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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.04.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188104107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810410
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810410
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-04
- Tag1881-04-10
- Monat1881-04
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.04.1881
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Erscheint täglich früh Ü'/, Uhr. Le-«r1io« und Espkßitisn JohanneSqassr 38. A»rkcht««den der Ukdarlio«: Vormittag« 10—12 Uhr. Rachmittag- 4—S Uhr. g*r »t« NU-iob« „»-eiantlrr ««M sich d« «^«ct>»» m«, «r»«dU». A»««tz«e »er s»r »te »ichftl-lg»«»« A«««rr ßes»t««ten Jnjernt« an W«che»tn,eu »i» S Uhr Rachmittas». «»La»«- und Festtagen sr«tz»ts'i,9Utzr. 2« de» vitalen fiir 2»s.-^»»«h«e: Ott« Rlnnm, UniversitätSstraße 22, L«ni« Lösche, »atharinenstraße IS, p. «nr bi- ',.8 Utzr. eiMger.TagMlÄ Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. A«flage L«^00. Ad»»nr«e»t^rri» viertelj. 4'/, MlL. iucl. Brinaerlohn 5 Mk, dnrch dir Post bezogen 6 VN. Ird« einzelne «ummer 25 Pf. Belegerempl-r 10 Pf. Gebühren für Ertrabeikage, «tzne Postbesörderung SS ML »tt Postbesörderung 48 ML Inserate Saespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uuferr« Preis» Tabellarischer Satz nach höhere« Tarif. Ketlmaen unter den Kedactionostrich di« Spaltzeile SO Pf. Jnsrrate sind fiel- an dir «PeVitl«« za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnenum«-rLo4c> oder durch Past» Nachnahme. 100. Sonntag den 10. April 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Geffenlliche Sitzung der SIMverordueteu DtitKvoch», am I«r. ftlprtl ». «be»d« «», Uhr tm Saale der I. «ürgerfchale. Tagesordnung: I. Gutachten de« Oekonomie- bez. Fmanz-Au-schusse« Uber: ». die Reorganisation de« Straßenreinigung-wesrns; d. die Herstellung der Leplahstraße; e. Gestattung de« Zuckerrübenbaues auf den Feldern de« Gute» Stötteritz ohne Pachtzin-erhöhung; 4. de» mangelhaften Bau der Parthe-Usermauern; o. Conto 10 L, Pos. 4 de« Hau«- haltplane«. II. Gutachten de« Bau-AuSschnssr» über ein Abkommen mit der Firma C F. Weber wegen Unterhaltung der Papp» dächer der Gtadtwasserkunst. M. Gutachten de« Verfassung«- bez. Oekonomie-, Stiftung«-, Vau- und Finanz-Au-schusse« über: ». Anstellung eine« «veilen Bauinspector«; d. Abänderung der allgemeinen Bedingungen bei Arealverkäufen der Stadt; o. Anstellung eine» VIII. Röhrcnwärker« bei der Stadtwasterkunst; ä. die andenveite Verpachtung des Leipziger Anzeiger«; «. die neue Friedhosordnung. Sekanntmachunz. Die Schleußt aus der südlichen Seile de« Theaterplatzes von der Fahrstraße an der Promenade bi« zum Brübl und die Einmündung der Schleußt der Katharinenstraße in di« Schleuß« de« Brühl sollen umgebaul und die hiermit ver bundenen Maurerarbeiten an einen Unternehmer in Aceord vergeben werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen im Nathbau«. 