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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.10.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187810073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18781007
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18781007
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-10
- Tag1878-10-07
- Monat1878-10
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.10.1878
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4P ErlH-ütt tHGÜH früh ey. Uhr. «chettw, tt» «v»«lt»> S»h«uriSgass« 5S. Lrrchtünltc, »er »eDattt«»: Lnrnisttag« ln—12 Uhr. Nachmittag« 4—0 M». Mmmdme »er sttr die ntchst- iaiarnoe «»»«er besttmmlr» Znirralr LN Wschentagen dis K Uhr Nachmittags, au Loan. «» Festtage» früh dia '/,V Uhr. 1, »e>S«»t», stk Jas. .Xauah««: Ott» Kle««. NntverstiLicstr. 22. -«tt-L-sche.L-1harwensir 18.P. »», »iS Uhr UriMger.TagMM Anzeiger. Organ str Politik, Localgeschichte, Handel» Md Geschäftsverkehr. «eb.»ufl«^ 1L.80». r»»a««rM»Prri, vkttttj. «V.ML. mcl. Brmqertohu S vü. durch di« PvH bezog«« k Jed« rinzrlae Nummer 2L d» Belegexemplar 10 Pf. Gedüdrrn für Spradrttager! »har Postbrsvrderuug 3« V:k. mit Posidesürderuug 4L Li. roserok Lgesp. Petitzciie 20 H»s Nrößere Echnftru laut unserem PreiSverzeichniß. —Tudeüarchkxr Sah «ach höhere« Lar». Rkkl»»ev »»ter de» »eö«1t,^ku» di« Spaltzeil« 40 Pf. Inserate sind stet» au d. <e»e»tn»» zu senden. — Rabatt wird n ^: gegeben Zahlung pr»«anm»r»- ra oder durch 280. Montag den 7. Oktober 1878. 72. Jahrgang. Ein Mick aus -a- Kauze. Die zweite Octoberwoche de- Jahre- 1878 wird sllr dal innere Leben de« deutsche» Reiche« eine Gchicksal - woche sein. Die streitigen Punkte de- SecialisteugesetzeS sind sattsam erörtert; am Vorabende der Entscheidung richtet sich der Blick naturgemäß über die Eiuzelfraaeu hinweg auf da« Harne Dessen, wa« bei den bevorstehenden Ent schließungen auf dem Spiele steht. Seit den ver ruchten Mordanfälle« aus da« Haupt unsere« Kai ser- ist unser vssentlicheS Lebm ganz und gar beherrscht von dem Gedanken, wie der durch die socialistische Wühlerei in uuserm Volkskörper erzeugte KrankhettSzustand am raschesten und wnffomsieu zu heiten sei. Als Vorbedingung solchen HrilrmgSprocesseS bat man allgemein die Unterdrückung der aushetzenden social- demokratischen Agitation erkannt. Eine entschlossene Unterstützung der Regierung zu diesen« Zwecke ist die Parole des letzten Wahlkampfes ge wesen, und eine beträchtliche Majorität deS neuge- roählten Reichstags hat diese Unteistützung ver sprochen. Wenn jetzt sich innerhalb der gesetzt gebenden Factoren eine Verständigung über Da«, waS die ungeheure Mehrheit der Nation seit Monaten all dringendste Nothwendiakeit be zeichnet hat, al- unmöglich Herausstellen sollte — wo bliebe dann die Zuversicht, daß daS deutsch« Reich in seiner heutigen Verfassung die -rast besitze, neben den äußeren auch der inneren Schwierigkeiten Herr zu werden! Nein, kein Sehender kann sich darüber täuschen: daS Scheitern de- jetzt zur Berathuna stehenden Gesetzgebung-- «erk« müßte da« Selbstvertrauen de- deutschen Volke- auf« Tiefste erschüttern; eS wäre «in un schätzbarer Gewinn für alle inneren und äußeren Heguer unsere- jungen nationalen SlaatSwesen«. V»r Alle« aber wäre eS der glänzendste Erfolg der Socialdemokratie. Ihre Agitatoren, ihre Presse würden jubelnd diesen Beweis für die Unbesiegbarkeit, die Unwiderstehlichkeit der „social- demokratischen Idee" verkünden, in den Massen würde sich der Glaube an da« unaufhalt sam sich nähernde Reich der