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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187808228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780822
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780822
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-08
- Tag1878-08-22
- Monat1878-08
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1878
- Autor
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r 8. L L 6. L L L k. t» ». L 6. 6. r s. ? 6. r k 6. k. KIL1.7« r. L 6. L v-rlGM 6. 6. 6. a 6. 6 ? 0. k r r. 6. o. t» r t» a. ü 6. 6. 6. L 6. k. i». «1,1/11 i. ».6.M7! 1 ».V.M1» 6. r o. r r>. ?. L r. ? ? 6. Li. 8. >1/N< r. i. ».d»IM r. 6 ?. r. 6. »o e.0. Grscheiut tSgltch früh 6»/. Uhr. »Mllt»» »»- <«»cAti-» JohanutSgafle 33. ZMüh^Mör* der NZ^xitsL: LormsttagS 1»—ILllhr. Nachmittags 4—S Uhr. der für die nächst- Nummer deflimmtrn «n «achenktgr» dis fr Nachmittuß«. an Lonn- Festtatzn, srihdt« Uhr. z, te» Vltaie» fite ZisAmuchult: Ltt, Stemm. llaiversilätsstr. 22. öttäs 8-sthe^Sardarme»str. It^p. «r biäUhr. Anzeiger. Drza» für Politik, Localgkschichtr, Handeln und GeschSstSvnlchr. Auflage lä^OV. Lö»»«»r»«»»rtt« viertelt. 4»/-MO incl. Brmgettohn 5 Mt, dvrch di« Post bezogen » Ml. Jede einzeln« Nummer 22 Pf. Belegexemplar 10 Bf. «ebühreu für Exttabeilagen ohne Popbefvrdernng SS Ml. mit Pestdestrderung 4L Ml. Inserair dgesp Petitzeile 20 Pf -AröKere Schriften laut unserem Prclsvcrzeichniß -Tabellarischer Satz n-ch höherem Tarif. ««»««»> ««»er dem »lrdacttomärtch Nie «öpattzeile 40 Pf- Inserate find stets an d. «rpetlNoa zu senden. — Vtabatt wird nicht gegeben. Zahlung praanumor»«^ oder durch Postvvrschuß. ä- 234. DounevStag den 22. August 1878. 72. Jahrgang. Bekanntmachung. Unter Hinweis auf die Vorschriften des Reich»-? d«ru ettaiienen Königlich Sächsischen Ausführung^! Folgende« bekannt: ichS-Jmpfgesetzes ungS-Verordnunq vom 8. I 1874 und nach Maßgabe der ^ Avril 1874 und nach Maßga rordnüng vom 30. April 187b machen wir hierdurch 1) Du Stadt Leipzig bildet einen seldstfl«ndt«eu Jmpfdejtrk. für welchen jetzt Herr Studtimindarzt de. w«ä. VInaa als Jmpsarzt, sowie die Herren MUitairarzt a. D. Lenkt und vr. «lß Assistenten verpflichtet worden sind. mvü. SedoUoudorx Impflocal befindet sich in dem alten Nicolat-Lchiilgedäude «« Nteulaiktrchtzof. bst finden die öffentliche« Impfungen von hier aufhältlichen Kindern ^««elmätzig «ittmach 3) DaS S)Dasel>. »Ad Freitag »»« 3 bis 5 Ähr Nachm,trag» von Freitag den 23 laufenden Monats ad dt- «nde Geptemder dieses Jahres unentaeltltch statt. Daselbst find auch die Impflinge je an darauffolgendem Mittwoch beziehentlich Freitag zur Revision vorzuftellen. 4) Im Lanfo diese- Jahres find der Impfung zu unterziehen: I. diejenigen Kinder, s. welche im Jahre 1877 geboren worden, k. welche in den Jahren 1874, 187b und 1876 geboren find, nnd im Jahre 1877 der Jmpfpflicht nicht vollständig genügt haben (erfolglos geimpft oder wegen Krank» heit nicht geimpft). U. diejenigen Zöglinge öffentlicher Lehr-Anstalten und Privatschulrn, welche im Jahre 186« geboren find, b. welche in den Jahren 1863, 1864 oder 186S geboren find, und im Jahre 1877 der Jmpfpflicht nicht vollständig genügt haben (erfolglos wiedergeimpft oder wegen Krankheit nicht widergeimpft). b) Alle hiesigen Einwohner find berechtigt, ihre, wie zu 4 unter l» und d bemerkt, tmpfpfltchttgen istader dort unentgeltlich impfen zu laffen. Ebenso wird undemtttelten, hier wohnhaften Personen, deren Kinder vor dem Jahre 1874 geboren, aber noch nicht oder nicht mit Erfolg geimpft vorerwähnten Impfterminen hiermit angeboten. ein Zettel zu übergeben, auf Stand und Wohnung des .. , ... c Pflegemutter deutlich ver» zeichnet ist. 7) Die Eltern der im laufenden Jahre impfpfltchtigen Kinder werden daher hierdurch unter ausdrück sicher Verwarnung vor den im 8- 14, Abs. 3 deS Jmpfgesetzes angedrohten Strafen aufaefordert. mit ihren Kindern in den anberaumten Impf- und Revisionsterminen behufs der Impfung und ihrer Eontrole zu erscheinen oder die Befreiung von der Jmpfpflicht durch ärztliche Zeugniffe hin nachzuweisen. Die nur gedachten Zeugniffe sind in den Impfterminen aufzuweisen. 