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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187809031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780903
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780903
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-09
- Tag1878-09-03
- Monat1878-09
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1878
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Jede einzeln« Nummer 25 Pt. velagexrmplar 10 Vs. vediihren für Extrabenage» »hne PvftdetSrderung SS Wt. mit Popdesdrderuug 45 Mü Snscrat« 5arsp P«tit»«ile M Ps Größte« Schrlftm laut mrs«»rn> PrriSverzeichmß. — Tabellarischer Satz »ach höherem Tarn. LkNa«e> unter dem Urdaettonnchtch di« Spaltzrit« 40 Ps. Inserat« sind stet« an d. «rprSttto» -u send«». — Rabatt wird »ich« gegeben. Aahluna jin^Qlnaanw/ta »dir durch Pvstvorschuß, ^ 24« Dienstag den 3. September 1878. 72. Jahrgang. Bekanntmachung. Hierdurch verfügen mir, daß jeder Grundstücksbesitzer, welcher wegen Ausführung emeS BaueS oder auS andern Gründen die Trottoirplatteu vor seinem Grundstück zellwelirg hat wegnehmen lassen, verpflichtet tsi. vor Wiederverlegung der Platten unserem Ingenieurbureau schriftliche Anzeige hiervon zu erstatten und den ihm hierauf von demselben zugehenden Weisungen nachzugehen. Leipzig, am 82. August 187«. Der «ath der Stadt Leipzig vr. Georgi. Wangemann Vermiethung in der Flcischhalle am HoSpitalplatze. 1. October c. miethfrei werdende Abtheilung Nr. 8 der flcischhalle am HoSpitalplatze ist von ^ " ^ ,g und sonst unter den üblichen B« Die am da ab für 15« jährlichen MiethzinS gegen einmonatliche Kündigung dingungen anderweit zu vermiethen und wollen Miethiuftige sich bei unS melden. Leipzig, am 30. August 1878. Der Natt ter Statt Leipzig vr. Georgi. Richter. : 27/7". ;rt, loco i. neuer b«r gelb LOO bi- ) hiesiger -188^, Br„ do. -170^1 188 bi- l35 bis u. Br.. cher 130 190 bis l rocken^ bep ae Fcn« ptember d Br. t höher ^.30 > d., de» August >>«Sd lNr.» r. I 84 14 m Ber- ck. loco 10 bis de Pck «flau. reSd-n. m Phila- ampfer on der ampfer Quebec r" »on »nada" „Gala- rmpfer anisch« Votter- ZUM SociaUstenzeseh. Eine äußerst klare und leidenschaftslose Wür digung erfährt daS Socialistenaesetz durch die Fever einet hannoverschen Juristen, der, gegen wärtig am MeereSstrande wellend, von Norderney c»S dem „Hannoverschen Courier", dem Organe Bennigsen'-, schreibt: Wenn man nach der Kritik, welche die Blätter deS CentrumS und deS Fortschritt- an dem Gesetz entwurf gegen die Eocialisten ausüben, auf daS künftige Verhalten der beiden Fractionen im Reichs tage einen Schluß wagen darf, so ist eine Ablehnung deS Gesetzentwurfs « limine von dieser Seite und dem dazu gehörigen Anhänge auS dem Grunde zu be fürcht« n, w«,l man zu einem solchen Ausnahms gesetze die Hand nicht glaubt bieten zu dürfen. Vielleicht macht in der Zwischenzeit daS Gefühl von der Schwere der Verantwortlichkeit und die Erkennt- niß der Gefahren einer derartigen Opposition einer unbefangenen und ruhigeren Auffassung Platz; unter allen Umständen darf aber der Hoffnung Rzum ge geben werden, daß die national-liberale Partei, unbekümmert um das Stichwort eines Ausnahms- aesetzes, sich einer sachlichen und ernsten Prüfung der Vorlage unterziehen, und unter der Mitwirkung der konservativen Parteien, sowie unbeschadet der richtigen Grenzen d«S Bcreinsrechts und der Preß- sreihett, eine