2. Etage, Zimmer Nr. 14 au« und können daselbst eingesehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schlenhenunebau e»»f de« Theaterplatze" versehen ebendaselbst und zwar bi« zum 23. April d. I. Nachmittag« 5 Uhr abzugeben. Leipzig, den 2. Apnl l88l. Der Rath der Stadt Leipzla. vr. Trvndlin. Cichoriu«. Slockholz-Auclion. BRaataG, de» LI. Mpril^e., sollen von Nachmittag« 8 Uhr an im Forstreviere Louae»ttz ach dem Kahl- schlag« in Abth. lSck ca I7S Hansen Llet» gemachte» Stockholz unter den im Termine öffentlich aushängende» Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stell« meistbietend verkauft werden. AnfammenLunst: auf dem Kahlschlage i» sogenannten Stempel Hintenn Streitteiche bei Connewitz. Leipzig. am 1. April 188t. De» Rath» Forsk-Deputation. Versteigerung auf den Abbruch. Da» ehemalige Thormch'rterhau» de» siScalischcn Holz hofes. Zeitzer Strafte 27, welche« der Stattzemeinbe ge hört, soll Dienstag den IS. April d. I., vormittag 11 Uhr, an Rathsstelle aas de« Abbruch versteigert werden. Die Versteigerungsbedingungen liegen in unserem Bau- amt«, Rathhau«, 2. Etage, zur Einsichtnahme av« und kann eine etwa gewünschte Besichtigung de« Hause« LienStag den 12. lfd. Mt».. Nachmittag« 2—5 Uhr stattfinden. Leipzig, den 5. April 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. De. Georgi. ss'chorius. Verpachtung von GartenplStzen. von dem »mische« dem Gohltfer Fahrwege und der Satrttzscher Strafte aus der der Slidtaemeinde Leipzig gehörigen Varcelle Rr. 2707 der Gtadtflur gelegenen Gartenplatz Nr. 14 sollen 2 weite« Uater» adtheilaage« und zwar Nr. 14!, 14 L. v»n je 145 Quadratmeter Flächengehalt zar Aalegoaa »»« Gärte«, welche jedoch nicht zum gewerbsmäßigen Betrieb« der Gärtnerei benutzt werden dürfen, sosort grge» et»» jährige Kündig««« Donnerstag, de» Ift d. M. Vormittag» II Uhr aus dem Ratbbause, 1. Etage. Zimmer Nr. 1k, a« die Meistbietenden verpachtet werden Die Verpachtung«- und Versteigernngsbedingungen liegen ebendaselbst aus dem großen Saale schon vor dem Termine zur Einsichtnahme au«. Leipzig, den 8. April >88>. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stöß. Bekanntmachung. Die am 5. diese» Monat» stattgefundene Verstellung v»« Beste« der Vensio«» > Anstalt de» hiesige» Stattheater» hat eine Einnci''me von 14S5 Mark 30 Pfennigen ergeben. und sagen wir den geehrten Besuchern dieser Vor stellung für da« unserer Anstalt bewiesene Wohlwollen hiermit unseren besten Dank. Leipzig den 8. April lS81. , Der vermalt« «ft».A«»schnft der Ve«sio»»-A«stalt de» hiesige» Stahtthsater». Eksölbevermietdong. 1. Oktober d. I. ob nnf s»»s Achßr« sin Licitattonsmege, jedoch mttrr Vorbehalt der Auswahl u»»er dm Lteltaulr». ander«» »er- mtethet werden. Hierzu ist Liritationstermtn auf Pounaden» de« lft. Avril 1881. Bar». 11 Atz, anderaami und »erde Umversitätr-Rentnntte aftudeu »erde, «ieihli^bhad« ersucht, sich » ppftr -ei» t» tumte (Vorderchuultuu») dehus« «dm>b» ihr« ^ etuzustw Ti« Licttaltonsbchingnn^u such duftldft »ui Einficht Letpzip am 4. April 11 «rak. Vekamitmaekunx. Vexen devoratedenäen Dawuee» bleibt 41« t'anoeUel 4«» baiser- lieb kusalrcken Oonsulatea um 18. a. 1». ^prll».». eesvdlasseu. — Dieselbe bestocket »leb rom 15. Xprü 4. 1. »d in 4er 2. Ltaxe Alster- aruss« Xo. g, uo4 ist ttlgUcd (an«r«o<rouoeo 8ooo- u. ?«stts^e) roo 10 dis 12V, llbr geölknet. — Lalvichr, um S. Xprü 1881. Da» AutsorUel» Lusslsvdo Oausnlut. 