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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188105108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810510
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810510
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-05
- Tag1881-05-10
- Monat1881-05
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1881
- Autor
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Grscheknt täglich früh 6'/, Uhr. Nedaclion und Lrprdition Iohannesgasje 33. Sprechstunden der Urdaclion: Vonnitiags 10—12 llyr. Nachmittag- 4—6 Uhr. Dir »u Rtia«-dr kinqklanttcr !0!-i,u,cr,»t« «acht sich du dtldoc»«» »Uh> »krh,»dllch. »er skr die «Schftf»l,e«»e «»»»er bestimmte» Inj «rate an vschentanen bis 8 Uhr Nachmttta,», »«G»nn- und-efttage» srnh bis 'i.v Uhr. 3n den Filialen für 3ns.-Annahme-. Qtto klemm, IlniversitütSstraße 22, Lauts Lösche, Katharinenstrabe 18, p. nur bis i.S Uhr. <WMr TstIMM Anzeiger. Meß-Auflage L«,8S«. Äbonnrmrntsprcis viertclj. 4'/, Mk., incl. Brinaerlohn 5 Mk., ourch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Slummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühre» für Extrabeilagen ohne Postbesürderung 39 Mk. Mil Postbesörderung 48 Mk. Inserate 6geipaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Krrlamrn unter den Nedartionsstrich die Spaltzeile 50 Pf. Inserate sind stet- an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prneuunu-rniuio oder durch Post- nachnahmc. ^ 130. Dienstag den 10. Mai 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Läng- deS Grundstücks dcS ehemaligen ThorhauseS an der Dre-duer TtraHe soll der Fußweg mit Granitplatten und Schwellen belegt bez. mit Mosaiksteinen gepflastert werden und die damit verbundenen Steinmetz- und Sleinsetzerarbciten an einen Unternehmer in Accord vergeben werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen im NathhauS, 2. Etage, Zimmer Nr. 14 au» und können daselbst eingesehcn resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Ausschrift: „Trottoirherstellung vor dem Dresdner Thorhause" versehen ebendaselbst und zwar bi- zum 21. Mai d. I. Nachmittags 5 Uhr abrugcben. Leipzig, den 7. Mai 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgs. CichonuS. Siek-ahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurden allhier erstatteter Anzeige zufolge: 1) 1 MannShcmd, aus einer Schlaskammcr in Nr. 10 der Burg, straße, ln der Zeit vom 27. v. bis 1. d. M.; 2) ein Stück vlrirohr» ca. 6 Meter lang, aus dem Neubau Frankfurter Straße 29, vom 80. v. bis 2. d. M.: S) ein schwarzer Tuchrock mit einer Reihe Knüpfen und schwarzem WollatlaSfutter, — in einer Tasche befand sich ein bunt- kattunene» Taschentuch —, aus einem Küchenlocalc in Nr. 58 der Ulrichsgaffe, am 2. d. M.; 4) eine silberne Ankrrubr mit Sekunde, Sprungdcckel und ge- riefter Rückseite mit wappensörmigem Schildchen in der Mitte, nebst kurzer goldener zweisträngiger Kette mit schwarzemaillirtcm Schieber, sowie ein goldenes, buchförmiges Medaillon, enthaltend eine Herren- Photographie, ferner ein Nock von blauem, geriestem Stoffe, mit zwei Reihen Knöpfen und schwarzem WollatlaSfutter, eine Weste von demselben Stoff und ein Paar Stiefel» mit grünem Schast- futter, au» einer Kellerabtheilung in Nr. S der Liedigstraße, am nämlichen Tage Nachmittag-; b) ein rothlcderneS Portemonnaie mit gelbem Schlößchen und einem Inhalte von 1 Mark 20 Pf., mittelst TaschcndiedstahlS ans dem Roßplatze, zu derselben Zeit; K) «in Rest