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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.04.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188104301
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810430
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810430
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-04
- Tag1881-04-30
- Monat1881-04
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.04.1881
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Ersetzet«* täglich früh 6V, Uhr. Leö«N,» >»s trPe-Uis, Johamietgasi« SS. -Prrchstulldrn drr Aedarti«»: Bormittag« 10—IS Uhr. Nachmittag» 4—S Uhr. l »t« »»««»« nn«0«^r>rr »«««r«, »ch »U*»»»cn»a »ich! »-r»N>»«><. «»»»er der sür dir n4»ftk»t>e«d« ^ drftl««te» 2uler«re «« W«che»t«,e» dt« » Uhr Nach»ttta>«. ,nff«»n- und Frfttageu frittz St» ,6 Uhr. 3> dt« /Malen für Zas.-^nnihmr-. Htt» Klemm. Univrrsl«üt»ftrahr SS. ö*»t« Lisch«, Laiharmnistrabe IS, p. »ur St» '/,S Uhr. ripMr.TWMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. MeH-Auflage I«,80S. Ävonnrmrntsprris viertolj. 4V, ckNK., iacl. Brmaerloha ö Mk.. darch die Post dezogeu 6 Mk. Jede eiilzeine Stummer 2ö Pf. Belegexeurplar tO Ps. Gebühre» tür Extrabeilaaeu ohne PostbeiörLcrung 39 Mk. «tt Postbeförderung 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schrille» laut unserem Prris- verzeichniß. ladellarrlcher Sa« »ach höherem Laris. Lerlamen unter de» Uedartiousstrich die Spaltzeile >iO Pl. Jaserat« siud sleis a» die Oppeditt«» zu lcadea. — Rabatt wird »ich! gegeben. Zahlung praeuumeiirnäo oder durch Post» nachnahurc. 120. Sonnabend den 30. April 1881. 75. Jahrgang. Wegen der Messe ist unsere Expedition morgen Sonntag Vormittags bis 12 Uhr geöffnet. Expedition des I^elprlxer ^ueedlaltes. Amtlicher Theit. Vekanntmachung. Unter Hinweis auf die Borschristen de« Reichrimpfgesetze- vom 8. Ap-fl 1874 und nach Maßgabe der hierzu erlassenen Königlich «sächsischen Ausführungsverordnung vom 20. März I87b machen wir hierdurch Folgende« bekannt: 1. Die Stadl Leipzig bildet einen selbstständigen Impsbezirk, für welchen der Stadlwundarzt Herr vr. woä. Wilhelm Conrad Blaß als Impsarzt und Herr vr. mecl. Schellen berg als dessen Assistent verpflichtet worden sind. 2. Da- Jmpslocal besindet sich im Stadthause, Obstmarkt Nr. 3. l Treppe. 6. Daselbst finden die öffentlichen Impfungen von hier auf hältlichen Kinder» in der Zeit dom 4. Mai bi« ein schließlich l3. Juli und vom 17. August bis Ende September lausenden Jahre-, und zwar dl« aus Weitere« an jedem Mittwoch von '/,3 bis L Uhr Nachmittag«, unentgeltlich statt. Daselbst sind auch die Impstinge je an dem daraus folgenden Mittwoch zur Revision vorzustellen. 4. Im Laufe diese« IakreS sind der Impfung zu unterziehen: I. diejenigen Kinder, ». welch» im Iabre 1880 geboren worden, d. welche in den Jahren 1874, 1875. l87S, 1877, 1878 oder 1879 geboren sind und im Iabre 1880 der Impspflicht nicht vollständig genügt haben (er folglos geimpft oder wegen Krankheit nicht geimpst), II. diejenigen Zbgling« öffentlicher Lehranstalten und Privatschulen, ». welche im Jahre 1669 g«öor»n sind^. h. welch« in den Jahr«» 1863, 1864, 1865, 186«. 1867 oder 1868 geboren sind und in, Jahre 1880 der Impfpflicht noch nicht vollständig genügt haben (erfolglos wiedergeimpft »der wegen Krankheit nicht wiedergeimpft). 