socialdemokratischen Alückseliakeit befestigen, die Anhängerschaar der „neuen Lcdre" würde sich verdoppeln unv verdrei fache». E- bedarf keiner weiteren Ausmalung dieser Persv-ctive, um das kategorische Gebot der Situation zu erkennen: da« Socialistenaesetz »uß zu Staude kommen. In weiten Kreisen ist, seitdem man innegcworden, wie leicht so be deutende außerordentliche Befugnisse in der prak tische« Ausübung durch untergeordnete Organe den eigenen Interessen nachtheilig werden könnten, eine gewisse Ernüchterung eingetrelen; man zeigt vielfach cüne Art Scheu vor dem Sprung in« Finstere. Solche Stimmung paßt weder zu der cinmüthigen Ent schlossenheit diese- Sommers, noch zu den Bedürf nissen der augenblicklichen Lage. Die Winke der Vorsicht freilich sollen auch hier nicht außer Acht «lassen werten. Deshalb hat die Commission deS Reichstag- dem Gesetzentwürfe verschiedene Cau- telen eingesügt. Wenn trotzdem die Gefahr einer »ißbränchlicheu Anwendung nicht beseitigt ist, so lieat Da- in der Natur de« Gesetze« selbst, »eiche« eben für seine energische Durchführung ein ziemlich weitgehende« diScretionaire« Er messe» zur Voraussetzung hat. Mit Recht ist die öffentliche Meinung gleich der Regierung der Ansicht, daß nur energische-, rasch wirkende« Handeln zum Ziele führen kann. Jede Aengsilichkeit wäre von »ebel. — Jene Nothwendigkeit mögen sich auch Die jenigen gegenwärtig halten, welche den Gesetzent- »urs in der zweiten Plenarberathnng zu bekämpfen beabsichtigen. Für da« gänzliche Scheitern de« Tesetze«, wie e« auS der Esmmission hervorge- ßangen, würde nach unserer Ueberzeuguna von den l« Reich-tage vorhandenen Parteien, mit Abnahme der Socialdemokraten und der Polen, kaum eine, an- zesicht- der oben geschilderten Folgen, ernstlich die Ver antwortlichkeit übernehmen wollen. Wenn trotzdem Fortschritt-Partei und Centrum in ihrer ablehnenden Haltung verharre» wollen, so werden sie e« thun in dem Bewnßlseiu, daß da« Gesetz auch ohne ihre > Mitwirkung zu Staude kommt. Ob diese Taktik, welche von den genannten Parteien nicht zum > erste» Male angewandt wird, für dieselben von Nutzen sein kann, mag ihrem Ermessen avheimge- geben bleibe». Endlich sind wir der Ansicht, daß auch die Reich-regieruug bei ihrer endgültigen Ttellunanahme zu dem Gesetze die Rücksicht auf die Consequenzen eiaeS negativen Resnltat- nicht anßer Acht lassen kan». Politische «ebersicht. Leipzig, «. Oktober. >t- eine ebenso traurige wie merkwürdige l That fache wird der „Post " mitgetheilt, daß so- o»hl der Kaiser wie auch der Fürst ViS- i»arck während de- Gasteiner Aufenthalt- und späteren Reisen mit bö-artigen Drohbriefen rschüttrt worden sind. Andererseits gingen fast ebenso zahlreiche Warnungen vor neuen Attentaten ein. Auch vor dem Aufenthalt in Köln wnrd« ge warnt. Die Richtigkeit dieser Meldung wird un- — so schreibt die „N. A. ZosstciöS — mit dem Bemerken bestätigt, daß Drohbriefe an Seine Ma jestät u. a. namentlich au- London enigesandt waren. Außerdem ist aber an den Kaiser auch eine Fülle von Vorschlägen zur Besserung der Lage, mitunter recht drolligen Inhalt«, eingelaufen. <so a. eine Druckschrift, iu welcher allen Ernste« der Vorschlag entwickelt und begründet war, Se. kaiserl. und königl. Hoheit den Kron prinzen zum Reichskanzler zu ernennen. Alle Nachrichten au« Indien lassen alö un zweifelhaft erscheinen, daß beide Theile zur kriege rischen Action schreiten. AuS Slmta meldet da« Reutersche Bureau, e« verlaute allgemein, daß die enalsschenTruppen im Vormarsch von Peschawcr aus Tamrud seien, umAlimu-jid