Suche löschen...
02-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 16.08.1922
- Titel
- 02-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1922-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19220816020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1922081602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1922081602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1922
- Monat1922-08
- Tag1922-08-16
- Monat1922-08
- Jahr1922
- Titel
- 02-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 16.08.1922
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
R-.W2 S-»-r Scheilern der Londoner Konferenz vor uns entrollt. Die Mort stürzt weiter in schwindelnde Tiefe; die Teuernng niinint in schreckenerregender Weise zn. die schon fetzt karge und kümmerliche Lebenshaltung von Millionen Deutscher wird geradezu iammervoll und schlägt inS graue Glend um die Inlandpreüe überschreiten die Weltmarktpreise, die uanskrast der Verbraucher sinkt trotz aller Lohn- und Ge liaitoerlioluiugen unaufhaltsam, und ans den Trümmern -er wammenl'iechenden deutschen Volkswirtschaft führen die Vorienspeknlanlen einen wilden Tanz um daö Götzenbild der entwertete» Valuta au». Gewiß. Bandrrltp hat recht wenn er die ^eldverschlechterung eine» der schwersten Fluche nennt, die das Menschengeschlecht jemals getroffen Naden. Wer oder ist der Schuldige, der durch sein trotziges Ge baren verhindert, daß dieser furchtbare Fluch von der not l.adenden europäischen Menschheit genommen wirb? Die Weit zeigt mit dem Finger auf Frankreich! Wenn die Lon doner Konferenz ein günstiges Ergebnis gezeitigt hätte wenn Moratorium aus mehrere Jahre, Anleihe und Her »dievuug der deutschen Gesamtschuld zustande gekommen waren, so wäre ein Gesühl des Aufatmens, der Befreiung und Erleichterung nicht nur durch Europa, sondern durch das ganze Erdenrund gegangen und das Vertrauen zu der Wiederbelebung von Handel und Wandel hätte allgemein eine» io träftigen Anstoß erhalten, daß eine Stabilisierung der Mark als sofortige Wirkung in Erscheinung getreten wäre. Fm weiteren Verlaufe der Entwicklung hätte man dann auch mit einer langsamen, für die Industrie ertrag lügen 'Besserung des MarkrurseS rechnen können und die europäische Welt wäre von dem dumpfen Druck erlöst ge wesen, unter dem sie jetzt müde und verdrossen einherschletcht. All' diese hoffnungsvolle» Aussichten hat nun Pomcars durchkreuzt, indem er durch sein hartnäckiges Bestehen auf neuen unmöglichen Pfändern für ein ganz kurzes Morato rluin die Konferenz zum Scheitern brachte. So schlimm dieser Ausgang für Deutschland ist, so wird man doch sagen müssen, daß er immerhin noch besser ist, als wenn England wieder feinen Standpunkt zu französischen Gunsten preiö gegeben hätte. Grundsätzlich standen sich diesmal in London die englische und die französische Auffassung schroffer als je gegenüber. Llvnd George erkannte unumwunden an, daß die deutsche Reichsregierung mit ihren ReparationSleistu» ge» bis an die äußerste Grenze der Möglichkeit gegangen sei, und er wies auch die französische Angst vor einem deutschen Angriff als völlig unbegründet zurück durch die Vorbehalt loie Anerkennung, daß Deuischland in der Entwaffnungs frage ein ausreichendes Maß von gutem Willen bekundet habe, und daß objektiv leine Möglichkeit einer deutschen Be drohung Frankreichs mehr bestehe. Damit ist jeder sach liebe Grund, Deutschland die notwendigen Erleichterungen zu gewähren, für England und alle einsichtigen anderen AM ierten fvrtgcfallen. Das Frankreich Poincarös aber versteift sich daraus, daß Deutschland andauernd .schlechten Willen" zeige, daß es „nmuguLinonts voiontaires", absichtliche Ber sehlungen, begehe, und selbst in seinem jetzigen geschwächten Anstande noch eine Gefahr für seine Nachbarn bilde; deshalb ninnc alles vermieden und hintcrtrieben werden, was zu seiner Stärkung