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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.10.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188010197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18801019
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18801019
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-10
- Tag1880-10-19
- Monat1880-10
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.10.1880
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Erscheint täglich früh 6'/. Uhr. Lr»artio>» an» LrprdUia, JohanniSgasse 33. 2»rtch-aa»ea »n NrdarU», vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—5 Uhr. Hstr dt« «ücktzlibr etngesandtcr Mam»- scrtptr mach« sich d>« Rcbacrio» ulcht verbindlich. Annahme der für die nältzst- folarnde Nummer defttmmttn Imerate an Wochentagen vis 3 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtage», früh dis V,ü Uhr. 2, »e« FMatr» für Z,s.A»°°lMk: Otto Klemm. UniverfitLtsstr. 22, L«ÜS Löfche.Katharincnstr. I8.P. «nr dtS V«3 Uhr. UchMer.Ta-Matl Anzeiger. DrgM für MM, Localgeschichte, Handels- nnd GeschLDvnkehr. Auflage 16,2V«. Ttbonarmcatrpret» viertel1.4'/,ML, incl. Bringerlohn b Mt., durch die Post bezogen v Mt. Jede einzelne Nummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» ohne Postbesörderung s» Mt. mit PostbefSrdenmg 48 Mt. Inserate ögrsp. Petitzeile 20 Pf- Grdstere Schriften laut unserem PreiSverzeichniß. — Tabellarischer Sah nach höherem Tarif. Uerlomen imtrr dr« Nedarttollsstrich di« Spaltzrile 4V Pf. Inserate sind stets an d. <«Pc»iti«» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praonnworanch» oder durch Postoorschuß. Z18. Dienstag den 19. Oktober 1880. 74. Jahrgang. Gewerbekammer Leipzig. Arettas. de» S2. hss., Nachmittags 5 Uhr öffeutttche Vlenarsitz»»« t« Aammerloeale. Lage-ordnuug: 1) Reg'strande. 3) Beschickung der ausgeschriebenen Delegirten-Conferenj deutscher Gewerbekammern evcnt. Wahl der Delegirten. 3) Bericht deS AuSschuffes für Gewerbegesetzgebung über die Stellung der Kammer zu den Beschlüssen der RelchStagS-Commlssion betr. Abänderung deS Titels VI der »ewerbe-Ordnung. Lerpzig. den 19. October 1880. W. Säckel, Bors. Herzog. S Rußland und China. AnS Petersburg kommt die Nachricht, daß die Verwickelung mit China sich wohl kaum noch auf diplomatischem Wege in Ordnung bringtn lassen wird und daß daher bald die Kanonen als ultiw» rntio regum >hr gewichtige- und nicht mißzuver- stehendes Wort sprechen werden, uw den hoch- müthiaen Zopsträgern begreiflich zu machen, daß Tscher kessen und Kosaken vor der herrlichen „Grün- banner-Armee" deS himmlischen Reiche- weder Respect noch Furcht im Herzen tragen. Auch in Peking ist die Stimmung einem fried lichen Ausgleiche der bestehenden Schwierigkeiten abgeneigt. Chmefischen Nachrichten zufolge ist die a»ere Kaiserin und der Prinz Tsch'un fest zum Kriege mit Rußland entschlossen; sie haben eine „Armee" von 100,000 Mann, auf welche sie nicht wenig stolz sind, auf die Beine gebracht, aber nachdem der englische Oberst Gordon, der alS eine Art Generalissimus dieselbe >m Kriege gegen Ruß land befehligen wollte, sie besichtigt hatte, dankte er schleunigst für solche Eyre, denn „mit einem der artig bewaffneten, nicht eingcübten, disciplinlosen, schlechten Pöbelhaufen, welcher sicherlich nach dem ersten Schüsse inSgesammt