anrugreiscn. Der Emir von Afghanistan andererseits con- centrire große Truppenmassen in AlimuSjid und Kandahar und bedrohe Quetta. In Kohat werde Kriegsmaterial angesammelt. Der „Stan dard" will wissen, die Kbyberstämme seien von den Afghanen mit einem An- griffe bedroht, weil sie die englische Gesandt schaft hätten passiren lassen. Man erwartet, daß die englischen Truppen den Khyberstämmen im Falle erneS Angriff- seitens der Afghanen Beistand leisten würden. Einige kleinere Pässe seren von afghanischen Truppen, die Artillerie bei sich führten, besetzt worden. Die „Time-" sucht zu beschwich tigen, indem sie sagt, baß die Lage zwar eine ernste sei, gleichwohl aber nicht den sofortigen Beginn de- KnegeS ohne die zu einem solchen ausreichenden Vorbereitungen erheische. Wenn Schir Ali in zwischen Abbitte leiste, werde Derselbe einer weiteren Züchtigung nrtaehen. Die Frage bleibt aber bre, ob der Emrr sich züchtigen läßt; die Nürn berger hängen Keinen, sie hätten ihn denn! Vom Schauplatze der Occupatio« liegt folgen des Telegramm vor: Wien, 5. Oktober. Officielle Meldung. Ein von dem Anneecommanbanten Phitippovlch er statteter Bericht constatirt, daß die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung BoSnienS, auch die rnohamedanisch«, die Niederwerfung des Aufstandes Mit unzweideutigen Versicherungen der Ergebenheit und der Treue aufnehme. In einem anläßlich der Besetzung den Bisearad erlassenen kaiserlichen Hand schreiben an den FZM. Baron Philippovich spricht der Monarch dem lhatkräftig« Führer der Arme« und alten Lommandantcn, sowie da» braven Truppen von Neuem seinen Dank auS und -iebt der Hoffnung Ausdruck, daß von jetzt ab eine Aera des Frieden«, der Versöhnung und drs Wohlstandes für vre occu- pirten Länder beginnen möge. Ein Telegramm deS Generals Totleben au« Adrianoptl, 3. d., meldet: Gestern bin ich in Adrianopet eingetroffen Die Bevölkerung und die Geistlichkeit, die mir in BurgaS, Aldo«, Karnabad und Aamboli entgegenkamen, baten mich, dem Kaiser ihre Dankbarkeit für ihre Befreiung zu übermitteln. Ueberall herrscht außerordentlicher Enthusiasmus. Die Städte sind beflaggt und fest lich erleuchtet. Die Türken beweisen ihr Vertrauen zu den Behörden, indem sie ihre Waffen adlnseru. Viele bulgarische Familien folgten oen russischen Truppen, al- diese Konstantmopel verließen. Hm ganzen Laude herrscht Ruhe. Meldungen der „Polit. Corresp." Au« Kon starrt in opel: Es bestätigt sich, daß die selben Einflüsse, welche den Sultan zu bestimmen wußten, seine Genehmigung der österreichisch- türkischen Convention vorzuenthalten, auch bemüht sind, die Annahme deS Projekte- Englands für die Reformen in der asiatischen Türkei zu hintertreibeu. — Au« Belgrad: Der öster reichische BotschastSrath in Konstantinopel, Baron Herbert, ist zum österreichischen Gesandten am serbischen Hose desianrrt. — "Die Pforte hat in dem Vilajet von Kossovo 50,000 Mann regulärer Truppen concentrirt. Dem „Reuter'fcheu Bureau" wird au« Konstantinopel gemeldet: Nach auf dem Kriegs- Ministerium eingegangenen Nachrichten soll der türkische Bevollmächtigte, welcher von der Pforte den Befehl erhalten hatte, Podgoriza den Montenegrinern zu übergeben, mit seiner au- 13« Officieren und Soldaten be stehenden «»corte von den Albanesen aiedergemacht worden sein. Die Nationalversammluna von Kreta hat in der Erwägung, daß die von Mukhtar Pascha angebotenen Zugeständnisse al- werthlo« zu be trachten seien, ihre Vertreter in Konstantmopel angewiesen, von weiteren Verhandlungen mit der türkischen Regierung Abstand zu nehmen. G