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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.10.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-10-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187810033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18781003
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18781003
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-10
- Tag1878-10-03
- Monat1878-10
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.10.1878
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Grschet»t tLgltch stich 6',. Uhr. »»«»«, «d «qubvt«, Johuuutsgass« SS. flyeochßuube» der RrdvÜ»«: GonuittagS 10—12 Uhr. Rochmittag» 4—« Uhr. der für bte uüchfl- Nmnm« besiimmten « «ocheatagen bis Nuchmtttun», tt« Soun» ch-^NftjchdiS'/.VUtzr. ! A» «e> Miete» stk Z»ü L»«ch»»: I Vit» Rlr««. Untverfitättstr. 2», > Smu-Lösche, «athariueustr 18.P. «rr dt» vhr. UtiWM.TagMM Anzeiger. vrW str Politik, Localgrschichtk, Handel» md Geschäftsverkehr. «»»-«»slOV tL.8»». TS«»»e»>r»l»peet» viertelt. incl. «nngerlobn k Vet, durch die Post bezog« s «k. Itd« einzelne Nummer St PH. Belegexemplar 1« M. Gebühren für Extrabeilagen <tz»e Postbesbrberung 3« Mt. «lt Postdesvrderuog 4L Mk. Inserate Lgesp. Petitzeüe 20 Pt ^rSyerr Schraten laut nufere» PreiSverzeichniß. — LadeLarrfcher Satz nach höherem Tarif. Leetame» ,»ter de« Rrt«ctt»»»strtch die Spaltzeile 40 Pf. Inserate sind stet» au d. tlpeSttio» zu senden. — Rabatt wird sicht gegeben. Zahlung pr»«arun«»n<t> oder durch PostvvrschuH. 276. DomrerStag den 3. October 1878. 72. Jahrgang. Bekanntmachung. Vsn heute an befindet sich unser statistisches Gurea« Brühl fit, Blauer Harnisch, im ». St»« recht». Echpzig, den 8. October 1878. Ler N»rtz her Stadt Leihzr,. vr. Tröndlin. Haffe. Oeüentlieke 8anl1el8l6dran8la1t. ver voterriebt io äer I-edriln^nndtlleNuax reirä Rontax, ä«u 14. October Mieäer sortsseeetri. X» meläuaxen rum Eintritte in äieee Xbtdeiluvx reeräen iegliek eon 11—12 vbr Vormilleg« im Sedelleeel« euigegevgeoowmen. Oarl Aolkru», vireeior. Dir indische Politik -es Tory-Labiuets. L»rb Veacou-field weilt „fern von Madrid" i noch immer auf seinem Landgut e. um lästigen t Meeting», Interview- und allerlei Demonstrationen, s welche seine indische Politik heraufzubeschwören be- ' ginnt, au» dem Wege zu gehen. In der That, e- zieht sich ein Unheil, und verderbenbringende» Grwitt« über seinem Haupte zusammen, eine Folge der unklugen „Energie", mit welcher er dem englischen Reiche die erste Rolle in der Lösung der or,ental,schrn Frage zuzuweisen bestrebt war. Den hochfliegenden Plänen und den scheinbaren Er» folg« de- ersten Anlause- ist eine arge Ernüch terung gefolgt, er hat da- Land in einen schweren Krieg verwickelt, welcher die Behauptung Indien- für ^die Folge mit Schwierigkeiten ohne Gleichen omgiebt. ES Hilst keine Vertuschung, da-Tory- Eabinet hat eine schwere Niederlage erlitten. Ver- uriheilt von der öffentlichen Meinung de- eigenen Landes, verurtheitt von Europa, steht heute der eaglifche Premier vor einem verhängnißvollen Wendepunkte seiner Staatskunst, welche darauf hinau-lief, durch Actionen der Welt zu imponiren. Mil Drohungen und Ränken allein ist indessen Nicht- gethan, die unblutigen „Erfolge" finden ihr blutige» Nachspiel und der alte Gegensatz zu Rußland tritt mit äußerster Schärfe wiederum au» der notbdürftigen Verständigung hervor, welche als ein erfreuliche- Resultat des Berliner Con- grrffe» erschien. Um so bedenklicher sind ^etzt die alten Wunden wieder aufgebrochen. Mit einer ver blüffenden Schnelligkeit spitzt sich die„Afghanische