da-Hasenpanier ergreifen würde, könne er keine Schlachten liefern!" Oberst Gordon begab sich sofort auf die Rückreise nach England, ^.fo daß mm», da der Dampfer „Ravenna" wohl in" einigen Tagen in Marseille eintreffe» wird, baldigst au- seiner Feder einen interessanten Bericht über die „militairischen" Zustände in China zu lesen bekommen wird. Außer dem besprochenen auf die Beine gebrachten „Pöbelhausen" von 100,000 Mann läßt die chinesische Regierung die drei wichtigsten Seehäfen de- Reiche- btfesttgen, natürlich nach chinesischem Muster! Interessant ist es, zu vernehmen, durch welche Ursache die chinesische Kriegspartei die herrschende acwordcn ist. Dem Haupte der Friedenspartei, Prmzen von Geblüt und nahen Verwandten des minderjährigen Kaiser-, starb die Gattin. Nach dem strengen chinesischen Ritual muß nun der Wittwer ein volle- Jahr in die Einsamkeit sich zrnückziehen, um damit auch äußerlich zu zeigen, einen wie großen und schmerzlichen Verlust er durch den Todesfall erlitten. Durch diesen Zufall nun wurde da- Haupt der Frieden-Parte» zur Unthätigkeit gezwungen. Nach Oberst Gordon'S Meinung „wäre die Ver nichtung China- in allen Fällen, und wenn China auch alle Kräfte des Reiche- anspannen würde, im äußerst« n Fdlle eine Asiaire von höchstens fünf Jahren; in er, paar Monaten aber würden alle Küstenhäsen genommen sein und die Russen wür den in Peking eirziehen!" Ob diese Annahme glaublich ist, mag unentschieden bleiben. Jeden falls gebietet Rußland über ansehnliche Streit- träfle zu Lande und zur See, um sofort in Aclion treten zu können. Vice-Admiral LeffowSki, der Oberbefehlshaber de- russisch«»» Geschwaders im Stillen Occan, ist bereit- in Nagasaki ringetroffen und hat seinen Dienst angetreten, während an der chinesischen Grenze ein russische- Jnvasion-corps von 12,000 Monn bereit steht. Der Beginn der Feindseligkeiten wird in Petersburg täglich er wartet. Oberst Gordon'S Ansicht, daß eine russische Armee m der bezrichneten Stärke genüge, um in wenigen Monaten siegreich in Peking emzuziehen, wird an der Newa von allen China-Kennern ge- theilt. Schlugen doch 1859 4000 Franzosen und 3000 Engländer, die doch noch nicht mit Hinter ladern bewaffnet waren, bei Paltkao vor den Thoren von Peking die gesammte chinesische Armee von weit über 60.000 Mann, für welche Waffen- Ibat bekanntlich der sranzösilche General Cousin- Montauban von Napoleon III. z»m Grafen von Palilao erhoben wurde. Die Beute, die Graf Palikao durch die Plün- deruny und Zerstörung der bei P«kwg gelegenen kaiserlichen Sommerresidenz Vuau-ming-yuen, in welcher fett Jahrhunderten ungeheure ReichlhÜmer, Seltenheiten und Kostbarkeiten wie in einem Museum aufgehäuft waren, gewann, war uner meßlich. Er licß zuerst das Werthvollste für sich darauß abholen und den Palast barbarischer Weise durch seineSoldaten aufs Gründlichste au-plündern. Darmes zog er al-Sieger mit feiner Hand voll Sol daten in P'king ein und zwang die chinesische Regie rung zum eiligen Frieden, nämlich zur Zahlung von 16 Millionen Thaler KriegSkosten. Man war damals noch bescheiden in der Kostenrechnung, heut zu Tage würde man sich seiten- der Rüsten von dem reichen China, woselbst Papiergeld eine un bekannte Sache ist, wohin seit Jahrhunderten von der ganzen Welt schon für den Tbee allein all jährlich Unsummen in klingender Münze