schwarzer spanischer TRI, S Meter haltend, an» einem Gefchäftslvcale in Nr. 55 der Reich«straße, in der Zeit vom 25. vor. bis 3. d. M.; 7) «in Geldtäschchen von schwarzem Leder, enthaltend 1? Mk. 8V Pf., in div. Silbermünze, mittelst TaschendirbftahIS aus dem Fleischerplatze, am 3. d. M. Vormittags; 8) ein schwarzer Tnchrock, lange Faxon, mit zwei Reihen Knöpfen, hellgestreiftem Acrmel- und schwarzem WollatlaSfutter im Schooß, ferner ein Rock von braun- und graumelirtem Stoff, mit abgerundeten Schüßen und schwarzem abgesteppten WollatlaSfutter, au» einem Corridor bez. Parterrelocale in Nr. 16 am Reukirchhof, vom 26. v. bis 4. d. M„ bez. an lctztgedachtem Tage; 9) ein Stückchen goldene Nhrkette, ca. 12 Lentimeter lang, nebst goldenem Uhrschlüssel, in einem Restaurationslocal in der Erdmannstraße, vom 1. bis 2. d. M.; 10) ein Franrnpnletot von starkem, schwarzem Stoff, mit Kragen und Aufschlägen von schwarzem Plüsch, ein Kleid von grauem Alpacca mit ebensolchem Uebcrwurs, ein schwarzer Sammet- DUt mit schwarzer Feder und AtlaSausputz, ein weißer Ünterrock mit Stickerei und ein ebensolcher mit rothen Streifen, auS einer Schlaskammer in Nr. 25 der Burastraße, vom 25. v. bi» 4. d. MtS., 11) vier Berliner Stadt-rbltgationcn vom Jahre 182t » 150 nebst Talon» und Coupons, ferner vier Stück Quittungen, auS einem Gastlocale in Nr. 16 am Markt, am 5 d». Mts. Nachmittags; 12) eine Geldsumme von 187 .41, in vier Kronen, zwei Fünf Markstücken in Gold, zwei Fünfmarkscheinen, einem Zwanzigmark scheine, Thalcrn, Zweimark- und Markstücken, mittelst Nachschlüssels auS einer Wohnung in Nr. 19 der Reichsstraße vom 8. bi» 5. d. M.; 13) «ine ebensolche von ca. 21 in einem FRnfmarkstückc in Gold, ca. 8 in Zwanzigpfennigstacken und div. kleiner Münze, au» einem Arbeit-locale in Nr. 35 der Peter-straße, vom 5. bi» 6 ds». Mts.; 14) eine ebensolche von 66 in einer Doppelkro«, Fünf- markfcheincn und Markstücken, aus einer Wohnung in Nr. 99 der Lutritzscher Straße, im Laust der letztvergangenen 14 Tage; 1b) eine silberne Chlindernhr mit Sekunde und geriefter Rück- feite mit Plättchen in der Mitte, auf welchem die Buchstaben 11. L. verschlungen eingravirt sind. auS einem Neubau in der Humboldt straße, am 7. dss. MtS. Vormittag»; 16) vier silberne Spriselössel mit breitem, abgerundetem Stiel, ein ebensolcher mit spitzem Stiele, au» einem Küchrnlocale in Nr. 2 der Grimmaischen Straße, vom 7. bi» 8. d. Mt».; 17) ein kleine» Portemonnaie von schwarzem Leder, enthal teud ca. 4 Mark, in drei Markstücken und kleiner Münz«, au» einem Restauration-locale in Nr. 7 der Windmühlenstraßr, am 8. d. MtS Vormittag». 18) ein Mnschelportemonnaie mit einem Inhalte von ca. T Mk., t» einem Zweimarkstücke und diverser kleiner Münze, mittelst Taschen- diebstahls auf dem Roßplatze, am nämlichen Tage Nachmittags Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Sachen over den Dieb sind ungesäumt bei unserer Lriminal-Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 9. Mai 1881. Da» Polizei-Amt »er Ttadt Leip»ta. Iw. Rüder.Hohlfeld. geeinigt unter dem Kaiser, hoch und herrlich da als die erste sriedenSmacht Europa-. Durch Krieg zum Frieden: in diesem Zeichen siegte da- wieder erstehende Reich. Seit dem Tage der Kaiser huldigung in Versailles hat der Deutsche da- so lange verlorene Gefühl seiner Würde, sein Nationalbcwußtsein, einen Nationalstolz wieder gewonnen. Ob Preuße oder Schwabe, Baier oder Sachse — er fühlt sich heute als deutscher Mann, der nicht mehr in der Fremde das