Verständigung mit den verbündeten Re gierungen erzielen werde. Der umfassende Gesetzentwurf erscheint in seinem «anzen Zusammenhänge als eine Vorlage, in der ein aufmerksamer Beobachter bald die Feder eines Ver fassers erkennt, welcher in der schwierigen und heut ,u Tage etwa« selten gewordenen Kunst, Gesetze zu ledigiren, in hohem Grade bewandert ist. DreS ist der Eindruck, welchen wir, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, im Großen und Ganzen von der Fassung des Gesetzentwurfs haben gewinnen müssen. So anerkennenSwerth solche Vorzüge einer gesetz lichen Vorlage sein mögen, so wird doch der Werth der letzten nicht durch diese äußeren und formellen Seiten, sondern durch den Inhalt bestimmt. In freien Staaten soll die Gesetzgebung ihre Aufgabe darin finden, den höheren Zwecken deS gesammten Staatslebens zu dienen, und unter diesen nimmt die Bestimmung, die uns durch unsere Natur als freie sittliche Wesen gegeben ist, und insbesondere die Verwirklichung der RechtSidee, die vornehmste Stelle ein. Nm den Gesetzentwurf mit diesen höheren Geboten von vorn herein in Uebereinstimmung zu bringen, müssen wir denselben auf zwei HauptgesichtSpuncte zurücksühren, die, wenn sie auch nicht ausdrücklich ausgesprochen sind, doch ihm zum Grunde liegen, oder »emastens bei der Beurtheilung als seine tieferliegew den Fundamente festgehalten werden müssen. DaS Gesetz verfolgt die beiden Ziele, oder sie vom höheren Standpunkte auS verfolgen: einmal, die beiden Grundrechte: die Freiheit der Bürger, zu Vereinen zusammenzutreten, und die Frei heit der Presse, nur gegen deren Mißbrauch durch die Socialdemokratie näher zu begrenzen; sodann, Gerechtigkert walten zu lassen auf dem Wege der Strafe gegen diejenigen, welche sich gegen die obige Rechtsordnung auflehnen. Wenn die Gesetzgebung sich dieses Ziel setzt, und sich innerhalb der danach gegebenen Schranken hält, welche Parier von Pflicht und Gewissen würde dann, selbst »nmitten leidenschaftlicher Kämpfe, die Aufgabe von sich weisen können, mit der Reichsregierung in der gemeinschaftlichen Prüfung und Verfolgung deS Ziels Hand in Hand zu gehen? Sehen wir von einzelnen Bestimmungen ab, die, werl sie die Grenzen überschreiten, einer Beseitigung oder Einschränkung bedürfen werden, z. B. die Z8 80 und 23, so finden wir den Grundgedanken, welcher der Gesetzgebung unterzulegen ist, gewahrt, wenn nach zwei Richtungen der Entwurf amendirt werden würde: zwei Puncte, die weder dem Princip der Vorlage in ihrer jetzigen Fassung widersprechen, noch die Be deutung und Wirksamkeit deS Gesetze- abschwächen würden. 1) Der 8 1 deS Entwurfs hat di« Aufgabe. s»fort den Begriff,der gemeingefäbrlichen Bestrebungen, denen das Gesetz «in für alle Mal Halt gebieten soll, srstzustellen. Er bildet die Unterlage, auf welcher die übrigen Theile ruhen, und beherrscht so das ganze gesetzlich« Bauwerk. Der mit dem Fundament ein verstanden ist, wird sich den weiteren Bestimmungen, die von ihm getragen werden, nn Ganzen nicht ent liehen können, wenn auch hier und da zu modificirrn sein möchte. Wie schwierig und bedenklich eS ist, im Recht Defi nitionen zu geben, erkannte schon daS Volk, welche- »n dem gesetzlichen Styl ru einer noch mcht über- »roffenen Meisterschaft gelangte, die Römer. Wir baden nicht nur Mit den Schwierigkeiten unserer Sprache »u kämpfen, sondern stehen im vorliegenden Fall« auch noch Verhältnissen gegenüber, die an