eich zeitig hat dieselbe an die Consuln der Mächte in Canea einen Protest gerichtet und darin erklärt, daß die Fortsetzung der Verhandlungen mit Mukhtar Pascha von ihr abgelehnt werde. Der KaiserFranz Joseph ist au- Gödöllö in Pest eingetrcffen und hat verschiedene her vorragende Staatsmänner, wieSzlavy, Majlath, Sennyey, Ghhczy und Simonyi empfangen. Die MinisterkrislS ist noch vollständig in der Schwebe. AuS Parts meldet die „Post " vom Sonnabend: Die vitlfach verbreitete Nachricht, daß Graf Wimpfen seinen hiesigen Botlchafterpoften verlassen werde, kann auS sicherster Quelle heute als unrichtig b.zeichnet werden. Graf Wimpfen ist in hiesigen politischen Kreisen p«-r»oa» gr,ti»siw» und steht mit der französischen Regierung in den allerbesten Be ziehungen. Seine Ersetzung durch Graf Brust ist osstciell nie in Erwägung gezogen worden. — Gam be Na bat seme Reise nach Italien bis auf Weitere- aufg geben, da dieselbe seiten- der italienischen Re gierung als augenblicklich inopportun angesehen wird. Der Regierung zu Washington ist nuninehr die amtliche Anzeige von dem Ausstande auf St. Croix zugegangen. Die Aufrührer haben die Stadt Freverrkstad und mit derselben auch da- amerikanische BiccconsulatSgebäude zerstört; e« sind zwei amerikanische Kriegsschiffe nach St. Eroix beordert. Vor der Entscheidung. Am Montag tritt die nationallibcrale Fraktion zusammen, um sich über daS Socia- listengesetz schlüssig zu machen. Wir geben unseren Wünschen wiederholt dahin AuSbruck, die Führer der Partei möchten von der Forderung einer 2 >,» jährigen Dauer deS Gesetze- absehen. Die Regierung und auch die Mehrheit de« liberalen BürgcrthumS halte» diese kurze Frist für unan nehmbar und, wa« die Wirkung de- Gesetze- an- belrifft, für gefährlich in der Praxis. DaS Mäkeln in der Commission in Bezug aus diesen Paragraph ist dem Lande unverständlich. Man hüte sich also, an dieser Klippe ein Gesetz scheitern zu lassen, über dessen Nothwendigkeit heute kein Wort mehr su verlieren ist. Die Forderung der Regierung ist !»hr bündig Graf Eulenburg äußerte sich dahin: „Die oerbündeten Regierungen beharrten in erster Linie nach wie vor darauf, daß überhaupt keine GellungSf.ift im Gesetze iestgcstellt werden solle; unter allen Umständen aber sei «ne Frist von zwei und einem halben Jahre zu kur» und vereitele d«e Absicht deS Gesetze- vollständig, scbon weil sie zede Beobach tung der Wirkung unmöglich mache. Er bitte, daß man nicht durch die Annahme dieser Frist da- soeben aufgebaut« Werk wieder zu Fall bringen möge." Der liberale Schwäbische Merkur bemerkt, daß nach dein Verlauf der CommissionSverHand lungen die zweite Lesung de- Sociallstengesetzes im Plenum ein wirkliches Drama mit wirklichen Kämpfern und ungewissem AuSgange sein werde. Entscheidend werde nach wie vor die national- liberale Fraktion sein. „Ihr thätigster Arbeiter in der Commission, der Aba. LaSker, hat am Schluß der EommissionS Be rathungen sem eigenes VermittelungSwerk wieder zeistört, indem er nicht nur seinen Amendirungen nachträglich die schroffste Auslegung gab, sondern auch die letzten Schritte deS Entgegenkommen-, die zu einer vollen Verständigung nöthrg gewesen wären, nicht that und endlich bei derHauptabstimmurig durch Stimmenthaltung ganz bei Seite trat. Gewinnt eS die r at.