6. Lll« hiesigen Einwohner sind berechtigt, ihre, wie zu 4 unter l u. und t k. bemerkt, impspflichtigen Kindern dort unentgeltlich impfen zu lassen. Ebenso wird unbemittelten, hier wohnhaften Personen, deren Kinder vor dem Jahre 1871 geboren, aber noch nicht mit Erfolg geimpft sind, die unentgeltliche Impfung dieser Sinder in de» vorerwähnten Impfterminen hiermit angeboren. 6. Für jedes Kind, welche« zur Impfung gebracht wird, ist . gleichzeitig ein Zettel zu übergeben, aus welchem Name. Geburtsjahr und Geburtstag des Kinde«, sowie Name. Stand und Wohnung de« Vaters, Pflegevater« oder Vormunde«, beziehentlich der Mutter oder Pflegemutter deuttich verzeichnet ist. 7. Die Ellern der im laufenden Jahre imvspflichtigen Kinder werden daher hierdurch unter ausdrücklicher Ver warnung vor den in tz. ls. Abs. 2 des ImpsgesetzeS »»gedrohten Strafen ausgefordert, mit ihren Kindern in de« anberaumten Imps» beziehentlich Revisionsterminen behus« der Impfung und ihrer Controle zu erscheinen, oder die Bffreiung von der Impfpflicht durch ärztliche Zeugnisse hier nachzuweisen. 8. Degen der Anberaumung der Impf- und Revisions termine zur Wiederimpfung beziehentlich Controle der oben unter II n. und d. gedachten impfpflicbtigen Zög linge wird an di« Schulvorsteher besondere Wei>mig ergehe«. 9- Diejenigen Eltern, Pfleaeeltern und Vormünder aber, welche ihre im Jahre l88l imvspflichtigen beziehentlich Wiederimpfpflichtigen Kinder und Pflegebefohlenen, wie ihnen sreigestellt ist, durch Privatärzte der Impfung unterziehen lassen wollen, werden hierdurch aufgefordert, bi« längsten« zum 30. Sevtrmber 188l die erforderlichen Impfungen auSsUhren zu lassen, sowie jedenfalls längstens am 7. Januar 1832 die vorgesckriebenen Bescheinigungen darüber, daß die Impfung beziehentlich Wiederimpfung erfolgt oder auS einem gesetzlichen Grunde unterblieben ist. m der Impsespedition im Stadthause, Obstmarkt Nr. 3, Parterre-Zimmer Rr. KS vorzulegen, widrigen- sall« sie Geldstrafe bi- zu SO Mark oder Hast bi« zu S Tagen zu gewärtigen haben würden. Leipzig, am 2«. April 1881. Der R«th der Gt«d1 Leipzig. Ub! Vekanntmachung. In Gemäßbeit de« FinanzgesrtzcS vom 8. März vorigen Jahre« und der Ausführungsverordnung dazu von demselben sage ist die staatlt«Ae Gintomnieasteuer in« lau enden Jahre nebst einem Zuschlag« von SU Prvc. in drei Lermtae« zu entr»chten, wovon der erste Termin dea !<v. April diese- Jahre- u einemDritttheile de- GefammtoetrageSfällig ist. Die hiesigen Steuerpflichtigen werden dal,er ausgeforderl, ihre Stcucrbclräge ungesäumt und spätesten- binnen 3 Wochen, von dem Termine ao gerechnet, an unsere Sladt-Sleuer- Einnahme, Brühl öl. 2. Stock, bei Vermeidung der nack Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen eintretenden grsctz- lichen Maßnahmen aozuführen. Denjenigen Steuerpflichtigen, denen ein Tteuerzettel nicht hat behändigt werden können, bteidt e- nach der in den« Schlußsätze de- tz. 46 de- Einkommensteuergesetzes vom 2. Jul! 1878 enthaltenen Bestimmung überlassen, sich wegen Mittheilung de- VinschatzuugSergebnifsc- an die Stadt-Dteuer-Gtnnahme zu wenden. Hierbei wird noch ganz besonder« aus tz. 49 des bereits ungezogenen Einkommensteuergesetze« hingewielcn, »ach welchem >ie Reklamation bet Vermeidung der Aus- chliestung binnen 3 Wochen von Bebändigung >eS TteuerzettelS ab gerechnet bei der Königlichen Bezirk--Lteuer-Ginnahnre hier schriftlich einzu- »ringea ist. diese Frist aber für diejenigen, denen ein Ttenerzettel nicht hat behändigt werden können, von der in H. 40 de- mehraenannten Gese-e- vorgeschriebeuen öffentlichen Aufforderung, mit. >ia für da- laufende Jahr voa dem unterfertigten Tage ab zu berechnen ist. Leipzig, den 30. April I88l. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Kock. vr. Georgi. blmcmn. Vekanntmachung. In der Leplavstraße soll ein Stück Schleuß? 3. Clafle hergestellt und diese Arbeit an einen Unternehmer in Accord vergeben werden. Die hierauf bezüglichen Bedingungen und Offerten formulare liegen im RatbhauS, 2. Etage, Zimmer Nr. 14 an« und können daselbst rmgesehcn resp. entnomm» werden. Bezüglich« Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Gchleasteabaa t» der VePiaystrade betreffend" dersehe». ebendaselbst und zwar bi- zum 7. Mai er. Nach mittag« ö Uhr abzuaeben. Leipzig, de» 26. April »861. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Eichonus Vkcpachlii, >n «eriäiMtzki. Ruf der dem Jvbanni«bo-pital« gehörigen, am Tffpbebea »eg» gelegenen Vreeffe Rr. SOI der Mar Neadaitz können noch mehrere Garteaplätze abgegeben werden und ist Nähere« darüber bei uuferer Oeko»o«te>J»f»»et4m» st« allen Iahanni-hv-pttal«. Hospitalstratz« 2d) » erfahren Leipzig, den 2l April l»6l. »er Rmthber Gtadt »etpglg. vr. Seorgt. 7WG. SeschSttslocat-vermiethung. Die zeithcr an die Herren N. Hösel L Co. in Chemnitz vermietbcten Oleschäft-loealttäten im Ltoekhause, Ecke de- NaschmarlkeS uno SalzgäßchenS, bestehend au« 2 Ge wölben im Erdgeschoß, sowie einem Vorsaale und einer drei- enstrigcn Eckstuoe im ersten Stock, welche mit Gasbeleuchtung versehen sind, sollen von Michaelis d. I. an gegen haibjadrtiche Rriadignng an de» Meisivielenven ander- weit oermtettzet werden, wozu wir BerfleigerungStermin. an Ratbsstelle (Rathhau-, l. Etage. Zimmer Nr. l8) auf Mowtag, bei, ». Mal dieses Jahres, DormtttagS LS Uhr anberaamen. Die BermiethungS- und VcrsteigerungSbediagnngen liegen ebendaselbst auf dem großen Saale zur Einsichtnahme auS. Leipzig, den 22. April t88l. Der Rath der Stabt Leipzig vr. Georgi. lerutti. Vekanntmachung. Zum S. Siwan. d. i. Dienstag, den 3l. Mai dlese- Iahre«, als am Todestage de- Herrn Schave Frankel, soll die Hälfte der Zinsen der Schaye und Sara Fränkel - Stiftung an einen würdigen, nickt durch eigene Schuld bedürftig ge wordenen, in Leipzig wohnhaften älteren, womöglich über KO Jahre alten Mann, ohne Unterschied der Eonsession, de« Berus« u. s. w., vergeben werken. Wir fordern geeignete Bewerber hierdurch auf, ihre Gesuche bi« zum 11. Mai diese« Jahre- bei un- einzureichcn. Leipzig, am 23. April l88l. Der Rath der Stadt Leipzig. Harn Vr. Georgi. anwitz. Vekanntmachung, dt« ArbettSnachwetsungs - Anstalt aad dere» Filiale« betreffend. Durch da- freundlich« Entgegenkommen der Herren Kaufleute <k. tvohlseld, Ranstädter Steinweg ll, H. Unruh, Deststraße >7, G. Bachmann» Rltterstraße 32. Gebrüder Spillner, Winbmühlenstraße 30, sind wie seit Februar diese« Jahre« in den Stand gesetzt worden, neben der Mühlgaffe Nr. 7 im Hose befindlichen Erntralstelle unserer ArveitSnachweisung« - Anstalt an de» genannten Orten Annahmestellen für Arbeitsangebote zu er richten. und baben sich die genannten Herren der damit ver bundenen Mühe und Arbeit bisher dankenSwcrth unterzog«. Wir haben aber auch weiter da- freundlich« Entgegenkommen der Herren Kausleute Lonts Apitzfch, Ecke de« Grimmaischeu Steinweg« und drr Querstraße, und F. O. Reichert, Neumarkt 42. benutzt und auch an diesen Orte» Annahmestelle» für Arbeit- angrbote von jetzt ab errichtet. An unsere Mitbürger richten wir aber wiederum die dringende Bitte, unS durch reckt ausgiebige Benutzung der