sich dunkel und verwickelt sind. D»S sollte man berück sichtigen, eh« man über die Fassung d«S 8 1 urtheilt. D»e Charakterisirung der Bestrebungen al- social- demokrattscher, socialistlscher oder commumstischer mag in der Anwendung ft» Zweifeln Veranlassung geben können; allein di« Zweifel haben ihren Grund nicht muß in den gebrauchten Ausdrücken, sondern in den Dingen selbst. Die reellen Verhältnisse des Leben« find einmal von der mannichfaltigen Beschaffenheit, daß es nicht möglich ist, sie durch eine Definition so »u treffen und zu erschöpfen, daß Ungewißheiten nicht denkbar wären. Anders verhält es sich mit der Begriffsbestimmung deS zweiten Merkmal- der zu unterdrückenden Be strebungen, durch welche- deren Richtung gekenn- ichnet werden soll. Hier soll die Richtung auf ntergrabung der bestehenden Staats- oder Ge sellschaftsordnung entscheidend für daS Verbot sein. Wir haben den Eindruck gewonnen, als ob bei diesem Puncte eine bedeutsame Lücke bestände, nicht aber in dem Gedanken und den Absichten des Gesetzgebers, sondern nur in seinen Worten; eine Lücke aber nach unserer Auffassung, durch deren Ausfüllung erst die sonst vorhandenen Gefahren für daS Recht der freien Meinungsäußerung, für Freiheit des VereinSwesenS und der Presse, vermieden werden können. ES ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber eine Untergrabung bat verbieten wollen, die sich im Lauf der Zeiten in der Culturentwickeluna der Nationen vollzieht, und insbesondere keine solche, die objectiv auf wissenschaftlichem Wege vor sich geht. Die Worte aber können so gedeutet und von dienstwilligen Organen der Regierung zur Anwendung gebracht werden. Wer kann leugnen, daß Druckschriften, wie daS Buch von Montesquieu über den esprtt äes Ims und der e«ntt,t »oei,l von Rosseau die französische be stehende absolutistische Staatsordnung vollständig und nachhaltig untergraben haben? Wer möchte verkennen, daß die vormalige deutsche Gesellschaftsordnung, soweit sie aus der allge mein herrschenden Zunftversaffung der Gewerbever hältnisse berichte, durch die Literatur über Freiheit der Gewerbe wesentlich untergraben worden ist? ES bedarf keiner weiteren Ausführung, daß die bloße Richtung auf Untergrabung daS alleinige Merk mal für die Unterdrückung nicht hat sein sollen, und auch nicht sein kann. Es muß noch ein nothwendiges Moment hrnzutreten, um die Bestrebungen als ver werfliche und zu verpönende erscheinen zu lassen, und dies ist gelegen in dem bösen Willen, oder, um eine geläufigere Bezeichnung zu gebrauchen: in dem rechts widrigen Vorsätze der Menschen, von denen die Be strebungen auSgehen. Man hat im Gefühl der oben angedeuteten Ge- »ren für die Freiheit der Gedankenmtttheilung vor- chlagen, statt des Worte- „Untergrabung" zu setzen msturz". Allerdings würde dieses Wort den auf Gewalt samkeit gerichteten bösen Willen mit zum Ausdruck bringen; indeß aus der anderen Seite würde damit zu wenig gesagt sein, da neben der gewaltsamen Untergrabung auch noch andere, vom bösen Willen geleitete und daher zu unterdrückende Bestrebungen nicht nur möglich sind, sondern selbst thatsächlich sich in erschreckender Weise vielfach geltend gemacht haben. Wer Einrichtungen, die seit Jahrtausenden die Grundlagen der Staat-- und Gesellschaftsordnung gebildet haben und ein heiliger Glaube der Mensch heit geworden ist, wie Eigenthum, Ehe, Familie, nicht durch objektive wissenschaftliche