beitragen könne. Bon diesem Standpunkte aus verlangte Poincarä die Bewilligung des Zugriffes auf die deutschen Bergwerke und Forsten. Da war aber für Llond George endlich die Grenze erreicht, an der seine Nach giebigkeit aushörte. Die einzige Hoffnung, die jetzt noch übrig bleibt, besteht darin, daß vielleicht eine Isolierung Frankreich zur Besinnung bringt und die jetzt noch vor handene nationalistische Mehrheit in eine Minderheit ver wandelt. Welcher Prophet möchte sich aber vermessen, vor herzusagen, wie lange Zeit ein solcher Gesinnungswandel in Frankreich, falls er überhaupt etntritt, braucht, um sich durchzusetzen? Deutschland ist nicht mehr in der Lage, noch lange warten und sich aufs neue dem grotesken Spiel mit langatmigen Konferenzen, die zu nichts führen, preisgeben zu können. An weilere Tevisenkäuse zu Reparations zahlungen ist nicht mehr zu denken. Wenn der Dollar, der am 31. Mai ans WO stand, heute 1040 Punkte erreicht hat, so bedeutet dies, daß die Summe unserer ausländischen Zahlungsverpflichtungen in den letzten zehn Wochen auf das Zsä fgchc gestiegen ist. Dabei hört jede vernünftige Be rechnung auf und die Folgen dieses Zustandes sind für die deutsche Finanzkraft derartig verwüstend, daß eine Sanie rung des Staatshaushalts ganz ausgeschlossen ist. Wir sind also mit gebundenen Händen der Entente ausgeliefcrt und können nur noch Rettung von einer englisch-amerikanischen Sonderaktion erwarten, die auch ohne den Beitritt Frank reichs eingrcifen würde. Woher soll man freilich in Deutsch land nach so vielen bitteren Enttäuschungen den Köhler glauben an eine solche Wendung noch nehmen? Unseren nationalen Lebenswillen aber behalten wir doch und mit ihm die Zuversicht, daß er sich letzten Endes als die stärkere Kraft gegenüber dem französischen Vernichtungstriebe er weisen wird. Durch Nacht zum Licht! Demission -es Prager Kabinetts? lTigner D r a h t b e r i ch ; der „Dresdn, Nach richte ick.1 Prag, 15. Aug. Tie Blätter beschäftigen sich mit ber bevorstehenden Demission der Regierung Bcnesch. Am wahrscheinlichsten ist, daß Tr.'Benesch am Tage der Rückkehr deS Präsidenten Massaryk nach Prag, die noch in diesem Monat erwartet wird, die Gesamt demission des Kabinetts überreichen und daß der Führer der Agrarier, Abgeordneter Svehla, den Auftrag erhält, ein neues K o a l i t i o n s k a b i n e t t zu bilden. Tie soziali stische Presse dagegen behauptet, daß die Grundlagen für ein derartiges Koalitionskabinett fehlen, weil etne Verstän digung zwischen den Sozialisten und den Agrariern über die wichtigsten Gegenstände der nächsten Parlamentslagung, vor allem über die Agrarzölle und über die Trennung der Kirche vom Staat, unmöglich sein dürfte. Sollten sich die sozialdemokratischen Behauptungen bestätigen und eine Kabinettsbildung SvehlaS mißglücken, werde wahrscheinlich Dr. Benesch wieder mit der Bildung eines rekonstruierten Kabinetts betraut werden. Angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse erhalten die innerpolitischen Vorgänge eine er höhte Bedeutung. Tschechische Besorgnis wegen des Skeigens der Krone. «Eigner Drahtbericht der „D r e s d ». Nachricht«: ick.i Prag, 13. Aug. Tie Steigerung der tschechischen Krone in Zürich auf 15 Franken für IVO tschechische Kronen hat in tschechischen Anßenhandelskreisen große Besorgnis er weckt. Es machen sich zwei verschiedene Tendenzen bemerk bar. Das Finanzministerium befürwortete die Unter lassung von Interventionen, während die auf den Erport angewiesenen Industriellen der weiteren Steigerung der tschechischen Krone in Zürich entgegenwirken wollen. Die Einigungsbeslredungen -es Wettpro!estantismus. Kopenhagen, 15. Aug. Nachdem vom 6. bis 10. August Kopenhagen der Weltbund für Freundschaftsarbett der Kirchen seine stark besuchte Tagung abgehalten hatte, begann am Abend des 10. August gleichfalls in Kopenhagen ein zweiter, in