von un- getroffenen Einrichtung in den Stand zu setzen, unsere schon früher ausgesprochene Ansicht, daß e« bester ist. dem Armen Arbeit al- Almosen zu geben, zur Thatsache zu macke». Leipzig, am 29. März >88l. Das Mrmeadireotortam. Ludwig-Wolf. v rsckrsste"""* Nschnch«»»« »ringe« »tr tzter»»rch ste daß jeder ankomme,»« -rmad«. welcher hier »dernmtzte», am Doge seiner NakmM. »«,, dttse erst in de, »deadftondr, rrsotgt, «M «Bern g, vormittag» on seinem Ntritz« sei «oserem de»-B,rea« aninmetde» tsi, dteje«tge, de» aber, »etch« ls»g«r als drei Tage ßch safhatte». Anweldeschetaz» lssen da» Ben»achI4sstg»«ae« der be o, 1» «ark .»er »Ättwih- »er*en wstrde«. ^ ^der «ladt Letwig. Vr. Nstder. D«ch»er, Nichtamtlicher Theil. Leipzig. 30. April. Wir kommen aus ein bereits gestern behandelte« Thema zurück, welche« alle Parteien lebhaft beschäftigt. ES war gewiß ein reckt merkwürdiger Artikel, in welchem die Provinzialcorrespondenz" den Fürsten Bismarck alS den „Anwalt des kleinen ManneS" darstcllt und damit in die Wablbewegung eine Parole schleudert, die derselben ohne Zweifel einen äußerst lebbaflen. ja lcidensckasl- licken Charakter verleiben wird. ES liegt etwa« bockst Agitatorische-, um nickt zu sagen Demagogisches in solchen verlcckcnden Schlagwörtcrn, wie sie das halbamtliche Blatt auSgicbt. Der Reichskanzler oder die in seinem Interesse zu bandeln glauben lernen von dem fortschrittlichen Radikalismus. Wenn dieser im Land« umberziebl. die wirlbschafttiche Politik de- Reichskanzler« als eine aristokratische, lediglich die Inter esten der bevorzugten Elassen befördernde, den armenMann unbillig belastende darstcllt, mit de», ewigen Wehcgesckrei von dem Steuerdruck, den die Fortschrittspartei dock auch nicht mindern würde und könnte, wenn sie am Ruder wäre, die Gemüther ausrcgt: warum, so denken die vssiciösen Wabl- agitatoren, soll nickt auch der Reichskanzler mit populairen Echlagwörtern aus die Masten wirken? Der Truck der directen Steuern, insbesondere der Communalabgaben. die für die Fortschrittspartei, wo sie die städtische Verwaltung in der Hand hat. trotz aller zugestan dene» Härte und Unbilligkeit ein me tnugero"' (rühr' mich nickt an) sind, mag eine ebenso wirksame Wahlparole ein wie die Vertbcucrung von Brov und Fleisch, Schmalz und Salz. Es sind reckt verlockende Bilder, wenn dem Grundbesitzer die Entlastung von der Grundsteuer vorgehattcn, wenn dem gewöhnlichen Arbeiter in Aussicht gestellt wird, die Besteue rung solle erst da ansangen, wo ein „werbendes Capital" vorhanden, wenn eine allgemeine Aller«- und Invalidenvcr- orgungsanstalt mit StaakSzuschüssen auSgcmalt wird, die den Gemeinden einen großen Theil der Armenlast abncbmcn würde, wenn Verunglückten und Erwerbsunfähigen eine bessere und würdigere Epistenz versprochen wird, wenn der wirtbschaftlich Schwache gegen eine Gesetzgebung in Cckuy genommen werken oll. die aiigeblich nur dem wirthsckasllich Starten zu Gute ge konnten sei, die Kluft zwilchen Arm und Reich immer mebr «7»»«ere und die besitzenden Mittrtctasicn mehr und mehr »erränge. Gewiß sind da« lockende Bilder und wir zweifeln gar nicht daran, daß sie bei den Wahlen bi« zu einem gewissen Grad ihre Schuldigkeit tbun werden. Wir zweifeln auch nicht daran, daß der Reichskanzler mit solchen „Idealen" keineswegs leichtfertige Versprechungen zu macken glaubt, die bei den Wahlen wirken und dann bis zur nächsten Gelegenheit in den Schrank gestellt werden, sondern er ist gewiß der esten lleberzeuqung, seine