8) Wegen der Anberaumung der Impf- und Revisionstermine zur Wiederimpfung beziehentlich Controls der oben unter 4. ll» und b gedachten impfpflichtigen Zöglinge wird an die Schulvorsteher besondere «eisung ergehen. «) Dieienigen Eltern, flegeeltern und Vormünder aber, welche ihre im Jahre 1878 im n erforderlichen Impft, «eschriebenen Bescheinigungen darüber, daß die Jmpfun einem gesetzliche« Grunde unterblieben ist, auf dam «all widrigenfalls sie ohne jede »vettere «usforbern«, Geldstra ragen zu gewärtigen haben würden. Leipzig, den lb. August 1878. lg, beziehentlich Wied U Hanfe. 2. «ia^. 8 dftrase bis zu^> M erimpfung erfolgt oder auS Zimmer «r. 1«, vorzulegen, Mark oder Haft bis zu drei Der «ath der Stadt Leipzig. ve. Georg». Kretschmer. Bekanntmachung. In Folge hierdurch Ranstädter surter Stratze passiven dürfen. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift werden mit Geldstrafe bis zu SS Mark oder entsprechender Haststrafe geahndet werden. Leipzig, am 80. August 1878. Der »ath »er Stadt Leipzig. War vr. Georg». rngemann. Bekanntmachung. In der Harkortstraße sollen die schmiedeeisernen Geländer für die Ufermauern auf der Strecke von der Nonnenmühle bis zur verlängerten Albertstraße hergestellt und die Lieferung, Aufstellung und der Anstrich derselben an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserem RathSbauamte, RaihhauS II. Etage Zimmer Nr. I, au» und können daselbst eingesehen, resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten find versiegelt und mit der Aufschrift: „«tsengelSnder der Ufermanern in der Harkortstratze ' versehen ebendaseibft, und zwar bis zu« 27 August d. I. Nachmittags L Uhr einzurnchen. Leipzig, am 17. August 1878. Der «ath der Stadt Leipzig vr. Georgi. ngemann. Bekanntmachung. D»e Abfnhre der in der Zeit vom l. September 1878 bis SO. Juni 1878 für das städtische Kranken bau» zu Et. Jacob hier auf dem Bayer'schen und bez. Dresdner Bahnhofe ankommenden Stein- und vrann- rohlen soll im Wege der Submission unter Vorbehalt der Auswahl unter den Offerenten und jeder sonstigen Entschließung vergeben werden. Reflectanten wollen ihre Offerten bis 35, August c. Nachmittags 5 Uhr an die Inspektion deS Krankenhauses gelangen laffen, woselbst auch die Vertragsbestimmungen einzusehen find. Leipzig, am 13. August 1878. Des NathS-Deputation zu« Kraukenhause zu St. Zaeod. Bekanntmachung. Für den Termin Michaelis d. I. sind vier AuSstattungSstipendien im Betrage von 77 8 «7 ^1 45 ^ und zweimal 40 47 ^ an hiesige unbescholtene arme BürgerStöchter, welche sich fett Michaeli- v. I. verheirathet haben, von unS zu vergeben und sind schriftliche Gesuche darum unter Bei fügung der «heschltehungS-Beschrtnigi,«,, eincS von zwei hiesige« Bürgern bei Bürgerpflicht ausge stellten ZeugntffeS über die UnhefSattrntzett und Bedürftigkeit der Bewerberin, sowie, was daS eine, nur an ehelich Geborene zu vergebende Wiederkehrer'sche Stipendium von 40 .M 47 ^ anlangt, einer Be- burtSbeschetvtgung bi- zum 31. d. MtS. auf dem Rathhause, l. Etage, Zimmer Nr. 15, einzureichen. Leipzig, den 20. August 1878. Der Nath der Stadt Leipzig. Oe. Georgi. Mefferschmidt. , g. L . v »0 Aufgaben und Ziele -er national- liberalen Partei. Am 18. August, dem Tage von Gravelotte, war kaudeSdirector Rudolf v. Bennigsen in Kreiensen erschienen, um einer sehr zahlreichen Versammlung von Wählern deS 3. braun schweigischen Wahlkreise«, in welchem er ebmso, wie im IS. hannoverschen Wahlkreise, ge wählt war, den in