-lib. Partei über sich, den bisher einflußreichen Führer in dieser vereinzelten Stellung, in die er sich stlbft versetzt, zu belasten, so ist die Mehrheit für ein auch der Regierung genehme- Gesetz nach wie vor gesichert. ES läßt sich vorauSsehen, daß in der na tionalliberalen Fraktion schwere innere Känipfe, die bisher vertagt worden zu sein scheinen, der Ent scheidung vorauSgehen werden. AuS dem Ergeb- niß der letzten Wahlen kann sich die Frak tion die Lehre entnehmen, daß die Nation aus Seite Derer ist, welche sich entschließen können, der juristischen, um nicht zu sagen advokatischen Haarspalterei zu entsagen und endlich wirklich einGesetz herzustellen, das nach der mit der ReichSregrerung über einstimmende« Ueberzeugung der weitaus überwiegenden Mehrheit der Ration noth- wendig ist." Die sreiconfervative „Post"', welche in der Be handlung der ganzen Angelegenheit eine äußerst besonnene Haltung behauptete und sich durchau- nicht auf einen bestimmten Parteistcmbpunct ge- stellt hat, bemerkt: Wer nicht der blind« Anhänger eine- politischen Unfehlbarkeit-Dogma ist, wird Erscheinungen, wie sie gegenwärtig hervorirrten, al» durchaus nothwendig, naturgemäß und al- ein Zeichen der Gesundheit unsere» Volkes anerkennen müssen. Es gebt nicht, daß sich Parteien al- die einzig berechtigten Vertreter einer staatlichen Idee grriren, und da- Verfahren der liberalen Wortführer, welche für eine vage Idee rintreten, kann durchaus zu keinem anderen Ziele führen, als daß stet- die Gemäßigteren von den Maßloseren verdächtigt, und so lange zurückgedrängt werden, alS sie dav Ohr der Massen geneigt finden. Bei dem Socialrsten - Gesetz kommen die „liberalen Ideen" gar nicht in« Spiel. ES bandelt sich um ein« Maßregel, welche zur Erhaltung de« Staate-, zur Sicherung de« EigenthumS und der Gesellschaft unbedingt nothwendig »ft, und welche der äußerste politische Radikal« ebenso alS nothwendig anerkennen muß, wie ein Eonservativer, sofern er irgend ein ftaat-männischeS Bewußtsein bat. Nirgend», so sagt ein großer Geschichtschretbe-, ist dieFreiheit beständig gewesen, oHnedar Opfer ihrer Ausschreitungen. Die „Ostprcußische Zeitung" schreibt: ,Led« Beschränkung der Gültigkeitsdauer ist ent- schieoen zu verwerfen und wir glauben, die Regie rungen sind schon wett genug gegangen, wenn fi- durch den Herrn Minister de« Innern andeutei- ließen, daß sie einem Kompromiß eventuell zustimum würden." Dem 8- 28 in der jetzigen Fassung dir Genehmigung zu ertheile", sind die Regierungen un möglich in der Lage. Möge man daS im Plenum wohl berücksichtigen und nicht einen Schritt provocire», der die unabweiSliche Folge eines Anschlüsse- der Majorität de- Reichstages an da- LaSker'sch« Ver halten sein würde." ES mag schließlich noch eine fortschrittliche Stimme vernommen werden. Die „Breslauer Zeitnng" schreibt: Zwei und ein halb oder vier oder fünf Jahre — da- ist die letzte Hauptfrage, welche di« Commission beschäftigt hat. Eine größere Klein lichkeit giebt eS nicht gegenüber dieser gewaltigen Frage, welche die aesamntte Culturwelt bewegt; wir schämen uns fast, darüber zu schreiben. Wir wissen ia, waS dahinter steckt. Sie meinen, derselbe Reichs tag, welcher diese- „Ausnahmegesetz" annimmt, müsse auch darüber entscheiden können, ob eS sortdauern oder ob eS, wenn er endet, auch enden soll. Wir denken, selbst den Socialdemokraten wird diese Frage auch außerordentlich gleichgültig sein; die Sach« ist der Gipfelpunkt alle- Dessen, waS doktrinär ge nannt wird; und wenn de-halb der Reichstag auf gelöst werden sollte — und er wird aufgelöst, wenn da- Gesetz scheitert — so können wir in unserer pessimistischen Ansicht von den Neuwahlen nicht wett genug geben: eS wird dann nur zwei Parteien geben: die socraldemokratische und die konservative. Eben so wenig, wie wir den Widerstand der liberalen