Krage" zum Kriege zu, dessen Folge in jedem Wall«, England bezwinge den aussätzigen Emir, oder nicht, ein Zusammenstoß der Russen und Englän der ft» Asten fein wird. Me Position, welche sich ^Rußland iu den von ihm unterworfenen Khanaten rrch Klugheit und Tapferkeit geschaffen, ge« etet den englischen Einflüssen auf die central- asiatischen Stämme ein kategorische- „halt": ein Zustand, welcher seine Rückwirkung auf da- „beherrschte Indien" nothwendlg haben muß. E» müßren Zeichen und Wunder geschehen, wenn nicht eine Reihe Aufstände die Folge eine» Kriege- mit Afghanistan sein würden. Die indisch« Bevölkerung, die unterjochten eingeborenen Fürsten haben nur zu oft den ihrer Race eigen thüwlichen Trotz gezeigt, selbst wenn e- sich nur um da» Phantom der wieder zu erstrebenden Unab hängigkrit handelte. Bo» großem Interesse wird e» sein, einen Rück blick aus die indische Politik dcS Torycabinet» zu Wersen, um im Einzelnen zu erkennen, welche Fehler gemacht wurden, um diese» Gewitter über den Häuptern desselben beraufzubeschwören. In diese» Sinne äußert sicy die „W.-Z." wie folgt: Nicht» ist aewiffer, al» daß hinter dem afgha nischen Fürsten Rußland steht, und daß Schir Ali'» feindliche» Aufireten einen wichtigen Wende- nct in der asiatischen Politik bedeutet. Die ' en, wo England Afghanistan als neutrales net betrachten konnte, sind unwiderruflich vorüber. Kabul und Kandahar müssen entweder englische Bollwerke werden, oder sie dienen fortan Rußland als Uusfallftationen. Und daß di« Dinge diese Wen- duna genommen haben, ist nicht etwa da» Werk russischer Jntriguen, sondern es ist in erster Linie die Frucht der torvistischen Orientpolitik, deren verhangnrßvolle „Energie" dem englischen Volke noch theuer zu stehen kommen wird. Bekanntlich war seit reichlich zwanzig Jahren unter dem Einflüsse de- Sir John Lawrence der indischen Politik England- das Princip chner strengen Zurück haltung zu Grunde gelegt. Man wollte eine starke Berthe,digunasftellung bei Peschawer und an den Püffen des S»Iiman-Dag h behaupten und jenseits de» Gebirges seinen Einfluß nur dazu benutzen, um stabil« Verhältnisse herzuftrllen. Daraus ging zunächst ein sehr erfreuliches Einverständniß mit dem allen Gegner D»ft Mahomet hervor, ein ElnverstverstSndniß, da- sich während der gefährlichen Katastrophe des Eepoy-Aufstande- glänzend bewährte. Rach de» Tode de» Emir» beging die englisch« Politik paar «men argen Fehler, indem sie nicht den be rechtigten Nachfolger Schir Ali, sondern seinen mBruderAs»ulKhan begünstigte. Aberdieser ... st wmde wieder gut gemacht, und durch Lord atz» al- vicekönia im Jahre 18«S in Um da Nah Vertrag mit Schir Al, geschlossen, der äußerlich n» di« besten Beziehungen zwischen der indischen id afghanischen Regierung h. rstellte. Seitdem halte sich der Emir Jahre hindurch über England nicht zu beklag«. Er erhielt seine jährlichen Subfidien und reichlich, Wasfensendunaen; er wurde in seiner inneren Politik so wenig belästigt, daß die Engländer nicht einmal einen Gesandten in Kabul hiellen; seine Ansprüche auf Wakhan, vadakschan und ander« District« am linken Oxu-ufer wurden von Eng land kräftig gegen die Gelüste BokharaS und Atußland» vertheidigt. Andrerseits schob das Umrrnreich sein« Grenzen unablässig gegen Süd- Hste» vor; Bokhara, Khokand, Khrwa er lagen seinen Waffen und verschwanden thatsächlich au- der Reih« der selbstständigen Staaten, wenn sie auch zum Theil noch eine Scheinexisten» retteten. Selbst ein geringe- Maß politischer Klugheit mußte ausreichen, um dem Emir von Afghanistan begreiflich zu macken, daß die Truppen des