fließen, wahrer d die geizigen Chinesen außer Opium kaum sooft Etwa- »mportirrn. wohl kaum mit weniger begnügen, als Frankreich an unS zahlte, nämlich 5 Milliarden Franc» KriegSkosten-Entschädigung! DaS Zvpslhum wird den Kampf um das Dasein ohne Bundesgenossen zu bestehen haben. Aengst- liche Gemüther in Petersburg freilich fürchten, daß England vielleicht China Beistand leisten würde. Eine solche Annahme muß schon aus dem einfachen Grunde unwahrscheinlich sein, weil England durch den russischen Krieg mit China auf sehr billige Weise den größten Bortheil ziehen würde; denn werden die Chinesen besiegt, so wird dieses bi- dahin fast völlig abgeschlossene Riesenreich mit seinen 310 Millionen Einwohnern europäischer Cultur und europäischem Handel erschlossen. Und den Löwenanlheil au- dem so erschlossenen Handel würde nicht Rußland ziehen, denn dazu fehlt den Russen ein energischer, unternehmender Kaufmann-, stand, sondern hauptsächlich England. Daher sieht man iu England einem russisch-chinesischen Krieg« mit Vergnüg« zu, uud Gladstone wrrd auch sonst nicht verabsäomen, dem russischen Cabinet allerlei Liebesdienste zu erweisen. Politische Uebersicht. Leipzig, 18. October. Die Kölner Dombaufeier hat, darin stimmen alle Berichte überein, bei allen Theil- nehmern «inen wahrhaft erhebenden Eindruck hinter lassen und nian kann eS auch dem greisen Mo narchen, dem erhabenen Schirmhecrn deS deutschen Reiche-, wohl glauben, wenn von ihm berichtet wird, er Hab«, nachdem er zum zweiten Male den historische» Frstzug an sich vorbei passiren lassen, geäußert, daß noch niemals eine ähnliche Fülle der Empfindungen, in kurzen Momenten zusammen- gedrängt, auf ihn eingestürmt sei, wie an diesem festlichen Tage. Und in jeder Beziehung befrie digend »ft die Feier verlausen. Die Zurückhaltung, welche sich die Ultramontanen auslegen zu müssen glaubten, hat den Eindruck nicht schädigen können und aus allen Festberichten, auch den möglichst unparteiischen und objectiven, leuchtet hervor, daß die grrße Masse der Bevö-kerung, wie eS von den leichtlebigen Rheinländern zu erwarten war, der Parole de- jesmtischen Fernbleibens nicht gefolgt ist. DaS Eine freilich ist nicht richtig, daß die Be grüßungsrede, mit welcher der Weihbischof Baudri den Kaiser am Portale de-Dome- empfing, .^glücklich von Allem gereinigt worden sei, waS einem Schmer zensschrei der bedrängten Kirche ähnlich gesehen". Die Rede de- Weihbischof- ist in ihrem Wortlaute Tags vorher oder mehrere Tage vorher dem Kaiser vorgelegt worden, aber e- hat den Anschein, al- ob man die anstößigen Stellen nicht habe streichen können, wenn man nicht durchaus auf die Mitwirkung de- Kleru- bei der Feier verzichten wollte. Des Kai ser- Antwort aus diese taktlose Provokation ist sein und würdig; er versicherte dem greifen Prä laten, der nur da« Mundstück seiner Partei ist, daß da- Walten ungetrübten Gotte-frieden- all überall, wie stet-, so heute da- Ziel seiner Sorge und seiner Gebete sei. Damit ist jedem Mlßton begegnet und die Feier hat sich m ungetrübter Herrlichkeit entwickeln können, wie alle Berichte sie un- schildern. Wer den Kaiser kennt, weiß, daß ihm eia Herzenswunsch mit dieser persönlich voll zogenen Weihe de- vollendeten Dome» erfüllt ist. Die socialpolttischen Bestrebungen der Herren Stöcker uud Genossen behaupten sich noch Immer im Vordergründe