München unterlegenen Herrn v.Stauffenberg als Candidaten für die Nach wahl zu empfehlen, da er selbst die Wahl in seinem alten Kreise annehmen wird. Die Rede, welche dieser hervorragende Politiker bei dieser Gelegenheit gehalten, ist in Bezug aus lie Klarlegung der Aufgaben der nächsten ReichS- tag-sefsion, die Zeichnung der Ziele der liberalen Partei, überhaupt der geflammten politischen Lage nach den Neuwahlen, von so bedeutendem Gehalt, daß sie alS eine Programmrede der nationalliberalen Partei aufgefaßl werden muß. Der besonnene, echt jtaatSmännische Ton, welcher den Vortrag belebt, sticht in wohlthuendster Weise gegen die heißblütigen oratorischen Leistungen einiger Flügelmänner der Linken der Partei ab; der Wunsch ist daher voll auf berechtigt, Rudolf von Bennigsen möge in Wirklichkeit die Führung der Partei für die nächste Legislatur allein in die Hand nehmen und ertreme Bestrebungen in der selben durch seinen Einfluß gänzlich beseitigen. Wir können n»r bedauern, daß wir den ganzen Wort laut der Rede nickt mitzutheilen vermögen, da un- ein Stenogramm nicht rur Verfügung steht und »r auf euren knappen Bericht der „Hild. Allg. Ztg." angewiesen sind. ES heißt darin: wäre eS wahr, waS gesagt worden ist, daß ich und Herr v. Etauffenberg Unitarier seien, d. b. nach dem deutschen Einheitsftaate streb ten, so hättrnEie allerdings keineUrsache, »inen von un» Beiden zu wählen. Eie leben unter einer wohlwollenden, gerechten Regierung, unter einer geordneten Gesetzgebung und in vefriedigenden materiellen Verhältnissen, an denen eine Aen- deruna durch Annexion an Preußen zu wün schen Sie nicht die geringste Veranlassung haben. Ich fordere Jeden auf, mir oder Herrn v. Etauffenberg eineAeußerun nach« .. ^ »nai »uweisen, in der wir un» jemals für den tzlnheitSftaat erklärt hätten. Wir Beide haben, fett wir am politisch»» Leben Theil nehmen^ unS an lestehende angeschlosien und ja für unmöglich d,e zukünftige Verfassung Deutsch- Da» ist unsere Politik seit 1848, da« histori e< für Nöcksicht auf diese» di« simdS pi gestalten. Das ,« un.... ^ .... , bas die Politik de» deutschen Nationalvereins «ewesen, dessen Präsident zu sein ich die Ehre hatte und der immer gegen den Ein heitsstaat eingetreten ist. Opfer wurden freilich »vn den Einzeltzaaten verlangt; dieselben sind ja nun auch gebracht und damit endlich die Reichsver fassung vollendet. Wehe dem, der an dieser jetzt ohne Noth rütteln wollte! Die besonnenen Politiker und besonders die national-liberale Partei halten am BundeSgedanken fest und weisen den Einheits- gedanten zurück, sveciell auch Herr von Etauffenberg. Nnd wenn mir ein gleicher Vorwurf gemacht wird, so werden Sie dem keinen Glauben schenken. Wenn der hannoversche Staat zu Grunde ge gangen »st, so find wahrlich nicht die National- Liberalen daran schuld, nein, gerade die Conservativen, die jetzigen Führer der welsischen Partei. Es ist jetzt sehr bequem, die Schuld von sich ab auf die Gegner zu wälzen, für die jene allein verantwortlich sind. 1866 haben wir Liberalen uns bis auf den letzten Tag für den Abschluß eines Neutralitätsvertrags bemüht und das Bündniß mit Oesterreich zu ver hindern gesucht. Aber die jetzigen Führer der Welfenpartei wußten letzteres doch durchzusetzen, eine Politik, wie sie verblendeter nicht gedacht werden kann. Also Einheitsstaatler sind wir National-Liberalen nicht; und sollte, waS noch lange auSbleiben möge, Braunschweig vor die Frage nach seiner staatlichen Zukunft gestellt werden, dann wird dessen Verfassung und Volksvertretung zunächst maßgebend sein; von unS haben Sie jedenfalls nicht zu fürchten, daß wir Ihnen Gewalt anthun. (Leb haftes Bravo.) Aus alle einzelnen Gegenstände, die den Reichs tag m nächster Zeit beschäftigen werden, kann ich hier nicht einßehen; nur daS kann ich sagen, daß ich mich bisher »mmer