russischen Kaisers, wenn die Zeit gekommen sei, an seinen Grenzen nicht Halt machen würden. Allerdings war die englische Macht in größerer Näh«: zeigte auch sie feindliche Ge sinnungen, so mochte eS gerathen sein, sich lieber dem entfernteren und vor der Hand noch minder gefähr lichen Feinde, den Russen, in die Arme zu werfen. Aber diese Alternative war ja gar nicht gestellt: Eng land erwieS sich freundlich und rücksichtsvoll; seine Politiker bekannten sich zu dem Satze, daß ein kräf tige- Afghanistan das beste Bollwerk für Indien sei. Was konnte Schir Ali bewegen, trotzdem sich mit den Russen einzulassen- Nicht- Anderes, al- der Umschwung in der indischen Politik England-, der m»t dem Sturze deS Whig- cabinetS und ganz besonders mit der Ernennung Lord Lytton's »um Vicekönig eintrat. DaS erste Symptom dieser Wendung war die Annahme deS Kaisertitels durch die Königin von England. Erregte dieser Act bei den getreuen Nntetthanen Ihrer Majestät in Europa ein gewisses Mißbehagen, für dos concrete Gründe schwer deizubringen waren, so wurde er in der mohamedamschen Welt, vielleicht auch nur infttnctiv, aber jedenfalls mir großer Gewißheit als ein drohendes Prvgramm betrachtet; der große Pomp, mit dem die Iwpeistti» Illäise am 1. Januar 1877 in Delhi proclamirt wurde, und die glanzvolle Rundreise des Prinzen von Wales mochten geeignet sein, die Gutgesinnten zu erfreuen und den Gleichgültigen zu imponiren: für die Mißtrauischen und Abgeneigten waren «S nur neue Verdachtsmomente. Unter den einheimischen indilchen Fürsten machte sich die Unzu- 'in lehr auffälligen Zeichen Luft. Der sah sich p» Reirresftvmaßreaeln veranlaßt, ! w«rd« ringeführt, den Radschahs aufge- geben, ihre Lruppenzahl so weit zu verringern, daß st« dem einzigen Zwecke, den st« zu erfüllen hätten, der Aufrechwaltung der Ordnung im Innern, ge nügten: di« Bettheidigung nach außen, so wurde mit scharfen Worten erklärt, werde die Regierung selbst besorgen. Aber eS blieb nicht beider vertbeidigung nach außen, oder dies« Bettheidigung nahm doch die Form der Offensive an. Zuei st »Achte sich Lord Lytton, schon im December 1876, in die ziemlich wirren Ver hältnisse Belud schist an». Er lud die Häuptlinge der Bttudschenftämme zu einer Zusammenkunft, er kannte «Mcherserts die Supiematie deS Khan» von Khelat an, versprach diesem Unterstützung und chickte einen Olficier mit nniltaittscher Escorte an einen Hof. Daraus ergab stch al- nothwendige Eon- equenz, daß man d»e Verbindung m,t Kbelat sichern mußte: Oberst Sandemann besetzte den Bolan- paß und das am jenseitigen AuSgange gelegene Quetta. Für Schir Ali war da- eine offenbare Bedrohung: die Engländer batten sich in den Besitz emerStraße gesetzt, die ihnen gestattete, jederzeit in seinem Rücken zu erscheinen. Und damit noch nicht genug, stellte Lord Lytton gar ein förmliches Piogiamm auf, da- die bisherige Politik der „nttisteryaften Un- thätigkrit" einfach umstieß. Lus Nainr Val, seiner Sommerresidenz am jmiltleren Himalaya, richtete er am Lü. April 1877 ein Memorre an den Minister für Indien, Lord Salisbury, in dem er eine neue Grenzpolitik empfahl. Da da- Eabinet ihm (durch Saäl-burh'S Note vom 11. Nov.) zutzimmte, wurde da» Land am linken JnduSufer zu einer eigenen Provinz umgeftaltet, dre den Namen Nordwestgrenze und eine centralisitte Militair- und Sivilverwaltung erhielt. Ein neue- Regime begann, da- sich soso« in kleinen Kriegen mit den AfrediS, Dschowakis und andere« Afghanenstämmen zu erkennen gab Wie de- BolanpasseS im Süden, so bemächtigten sich englische Truppen de» Passe» von Ko hat im Norden. Schir Ali hätte bund