de« Tage-interesse-. Jedenfall- müssen die Verhandlung«n de- „Centralverein- sür Socialrrsorm" al- da- schrille Getön der Sicherheit-Pseise gelten, welche da anzrigt, daß Gefahr im Verzüge ist. Man muß nun einmal der nacklen Thatsache in- Auge sehen, daß Herr Hofprediger Stöcker in der bereit- erwähnten Berliner Versammlung mit einem Arm Herrn Körner, den „königlich preußischen Socialdemo kraten" an „die Brust drückte, der sich unter salbungsvoller Beistimmung des frommen Herrn Pastor- noch immerfort „Socialdemokrat" nennt, während der andere Arm liebend den Reichs kanzler umschließt, vo» dem Herr Todt, der fromme Staat-socialist, sagte, „der größte Staats mann de- Jahrhundert-, den wir mit Slolz den unseren nennen dürfen, ist Slaat-socialist geworben". Ob der Reichskanzler die Liebe erwidern wird, steht einstweilen noch dahin; für den Augenblick ist aber so viel auSgrmachl, daß die Maßreg«ln d«S Fürsten Bismarck von de« Staat-sociatisten als eine erfreuliche Wirkung ihrer Bestrebungen em pfunden werden. Aber sie werde« doch nur als eine kleine Abschlagszahlung hing nommen. Hvf- prediger Stöcker hat viel drastischere Mittel in der Tasche, von denen der Reichskanzler Nicht wissen will. Die Staatssocialisten find indcß keineswegs gesonnen, bloS geschoben zu werden vom RerchSkanzler, sie wollen selber schieben, und der Hosprediger Slöcker hat den Agitationsplan fertig, durch den er die Massen bewegen will. Die ganze Geistlichkeit Deutschland- um die Fahne de- StaatSsocialismuS sammeln zu wollen, ist ein Gedanke, der nicht weniger imponirt, als die Kirche zum Inbegriff des ganzen wirthschastlichcn Leben- zu machen. Wir haben wiederholt auf die Uneinigkeit im conservativen Lager hingewiesen. Die Se cession auf dieser Seite, welche von der „Kreuz- zeitung" kürzlich als eine Fabel bezeichnet wurde, scheint doch etwas mehr zu sein. Darauf deutet wenigsten- ein Artikel der „Allgemeinen conserva tiven Monatsschrift für Da- christliche Deutschland", wonach die Reformbestrebungen innerhalb der con servativen Partei auf einem demnächst zu berufen den großen Parteitage entsprechenden Ausdruck finden sollen. Insbesondere soll zu der knchenpoli- tlschen Frage bestimmte Stellung genommen werden, da da- bisherige Programm iu diesem Puucte durch die Entwickelung « d« jüngste» Vergangen heit überholt sei. De» Weiteren müsse die con- servative Parttt der socialen Frage volle Auf- merklamkeit zuwenden. Letztere- wird in etwas dunklen Worten mit der Ausführung begründet, daß eS sich bei der socialen Frage darum handle, der Welt zu beweisen, daß der gemeinsame Grund des Christenglaubens Platz genug lasse zum gemein samen Kampfe gegen daS Wtoerchristenthum, welche- sich mit unerhörter Leidenschaft zu rühren beginne. Die Rundreise de- preußischen GeneralauditeurS Oehlschläger bei den süddeutschen Höfen, beson der- aber die Anwesenheit desselben in München und die daran geknüpften Befürchtungen eurer Ab änderung der bairischen Militairstraf- proceßordnung im reactionären Sinne ruft in Barern eine Bewegung gegen alle derartigen Möglichkeiten hervor. Von allen Seiten wird con- statirt, daß man lieber bei dem Bestehenden bleiben und von dem neuen Entwürfe, so weit darüber Mittheilungen in die Oeffcutlichkeit dringen, Nicht wissen will. klebrigen-wird auch in preußischen Blättern anerkannt, daß