in Uebereinftimmung mit Herrn v. Stauffenberg befunden habe und voraussichtlich auch künftig befunden werde; immer habeich an ihm ein maßvoll besonnene- Urtheil gefunden, an dem ich mich selbst ausrichten oder corrigiren konnte. Des halb gerade »st eS so sehr zu wünschen, daß Sie die Nachwahl dazu benutzen, um einen solchen Politiker wieder m den Reich-tag zu bringen. — Jetzt auf alle die Borwürfe einzugehen, welche während der Wahl herüber und hinüber gemacht worden find» wäre falsch: unsere Zustände sind noch in vieler Hinsicht so schtvierig, daß e» nicht die Auf- aabe der Reaierung und der Parteien sein kann, sich bei gegenseitigen Borwürfen aufzuhalten, sondern sich gegenseitig zu unterstützen (sehr richtig! d. R. d. L. T): nur so wird eS noch auf Jahre hinaus möglich sein» die drohenden Gefahren zu bekämpfen. Unsere nationale Einigung hat unS keine neuen Freunde erworben; die Neigung, sie wieder zu sprengen, besteht sott. leiten; eine schwere KnfiS lähmt seit fünf Jahren Handel und Verkehr, und noch ist deren Ende nicht abzusehen. DaS wird natürlich auch bei der Gesetz gebung in nächster Zeit zu berücksichtigen sein; da wird eine so sachverständige Kraft wie Herr v. Etauffenberg hoch willkommen sein. Derselbe, sowie ich selbst, wir find keine doktrinären Frei händler; die Mehrzahl der national-liberalen Pattei hält die bisherige Zollvereintz-Politik für eine Quelle großen Segen»; wenn aber alle Nach barstaaten eine neue Zollpolitik einschlaqen und sich gegen unS abschließen, dann muß auch Deutschland seine Interessen wahren und an der Hand der Er fahrung. die durch die jetzt schwebenden Enqueten ge wonnen werden soll, die Frage erwägen, ob ein größerer Zollschutz nöthiq ist. In diesem Sinne hat sich gerade Herr v. Stauffenberg in München sehr bestimmt dahin ausgesprochen, daß wir nicht unfern Nachbarn unsere Thore offen laffen dürfen, wenn diese die ihrigen vor unS verschließen. Speciell hat sich Herr v. Stauffenberg für eventuelle Erhöhung der Baumwollenzölle erklärt; daraus gehl hervor, da! er kein Doktrinär ist, sondern ein praktischer Politiker Zunächst wird dem Reichstage der Gesetzentwurf wegen Bekämpfung der socialistischen Um triebe zugehen. So viel haben Sie jedenfalls auS den Zeitungen ersehen, wie recht der letzte Reichstag Hatte, das damalige Socralistengesetz abzulehnen, daS in fünf Tagen über Hals und Kops zusammengestellt war und welches eine Versammlung von Diplomaten und hohen Staatsbeamten, den BundeSrath mit der volizeilichen Executive gegen die Socialdemokraten oeauftragen und den Reichstag zur AppellationSinstanz machen wollte. Jetzt ist es genau so gekom men, wie ich es nn Frühjahr dem Minister Grafen Eulenburg sagte: der Reichstag wird im Herbst zusammenberufen,um ein sorgsam ausgearbeitetes Gesetz zu berathen. AlS ich vor einiger Zeit in Berlin einen höheren Beamten fragte, warum man denn nicht den Reichstag sofort noch vor dem Kongreß einberufen habe zur Berathung deS SocialistengesetzeS, erwiderte dieser, daS sei ja ganz unmöglich, denn um daS Gesetz auszuarbeiten, hätte man ja Wochen und Monate bedurft. (Heiterkeit.) Und zu dem vom Reichstage abgelehnten Entwurf hatte man nur fünf Tage ver wandt! Jetzt also wird man ein sorgsamer vor bereitetes Gesetz vorlegen; über dasselbe sich schon jetzt auszusprechen, wäre verfrüht, weil eS ja noch der Prüfung des Bundesrathes unterliegt. Aber eine Verständigung zwischen Regierung und Reichstag muß gelingen, um den ge fährlichen Agitationen der Social-Demo- traten gegen die festesten Grundlagen de» Staats und der Gesellschaft wirksam ent gegen zu treten. Dazu wird es eines großen MaßeS von Selbstbeherrschung auf allen Seiten bedürfen. Ich hoffe, daß die Verstän digung gelingt, jedenfalls werden Herr v. Stausfen- berg und ich unS redlich dafür bemühen, daß di« Ordnung gesichert und doch dabei die Frei heit nicht mehr al» nöthig beschränkt wird. DaS war »mmer da- Streben der national- liberalen Patte» und dafür ist sie abwechselnd von recht» und links getadelt worden, daß sie Ordnung und Freiheit mit einander in Einklang halte. Mit unter müssen die Forderungen der Ordnung die der Freiheit überwiegen, mitunter umgekehrt, wenn auch den Aengstlichen die sOrdnung dadurch ansana» efährdet erscheint. Ebenso wird bei den ge werb en Fragen die national-liberale Partei wie ?