sein müssen, wenn er nicht erkannt hätte, daß alle Vorbereitungen dahin zielten, einem englischen Heere den Einmarsch in Afghanistan zu sichern. Natürlich unterstützte er nun unter der Hand seine Landsleute, d»e oben genannten Stämme; natürlich hörte er nun auf die russischen Sirenengesänge und ließ stch die Versprechungen de» General» Abramofk gefallen: mit der Abweisung Sir Neville Ehamberlain's hat er die Maske vollend- abgeworsen und steht jetzt al- erklärter Feind England- da. Es ist ein müßig,» Unternehmen, zukünftige Dinge vorauszusaaen, doppelt müßig, wenn di« ausschlag gebenden Factorrn fast all« noch unsicher find. ES ist möglich, daß Schir Ali noch einlenkt; es ist mög lich, daß Rußland ihn nur heimlich, möglich aber auch, daß es ihn offen unterstützt; eS ist möglich, daß er Verbindungen in Indien, möglich, daß er gefährlich« Feinde in seinem eigenen Land hat. Aber wie di« Ding« auch liegen mögen, für England haben stch sich erheblich verschlimmert und zwar ver schlimmert durch eigene Schuld. Und eben deshalb ist es wahrscheinlich, daß der entstandene Conflict nicht durch einen matten vergleich des« tigt werden wird. Wenn Beaconsfield s „imperalistische" Politik überhaupt gerechtftttigt werden kann, so kann das nur durch den Erfolg geschehen; nachdem di« Ver nicklung so weit gediehen ist, kann sie nicht ander» geschlichtet weiden, als dadurch, daß di« englischen vor Posten bi- «n den Oxu» vorrücken. Len Russen ist da» an sich gar so unlieb nicht; sie haben mehr al» einmal den Engländern Afghanistan auf dem Präsentirteller entgegengetragen. Aber bi-her hatte da- warnende 7imeo Osnsos et äov» tereotes in London offene Ohren gefunden. Die Gebirgspässe Indien- bieten eine vortrefflich« Defensive, und vor einer großen englischen Niederlage ist ern neuer Auf stand am Ganges nicht zu befürchten. Diese Nieder lage läßt sich ihnen in dem feindlichen Afghanistan, wo sie so viel weiter von ihren eigenen militainschen HülfSquellen entfernt, wo ne der russischen Ope- rationSbasiS so viel näher sind, weit leichter bei- bringen als bei Peschawer, und der Eindruck in Indien wird dann wo möglich noch gewaltiger sein. Erringt das Torycabinet den Erfolg, Afghanistan dem britischen Scepter zu unterwerfen, so kann eS diesen zweifelhaften Triumph nur dadurch zu einem un- zweifelbaften machen, daß eS — früher oder später — in offener Schlacht auch die Russen in den Kha naten aufS Haupt schlägt. Die Stellung Rußland- in den Khanaten aber ist eine feste und gesicherte; wer hier für den Fall eine- Zusammenstoßes Sieger bleiben würde, da zu erwägen, wäre müßig, an Gründen für die Wahrscheinlichkeit zu Gunsten der Russen indessen fehlt e- nicht. . * Telegraphische Meldungen: Paris, 1. October. Die „Agence HavaS" läßt sich aus London melden, durch den englischen Ge schäftsträger in Petersburg sei dem russischen Mimfterium de» Auswärtigen nne Note überreicht worden, in welcher die Frage aufgeworfen werde, wie die russische Regierung die Mission Stoljetoss'S nach Kabul mit den von ihr früher übernommenen Verpflichtungen, wonach sie aus jeden poiitrschen Ein fluß in Afghanistan verzichte, in Einklang dringen woüe. Die russische Regierung Hab« daraus «wi dert, sie sei jederzeit gewillt gewesen, bestehe«»« Ver pflichtungen zu respectiren, die Mission Stoljeloff'S se» unter Umständen beschlossen worden, die heut« nicht mehr existrnen und habe lediglich einen Act der Eouttorsie gegen den Emir zum Zweck gehabt. London, 1. October. DaS englische Eabinet hat beschlossen, der indischen Regierung in der Afghanlstanfrage freie Hand zu lassen.