vielgetheiltc Vater land verleugnen muß. Ter Deutsche, der bei Wörth, Metz oder Sedan für die Unabhängigkeit seine- Vaterlandes stritt, ist stolz, zu sagen, daß er ein Deutscher ist. Die Würdigung deS nunmehr geschaffenen Verhältnisse-, die Frieden-Mission deS Deutschen Reiche» — vor wenigen Tagen noch wurde Dies rückhaltlos im englischen Parlamente regierungsseitig anerkannt — tritt immer deut- sicher bei der Behandlung der europäischen Fragen hervor. Im Rathe der Völker hat Deutschland heute die erste Stimme und die Weisheit deS Kaiser» gilt als ein Hort des Weltfrieden-. Möge der greise starke Held und sein gewaltiger Kanzler noch lange Jahre in diesem Sinne wirken zum Segen der Völker — daS ist der aufrichtige Wunsch jedes BaterlandS- reundeS heute am zehnten Gedenktage deS Frank- urter Frieden«! Lönigl. Liichs. Standesamt. Wegen Reinigung der Lokalitäten sind die Expeditionen de» Standesamtes Mittwoch, den 11. und Ommer»»««, den 12. Mai d. I. von Mittag» 12 Uhr ab geschloffen. Leipzig, am 9. Mai 1881. Ger Ltan»e»»e«»t«: Direktor Juliu» Barckhardt. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 1V. Mai. Ein Jahrzehnt ist heute vollendet seit jenem denk- wü^igen Tage, an welchem Fürst Bismarck zu Frank furt am Main den Frieden mit Frankreich abschloß, im Namen de« deutschen Volke-, welche« sich wie ein Mann erhoben und den hartnäckigen Gegner auf zahllosen Schlacht felder» siegend niedergeworsrn hatte. Ja. Sieg aus Sieg hatte sich an die deutschen Fahnen unter König Wilhelm'- glorreicher Führung geheftet, und heute — nach der kurzen Frist eine« einzigen Jahrzehnt« — steht da- Deutsch« Reich, Wir werfen einen Rückblick auf die letzten Verhand lungen de- Reichstage-. Jedermann wird zugebcn müssen, daß die Verfassung-Vorlage in recht eigciilhüm- lichcr Gestalt a»S der zweiten Berathung hervorgangen ist. Sic enthält nunmehr nur noch zw ei Paragraphen, von denen der eine die alljährliche Emberusung deü Reichstag- im Oktober sestsetzt. der andere die Legislaturperiode aus vier Jahre verlängert. Die beiden Paragraphen sind durch ver- chiedenartiae Mehrheiten zu Stande gekommen» der erste durch eine liberale mit einigen EentrumSstimmen. der letzte durch eine konservative mit Unterstützung fast de» gcsammten Eentrum». ES wird sich nun fragen, welche Gestalt derGe- etzentwurf in der dritten Lesung gewinnt. Bleibt er in der jetzt sestgestelllen Form erhalten, so ist da- Gesetz in allen einen Theilcn gescheitert. Denn der Reich-kanzler hat keinen Zweifel gelassen, daß der Bunde-rath der Verpflichtung zur Berufung de- Reichstag- im Oktober niemals zustimmen wird. Die Majorität für diesen Paragraphen war aber eine sehr geringe, 140 gegen 129; bei der Mehrheit befanden sich etwa 20 Mitglieder deS CentrumS, und die Haltung dieser Partei ist gegenwärtig so unberechenbar, schwankend und wechselnd, daß wenig Sicherheit gegeben ist, die Majorität der zweiten Lesung werde auch in dritter Vorhalten; eS brauchen ja nur ganz wenige Stimmen „abcommandirt" oder anders geleitet zu werden. Wird die Einberufung im Oktober gestrichen, so bleibt als dürftiger Rest der Vorlage die vier jährige Legislaturperiode, die ohne Zweifel vom Bunde-rath als Abschlagszahlung auf seine weltergehenden Wünsche ge nehmigt werden würde. Der Abg. v. Bennigsen führte im Reichstag auS, daß seine politischen Freunde keine grundsätzlichen Gegner einer Berlängerung der Legislaturperiode seien, vielmehr, wenn diese Frage einmal selbstständig im Reichstag zur Er wägung