8t»»t«n»tb, Lsmmorberr r. L»4«trh7-dlllialit»ob. Städtische Gewerbeschule. Die Prüfung der Schüler soll Dienst««, de» 18. April or. vsrmttta«« »«« 8—18 Utzr im Schullocal vorgrnommeu werden. ES beehrt sich hierdurch ergebenst eiazaladrn Leipzig, den 8. April 1881. tz«s Letzrer-Tslegiu«. Di« Schularbeiten sind von 12 Uhr Mittag» genannten Tages an ausgestellt. Die alhemeine Ausstellung »«« si«»etlichen ftchslrrzeichunngen der stidtische» Gchulen, in de» Räumen der 1 Etage der 1. vürgriichule für gnaden ist aeSffnet: P«lms««nt«, d. 1». April Nachmitta, 8—» Utzr, »out«« und tiensta, stütz ft—18, Nschmttta« 8—« Utzr. Eintritt stet sür Jedermann. k. kUnnor, städt. Zricheninsprctor. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 10. April. Die Presse der verschiedenen Parteien beginnt ihre Spalten mit Wahlbrtrachtungen zu füllen und sicherlich wird die parlamentarisch« Fericnpause von den Abgeordneten vielfach benutzt werden, um mit ihren Wählern in persön lichen Berte kr zu treten. Rechenschaft über ihre Haltung in der nun zu Ende gehenden GesttzgebungSperiode abzulegen und die Vorbereitungen sür die neuen Wahlen emrnleiten. Der Termin der Neuwahlen läßt sich bestimmt noch nicht angebrn; man wird nur al» wabrscheinlich annehmen dürfen, daß dem Rcich-taq sein natürliche« Ende gewährt wird und daß die Wahlen mcht im Hochsommer, sondern im Herbste stattfinden. E» mag un» also immer hin noch nahezu ein halbe» Jahr von dem Wahltag trennen. Die Wahlbewegung hat in diesem Jahre ungewöhn lich frühzeitig begonnen; e» herrscht allgemein da» Gefühl, daß vielleicht noch niemals größere Entscheidungen aus dam Spiele standen al« jetzt, und daß man darum die Wahl agitation nicht frühzeitig und nicht energisch genug in die Hand nehmen könne. T>a« parlamentarische Leben und die gesetzgeberischen Arbeiten haben den ganzen Winter über deutlich genug den Charakter bevorstehender Wahlen getragen, nicht zum Borlheil der sachlichen Geschäfte. Und im Land« werden bereit« allenthalben die Wahlvorbereitungen getroffen. Kandidaten ausgestellt, Parteibesprecbungen abgehalten, als ob die Wahlen noch weil unmittelbarer vor der Thür ständrn, al» sie e« anscheinend sind. Wer fick auö de» massenhaften Cinzelnotizen, die in den Blättern unter der Rubrik „zur Wablbewegung" verzeichnet find, ein Gesammturtheil zu bilden versucht. Der wird zu der Neberzeugung kommen, daß eine größere Parteizerspiitterung niemals geherrscht hat al» heute und daß in Folge Dessen auch niemals da» Resultat so gänzlich unberechenbar gewesen wie jetzt; kleine zufällige Ma>oritätcn und künstliche Partei verbindungen werden eine entscheidendere Rolle spirlcn als jcmal« zuvor. Wahlkreise, in denen süns bi« sech» Eandidaten austreten, sind schon jetzt mehrfach zu verzeichnen. Am aller wenigsten bemerken wir aus liberaler Seite irgend einen versuch, ein« Verständigung über gemeinsame- Borgeben zu erzielen. ES wird ab und zu einmal die schöne Parole von der „großen liberalen Parte," und der Nothwendiakeit de- Frontmachen» aller librralen Kräfte gegen die „Reaktion" ausgesprochen; wenn man aber mit dieser Phrase die Praxi» vergleicht, so kommt da» Ergebniß darauf hinaus, daß der «mäßigte Liberalismus sich allenthalben von den, entschiedenen, . h. der