mancher Hinsicht noch bedeutsamerer Kirchen kongretz seine Arbeit. Hier fanden sich zum ersten Male die protestantischen Kirchenkörper durch ihre Amtsvertreter zu gemeinsamem Handeln zusammen. An die Kopenhagener Konferenz schloß sich ans deutschem Boden unter Leitung des Erzbischofs Svderblom eine Sitzung des Ausschusses der all gemeinen Kirchenkonferenz für Leben und Arbeit, die gleich falls von der Ueberzeugung ausging, baß nicht nur ein zelne Christen, sondern die Kirchen alS solche auch zu ge meinsamer Arbeit sich für die leidende Menschheit zusammen schließen müßten. Beide Tagungen sind als bedeutsamer Schritt auf dem Wege der Einigungsbestrebungen des Weltprotestanttsmus und damit als ein Er eignis von besonderer kirchcngeschichtlicher Bedeutung zu be werten. Die Kataftrophenpolittk PoincarSs. Warum Frankreich ein Moralorlum verweigert. Pgris. IS. «ugusi. Poinearü führte ln seiner Unter» redunn mit de« Vertreter« der Presse weiter «iü: Für jeden ««parteiischen Mensche» Hitte di« lsatiche Felge diese» Vorganges die Feststellung der verfehl««. Deutsch laudS n»L da» Ergreife« der notwendige« «alruahmeu sei« «itsse», um dt« Wiederhol«»« solcher Mal. versatiouc» ,u verhindern. Da mau eine «erseht«»- «lcht hatte seststelleu »ollen, hatte sich die französische Delegation aus etne bescheide»«re Formel »»rückgezoge». Sie erklärte, daß sie ein Moratorium m»r gewähren könne, wen» vo« «e- wissen Gütern Besitz erarisse« «erde, die sofortig« Ei«, «ahmen gestalten, nämlich eine »üproz. Beteiligung an ber deutschen chemischen Industrie, Errichtung zweier Urb«rwach»»gSstelle« am AuSgang der Ruhr. Errichtung einer Zollschranke im Rheinlande, Einziehung vo« Steuer« i« besetzte« Gebiete, Ausbeutung der staatlichen Grube« i« Rnhrgebiet« ««b der deutsche« Slaatöforsten. von englischer Seite «nrden alle Maßnahmen, bi« wir verschlugen, a dg eL udert oder ganz abgelehnt. Was die ReichSvank betrifft, so wurde« wir ungefähr befriedigt. Aber als es sich darum handelte, dem Garau, tic-Ausschnß seinen Sitz in Berlin zu geben, zog sich Lloyd George zurück. Rach Anhörung der Sachverständige« «nd Zustimmung Lloyd Georges wurde beschlossen, bi« Kontrolle über die Sin- und Ausfuhrbewilligung zu beseitige«. Was die Kapitalflucht anbelangt, die in den alliierten Ländern einer strengen Reglementierung nnterworfeu ist. so widerlegte sich die englische Regierung dieser Maßnahme nnb schlng vor. man möge sich ein fach mit den von Deutschland versprochenen gesetzgeberischen Maßnahmen begnügen. Wegen der Soutrollmaßnahmen brachen wir die Verhandlungen nicht ab. Weil wir glaubten, daß die Bewilligung eines Moratoriums «ine Be, günstigung ist. war es unerläßlich, daß wir sie von uencn produktiven Pfändern abhängig machte». Man hat »ns noch nach der Ueberwachung der Zollgrenze am Rhein die Einrichtung einer Zollschranke im Rnhrgebiet« und die Beteiligung au den deutschen chemischen und Farben, sabriken verweigert, die giftige Gase Herstellen könne». In der Frage der Staatsgrnbcn, in der wir mit Belgien, und der Staatssorsten, in der wir mit Italien und Belgien einig waren, haben wir als Garantie die sofortige Rn- erkcunung gewijscr Rechte verlangt. Aber England wollte diese Rechte nicht an erkennen. ausgenommen im Falle einer späteren Ver fehlung Deutschlands. Mau stellte uns die außerordcnt, liche These entgegen, daß wir aus Grnnd des Artikels 218 nicht das Recht hätten, von allen Pfändern eins im be, onderen zu sondern. Die Meinungsverschiedenheiten in irr Psandersrage sind so weit gegangen, daß Lloyd George selbst oorgcschlagc» hat, sie dem Bülkcrbuyde zu überweisen. Dem habe ich mich widcrsetzt. PoincarS sprach sich dann über den Artikel 1ü der eng lischen Vorschläge aus, der ein Moratorium bis zum 31. De zember 1822 vorsah, aber scstsctzte, daß während einer bc- timmteu Zeit die Gesamtheit der Goldzahlunge« den Er, trag der 