Projecte, wenn sich nur im Volke da« Verständnis dafür mehr verbreitet, durchführen und damit in der Thal die socialen und wirthschasltickcn Zustände von Grund aus verbessern zu können. Der Reichskanzler kann aus den praktischen Anfang Hin weisen. den er mit der Unfallversicherung-Vorlage gemacht. Uder die wir noch immer eine Verständigung erhoffen, und er wird eS gewiß an weiteren positiven Vorschlägen zur Erreichung seiner Ideale nicht schien lassen. Wir möchten auch im Interesse der liberalen Sache sehr davor warnen, diesem ganzen System, da« in den Grundstrichen vor unS steht, >ede v-ercchligunz abzusprecbcn; eS könnte dem Liberalismus Nichts gefährlicher werden, alS wenn er in der Thal, wie ein nener- dingS beliebte« Spiel mit Worten lautet, zur coniervativsten oder sagen wir lieber reactionairsten Partei würde. Tie Behauptung, daß die liberalen Parteien praktisch Nichts rum Wohle der ärmeren Classen geleistet hätten, ist ein dem Uebereff'er entschlüpfter, ganz haltloser Vorwurf. WaS die „liberale" Gesetzgebung seit Jahrzehnten in der Beseitigung der Schranken und Hindernisse, die der Erwerb« lähigleil im Wege gestanden, wie in praktischen Reformen zur Erleichterung der untern Classen geleistet, darüber ist eS unnöthig auch nur ein Wort zu vertieren. Aber stellen bleiben und auf vergangene Verdienste un» berufen dürfen wir darum nickt. DaS neue socialpolitische Evangelium de« Reichskanzler« hat bedenkliche Seiten genug, aber es hat auch berechtigte Grundgedanken, und über die letz tere eine Form der Verständigung zu finden. muß die Ani- zabe auch der Liberale» fein. Tie Fragen der socialen Re- orm sollten nicht im Parteiintrresse auSgenutzt werden, darin rat der Kanzler Reckt, aber indem er den Liberalen diesen Vorwurf macht, verfällt er in den Fehler, diese selben Fragen nicht nur im Parleiinleresse au-zunutzen. sondern sie geradezu zum Piedestal seiner eigenen Person zu machen. Erfreulich können wir die Aussichten aus einen Wahlkampf nickt nennen, in welchem von recht- und links der „kleine Mann" im Parleiinleresse ausgeboten wird. Am Donnerstag trat die UnsallversicherunqS com Mission zu ihrer ersten Sitzung zusammen und entschied sich zunächst dahin, eine Generaldebatte nicht eintretcn zu lassen, dagegen eine zweimalige Lesung der Vorlage vorzu- nehmcn. ÄlS vorläufiger Referent für die Commission wurde der Abg. von Hertling bestellt. ES wurde sofort in die Debatte über tz. 1 eingetretcn. Der Abg. Freund brachte in Gemeinschaft mit dem Abg. Wöllmer einen Entwurf ein, der da- ganze Gesetz verwirft und dafür daS Hastpflichtgesctz aus alle Betriebe auSdehnl, sofern der BetriebSuntcrncbiner nicht nachweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden de« 'Getödteten oder Verletzten verursacht ist. Abg. v. Hertling befürwortete den Fort bestand der bewährten korporativen Thätigkcit. Eine Reichs, anstatt könne subsidiär mit eintretcn, dagegen sei deren Monopolisirung nickt wünschenSwcrth. und tz. l in diesem Sinne zu ändern. Abg. Freund vcrlheidigte seinen Antrag, seine Partei sei gegen een Versickerung-zwana; die Erwei terung der Haftpflicht genüge vollständig, wa» Staatsminister v. Döttickcr unter Hinwei« aus die Berichte der Ber- sicherungSinspectoren bestritt. Wenn sich ein Weg sinken lasse, der die bestehende Privatthätigkeil aus dem Gebiet de« Ver sicherungswesen« weniger schädige, all der vorliegende Ent wurf, und doch die gleiche Sicherheit für Erreichung der Ziele biete, so sei er ganz