Fortschrittspartei, gutwillig zu Gunsten der „gemeinsamen liberalen Sache" aus seinen Wahlkreisen ver drängen lasten soll. Die Fortschrittspartei und selbst die Seeessio- nisten stellen in Wahlkreisen, die seit Errichtung de« Reichs nationalliberal gewählt haben, gegen die langjährigen Vertreter ihre eigenen Eandidaten auf und singen oazu da» schöne Lied von der Gemeinschaft aller liberalen Interessen, d. h. praktisch ausgedrückt, der Abdankung des ae- sammten deutschen Liberalismus zu Gunsten eines fortschrittlichen Radikalismus. Die Folge der inneren Unwahrheit, daß man von einer gemeinsamen liberalen Partei redet, dabei aber mit engherziger Undnidsam- keit alle aemiißigleren Elemente zu verdrängen sucht, wird sich in einem heftigen Wahlkampf unter den verschiedenen liberalen Richtungen zeigen. Der Fortschrittspartei ist durch einige Wahlersolg« der jüngsten Ze,t der Kamm geschwollen, fl« erkennt einen Liberalismus überhaupt nicht mehr an. wenn er nicht von Herrn Lugen Richter abgestempelt ist; si« geht mit den umfassendsten Zurüstungen an die Arbeit, und diese Arbeit ist ganz direct gegen die Nationalliberalen gerichtet. Wir sehen diesen Anstrengungen gleichwohl mit Zuversicht entgegen; die Masse des deutschen Bürgrrthums ist liberal, aber sie ist nicht rad»cal-demokratisch. Di« Vorgänge in Berlin sollten der Fortschrittspartei eine Warnung fern, ihren Bogen nicht allzu straff zu spannen. Während sie ihre Sendboten weithin in« Reich schickt, wankt in ibrer Hochburg ihr« Herrschaft bedenklich «nd es ist. lediglich znsammenaehalten durch den Ueberdruß an der demagogischen fortschrittlichen Phrase, eine Bewegung im Gange. d,e der herrschenden Partei in der NeickSbauptsiadt leicht ähnlich« Ueberrasckmngen bereiten könnte wie vie s. Z. auch unter schätzte socialdemokratische Bewegung. Da« schroffe Hervor- kthre» de» „entschiedenen Liberalismus", d.h. des Fortschritt», thum», als der einzig berechtigte» Darstellung liberaler Ge sinnung treibt Kreise ins conservativ« Lager, die demselben »o« Natur nicht angrhvren. Es ist noch Zeit, sich vor den Wahl«, di« Frage vorzu legen, ob es wirklich gut gethan ist. di« ganze Nation durch Ansscheidung der vermittelnden Richtungen in zwei »»versöhn- sich feindselige Lager trennen zn wolle«, ein radieales »nd «in „rractionairrs", zu dem Alle« gehören würde, was der großen fortschrittliche« Lärmtremmel, welche Herr Engen dichter rührt, nicht nachlause« mag. Der wirklichen leaction kann unserer Meinung nack Nickt» förderlicher sein, al» wenn der ganze Liberalismus unter fortschrittlicher Flagge j^u segeln beginnt. An den Nationalliberalen aber wird es sein, gegen di« von dieser Seite drobende Gefahr mit Zuversicht und Energie aufzutreten und die Vorbereitungen ür die Wahlen mit Umsicht zu treffen. Herr v. Putt kam er hat sich entschlossen, de» Ultra- montanen zu zeigen, daß er gewisse Rechte de» Staates nicht preiSgebrn will. Die Versagung der staatlichen Aner kennung für den neugewählten BiSlhumSverwefer de Lorenzi in Trier dürste daher in den ultramontancu Reiben die ganze ernüchternde Wirkung eine» kalten Wasscr- trahl» ausüven. Da» Centrum hatte den genannten Dom herrn mit solcher Sicherheit für die gemäßigtere Richtung in der