>' bisher bereit sein, die hervottretenden Uebelftänd« zu beseitigen. Gerade diesen Fragen hat Herr von Stauffenberg immer ein besonder» lebhaftes In- terrffe gewldmet. Auch wichtige finanziell« Fragen werden den Reichstag beschäftigen; die Verhältnisse Deutschlands und der Emzelstaaten sind in Bezug hieraus nicht so, wie wohl zu wünschen wäre. Da ist den Regierungen deS Reichs und Preußens der Vor wurf zu machen, daß sie den jetzigen Zustand nicht früher vorauSgesehen haben. Bisher wurde noch immer mitderfranzösischenKriegsentschädiqunggewirthschaftet, nachdem diese aufgezehrt ist, muß Deutschland ebenso, wie alle anderen Staaten, seine Ausgaben mit seinen eigenen Mitteln decken. Die national-liberale Partei ist diesbezüglich der Ansicht, daß die nöthigen Mittel nicht durch directe Steuern, welche keine Steige rung mehr vertragen, sondern durch indirekte Abgaben aufgebracht werden müssen. Die Er reichung dieses Zieles wird Jahre erfordern; da wird denn die Mithülfe eines gerade in finanziellen Fragen so erfahrenen ManneS, wie Herr v. Stauffenberg ist, sehr willkommen sein. Speciell ist derselbe, wie die na tional-liberale Pattei überhaupt, Gegner deS Ta- baksmonopolS, welches große Industrie zweige ruiniren oder ganz beseitigen würde. Besonnene Politiker sind nöthig, um ein richtiges Verhältniß zwischen Regierung un dVolk Sv er tretung herbeizuführen; daran bat sich durch die Neuwahlen nichts geändert, und schon lenkt die RcgierungSprefse vollständig ein. Jn- deß wird die Verständigung jetzt schwieriger sein, al- vor der Auflösung. Die national-liberale Pattei wird, soweit es für daS Wohl deS Reich- erforderlich ist, stets zur Unterstützung der Regierung bereit sein und von dieser darf man em gleiches Entgegenkommen erwarten. Gegenwärtig ist viel von der Beseitigung deS Kulturkampfes die Rede. Eine solche würde auch ich wünschen und fördern; aber auf der Grundlage der ultramontanen Forderungen ist der Friede Nie mals möglich. Davon bin ich fest überzeugt: einen Frieden mit Rom und mit den deutschen Bischöfen, durch welchen die wirklich be rechtigten Forderungen des Staates preiS- gegeben würden, schließt Fürst Bismarck nicht, sonst würde er seinen historischen Namen auf- geben. ES wird vielmehr immer darauf ankommen, daß die Kirche die bestehenden Zustände stillschweiaend anerkennt und darauf hin sich einrichtet. So ist eS früher gewesen, so wird eS also auch in Zukunft gehen. Hoffentlich also wird auch künftig d»e Ver ständigung zwischen Regierung und Reichs tag gelingen, und dazu würde die Mitwir kung der National-Liberalen erforderlich sein, denn mit den Ultramontanen kann die Regierung keine Mehrheit bilde? Hoffen wir also, daß ein Zusammen gehen der maßvoll liberalen und der gemäßigt conservativen Richtung mit der Regierung gelinge, damit kein Stocken und kein Bruch in die deutsche Politik k omme. Die National-Liberalen haben zwar bei den Wahlen etwa ein Fünftel verloren, sind aber doch immer neben den Ultramontanen die stärkste Partei und fast eben so stark, wie die gesammten Eonseroa- tiven. Soll nicht Verwirrung in die ganze deutsche Politik geratben, so ist e- nöthig, die national-liberale Partei ,n ihrer bisherigen Stärke zu erhalten, und deshalb ist eS dringend zu wünschen, daß auch der
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