gestellt würde, vielleicht sogar für eine fünfjährige Periode stimmen würden. In dem Zusammenhang dieser Vorlage sei aber der Artikel abzulehnen; die vierjährige Le« aiSlaturperiode erscheine hier lediglich als eine nothwendige Conscquenz de- Vorschlag- zweijähriger Budget«. Diesen letztem Vorschlag habe die national liberale Partei ab gelehnt und sie habe daher um so mehr Bedenken, die Conse qucnz desselben stehen zu lassen alS diese ein vortrefflicher AnhaltSpunct sein würde, um auf die zweijährigen Budget- Perioden zurückrukommen. In der Thal, wenn man einmal im Interesse einer ruhigeren, sachlicheren gesetzgeberischen Arbeit und einer Be schriinkung der unaufhörlichen Wahlagitation eine Verlängerung der Legislaturperioden für zweckmäßig hält, so dürfte eS sich au- verschiedenen GesichtSpunctrn empfehlen, lieber gleich fünf statt vier Jahre festzusetzcn. Für da- Wünschenö- werlheste aber halten wir c» freilich, da- Gesetz kommt jetzt gar nicht zu Stande, sondern man greift in ruhigeren Zeiten auf den Vorschlag der verlängerten Legislatur perioden zurück. Im jetzigen Augenblick ist er durch die Verbindung mit Bestrebungen» die gegen die ganze Stellung de- Reich-tag- gerichtet sind, wie den zweijährigen Budget- Perioden, der zweijährigen Einberufung der Volksvertretung, in einen hochpolitischen Zusammenhang gebracht, der die ruhige Prüfung der, für sich allein aufgeworfen, wohl diS- cutirbaren Frage, ob und in welchem Umfang eine Ver längerung der Gesetzgebung-Perioden wünschenSwcrth erscheint, sehr erschwert. Auch die .Kölnische Zeitung" wirft einen Rückblick au die letzten Verhandlungen de- Reichstage-, Die Rede Bennigsen'« über die Verfassungsänderung bezeichnet da» rheinische Blatt als ein bedeutsames Zeichen der Zeit, iizdem eS Folgende- au-sührt: „Der Führer der gemäßigten liberalen Partei, der vom Reichskanzler, wie Dieser ja selbst in seiner Entgegnung anerkannte, besonders geschätzt wird und den er gern wieder zur Mitwirkung gewinnen »löchte, erklärte rund heran-, daß innerhalb uud außerhalb de« Reichs tag« eine wachsende Mißstimmung herrsche und die Ursache dazu i» der Weise zu suchen sei, wie die Regierung, d. b. der Reich- kanzler. da-Parlament behandle. Er stürme aus ven Reich- tag mit einer Menge Vorlagen ein, ohne jede Rücksicht da.au ob «ine Aussicht aus Durchdringung vorhanden sei und ob sie schon früher abgelehnt wurden Die Regierung habe keine feste Mehrheit, und eS komme ihr gar nicht darauf an. auS welchen Parteien eine winzige Mehrheit sich bilde, so daß Niemand vorauSzusebcn im Staude sei, wa« aus diesen chao tischen Zuständen entsteht. Fürst BiSmarck versuchte seine Hand lungsweise systematisch zu rechtfertigen. Aber wie man auch über sein Verfahren denken möge, parlamentarisch wird nian r« nicht nennen können. Er rechnet e» sich aber hoch an, daß er immer dieselben Vorschläge wiederhole, wenn da« Parlament sie auch verworfen Hab«, denn eS sei einmal sein« Ueberzeugung, und sein« Ueberzeugung müsse man durchzusetzen suchen. Ein olche« Verfahren wird sonst von keinem Minister und in keinem Parlament anSgeübt. In konstitutionellen Ländern hütet sich ein Ministerium, Maßregeln vorzuschlagen, die von der Volksvertretung abgelehnt werden, und wenn eS dennoch geschieht, so tritt da« Ministerium zurück. wenigste»- wenn die Abstimmung eine wichtige Angelegenheit betraf. Von alle Dem weiß unser großer Staatsmann Nichts oder will vielmehr davon Nicht- wissen. Abstimmungen im Reichstage sind ihm sehr gleichgültig. Er