in B oSuien, die unerwartet in die Lage versetzt worden sind, jeden Schritt und Tritt Lande« zu erkämpfen. DaS die- so bald geschehen werde, konnte kaum vermuthet werden, namentlich nickt nack den Lovalität-bezcuguuge» der En«
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