—Ei Bataillon und k Batterien Artillerie haben Marschordre nach Indien erhallen. London, 80. September. Seiten- der indischen Regierung find Vorkehrungen zur schleunigen Wetterführung der Eisenbahn Lahore-Pescha- wer getroffen worden. ES wird dieS der Absicht zu geschrieben, so rasch wie möglich eine gute Verbindung nach dem Keiber-Paß herzuftellen. Die Bahn würbe den Keiber-Paß und zwar den südlichen AuSgang mit Calcutta, Bombay und Kurachee in direkte Verbindung bringen. Die gegenwärtig beiJhelum endende Bahn wird nach Ausführung de- längst be stehenden Projekts bis Attock führen. Politische Ueberficht. Leipzig. 2. October. Am Dien-tag fand unter dem Vorsitz de- Reich-- kanzlers eine Conferenz der Minister der Bundesstaaten über das Socialistea-Gesetz statt; dieselbe hat mehrere Stunden gedauert. Ferner wird gemeldet, daß Herr von Bennigsen gleich nach seiner Ankunft au- Hannover mit dem Fürsten BiSmarck eine längere Besprechung hatte. Die officiöse „N. A. Z." von Dien-tag bestätigt diese Nachrichten: Der Fürst-Reichskanzler ist in der Nacht zum Sonntag nach Berlin »uiückgekehtt. Sein Befinden ist ein erfreuliches und hatte er bereit» im Laufe des EonntagS längere Besprechungen mit allen denieniaen Staatsmännern, welche an der verathung de- So- ciuliftengesetzeS einen hervorragenden Antheil haben; gestern eonferirte er namentlich noch mit den hier anwesenden Ministern der Mtttelstaaten. An der heutigen EommisfionSsitzung betheiligte sich Fü'ft Bis marck indrß nicht. Ueder die Lago des Socia- liftengesetze» hat die heutige Eommisfionssttzung, wesentliche Klarheit gebracht. Das hauptsächlichste Bedenken der Regierung gegen die Beschlüsse erst« Lesung bleibt die Gültigkeitsdauer desGesetze». Wenn vorgestern ein Blatt sagte: „Ander- al» mü dem Termin von 1881 kommt das Gesetz nicht zu Stande", so könnte man mit gleicher Bestimmtheit entgegnen: Mit dem Termin von 1881 kommt das Gesrtz nicht zu Stande. Jnzwischken bleibt man in Regierunaskreisen nach wie vor der Zu versicht, baß die Verständigung auch über diesen Punct gelingen wird. Die Haltung der nationalliberalen Presse bestätigt sott und sott die Ueberzeugung, daß da» Gelingen der Ver einbarung auch m den nationalliberalen Kreisen als eine unabwei-iich« Nothwendigkeit d«S Lugenblickes erkannt wnd. Der „Kölnischen Zeitung" wird üb« da- Eingreifen des Reichskanzler» in den augen blicklichen Stand d« Berathung de- Socialisten- gesetzes au- Berlin gemeldet: Rach der Stimmung, in der der Reichskanzler von Berlin abreifte, und nach seinen brieflichen Aeußerungen fürchtete »ran. daß er an den Aende- runaen, die bas Eocialiftengesetz in den Eom- Missionen erhallen, größeren Anstoß nehmen werde, al» die hiesigen Bettreter der Regierung. Indessen hat eS sich glücklicherweise gezeigt, daß dre Stimmung de- Fürsten versöhnlich ist und er auf der einen Sette mtt dem Reichstage, auf der anderen mü den süddeutschen Regierungen einen Ausgleich herberzuführen sucht. Wegen der Berufungsinstanz wird der Bundesrath den Harnier'schen Vorschlag mit geringen Abänderungen annehmen. Nach diesem Vorschläge soll die Oberbehörd« gebildet werden auS vier Mitgliedern de- BundeSratbeS und auS fünf Mitgliedern der höchsten Gerichte. Die Regierung wird einverstanden fern, wenn statt der fünf Mit glieder auS den höchsten Gerichten gesetzt wird: vier Mitglieder aus den höchsten Gerichten oder Oberver- waftunasgerichten, und die Ernennung de» neunte» Mitgliedes dem Kaiser anheimgegeben wird. Di« Regierung wünscht daS Gesetz allerdings ohne Frist- bestimmung, aber sie sieht, daß dieS beim Reichs tage nicht zu erlangen