28 prozcutigcn Anssuhrabqabc nicht übersteige. Darauf bemerkte er, er könne nicht zngeben, daß man auf diese Weise für unbestimmte Zeit die feststehenden Iahrcs- zahluugen des Zahlungsplanes vom Mai 1821 aufhcbe. Er erklärte, daß die Lösung auch mehr in einer Sanierung der deutschen Finanzen als in der Bewilligung eines Mora toriums zn finden sei. Die französische Regierung Hütte kein Moratorium ohne Pfänder annchmcn können. Sie sei bereit, die Frage in ihrer Gesamtheit z» prüfen, und ver lange deshalb, daß mau die Dinge belaste, wiesicaugen» blicklich lägen. Man könnte die Frage im November wieder ansnchmcn. Deutschland müsse aber bis dahin seine Verpflichtungen etfüllen. Waü immer Lloyd George er klärt, Deutschland könne zahlen. Es habe in der Reichsbauk eine Milliarde im Depot. Davon könnte man die not wendigen 160 Millionen nehmen, ohne den Sturz der Mark, der übrigens auf andere Ursachen zurückzusührcn sei, über Gebühr zu beschleunige». Gestern nachmittag habe man den Beweis geführt, daß Deutschland zahlen könne. Mau be- chloß eine Zahlnna von 2 Millionen Pfund Sterling und bot alsdann ein sehr kurzes Moratorium an, anögcglichen durch Kontrollniahnahmeo, worüber man sich einigte. Er konnte diese« Vorschlag nicht annehmeu, weil er keine lfänber bringe. Er erklärte einfach, daß er sich der Eut- cheidung, die getroffen worden sei, nicht habe anschließeu iönne». So trennte man sich in sehr freundschaftlicher Weise. Aber er verlangte für die französische Regierung das Recht, über die Folgen zu beraten, die diese Uneinigkeit «ach sich l ziehe. Man sagte ib«. da« sei der Bruck ber E»t«»t«. Aber er erklärt«, er glaub« «tcht »ara«. Er für seine« Lest wolle ihn vermeide«, vorausgesetzt iudrsse«. daß er^i« ^ seines La«des nicht z« opfern brauche, der ««gltscheu «nd der französische« Regier»»« wäre ltch «i« großes Unglück. Aber die »«»««fettige »eignngder beiden Völker »är« «»ch »iel ernster. tW.T.BI Französische Verbitterung gegen England. Pari», 1ü. August. Der Grundto» ber Pariser Blätter muß alS Verbitterung gegen England brzetchnet werden. Sie richten sich in erster Linie gegen den engttschen Premierminister. In einem Leitartikel erinnert der „TeinpS" daran, -aß eS in der Tradition der englischen Politik begründet sei, dje gesteckten Ziele mit rücksichttlosem Egoismus zu verfplgen und dgftir zu korgen, etne gemein schaftliche Politik der übrigen europäisch«:» Mächte zu Hinter treiben. Das Bestehen der Engländer auf ihrem Standpunkt führt das Blatt aus folgende Umstände zurück: Man steht tn England mit Besorgnis die Bemühungen der Franzosen, einen französische» Montantrust zu schassen. Frankreich sei bestrebt, seine Hand nach dem Ruhrgebiet au-zustrecken, stach- dem eS ihm gelungen ist, Oberschlesien zu sichern. I» erster Linie sei England gegenüber Frankreich eifersüchtig wegen ber Kohlenlteferungen, die es von Deutschland erhalte. Im „Petit Puristen" schreibt Millet: So ernst die Meinungsverschiedenheiten zwischen England und Frank reich auch sein mögen, so darf man doch daraus keine vor eiligen Schlüsse für die Beziehungen mit England ziehen. ES fei allerdings unbedingt erforderlich, daß man die augenblicklich schiefe Lage nicht lange bestehen lasse. — „Oeuvre" schreibt: Die bisherig? tztn- heitderÄlltierten gegenüber Deutschland sei dur ch- krochen. Da» sei das bedeutendste Ereignis seit -«r Ntcht- ratifikation deS Versailler Vertrag« durch die Bereinigten Staaten. — Das „Echo de Paris" erklärt die Politik Lloyd Georges für völlig unbrauchbar. Eng land könne nicht von dem übrigen Europa getrennt werden. Ob eS wolle oder nicht, es werde von allen Streitigkeiten deS Festlandes in Mitleidenschaft gezogen und England könne ohne Frankreich und noch viel weniger gegen Frankreich in Europa etwas auSrichten. — Nach dem „Figaro" darf sich Frankreich nicht verhehlen, daß eS in Lloyd George einen