katholischen Kircke reclamirt. daß bis weit in die liberalen lbgeordnetenkreise hinein jeder Zweifel an dessen Bestätigung geschwunden war. Waren Einzelne der Klerikalen doch so weit gegangen. Herrn de Lorenzi al» alt katholischer Neigungen ocrdächlig hinzustellen, «ine Denunciation, die selbstverständ lich nur den Zweck hatte, dem Gewählten die Svmpathie der iaatSerhaltrnden Parteien und indirect der Regierung zu erwerben. Tie nächste Frage, di« sich nach dem Entschluß des Herrn . Puttkamer auswirft, ist die, ob die Curie au« demselben den Anlaß zum Rücktritt von weiteren Verhandlungen ent nimmt, oder ob sie den Trierer Fall als einen solchen ansehen will, der bei währendem Streite nicht zu vermeiden war und eher noch den Antrieb zur Beilegung oeS CullurkampseS zu verstärken geeignet ist. ES ist kein Zweifel, daß daS aufrichtige verlangen nach Hrieven auch im Vati kan besteht, und so mag wohl die Erwartung eine gewisse Grundlage haben, daß der Papst die Verantwortlichkeit für den unliebsamen Zwischenfall aus die Domherren in dem chönen BischosSpalast zu Trier abwälzt. Bon den Freunden des Herrn v. Puttkamer wird bereit» AllcS gethan, um die bittere Pille, die man dem Eentrum darreichen mußte, zu versüßen. Man verweist darauf, daß von einer „Nichtbe- iätigung" de Lorenzi'» doch eigentlich gar nicht die Rede sein vnne. Die Regierung maße sich rin solche« Recht überhaupt nicht an. sondern sie habe nur von dem 8- 3 des Gesetze» vom 20. Mai 1874 Gebrauch gemacht, welcher ein Em- pruckSrecht gegen die stattgehabte Wahl gewäbre. Diese pitzfindige Unterscheidung wird indessen in den Reihen der Ultramontanen nicht den geringsten Eindruck machen, und zwar mit Recht, denn die Behauptung des maigesetzlichen Loden» ist mit einer Bestimmtbeit erfolgt, daß man dem Vorgehen der Regierung liberalerseit» nur die vollste Aner kennung zollen kann, daß aber für die Wind Ihorst und Gen nicht der geringste Grund vorliegt, sich mit der ge troffenen Entscheidung zu begnügen. Herr v. Puttkamer hatte es ohnehin in der Hand, wenn er wollte, einen milderen Weg zu wählen. Er konnte die zehntägige Frist sür da» Einspruchsrecht ablausen lassen, ohne »avon Gebrauch zu machen, und er konnte alsdann den somit zugelassenen BiSlhumSverwefer alle Vergünstigungen, welche taS FriedcnSzesetz vom 14 Juli v. I. gestaltet, bi« dahin vorenthalten, wo triftige Belege sür da« Woblverhallen de« Gewählten vorhanden waren. Wie jetzt die Entschlüsse der Curie auSsallen werden, dazu dürfte da« Verhalten, welche« da« Ccntrum demnächst in Reden und in der Presse drobachtcn wird, doch nur einen sehr ungewissen Anhalt geben. Man darf schon seit Langem daran sefibalten. daß die Fühlung zwischen dem Baticän und dessen Verfechtern aus deutschem Boden nicht mehr so cna wie ehemals ist. Die WuthauSbrücke der klerikalen Presse sollten deshalb Niemanden verwirren, vielmehr hält sich «ms dem Boden de» That- säcklichen am meisten wohl jene Ansicht, nach welcher die preußische Regierung sehr aut gewußt hat, daß sie in dem Trierer Falle den Bogen nicht zu straff spanne, sondern aus die Nachgiebigkeit der Curie bestimmt zu rechnen babe. Im Batican wird man zu unterscheiden wissen zwischen einer Offensive, wie sie Falk giebt, und