erklärt nickt selten, daß, wenn eine Vorlage abgelehnt werde, sie nächstens wieder eingebracht werden solle, und zwar so lange, bis sie angenommen sei. DaS heißt dem Reichstag gegenüber verfahren nach dem Grundsatz: „Der Bie» muß!" Der Reichskanzler hat selbst neulich erklärt, eS gebe Zeilen, wo parlamentarisch, und andere, wo die ta to risch verfahren werden müsse, und offenbar scheint ihm jetzt die Dictatur die angemessenste RcaicrungSsorm. Zu weilen glückt es ihm damit, wie so eben in der Dienst- wohnungSfrage, in welcher er seinen Willen und sein In teresse mit 6 Stimmen oder vielmehr mit einer Stimme Mehrheit durchgesetzt hat." Auch die Schwarzen erwarten „klärende Ereignisse". Innerhalb der ultramon tauen Partei wird es aller Voraussicht nach auS Anlaß der bevorstehenden ReichstagS- wahlen zu gründlichen Auseinandersetzungen zwischen den politisch-liberalen und den durchaus reactionairen Elementen kommen. Jene sind am Rhein noch immer zahlreich vertreten und einige ihrer Führer haben bereits vor wenigen Tagen in einer Versammlung deS katholischen BolkSveremS zn Köln ihrem Mißtrauen gegen da- in Berlin und in Schlesien befolgte Liebäugeln mit den Conservativen, mit Herrn v. Pnttkamcr und besonder- mit dem Fürsten BiSmarck, kräftigen Ausdruck verliehen. DaS größte Bcfreniden hat m Köln die Nachricht von der Nolle hervorgerufen, welche ein ultramontaner Abgeordneter de- Kölner Landkreise-, Herr Cremer, in ven conservativen und antisemitischen Vcr- ämmlungen Berlin- spielt. Und dabei kennt man noch gar nicht einmal die Bedeutung, welche dieser Mann für die inö .'eben gerufene reactionaire Bewegung hat, scheint man noch nicht zu wissen, daß da« von den Kölner Ultramontanen ent- chieden verurtheilte Programm der Berliner Conservativen Herrn Cremer nicht allein zum Befürworter, sondern sogar zum Derjclsstzr hat Ein in der Kölner Versammlung anwesender Landtags«? .rorbneter der EentrumSpartei, der Advocat Bachem wollte seinen abwesenden Collegcn nickt direct angrrifen, sprach aber offen au», daß bei der Berliner Wahlagitation die Mitglieder der EentrumSpartei sich neutral u halten hätten, da man natürlich den „verbissenen cultur- ämpjerischen Fortschritt" in keiner Weise unterstützen könne, die Conservativen nach dem Herzen der „Norddeulfchen All gemeinen Zeitung", welche in Berlin mit dem Fortschritt sich berumschlügen, aber ebenso wenig Unterstützung verdienten. Wa« wird man unter den Schwarzen am Rhein erst sagen, wenn man erfährt, daß Herr Cremer sich ganz in derselben Weife wie die Deutschconservativen gegen jede« Rütteln am Mitttair-Etat ausgesprochen hat, weil da» Heer die festeste Stütze dcL Staate- sei? Und DaS in einem Augenblicke, wo die fanatischsten Mitglieder der katholischen Volk-Partei im hessischen Landtage an die Landtag-Wähler einen Ausruf erlassen haben, in welchem cs heißt: „Wenn auch die Haupt quelle der da- deutsche Volk sehr schwer drückenden Steuer last, der ungeheure Militairauswand nämlich, der Entschei düng der LcindeSgesetzgebung entzogen ist, so wird eS dock die Pflicht der Volksvertretung sein, bei jeder Gelegenheit hier gegen ihre Stimme zu erheben". Im westlichen Deutschland werden die gleichen Bestrebungen für die Ultramontancn auch bei den nächsten ReichStagSwählen trotz Herrn Cremer die maßgebenden bleiben. Obwohl der Reichskanzler die CentrumSleutc durch verschiedene Compromisse, die er mit ihnen bei vielen Gesetzgebungösragen einging, zu einer angesehenen politischen Partei gemacht