unerbittlichen Feind besitzt. Er brachte die Konferenz kalten Blutes zum Scheitern und hat Poincars tn den saminenbruch mit htneinverstrickt. nachdem er schon vornherein entschlossen gewesen sei, sich unerbittlich zeigen. Deutschland und England machten tn Zu- von -u brr Moratoriumsfrage gemeinsame Sache. Da» sei etne Tatsache, der man ins Auge schauen müsse. -- „Ere Nouvelle" vertritt den Standpunkt, daß der Mißerfolg in London nicht ein Mißerfolg Frankreichs, sondern ein Mißerfolg seiner Politik sei. Morgen erfahre man, ob eine andere Politik in den Räten beschlossen werde, ober ob man militärischen Abenteuern entgegengebe. lvtdI Englische Vemänlelungsversuche. London, 15. August. Von englischer Seite wird ver sucht. die Gegensätze zwischen Frankreich und England, die ber Ausgang der Londoner Konferenz offenbarte, zu bemänteln. Bon den englischen Delcgationskreisen ist gegenüber ber Presse nicht von der Zukunft der Entente und der europäischen Politik ge sprochen, sondern nur betont worden, daß sich di« englische Auffassung bestätigt habe, nach welcher es jetzt nicht ber richtige Moment war. eine Konferenz abzuhalten. Es hätten von der Wicdergutmachungskommission vorher die nöiigen Grundlagen geschaffen werden müssen, die übrigens auch der Versailler Vertrag für derartige Veranstaltungen verlange. Statt dessen aber habe die WtcbergntmachnngS- kommission ihre Stellungnahme auf Betreiben Frankreichs vertagt. Jetzt sucht man in London die Situation so da.r- zustellen, daß eigentlich nur acht Tage für die Regelung -er deutschen Angelegenheit verloren gegangen seien. Ans „theoretischen" Gründen werde nicht derselbe Wert wie früher darauf gelegt, daß die Entwicklung deS Markkurses schleuniges Eingreifen notwendig mache. t!j Man gibt sich aber der Hoffnung hin. daß Frankreich nicht seine Freiheit deS Handelns nun tatsächlich schon in Anspruch nehmen, son dern versuchen werde, die ganz verfahrene ReparationS- srage zu regeln, womit freilich nur für kurze Zeit die Ent scheidung. die einmal kommen muß, verschoben würde. — Der Finanzredakteur des „Evening Standard" schreibt: Der neue Sturz ber Mark auf 4600 Mark für ein Pfund Sterling sei natürlich auf das Auseinandergehen der Reparattonskonferenz zurückzuführen. In diesem Zu sammenhang? müsse jedoch darauf hingewiesen werben, daß kein tatsächlicher Bruch s?j erfolgt sei und daß die Auffassung bestehe, die Verhandlungen würden mit mehr Aussicht auf Erfolg zu einem verhältnismäßig baldigen Zeitpunkt wieder ausgenommen werde«. lW. .T. BI Deutsche Pressesttmmen zur Politik Poincarss. Berlin, 15. Aug. Der „ Berl. Lokalanz." beschäftigt "ich mit den Ausführungen Poincares vor den Vertretern der frcmzvsischen Presse und sagt, es genüge vollkommen, sich über den Geist klar zu sein, aus dem sie fließen. Das sei der Geist eines ManneS, der, hysterisch verbohrt in die Politik des Hasses und der Vernichtung, nur Schein argumente vvrbringc, deren einziger Zweck sei, zu dem Schluß zu kommen, Frankreich dürfe Gewalt gebrauchen. Tie „Voss. Zig." nimmt den neuen Sturz der Mark, der in dem Dollarkurs von über 1000 zum Ausdruck kommt, zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtung und sagt: Was dieser neue Zusammenbruch der deutschen Währung bedeutet, läßt ich mit wenigen Worten ausdriiclcn: Eine wettere Ver - lendung wertvoller Schichten, eine Zerstörung des Budgetgleichgewichts, eine Absperrung der notwendigen Rohstoffzusuhr, Hungergefahr, ProduktionSsttllstand, Per- wciflungsausbrüche. Unterhöhlung ber RegterungS- autorität. Die „Germania" bemerkt, es sei aufs neue der Be weis erbracht worden, daß tn dem sich schon so lange vor unseren Augen absptclenden Ringen zwischen der politischen Vernunft und einer unbelehrbaren Unvernunft die letztere noch immer starrköpfig das Feld behauptet. Alle unsere Gegner seien in den letzten dreiviertel Jahren allmählich