bereit, darüber mit sich reden zu taffen, vorläufig habe ihm noch Niemand einen genügenden Vorschlag macken können, auch der BundeSrath nickt, der mit gutem Willen danach gesucht habe. Ten Antrag Freund bekämpfte der Abg. Kiefer, der nur im VersicherungSzwang eine gereckte Ausgleichung dafür fand, daß de» betroffenen Betrieben auch die Folgen de« Zufall«, für den rechtlich Niemand hastbarzu macken ist, ausgeladcnwerden,ebenso derAbg.Or. Buhl, welcher die GesicktSpuncle des Abg. v. Hertling bezüglich der monopolisirten NeickSanstatt vollständig tbeilte. Nur die rcie Eoncurrenz der Institute unter sich könne verhindern, >aß der gut geleitete Betrieb für den a.iS Nachlässigkeit qe- äkrlichcre» mit bezahlen müsse. Der Abg. Melbeck bcsür- vortcle Ausdehnung dcS Gesetze- auf die land wirk si ch a st licken Arbeiter, wäsirend der Abg. Stumm zwar die monopolisirte ReickSanstatt für das Richtigste erklärte, die jetzt bestcsienden Genossenschaften für Unfallversicherung aber dock am Leben crsialkcn möchte. Dazu werke der tz. 56 Gelegeiisieit geben. Von einer Reibe von gestellten Ab- änderungSanträgen sicsnnrortete der Redner die zu tz. l ge- börigen, wonach beim Arbeiter eine Lohngrcnze, bei welcher der VersicherungSzwang ausbören soll, mckt gezogen wird, weil die Loknsiösie eine« großen DsieilS der Arbeiter beständig csiwanke. Degen Beginn de« Plenum« wurde die Sitzung ans Freitag vertagt. ES ist vielfach ausgefallen, daß der Antrag Darnbüler aus Revision de« UnterstützungSwohnsitz-Gesetze- nock immer nickt im Reichstag ciligebracsit ist. obwohl er chon seit Nocken angekündigl und von dem schwäbischen Frei Herrn mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln der Neclame in Seene gesetzt worden ist. Jetzt verlautet, daß der bezügliche Nesormcntwurs in der nächsten Woche endlich an die Ocfsenilichkeir gelangen wird, aber die ccnservativcn und uttramvnkancn Tauspalhen de« Antrag« verfehlen zu gleicher Zeit nicht, wie schwer ihnen die Unterstützung ge worden. und wie wenig Erfolg sie dem Vorgehen de« Aog. v. Varnbülcr in Aussicht stelle». ES sind charakteristischer Weise gerade die attprcußischen Großgrundbesitzer, welche einer Beschränkung der Freizügigkeit dadurch, daß der Erwerb dcS Unterstützung»-Wohnsitze- erschwert werden oll, widerstreben. Bisher sind für diesen Erwerb 2 Jahre genügend gewesen, nach Herrn von Varnbülcr sollen fortan 5 Iabre erforderlich lein. Die Folge wird sein, daß die HcimalhSbchörde der Auswanderer auS dem Offen, welche sich »ach den aroßen Städten wende», ein halbe« Jahrzehnt hindurch verpflichtet ist, den mittellosen OrtSangehörigen. wenn er in derGroßste»et krank oder sonst erwerbsunfähig geworden, zu unterhaltet'. Die Eenservativcn haben in den stattgehabten Besprechungen über den Antrag lebhaft ans diese Bedenken hin- gewiesc», die allerdings einem egoistischen Interesse entspringen, die man sich aber auch libcralerscilS gefallen lassen kann, weil sie den Angriff aus da« bestehende Frcizüqigkeitsgesctz mit asischlagen Helsen. Wenn sich die Neckte trotzdem zum Theil dazu entschloß, den Antrag Varnsinler zu unterstützen, so geschah DaS, wie man hört, wesentlich auS der Ucbcrzcugung, daß die RcichSrcgicrung nicht geneigt sein werde, für jetzt aus den Gedanken einer Revision einzugchcn, und daß eine Unterstützung deshalb nur theoretischen Werth ohne praktische Verbindlichkeiten babe. Conservative Abgeordnete versickern mit Bestimmtheit und gleichzeitig mit einem Bedauern, welche« den Inhalt