Partei gegen die vier oder fünf Jahre begreifen, denn daß man sich aus denseloen Reichstag stützt, ist ja eine rein formelle Fraae, eben so wenig begreifen wir den Widerstand der Regierung gegen die zwei und einhalb Jahre. Denn so sicher wir die- niederschreiben, er hält die Regierung, wenn sie nach »wei Jahren den Antrag auf die Fortdauer de- Gesetze- stellt, vom jetzigen Reich-tage die übergroße Majorität. Sie hat die Entscheidung vollständig in der Hand. ES gab unsere- ErachlenS nur die Eine Frage: Annahme oder Ablehnung; wenn aber Annahme, dann Annahme auch ohne alle Mäkelei, besonder« ohne Wortklau berei, wre sie sich inden Dcbatten derEom- Mission zum Uebermaß herausgestellt hat. Den letzten Satz unterschreiben wir durcbanS: Annahme ohne Mäkelei! Uussen und Türken. L rfchatnltzj«, L0. September. Die gehässige« Summen der panslawrftischen russischen Blätter über die Okkupation BoSnienS und der Her zegowina finden in den hiesigen russischen Armeekreisen ein sehr lebhaftes Gcbo. Di« ersten Nachrichten von den Schwierigkeiten, auf welche die österreichischen Okkupation«-Truppen bei ihre» Vorrücken stießen, wurden in den erwähnten Arme» Kreisen mit einer gewissen Schadenfreude, die rasch auf einander folgenden Siege hingegen mit augen fälligem Aerger ausgenommen. In russischen Milttcurkreisen ist vielfach die Rede von dem bevorstehenden Abschlüsse einer gehei men Konvention zwischen Rußland und der Türkei. ES verlautet bestimmt, daß der russische Botschafter Fürst Lobau off schon seit geraumer Zeit bemüht ist, der Pforte die Vortheile zu schildern, welche der Türkei aus einer solchen Converttion schon durch die bloße Garantie ihres europäischen Besitz standes erwacbsen würden. Aus Aeußerungen kom petenter Personen des russischen Armee-Haupi- quartiereS darf geschlossen werden, daß das Zu standekommen der Konvention zwischen den beiden Staaten durch den Hinweis auf die angeblich feindliche Haltung Oesterreich« und die un- verläßliche Politik Englands, sowie durch einen bedeutenden Kriegs kost? n-Nachlaß und große Be günstigungen im ZahlunaSmoduS der restluhen Kriegsentschädigung wesentlich erleichtert werden dürste. Bezeichnend für den in türkischen Regierung« kreisen allem Anscheine nach stattgrfundenen Stirn mungSwechsel ist auch die aestern rn der Eisenbadn Station Kütschük-Tschkkmedje stattgehabte Begegnung Fuad Pascha'- mit General Skobeleff ju«., welche einander in Freundlichkeit und im LuStausch« intimer Vertraulichkeiten, derart überdoten, alS wür«,, Russen und Türken seit jeher nur unzertrennliche Freunde gewesen. Die Stärke der bisher in die von den Russen ver lassenen Terrainftrecken eingerückten türkischen T' uppe», deren Vorhut bi« nahe an Kütschük-Tschekmedje reicht, beträgt 5 Infanterie-Brigaden, etwa LOOO Man» Eavallerie und 12 Batterien. Wie eS he'ßt, werden die Russen die befestigte Stellung von Hadem-keüi- Tschataldja vor einer Woche kaum räumen. Diese Ortschaften halten die Russen noch mit 2'/, Divisionen besetzt. Der Gescbützpark ist übrigen- bis auf einiq» wenige Feldpiecen vor drei Lagen vollständig nach Adrranopel geschafft worden. In jenen großen Fort», in welchen seinerzeit von den Türken im Einvernehmen mit dem russischen Armee-Kommando eine Anmhi der schwersten Position- < Geschütze zurückgelassen wurde, halten berettS türkische Artillerie-Soldaten in ihrer kleidsamen Uniform Wach«. Russische Oisicier«. welch« in den letzten Tagen Phiiippopei passitten erzählen, daß die dui «arische Bevölkerung wegen
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