ist, und wird zufrieden sein, wenn ihr die Dauer deS Gesetzes statt bis 1881 aus fünf Jahre bewilligt wird. Außerdem verlangt Fürst BiSmarck genauere Bestimmungen im erste» Paragraphen. Ueber alle diese Dinge wird sich hoffent lich ein tlebereinkommen treffen lassen, da Fürk Bis marck offenbar nicht auf eine neue Auflösung deS Reichstages binfteuert, sondern aufrichtig wünscht, daß da- Socialistengesetz zu Stande komme. Am Mittwoch den 9. d. M. wird die Präsi dentenwahl de- Reich-tage- für die Dauer der Session zu erneuern sein. Es ist kau» anzunrhmen, daß man dabei and«- verfahren wird al» i» den letzten Jahren, wo in solchen Fälle» stet- die Wiederwahl de» Präsidium- durchAccla- mation zu «folgen pflegte. Präsident v.Forckeu- beck wird nach Breslau abreisea und von dort au- erst seine Entscheidung über die Annahme fein« Wahl zum Oberbürgermeister von Berlin treffen. Der erste Vicepräsident de» Reich-tag- Frhr. v. Staufsenberg hat sich, obschon selbst noch leidend, nach München begeben, um a» da- Krankenlager seine- BrudnS zu eilen, d«, au einem organischen Uebel leidend, hoffnnng-lo- daniederliegt. (Derselbe ist Flügeladjutant des König» von Bayern.) Da nun auch der zweite Vicepräsident Fürst Hohenlohe-Langenburg leidend ist, so ruhen augenblicklich die Präsidial- gefchäfte allein bei Herrn v. Foickenbeck. Der in Stettin gewählte Reich-tag-abgeordnete, Stadtrath Schlutow, hat sich auf dem Bureau deS Reichs tages zum Eintritt gemeldet und sich der natio- nallideralen Fraction angeschloffen, so daß dieselbe durch die nicht durchgesetzte Wahl de- vr. Kapp in so fern keine Einbuße «leidet. In den Reihe» der CentrumSfraction de» ReichStageS wird auf- Entschiedenste in Abrede gestellt, daß die Verhandlungen zwischen d« preußischen Regierung und dem Vatican untn Ignorirung der Centrum-partei weiter fort« geführt werden. ES wird dort der Standpunct vertreten, daß, da der kirchliche Streit nicht von Rom, sondern von Berlin au-gegangen, die CeutrumSsraction ganz correct handle, wenn sie jeden zwischen der p,eußischen Regierung und dem Vatikan etwa zu treffenden Ausgleich auf religiösem Gebiete, der die Billigung und Genehmigung des Papste» gefunden, acceptirt. Daß die Centrums- sraction eine auch von Rom au- unabhängige politische Partei sei, da- werde sie in d« bevor flehenden Session deS preußischen Landtage- be weisen. Der Culturkampf werde dort mit größer« Schärfe al- je zuvor fortgesetzt werden. Man werde im Abgeordnetenhaus? einen Gturmlauf gegen den Cultusminist« und seine Verwaltung «nternehmen und namentlich gegen dessen Anord nungen bezüglich d« Ertheilung de» Religion», unterrichte- m der Volksschule Vorgehen. v«eit- wird da» nothwendige Material für die bevor stehenden Verhandlungen im Abgeordnetenhaufc gesammelt. Am 4. October tritt die au» Elf der hervor ragendsten deutschen Juristen zusammengesetzte Commission für die Bearbeiiuna des deutsche« EivilaesetzbuchS wird« zusammen. — Die Commission für Lusarbeitung der Recht-« Anwalt-Gebühren- Ordnnug besteht außer deu Commissarien de» Reich».Iustizamt», Gebeimem Iusftzrath Kurlbaum II. und dem Commissar der Finanz-Verwaltung, Geheimen Ober - Finanzrath Rudorf, aus Mitgliedern des Advocatenstandes uud zwai: Iustizrath v. WilmowSki für die Advocatur d« allen preußischen Provinzen, Iustizrath Link- man für die Avvocatur de» Rheinischen Recht». Iustizrath So«- au- Hessen. Iustttralh Areitlcin au» Bamberg, Iustizrath Richter an» Sachsen, vr. Götz aus Stuttgart, vr Wolfstem au» Hamburg und Advocat - Anwalt Schneegcm« aus Elsaß.
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