der Defensive de« Herrn v. Puttkamer. welche in demselben Augenblick an der Welt geschafft ist, wo Rom sich versöhnlich zeigt. Wenn auch dir Ergebnisse der gegenwärtigen Session nur dürftig sein werden, so ist da» Arbeitspensum de« Reichstag« doch ein höchst umfangreiches. Eine ganz« Reihe von Entwürfen ist noch in der Vorbereitung begriffen, und auch von diesen unterliegt nur erst ein Theil der Beschluß sassung de» Bundcsraths. Andere Materien, wie der deusch österreichische Handelsvertrag und die Vorlage, betreffend den Reichstags-Neubau auf dem Raczin«ki'schen Terrain, steh«, noch in weitem Felde, werden aber gleichwohl dir Volks- Vertretung noch ,n dieser Session beschäftigen. In Bezug auf die Bertragsverhandlungen mit Oesterreich-Ungarn hören wir. daß dieselben durch das Osterfest nur die aller- unumgänglichste Unterbrechung erfahren sollen, falls sie nicht vorher zu einem befriedigenden Ergebniß führen. Deutscher seits wird aus eine Beschleunigung der Consrrenzen gedrungen, um dem Reichstage, wenn möglich, noch im April, späte sten» aber im Anfang de» Mai die ensprecheude Vor lage zuaehen lassen zu können. Es soll dem Entwurf des Zoll- und Handelsvertrages, der diesen Namen ganz zu unrecht trägt und besser Schriftbegünstigungsvertrag genannt würde, eine Denkschrift beigesügt werden, welch« den Inhalt der Conferenzen m,t den ,ens«tigen Delegieren im Auszug« aiebt und den Widerstand der deutschen Regierung gegen den Abschluß eines Veterinärvertrage« rechtfertigt Der Reichs tag wird und kann das Wenige, was zu Stand« kommt, selbst verständlich nicht verwerfen, aber es dürste an einer scharfen Kritik de« Verhaltens, welche« besonders der Landwirthschasts- minister Vr. Lucius beobachtet hat, nicht fehlen. Ist es doch bekannt, daß nur Dessen Weigerung, de« Reckte» der Grenzsperre gegen viehimporte vertragsmäßig sich zu begeben. Deutschland um die vortheile des freien Apprrturverkebr« bringt. Man erwartet, daß Aerr Lucius, der Mitglied des RcichSlaq« ist, nack dem Beispiel de« Herrn v. Hittkamer in der Soeialistendebatte. als Gpeeialcommissar de« Bundes- raths für die Berathung des Handelsvertrages sunqirrn wird. Den Nationalliberalen wird ihrr Haltung gegenüber den Steuervorlagen von konservativer Seite, z. B. in der .^krruzzntunq", zum schweren vorwnrs gemacht nnd es wird dabei eine Zeitungsnotiz verbreitet, wonach eben diese Haltung den Groll des Fürsten Bismarck gegen eine so nnMdenSssig« Part«! ans di« Spitz« getrieben pab«. Di« Hreuzzeitung" benutzt diese Gelegenheit nebenbei zu einem Vorwurf gegen dieFreiconservativen, die es immernoch nicht lassen können, Fühlung mit den Nationalliberalen zu ucken, statt entschieden die konservative Fahne auszupfianze». Die Haltung der Nationalliberalen gegenüber den vorliegen den Steuergesetzentwürsrn ist allerdings eine im Wesentlichen ablehnende, allein eS sind auch niemals so schlecht begründete und von vornherein auosichlslosk Vorlagen eingebracht wor den. Für die Webrsteuer vermochte man sich bi« tief in« konservative Lager hinein nicht zu erwärmen, ebenso wenig ür die Ouitinng-steuer; wenn die „Kreuzzeituna" die Reden mancher ibrer Parteigenossen Nachlesen wollte, so könnt» sie ihren Tadel an ihr weit näher stehende