Betrachtungen, sondern durch Herabwürdigung, Verachtung und Haß untergräbt, vielleicht daneben noch von selbstsüchtigen Gelüsten geleitet, der bekundet böswilliae Bestrebungen, welche auf einen Mißbrauch de- edlen Begriffs der Freiheit gerichtet sind, und die von der bürgerlichen Gesellschaft schon um ihrer Selbsterhaltung willen nicht geduldet werden können. Wir legen keinen Werth darauf, in welche Worte der Zusatz zu kleiden sein würde. Für wohldenkende Männer, die zur Aburtheilung berufen werden, ist die Sache klar genug, wenn sie irgend einen passenden Ausdruck findet. 2) Dre neue, in den 88- - bis 8 des Entwürfe- vorgesehene Schöpfung eine- ReichSamteS bekundet den Willen, in den wichtigsten Fragen di« endliche Entscheidung in die Hand einer Behörde zu legen, in welcher da- richterliche Element da- überwiegende ist. Man hätte dreist noch einen Schritt weiter Igehen, und da- auch schon in dieser Concesfion enthaltene rufen worden wären. Dem von unseren Vorfahren für heilig gehaltenen Grundsätze, auf welchem da- gesammte Staat-recht d«S vormaligen deutschen Reich- mit seinem Schluß stein de- Reichskammergericht- basirt war, und wo nach da- Rechtsprechen m öffentlichen und privaten Angelegenheiten nur ständigen Gerichten überlassen wurde, sind wir in neuerer Zeit wiederum etwas näher getreten, nachdem die traurigste Periode in unserer Geschichte, die Nachahmung des romanisch französischen verwaltunaSsystemS, die alten Traditio nen in Vergessenheit gekracht hatte. Andere Nationen mit vorherrschend germanischem Etamme-charakter, wie Engländer und Nordamerikaner, haben jene Ueberlieserungen treu und fest bewahrt und erblicken darin mit Recht die vornehmste Garantie ihrer poli tischen und bürgerlichen Freiheit. Wir haben eS mit der Bildung von künstlichen und gemischten Instituten versucht, die kalb als Justiz und halb alS Verwaltung erscheinen und unter dem Namen von Aarargerichten, ÄblösungS- und Thei- lungSbehörden, Verwaltungsgerichten mit Functionen betraut sind, die wesentlich dem Gebiet deS Recht« sprechen- angehüren. Jetzt soll die Zahl noch um eine neue Schöpfung dieser Art vermehrt werden, wo es sich um eine In stanz handelt, der gerade im Hinblick aus die von der Leidenschaftlichkeit der TageSmeinungen beherrschten Streitfragen vor Anderen die Aufgabe zufällt, die Dinge mit der dem ständigen Richteramt beiwohnen den Objecttvilät und Ruhe zu prüfen und zu ent scheiden. Betrachten wir das Gesetz von dem oben hervor gehobenen ethischen Standpunkte aus, daß nach dem Geiste desselben die Verbote sich auf den Mißbrauch deS Verein-recht- und der Preßfreiheit zu beschränken haben, worin zugleich mittelbar ein Schutz dieser Grundrechte und eine Befestigung derselben in der Achiung des rechtlich denkenden TheilS der Nation gefunden werden muß, so nimmt die dem ReichSamt überwiesene Entscheidung den Charakter eines Rich ter spruchS an. Es handelt sich dann darum: ob dieser Verein durch Mißbrauch sein Vereinsrecht, ob diese Druckschrift durch Mißbrauch die Preßfreiheit verwirkt habe. Alle principiellen Gegner der Vorlage, sowie die gesammte radikale Presse sollten der Wahrheit eingedenk bleiben, daß gewisse Güter nur durch Mäßigung unser eigen werden und erhal ten werden können; und daß der sicherste Weg, um großen politischen Freiheiten die dauernde Ehrfurcht in dem Gemüthe deS Volks zu bewahren, gerade darin besteht, sie gegen Mißbrauch und