dte jetzt gültige bairische Militairstrasproceß-Ordnung relativ die beste iu Deuschlano ist. Der Entwurf zu einer neuen Strasproceßordnung, welchen Herr Oehlschläger nach München gebracht hat, bedeutet «inen kläg lichen Rückschritt im Vergleich zu der bestehen den bairischen Gesetzgebung. Die Oesientlichkeit bei der Hauptverhandlung ist ausgeschlossen, e- findet keine Aburtheilung durch Geschworene statt und der Vertheidigung werden beengende Schranken gezogen. Auch das so überaus wichtige Princip der Mündlichkeit des Verfahren- soll vielfach durch löchert sein ... ES gehört zu den betrübendsten Erscheinungen der Gegenwart, daß der Soldat, welcher fllr die vaterländischen Interessen Gut und Blut opfert, sein Leben einsetzt und be» kümmer lichem Sold rin entbehrungsreiche- Leben führt, einen weit ungenügenderen Rechtsschutz gevnßl, wenigsten- in Preußen genießt und künftig nn ganzen Reich genießen soll, al- jeder andere Staats angehörige. Der erbärmlichste Spitzbube, der ab gefeimteste Verbrecher ist in Bezug auf seine ver- theidtgung und eine Reihe anderer Sicherheits- Anordnungen weit bester daran al- jeglicher in Untersuchung gezogene preußische Soldat. . * . Schon im Juni, als Kaiser Franz Josef die Reise nach Mähren »nd Böhmen unter nahm, wurden au» derProvinz Oesterreichlsch- Schlesien mehrfach Bitten an ihn gerichtet, auch diese- Kronland iu besuche», Bitten, die aaläßlich der gatizischen Reise erneuert wurden. Beide Mate mußte der Nionarch »»«gen der schon bestimmt ge troffenen Anordnungen ablehneu, sagt« jedoch einen späteren Besuch zu. Dieser ist nunmehr endgültig festgesetzt und wird sieben Tage umfassen. — Wie man an- Wien meldet, wird der Nuntiu- Ja- cobini in der letzten Woche diese- Monat- eine Privat-Audienz bei dem Kaiser haben, um sein Abberufung-schreiben zu überreichen. Einen oder zwei Tage vorher wird der neue Nuntiu-, Mon signore vannutel li. iu Wien eintreffeu, um von fernem Vorgänger im Amte die laufenden Geschäfte zu übernehmen. Wie au- Wien ferner berichtet wird, soll dem nächst den Delegationen ein umfassende- Roth- buch mit reichem Actenmaterial Über die Orient- Angelegenheiten zugehen. Wa- da- innere poli tische Lieben anbetrifft, so sind die Parteitage an der Tagesordnung. Der föderalistische Parteitag ist in die Brüche gegangen, kaum daß der Vorschlag zu einem solchen aufgetaucht war; im Czechenclub mußte constatirt werden, daß die Polen für das Projekt nicht zn haben seien. Graf Hohenwart hat den Unternehmern Ersatz versprochen, indem er ein klerikale- Meeting, eine Art St. MichaelStag nach Wien ein berufen will, der nicht verfehlen würde, für allgemeine Heiterkeit zu sorgen. Die drolli gen katholischen Generalversammlungen, die alljährlich in Wien stattfinden, mitunter so gar in Gegenwart deS Nuntiu-, producire« sich lede-mal m»t unfreiwilligem Humor. WaS Durch- schnittSbildung und politisch fähige Köpfe anbe langt, ist der deutsche UltramontaniSmuS dem österreichischen doch weit überlegen. Den klerikalen Parteitag will man sich in Wien noch gefallen lasten, und je bunter e- auf demselben zugehen wird, desto bessere Propaganda wird er nicht machen. WaS dieCzechen anbelangt, so scheinen sie nunmehr den ganzen Zorn über ihre Ohn macht auf den Grafen Taasfe zu werfen, denn ihre Organe verkünden bereit-, eS ist nicht er sichtlich, au- welcher