Adresse» richten al« an die Nationalliveralen. Daß von der neuen Brausteuer nur höchsten« in Verbindung mit einer Reform der Branntweinsteuer die Rede sein kann, ist ein von den Nationalliberalen von Anfang an sestgehaltener Grundsatz. Sollte sich der Reichskanzler einmal entschließen, den Brann t- wein zum Object de« „Bluten«" auszuwählen, so würde er b,s in die Fortschritt-Partei hinein lebhafte Zustimmung inden. Im Allgemeinen aber ist e« eine sehr gerechtfertigte Forderung, erst da« volle Ergebniß der Zoll- und Steuer- resorm vom Jahre 187» abzuwartcn, eke man immer wieder mit neuen Struervorsckläqen kommt. Die Nothwendigkeit der jetzt gemachten Vorschläge, »m drängende Bedürfnisse de« Reiches zu befriedigen, ist nicht nachzuweisen, und für die weitgehenden Entlcistungspläne de« Reichskanzler« würden sie doch von Ferne nickt genügen. Eine liberale Versammlung im 3. Berliner Reichstagswahlbezirk, deren Sprengung durch dunkle Elemente Aussehen erregt hat, war nach den Zeitungsberichten auch von nationalliberalen Wählern emberusen. „Ist Die» der Fall — bemerkt die „Nat.-lib. Corresp." — so möchten wir doch Verwahrung dagegen einlegen. daß Herr von Saucken mit der Formulirung der Fragestellung: „für oder wider BiSmarck" im Sinne der nationalliberalen Wähler zehandelt habe. Unsere« Wissens dürften sich selbst Seces» ionisten mit dieser Fragestellung nicht einverstanden erklären." Wir heben au» den „Verhandlungen" auf Grund eine» Be richte« der „Nat. Ztg." Folgende- specicll hervor: i»-Tart Abg. v. Saucken- ^putschen (mir Beisall begrüßt) äußerte ich unaesähr folgendermaßen: M. H. Bei den nächsten, nicht mehr ernen Dahlen dürfte es sich lediallch um zwei verschiedene Äruppcn handeln. Der Reichskanzler ist bereit« selbst in die Wahlagitation mit »tngetreten. Er hat im Reichstage einig« Wahlreden gehalten, Gesichtspunkte entwickelt nnd Pläne ausgestellt mit der ausgesprochenen Absicht: dir Wähler mögen sich bei der bevorstehenden Wahlagitation Wer dtiftW»u «nSspcochi». Di« Parole wird wohl de«halb bei den nächsten Wahlen einzig und allein lauten: „Für oder gegen Bi-marck." Vielfach Ruse: „Für BiSmarck"! Nicht für den ffort- schritttring! Rau«! ran«! Die Henrici'iche Garde ist hier! Antisemiten rau«! Faule Judrnjunaen rau«! Wir stimmen für BiSmarck und nicht für di« faulen Fortschrittler. Fürst Bi«marck soll leben! so Witte »« unter betäubendem Tumult unaushürlich durcheinander. Ver geblich war da« unaufhörliche Klingeln de» Vorsitzenden, vergeblich war Derselbe bemüht, sich Gehör zu verschaffen und zur Rah« zu ermahnen. Immer hesiiger wnrdr der Tumult. Unaushürlich er tönten Hochrufe aus BiSmarck, Stöcker, Henrici, Rupprl, die Anti- scmiten-Liaa, sowie Pereat« auf dir Fortschrittspartei und die Inden. An verschiedenen Seiten de« Saale« und auf den Galerie» kam es zu deftigen Schlägereien, Viergläser fielen klirrend zur Erde, Tisch« und Stühle krachten, der Tumult wurde geradezu be täubend. So mochte e« wohl etwa zehn Minute» lang gegangen sein, al« sich der die Versammlung beaussichtigeude Polizeiosficier erhob und ries: Ich erkläre die Versammlung sür aufgelöst und sondere sämmtliche Anwesende aus. sich au« dem Saale zu ent fernen. Allein diese Erklärung vermochten