Zügellosigkeit zu sichern. Wer würde dieser Ansicht nicht mit Freuden zu stimmen. Je unbefangener und leidenschaftsloser die Vorlage geprüft wird, um so eher ist auf eine Verständigung darüber im Reichstage zu hoffen. Thatsächlich steht fest, daß die Meinung im Volke für dieselbe bedeutend an Boden gewonnen hat und daß selbst streng liberale Preßstimmen sich be reit- dahin aussprechen, eS müsse etwas geschehen, um dem weiteren Gebühren der socialistischen Agi tationen mit Erfolg und Nachdruck entgegenzu- treteu. TagrsgrschichtLiche Uederßcht. Leipzig. 2. September. ES heißt, daß der Kaiser Wilhelm mit seinem Wiedereintreffen in Berlin im Monat October die Regentschaft wieder im ganzen Umfange über nehmen iverde. Wie da« „D. M.-B." erfährt, ist daS zwar der Wunsch des Kaisers, der an eine angestrengte Thätigkeit gewöhnt ist, die Erfüllung desselben wird jedoch von dem Gutachten der Aerzte abhängen. Diese wollen erst den Erfolg der Gastemer Cur avwarten und darnach ihre Entschei dungen treffen. Da« Eine scheint jedoch heute schon festzustehen, daß der Kronprinz während deS ganzen Verlaus« der außerordentlichen ReichS- tagSsession die Regentschaft beibchält. Sollte, waS wahrscheinlich, der Kronprinz den Reichstag in Person eröffnen, dann, aber nur dann, würde man allerdings den Erlaß einer Adresse an den Kaiser in Erwägung ziehen. AuS Gaftein wird vom 1. September Nach mittags gemeldet: Se. Majestät der Kaiser begab sich heute Vormittag 11 Uhr in Begleitung de- Generaladjutanten Grafen v. d. Goltz zu Wagen zur Kirche und wohnte in dem mit Andächtigen überfüllten Gotte-Hanse dem Gottesdienste bis zum Schluffe bei. — DaS Weiter ist prachtvoll. Die Gerüchte, daß Cardinal Hohenlohe oder wie es neuerding- heißt, auch der deutsche Botschafter in Rom, Herr v. Keudell, der noch auf Urlaub ist, mit der Fortführung der Verhand lungen mit der Curie beauftragt sind, sind — wie osficiö- versichert" wird — ohne thatsächliche Unterlage. Zur Zeit sind Unterhandlungen über- t nicht im Gange, da die Entscheidung der e über den Bericht deS NuntiuS Masella noch auSsteht. Au« Nom wird von informirter Berhand- Stelle der „P. C." berichtet, daß die eS heißt, hänge der eventuelle weitere Verlauf der ganzen Angelegenheit davon ab, wie sich die Grup- pirung der Parteien im deutschen Reich-tage gestalten werde. Seit dem letzten Versuch, ein Eisenbahngesetz für da- Reich zu Stande zn bringen, sind nun wieder mehrere Jahre vergangen, und die Vorher, sage de« ersten Präsidenten de- Reich» - Eiseubahu- amt«, de« Geh. Rath Scheele, e- würde unter dem Fortbestände der jetzigen Verhältnisse niemals gelingen, ein solche« Gesetz zu Stande zu bringen, sollte sich im vollsten Umfanbe bestätigen. Se n Nachfolger, der jetzige preußische Handel-minister Maybach, erneuerte den Versuch und mußte vor den Bedenken der Mittel- und Kleinstaaten Kehr: machen. Inzwischen verlautet, daß der Gedanke, ein solche- Gesetz zu schaffen, nur vertagt i't und daS bisher gewonnene Material nicht verloren sein soll. Man spricht von dem Entwurf neuer Jläne, die im preußischen Handelsministerium ent- anden sind und denen der jetzige Chef desselben wohl erst nach Abtrennung de« Departements für Handel und Gewerbe von dem jetzigen Reffort näher treten wird. Den Weg, vorher durch eine sondern es vorziehen, mit direkten Anträgen au den BundeSrath zu gehen. Wahrscheinlich wird mau, nach der „K. Z.", schon im nächsten