ihrer Mitthcilung nur um so gtansiivürdiacr erscheinen läßt, daß in den kirckenpolitischcn Ver bandln ngen z. Z ein vollständiger Stillstand cingelreten sei, und daß sich nickt ab- sehcn lasse, wann die Verhandlungen wieder ausgenommen werten können. Indessen ist eS unrichtig, dein Trierer Zwischenfall die Bedeutung bcizulegcn, alS ob nur er ei» solche« Ergcbniß verschuldet hatte. Vielmehr bat die Curie sich nicht abgeneigt gezeigt, aus die Präsentation eines mehr genehmen BiSlhnniSverwescrS, als Herr de Lorenzi eS iff, hinznwirkcn. Ware eS gelungen, diese Frage zu isoliren, wäre e« überhaupt möglich gewesen, dieselbe von den übrigen strettiacn Punclcn scrnznhalten, dann hätte die Herstellung eines Einvernehmens nicht aussichtslos geschienen. Aber eS wird unS von wohlunterrichteter Seite bestätigt, waS wir schon einmal an dieser Stelle zu melken in der Lage waren, daß nämlich im Batican daraus bestanden wurde, die Re gelung der Posrner Diöcrsanverbättnisse zum NuSgangS- pnncl weiterer Verständigung-Versuche zu machen und hierin gewissermaßen ein Unterpfand für den guten Willen der preußische» Regierung zu erlangen. Man darf annchincn, daß solchem Ansinnen verdientermaßen begegnet werde. Jeden falls ist betont, daß der Weg nach rückwärts, der in den Vorgängen von Paderborn und Osnabrück betreten war, einst weilen nickt weiter verfolgt wird. ES ist deshalb ein ver gebliche- Bemühen der Ultrainontancn. ihren Acrgcr über den teiinitiven Verzicht der preußischen Regierung aus die Nachsession des Landtages zu verbergen. Tie von englischen Blättern zuerst gebrachte und gehässig bekritteltes wie sich ergeben hat, völlig auö der Lust gegriffene Nachricht, daß der deutsche Reichskanzler einen Antrag aus Beschränkung de« AsylS politischer Ver brecher an die Mächte richten werde, hat, wie man der „Post" schreibt, unter den internationalen Mortverschwörern eine besondere Erregung gegen die deutsche Negierung erzeugt. In Kreisen, in welchen man uni die verschiedenen m Ruß land geplanten Attentate vorher »u wissen pflegte, gebt da» Wort ui». eS müsse sich ein deutscher Nvssakofs finden. Wir veröffentlichen diese Mittheilung — schreibt die „Post" —, die wir für zuverlässig halten, um deshalb, weil sie die Auf merksamkeit de« Publicum« aus Umstände, die sonst unbeachtet blieben, richten und vielleicht den Behörde» in ihrer schwierigen Ausgabe, Verbrechen zu verbüken, förderlich werden könnte. In AbgeorLnclcnkreisen wird daS Rcscript dcS Berliner Polizeipräsidiums, mit welchem da« Verbot des „Börsen- Courier" aus Grund deS Socialist enge setze« gerecht fertigt werden soll, einer sehr scharfen Kritik unterzogen. Die Absicht, diese Angelegenheit im Wege der Interpellation zur Besprechung zu bringen, ist dadurch nur bestärkt worden. Wie man kört, wird die Einbringung der Interpellation, zu welcher Mitglieder aller liberalen Parteien sowie auch der EcntrumSsraction privatim bereit« ihre Unterstützung in Aus sicht gestellt haben, nur noch von der Entscheidung der ReickS- comnnssion über daS ergangene Verbot abhängig gemacht. AlS Verfasser deS merkwürdigen ReseriptS de» Polizei präsidiums wird mehrfach der Geh. Rath v. Heppe, Adtatu« dcS Herrn v. Madai und konservatives Mitglied de- Ab- acerdnetcnhauseS. genannt. Doch fehlt c« an stichhaltigen Gründen für kiese Vcrmutbung. Die ossicioS au« Berlin verlautet, haben die im vori gen Iabre gepflogenen Verhandlungen zwischen der Krone
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