kaum die Rächststehendeu zu hören. Endlich erlchicnen eine große Anzahl Schutzleute. Diese ariffen mit ihren kräftigen Fäusten die Hauptskandalmacher am Kragen und brachten sie gervaliiam zum Saale hinan«. Während der Saal somit sehr bald gesäubert schien und einem Trümmer- hanfen von zerbrochenen Biergläsern und Stühlen glich, sanden ans den Galerien noch furchtbare Schlägereien statt. Eine Anzahl Schutze leute eilten hinaus, nnd ehe man sich versah, waren die Haupt- schlägrr von den Beamten gepackt und im Ru die Treppe hinunter und au« dem Saal entfernt. Der russische außerordentliche Botschafter Fürst Suworow gedachte Berlin am Freitag wieder zu ver lassen. um seme Reise nach Paris und Rom sortzusetzen. Der jetzt 8 l jährige Fürst Suworow war von 1848 bis t8Kl Generalgouverneur der russischen Ostserprovinren und hat dort bei unseren deutschen Landsleuten da« beste Andenken hinter- lassen. Er ist ein humaner, freisinniger, liebenswürdiger Mann, der zu den wenigen vornehmen Russen gehörte, die während untere« Kriege« mit Frankreich mit ihren Sym pathien aus deutscher Seite standen. Er ist in Berlin von der kaiserlichen Familie mit der größten Auszeichnung aus genommen worden. Der Anschluß von Bremen an den Solidere»», :u dem durch den Antrag de« Senat« an die Bürgerschaft die ersten Einleitungen getroffen sind, wird sich wahrscheinlich viel eher erreichen lassen al« der von Hamburg. Erstlich sprechen sachliche Gründe nicht in demselben Maße für die Behauptung der Freibasenftellung, und zweiten« war die An- schlußpartei, die jetzt besonder« in der Gewerbekammrr ihre Stütze findet, von jeher »n Bremen viel stärker al« in Ham burg. Der neulich verstorbene Bürgermeister Duckwitz war schon in den vierziger und nachher in den fünfziger Jahren sür ein« möglichst enge Verbindung mit dem Zollverein thätig. Im Lause der jünstgstrn Tage bekckästiate sich da« öster reichische Abgeordnetenhaus ausschließlich mit Finanz- und Eisen bahn fragen, zumal mit der Verstaatlichung der Westdahn und dem Gesetzentwurf der galiziscben TranSver- falbahn. Dieser wurde dem betreffenden Ausschüsse vor ge legt, wo er zu lebhaften Verhandlungen Anlaß aab. So viel steht jedenfalls fest, daß der Staat für da« Zustandekommen de« letzteren Projekt« albt baare Millionen opfert, weil die Aktien, welche die Finanz-Verwaltung sür den Baarvorlchuß im dollen Nennwerlhe erhält, völlig werthlo« sind. Darüber sind alle Wiener Finanzkreise einig, ja selbst die Regie- runa betrachtet jenen Vorschuß ai« verloren In der AuSkchußsihung wurde auch hervorgeboben, daß selbst die Prioritäten jener Bahn eine höchst zweikelbaste Sicherheit oieten. Alle diese Einwände werden indeß, unter den gegen- wärtigen parlamentarischen Verhältnissen, jenen Gesetzentwurf kaum beseitigen können Ist da« Gesetz einmal bewillig», so werden der galizischen Tran«dersalbabn bald ähnliche Bahnen in Böhmen und Mähren folgen. ..Durch diese Wirthschast«- Politik", äußern sich die Wiener Blätter, „muß sich unter Staatsdrsteit fortwährend vergrößern Man möge sich doch ein Beispiel an de« seiner Zeit finanziell so arg bedrängten Italien nehmen, welches sein Deficit von 448 Millionen
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