Herbst Nähere« darüber erfahren. Die bevorstehenden Wahlprüfungen i« Reichstage werden sicher ebenso interessant wie umfangreich werden. Die alS ständige Commission zu wählende WahlprÜfungSco mmissio u, eine noch neue Einrichtung, welche im preußischen Ab geordnetenhause neuerdings eingeführt worden uno mit gutem Erfolg sungirt hat. wird mehr alS vollauf zu thun haben. Bezüglich einer Anzahl Wahlen werden noch weitere Aufklärungen von den betreffenden Behörden durch die Vermittelung de« Reich-karnleramtS gegeben werden müssen, bevor «n «ne Entscheidung gedacht werden kann. Nach der Ansicht der WahlprusungScommissivn de« letzten Reichstag« hat sich der mehrfach eingefchlagene Weg. die Actenvervollständigung direct durch daS Reichskanzleramt zu veranlassen, durch Zeitersparniß und Raschheit bewährt. AlS fraglich ist eS nocd anzusehen, ob auch solche Wahlen an die Wah!- prüsungScommission zu verweisen sein werden, bei denen «neAnfechtung de« GesammtrcsultatS, d. h. der Wahl de« proclamirten Abgeordnete:', nicht vorliegt, sondern die Beschwerden und Protesie sich nur auf Einzelvorgänge beziehen, welche für die Hauptentscheidung ohne Einfluß sind. In, letzten Reichstage hatten mehrere Abtheilungen die^e Krage bejaht, während die WahlprüfungScommission in Uebereinstimmung mit einer Anzahl Abtheilunacn die Ansicht vertrat, daß der §. 5 der Geschäfts ordnung ihr nur solche Wahlen zuweisen wolle, bei denen eS sich um die Gültigkeit der Wahl selbst handelt. Durch die Beschränkung de- Arbeit«- stoffeS deS Reich-tagS aus die einzige Socio« listenvorlage wird die bevorstehende Session ein ganz eigenartiges, wohl noch nicht dagewesencS äußere- Ansehen gewinnen. Nack den Constitui runaSgeschästen und der ersten Lesung deS Sv- cialistengesetzeS wird die ganze Tytitigkeit deS Reichstag- in den Arbeiten derjenigen Commission, an die da- Gesetz überwiesen werden wird, sow'e vielleicht einiger andern Commissionen, wie für Wahlprüfungen, Petitionen u. dergl. bestehen. Kür daS Plenum aber wird geraume Zeit hindurch eine Beschäftigung nicht vorhanden sein. In national-liberalen Kreisen fürcht« man, die Berliner Wahlvorgär»be, die zu einer offenkundigen Spaltung der Part« wenigsten« bei dieser ein,einen Gelegenheit geführt Hab«., möchten ihre Nachwirkung aas die Zusammen setzung der Fraction im Reich-tage ausüben, in sofern alS der äußerste rechte Flügel, als dessen Führer der Abgeordnete v. Treitschke betrachtet zu werden pflegt, sein thatsächlich bereit- vollzoge ne- Ausscheiden au« dem FractionSverbande nun mehr auch formell vollziehen werde. Es wird die« - schreibt man der„W.-Z." auSBerlin — nachdenzahl reichen wäbrend der Wahlbewegung zu Tage getrete neu Gegensätzen als eine nicht mehr zu vermeideut c Thalfache betrachtet und eS sollen auch die in Rede stehenden Abgeordneten bereit« vertraulich die Bil düng einer neuen selbstständigen, zwischen Freicon servativen und Nationalliberalen vermittelnden Welcke etwa ein gewinnen wird, läßt sich noch nicht vorhersehen, da die post tische Richtung vieler neuer Abgeordneten nicht bi» in die genauen Nöancen bekannt ist, manche auck mit etwa- modificirten Anschauungen zurliakehren dürften. (Man darf da- Ausscheiden deS Herrn v. Treitschke alS einen Gewinn für die Parte: betrachten. D. R.) Nach amtlicher Feststellung sind bei der im 3 WablkreiS de« Regierungsbezirk- Er-
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