Anlaffung, den Sturz deS CabinetS. Nach Pariser Depeschen sind am Sonntag die Decrete vom 29. März in ganz Frankreich gegen die Eongregatiouen der Karmeliter zur Au-sühruna gelangt. Die Behörden waren ge zwungen, die Niederlassungen mit Gewalt zu öffnen. Die Karmeliter protestirten, indem sie erklärten, nur der Gewalt zu weichen. In Folge der weite ren Ausführung der Decrete haben wiederum mehrere richterliche Beamten um ihre Entlastung nacygesucht. Bei der Austreibung der Jesuiten ist eS ebenfalls zu groben Excessen gekommen. Einige Detail- mögen hier wiedergegeben werden: Als die Polizei m den Jesuitenscdulen erschien, ging es sehr stürmisch zu. Um » Uhr Morgens fanden sieb dort zwei Polizei-Commissare mit einer größeren Anzahl von Polizei-Agenten und 50 Gen darmen vor der Jesuitenschule St. Marie ein und besetzten alle Ausgänge der Schule. Die Polizei- Commiffare, welche den Rector der Akademie be gleiteten, drangen in die Schule ein und forderten die Jesuitenlehrer auf, sofort die Anstalt zu ver kästen. Der Vorsteher der Schule erhob Ein spruch und behauptete, daß die Lehrer „in Privatbäusern" lebten! Die Jesuitenlehrer eilte« ebenfalls herbei und erklärten, daß sie nur der Gewalt weichen würden. Die Agenten faßten nun die Jesuiten am Kragen und schleppten sie hinaus. Die Zöglinge, die ebenfalls in den Hof gekommen waren, nahmen nun Partei für die Jesuiten und riefen: ,,(k» leben unsere Lehrer!" Man führte die Jesuiten aber auf die Straße, wo sie sich zusammen rotten wollten, aber von den Agenten auseinander getrieben wurden, worauf sie sich in die benachbarten Häuser flüchteten.... Da» „Journal osficiel" veröffentlicht die Er nennung de- General- Zentz zum Commandanten des elften Armeecorp» an Stelle de- General- Cisfey, der seine Entlastung erhalten hat. ES Herr cht in Pari- große Erbitterung gegen das republikanische Journal „Evenement", welches einen erfundenen Brief de- General» Ciffey publicirte, der Gerüchte von seinem Selbstmorde hervorrief. Nun bringt der „Moniteur" den richtigen Tex». Ter ehemalige Minister verlangt mit Ausdrücken größter Energie die Einsetzung einer Untersuchung und eine- KriegSgerichlS. Da- „Journal osficiel" bringt die Nachricht von seinem Ersatz, ohne jedoch da- Wort „reroguL" (abgesetzt.) auszusprechen, wie die Radicalen verlangten, sondern gebraucht die Worte: „zur Disposition gestellt". Man fängt an zu begreifen, daß dem ganzen Skandal eine Agitation der Radicalen gegen die Armee zu G«unde liegt. Die Mitglieder de- in Pari- tagenden inter nationalen Postcongresseß sind am Freitag dem Präsidenten Grbvy durch den Minister der Posten und Teleg'aphen. Eoch-ry, vorgestellt wor den. Der Präsident G»6vy beglückwünschte — wie wir heute ausführlicher mittheilen — bei dieser Ge'egenheit den Congrcß zu seiner Thätigkeit, welche dem Verkehre Europa- zu Gute komme und da« Werk de- Frirden- und der Freiheit befestigen werde Die Umbildung der modernen Völker au- kriegführenden und eroberungssüchtigen zu In dustrie nnd Handel treibenden habe, indem sie di« Nationen einander näher brachte und ihre Inter essen folidarisirte, mehr für den Frieden und die Freiheit der Welt gethan als die Philosophie und die Politik. Früher lebten die Völker von K ieg und Beute, heute lebte»» sie durch ihre Production
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