hat, so tragen ihm dennoch Diese einen un versöhnlichen Haß entgegen. So gicbt eS in einem vor Kurzen, erschienenen, gegen dav „protestantische Kaiser- thum" gerichteten Schriftchen de- bekannten PreßcaplanS Mai unke eine Stelle, m welcher sich der ganze Haß der römischen Finsterlinge gegen den Fürsten BiSmarck in wahrhaft dämonischer Gestalt zeigt. Es ist die Stelle, wo er von BiSmarck'- Rede zur Motiviruna der Aushebung de- GesandtschastSposten« beim päpstlichen Stuhl spricht Sie lautet wörtlich: Al» Fürst Vismarck dies« Worte sagte, hat er sich wohl in der peinlichsten und unsicherste» Lage befunden, in welche er je in feinem Leben gekommen ist. Seine ganze äußere Haltung bekundete, daß da» Herz nicht mit Dem einverstanden war, wa» der Mund offenbarte. Er wurde plötzlich bleich, machte längere Pausen und sprach mit matter leiser Stimme, fing sichtlich zu zittern an, stützte seine Hand krampfhaft bald ans den Tisch, bald griff er in die Buscnlasche seine- Kürassierrocke», bald tändelte er a»S Verlegen heil mit dem Bleistift, bald griff er zum Wasserglase — kurz mit ihm wurde allen Zuhörern „angst und bange , und allge mein hatte man die ueberzeugung, daß in diesem Augenbickc im Reich« der Geister ein wichlige« Ereigniß vor sich geh«. So war cs. Es war der osficiell proclamirtr Bruch mit Rom, den Fürst BiSmarck einem Papste gegenüber aussprach, von welchem er die innere Ueberzeugung hatte, daß Derselbe einer der friedliebendsten und dem preußischen Staate wohlwollendsten Päpste gewesen war, die je auf dem Stuhl« Petri gesessen hatten; zugleick aber übcrkam den Reichskanzler da» bange Gefühl, daß er mit all seiner materiellen Macht gegen die geistigen Herrschaaren, deren Führer der schwache PriestergreiS war, vergeblich ankämpfcn würde. Wer sich so offenbar von leidenschaftliche», Haß rerblenken läßt, Der hat sein Spiel verloren. Im Allgemeinen darf man sagen: Majunke'S Sckristchen ist nicht- weniger als über zeugend. ES ist ihm nicht gelungen, die Schuld LcS Kampfes zwifchen Rom und dem Deutschen Reiche aus die Schultern de« letzteren zu laden. Jedenfalls aber wird der Leser in der Ueberzeugung bestärkt, daß zwischen beiden Mächten ein tiefer Gegensatz oowaltet und cm dauernder Friede zwischen beiden nicht möglich ist. Insofern trägt die Schrift wesentlich zur Klärung der Lage bei; wir aber wiederholen dem Reichs kanzler gegenüber den wohlberechtigten Wunsch: „Laß Dich vom Schwarzen nicht umgarnen!" Ein sehr betrübende« Bild der Lage in Slldtiro entwirft eine Eorrespondenz der „Allg. Ztg." Die nur zu bemerkliche Zunahme der Verarmung in den meisten Land gemeinden hat den tiroler LandeSauSschuß veranlaßt, die Handelskammern zu einer genauen Berichterstattung über den Grund dieses Nebel- und die etwaigen Mittel zu seiner Ab hülfe aufzusordent. So sind denn jetzt von den Handels kammern von Roveredo und Bozen sehr ausführliche Berichte hierüber veröffentlicht worden. Leider lauten diese nur zu traurig. Besonders die Denkschrift der Handelskammer in Bozen stellt fest, daß die meisten ländlichen Gemeinden ihres Bezirks immer mehr verarmen und die Zahl der Bauernhöfe, die dem Concurse verfallen, alljährlich bedeutend zunimmt. AlS Hauptgründe dieses zunehmenden PauperiSmnS werden in der Bozener Denkschrift angegeben: die beiden letztjährigen Mißernten im Weinbau, der besonders im Herbst 1880 in Folge deS letzten strengen Winter- einen äußerst geringen Ertrag gab; die alljährlich sich immer fühl barer zeigenden üblen Wirkungen der