der Revision des Londoner Zahlungsplanes geneigt ge worden. Nur ein Staatsmann nicht, der Letter Frankreichs: Poincars! Er ragt als die traurige Säule der Un - ernunft hervor, die auf ihrem Schein bestehen will, wenn auch die Unmöglichkeit, ihn zu erfüllen, zutage liegt. Nach dem „Vorwärts" verrannte sich Potncarü in eine Sackgasse, aus der er nun schwer den Ausweg finden wird. Die Politik Poincares arbeite mit bemerkenswerter Tätigkeit auf die Schaffung eines untilgbaren Hasses zwischen Frankreich und Deutschland hin. Sie laufe unweigerlich auf eine Isolierung Frankreichs hinaus. Irrsinnige Kriegshetze in Frankreich. Paris, 15. Aug. Bei einer Zusammenkunft von Reserveoffizieren in Verdun sprach der französische General Buat über den kommenden deutsch-französischen Krieg. Er sagte u. a.: Wir sind sicher, daß Deutschland gegen uns einen Krieg vorbereitet, in dem nur die furchtbarsten An- griffsmittel verwandt werden sollen. Wir müssen uns rechtzeitig auf die Abwehr vorberetten. Auf die Frage. waS man getan habe, um die Gefahr zu beseiti gen. erwiderte Buat. nicht das geringste habe man von fran zösischer Seite getan. Frankreich sei entwaffnet, die Kammerausschüsse verweigerten jeden Kredit für die Laboratorien: Man lebe daher tn eine^: furchtbaren Angst. ^ P Don den Franzosen des Amtes enthoben. Wiesbaden. 15. Aug. Der Regierungspräsident Dr. Monn aus Wiesbaden ist auf Befehl ber Interalliierten Rheinlandkommission mit Wirkung vom 16. Auaust seines Amtes enthoben worden. Berlin, 15. Aug. Die Absetzung des Wiesbadener Regie rungspräsidenten Momm wird von amtlicher Stelle be stätig t. Momm soll angeblich nicht imstande gewesen sei«, die am 4. Juli vorgekommenen sozialistischen Demonstra tionen zu verhindern. Er war, wie hervorgchoben wird, einer der fähigsten deutschen Regierungbeamten. Drei Grundlagen für die Wiederherstellung Europas. Reuyork, 15. Aug. Der nach einer dreimonatigen Europarcise nach Neuyork zurückgekehrte Großbankier Otto Kahn stellte drei Grundlagen für die Wieder herstellung Europas auf. Die erste würde darin bestehen, daß die Vereinigten Staaten einen offiziellen Vertreter tn die Nepnrationskommission schickten. Die zweite würde in einem offiziellen Kontakt zwischen den Vereinigten Staaten und dem Völkerbund liegen, ohne daß aber die Vereinigten Staaten dem Völkerbund direkt beiträten, und die dritte darin, daß die Vereinigten Staaten in der Frage der alli ierten Schulden eine großmütigere Politik betrieben und vor allem einen Unterschied zwischen den Anbethcn machten, die für die Kriegführung ausgenommen wurden, und denen, die zu anderen Zwecken dienten. Allgemeine Diskussion Ser Kriegsschulden. Berlin, 15. Aug. Der Londoner Berichterstatter der . Voss. Zig." meldet, daß Lloyd George der französischen uird italienischen Delegation mttgeteilt habe, Schatzminister Horne werde Washington besuchen, um Besprechungen be züglich der Konsolidierung der englischen Schuldgebühren zu pflegen. Wenn er nach London zurückgekehrt sei, werde England eine allgemeine Konferenz zur Dis kussion der Kriegsschulden einberufen, an der Amerika teilnchmen würde. Diese Konferenz werde vor aussichtlich im November stattsinden. Polnische Erziehung zu ausrichliger Dalerlan-sUebe. Warschau, 15. Aug. Ministerpräsident Noack empfing zwei deutsche Seimabgeordnete. die nämenS ber deutschen Bevölkerung Polens eine Reihe von Wünschen vorbrachten. Der Ministerpräsident versprach, die einzelnen Wünsche und Forderungen wohlwollend zu prüfen und für die tatsäch liche Gleichstellung polnischer Staatsbürger deutscher Natio nalität energisch einzutrcten. Die Regierung werbe nicht eher ruhen, als bis jeder Staatsbürger mit aufrich tiger Freude seine Kräfte dem Staate zur Verfügung stelle und Polen sür sein wirkliches und geliebte» Vaterland halten werde.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder