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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187009060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18700906
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18700906
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1870
- Monat1870-09
- Tag1870-09-06
- Monat1870-09
- Jahr1870
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1870
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Dienstag sErste Beilage zu Nr. 6. September 1870. Tagesgeschichtliche Ueberjicht. TS gewinnt den Anschein, al- ob die Geschicke deS franzö- fischen Kaiserreichs merkwürdig schnell sich erfüllen wollten. Kaum hat der Mann de- 2. DecemberS in schmachvoller Muth und Kraftlosigkeit sich der Großmuth deS glorreichen Führer- der deutschen Heere ergeben, so rollen in Paris bereit- die Würfel um da- Schicksal der Napoleonischen Dynastie und die künftige Re- gierungSform Frankreichs. Mit interessanten Anklängen an die Tage der großen Umwälzung im Jahre 1848 vollzieht sich in der so lange mit Lügen genarrten Hauptstadt jene- Lande- abermals die Ab schüttelung der Monarchie, und die Annahme der republikanischen Staatsform steht in sicherer Aussicht. Die neuesten Nachrichten von dort fasten wir in Folgendem zusammen: AuS Pari- wird vom 4. September amtlich gemeldet: Eine Proklamation, vom Gesammtministerium unterzeichnet, be sagt : Großes Unglück hat Frankreich getroffen. Nach dreitägigem heißen Kampfe der Armee Mac MahonS gegen 300,000 Feinde sind 40,000 Mann gefangen genommen. Wimpffen, welcher an statt des schwer verwundeten Mac Mahon commandirt, Unter zeichnete die Capitulation. So grausames Unglück erschüttert nicht unfern Muth. Pari- ist in Vertheidigungszustand. Die Militairkräfte deS Lande- werden binnen wenigen Tagen orga- nisirt fein. Eine neue Armee wird vor den Mauern von Pari sern, eine andere Armee an der Loire formirt werden. Euer Patriotismus, Eure Einigkeit und Energie werden daS Vaterland retten. Der Kaiser ist im Kampfe gefangen worden. Die Re gierung ist einig mit den großen Körperschaften und wird alle vöthigeu Maßregeln ergreifen. In der SonutagSsitzung de- Gesetzgebenden Körper- brachte der Ministerpräsident Palikao einen Gesetzentwurf ein, wonach eine oberste Behörde für Regierung und LandeSvertheidigung ein gesetzt werden'sollte, welche von dem G.setzgebenden Körper gewählt wird. Die Minister sollten unter Gegenzeichnung dieser Behörde ernannt, Palikao ReichSverweser werden. — Der Abgeordnete IuleS Favre forderte, daß der TagS vorher von der Linken eingebrachte Antrag (vgl. vorige Nummer) vorher in Erwägung genommen werde. ThierS brachte einen Antrag ein, der von 45 Mitgliedern aus der Rechten, der Linken und dem Cevtrum gezeichnet und gemeinsam redigirt ist; darin heißt eS: „Unter den gegenwärtigen Umständen ernennen die Kammern eine Com mission für die Regierung und LandeSvertheidigung. Verfassung gebende Kammern werden eivberufen, sobald die Umstände eS gestatten" Palikao erklärte sich damit einverstanden, daß auch das Land befragt werde, sobald die gegenwärtige schlimme Lage überwunden fei. Die Kammer erklärte sämmtliche Anträge für dringlich; dieselben gingen sofort zusammen an die Ausschüsse, von welchen die Commission ernannt werden soll. Die Sitzung wurde hierauf vertagt. — In der Abendsitzung de- Gesetzgebenden Körper- waren die Tribünen alsbald, wie auch die Sitzungssäle selbst, von VolkSmaffen erfüllt, welche die Absetzung der Dynastie und die Proclamirung der Republik ver langten. Die meisten Abgeordneten verließen den Saal. Gam- Letta und andere Abgeordnete forderten, daß da- Volk die Freiheit der Berathung achte und stillschweigend zuhöre. Ihre Versuche blieben erfolglos. Die Aufregung war unbeschreiblich. Bon draußen hörte man den Ruf: „ES lebe die Republik!" Gambetta und andere Mitglieder der Linken begaben sich nach dem Stadthause, um ein« provisorische Regierung einzusetzev. Diese- Vorhaben wurde denn auch schleunigst in Ausführung gebracht. Au Mitgliedern der provisorischen Regierung warfen sich auf: Favre, Simon, Picard, Pelleta», Cremieux, Kerry, Bizoiu, Rochefort, Emauuel Arago, Garnier- PagiS Keratry ist Polizeipräfect, Etienne Arago Bürger meister von Paris. Die einzelnen Ministerien sind folgendermaßen vertheilt: Gambetta Innere-, Favre AeußerrS, Magnin Finanzen, Simon Unterricht, Leflo Krieg. Grivy ist SraatL- vathSprästdeut. Lavertugeon Generalsecretair der prsvisorischm Regierung. Trochu bleibt Generalgouverveur von Paris. Ln die Thüren de- Gesetzgebenden Körper- sind Siegel angelegt. General Trochu hat durch Maueranschlag verkündigt, daß er hem Chef de- Gemeinwesen- Weisung ertheut habe zur Demo- lirung der Häuser und Deckungen aller Art in der Zone der Festungswerke, welche die Verteidigung von Pari- be lästigen. Sodann wird der Pariser Natiooalgarde angezeigt, daß sie in drei Tagen berufen werde, täglich 20,000 Mann zur Be wachung der Festungswerke zu stellen, vorher werde Trochu noch eine große Revue über die Nationalgarde halten. General Suzanne, der Artillerie - Director im KriegS-Ministerium. macht den Leuten Muth, indem er anzeigt, er habe 3000 Feuerschlünde und 15.000 Kanoniere zur Verfügung, und jedkS Geschütz in jedem Fort habe 800 Schüsse vorräthig; die Verproviamirurg der Fort- sei auf drei Monate bemessen und beinahe fertig. Noch mehr: die France meldet, daß „1000 Algerier von Con- stantine eiugetroffrn seien, die geworben worden, um die Lücken dieser bri Weißevburg und WVrth gelichteten „heroischen Alge rischen Schützen" au-zufüllen. 7 Die Liberti de- Herrn Girardin hat ein neue- Verthei- diguugSmittel für Pari- ersonnen. Es giebt, meint sie, im Iardin de- Plante- unnütze Esser, welche während einer Belagerung sehr schwer zu ernähren sein würden. Die Verwaltung könnte sich diese sehr nutzbar machen, und zwar in folgender Weise: so wie die Annäherung de- Feindes signalisirt wird, läßt die Verwal tung die Tiger und Löwen m die von ihren Bewohnern ver lassenen Gehöfte bringen. Wenn daun die Preußen in die Bann meile komme» und plündern und stehlen wollen, dann stoßen sie auf diese ausgehungerten Thiere, die man ja vorher zur Ver mehrung ihres Zorne- durch als Ulanen verkleidete Wärter peitschen lassen könnte. „Ich bin überzeugt", meint der Hans wurst, von welchem diese menschenfreundliche Idee auSgeht. „daß diese- Mittel der Armee „unsere- Fritz" einen solchen Schrecken einjagen würde, daß sie ihren Marsch um einige Tage verzögert." Die „Magdeburger Ztg." schreibt: Mac Mahon hat wirklich deu Wahnsinn begangen, sich von ChalonS nordwärts auf Rethel und VouzierS, MeziöreS und Sedan zu ziehen, und den Versuch gemacht, über Stenoy, Montme'dy und Longmon den Weg nach Metz zur Befreiung Bazaine'S und zur Vereinigung mit ihm zu gewinnen. Aber ehe er au- deu Ardennen heraus di- Stenay gelange» konnte, hatten die Unsrigen mit ihm Fühlung und trie ben ihn in einer Reihe von Gefechten und Schlachten zurück, durch welche die Reste seiner Armee zuletzt völlig umringt und nach Sedan hinein geworfen wurden Die deutschen Stege begannen am 27. August mit dem Reitergefecht von Busancy, in welchem ein Chaffeurregiment zersprengt und sein Commandeur gefangen wurde. Daran schloß sich am 29. der Zusammenstoß der Avant garden bei Nouard. Daun folgte am 30. die Schlacht bei Beau- mout, welche dem Feinde 20 Kanonen, 11 Mitrailleusen und 7000 Gefangene kostete. Offenbar wurde am 31. die Verfolgung der Franzosen vom frühen Morgen ab fortgesetzt und Mac Mahon au diesem Tage au- dem Dreieck zwischen der Maas und der LhierS heran- geworfen, bi- er denn endlich am 1. September in einer zweiten großen Schlacht südöstlich von Sedan von allen Seiten umfaßt und eingeschloffen wurde. Auf da- belgische Ge biet, welche- nur etwa eine Meile von Sedan entfernt ist. schei nen nur kleinere Haufen sich geflüchtet zu haben; die Straße, welche von Sedan nach dem belgischen Bouillon führt, war von dem rechten Flügel unserer Truppen genommen und so dieser Rettung-Weg abgeschnitten. Nicht minder aber war der Weg westwärts nach MeziereS und Rethel verlegt. Der Versuch Mac Mahon-, sich zu Bazaine hindurch zu schlagen, ist nur au- der unglaubliche» Unkenntniß der Franzosen über die Stärke unserer Heersäulen erklärbar. Schwerlich wird Mac Mahon mehr als 80—100.000 Manu gehabt haben. Sein eigen,- Corps sowohl wie da- Failly'sche werden seit der Schlacht bei Wörth zusammen auf höchsten- 45.000 Mann gebracht worden sein. Dazu kam dann noch da- Douay'sche 7. Corps und da- neue 12. CorpS, welche- aber noch in der Bilduna begriffen war, ein jede- höch sten- zu 25,000 Mann zu veranschlagen. Wie konnte der fran zösische General daran denken, mit solch einer Macht durch unsere Lmien zu brechen? Der breite, weit nach Süden au-grerfende Vormarsch de- preußischen Kronprinzen auf ChalonS und Pari- mochte ihn täuschen. Er mochte hoffen, daß die vier Armeeconp- deffelben viele Meilen weit au- einander gerissen und daher auf
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