unverantwortliche» Entwaldung und die geringe Sorge für eine rationelle Be waldung der meisten GebirgSlbälcr, in Folge dessen Lawine», Moränen, Bergstürze und Wildwässer immer mehr Ver wüstungen anrichtcn; ferner die vielen Feiertage, wodurch in Tirol an 102 Tagen im Jahr nickt gearbeitet wird; die großen Anforderungen der ländlichen Dienstboten in den rucktbaren Thälcrn deS südlichen Tirols an Beköstigung und täglichen Wcingenuß, welche die immer mehr verarmenden Bauern unmöglich mehr erfüllen können; die unbekümmerte Sorglosigkeit vieler Bauerngehöslöbesitzer um einen fleißigen und sorgfältigen Betrieb ihrer Wirtschaft und nölhigc Pe- nutznng dcS Credit- zur rechten Zeit, und der übermäßig häufige und lange Besuch der WirlhShänser, wodurch sich manche Gemeinden oft sehr nnvcrtheilhaft auSzeicbncn. Leider läßt die Negierung den Dingen ihren Laus, anstatt an eine Aufbesserung dieser Zustände im Wege der Gesetzgebung heran- zutrcten. Gelegentlich der VermählungSseierlichkeiten in Wien hat bei dem Empfange dcS diplomatischen Corpö durch den Kaiser ein sehr pikanter Zwischenfall stattgesnntcn: die Begegnung de- belgischen PrcmicriiiiniskerS Fräve- Orban mit dem päpstlichen Nuntius in Wien, Vanutelli. Herr Fröre-Orban hat bekanntlich seinerzeit in der belgischen Kammer den actenmäßigen Beweis geliefert, das; der damalige Brüsseler Nuntius den Kampf des belgischen KlernS gegen den Staat nach den Weisungen de- Valicanü leitete, und in Folge dessen am 5. Juni v. I. den belgischen Ge sandten beim päpstlichen Stuhle abbcrnscn. Msgr. Vanutelli war dadurch gezwungen. Brüssel ebenfalls zu verlassen. Bei dem Empfange befand sich nun Herr Fröre-Orban an der Seite de« König- Leopold II., der damit neuerdings seine wahrhaft constitutioncllen Gesinnungen bethätigtc und die Hoffnungen, welche die klerikale Partei in Oesterreich und Belgien auf diese Audienz gebaut hat, vernichtete. Herr Fröre-Orban erfreut sich ttbcrbaupt auch von Seiten dcS kaiserlichen Hause« der größten Aufmerksamkeit, und als er dem Kaiser Franz Joses vorgestcllt wurde, bemerkte Derselbe, er schätze sich glücklich, das; Herr FrLre-Orban unter solchen Umständen sein Gast sei. AuS Belgrad wird unS gemeldet, daß dort die Oppo- sition unter dem Einstusse dcS Er-Minister-Präsidenlen Nistic von Tag zu Tag mehr Boden aewiime. Die Spitze der Bewegung ist in erster Linie gegen Oesterreich- Ungarn, namentlich gegen den mit letzterem Reiche abge schlossenen Handelsvertrag gerichtet. Die Mehr zahl der Belgrader Journale hat sich der Opposition angcscklossen und bekämpft daS gegenwärtige serbische Cabinct in leidenschaftlichster Weise. Dabei spielt die auswärtige Politik die Hauptrolle. Die Opposition-Presse weist täglich in heftigenArtikeln darauf hin, daß die „nationale Ausgabe" Serbiens nach außen hin keinen Stillstand erleiden dürfe. Ein Bündniß oder Zusammengehen Serbien- mit Oesterreich-Ungarn sei unmöglich, weil letzteres naturgemäß ein Feind der Entwicke lung und Größe der serbischen Gesammtnation sei. Serbien dürfe niemals und unter keiner Bedingung aus die Erwerbung Bosniens und Altserbiens verrichten, wenn eS nichl daS türkische Joch mit dem vstcrreichifchen vertauschen wolle. Da- Ergebniß der spanischen Municipalwahlen lieg» nunmehr vor. Uebereinstiinmende Meldungen rechnen eS dein liberalen Cabinetc Sagasta zur Ehre an', daß Spanien seit Langem keine von der Regierung so wenig beeinflußte Wahl- campaqne erlebt habe. Trotzdem ist da- Uebergewicbt der Liberalen in allen Provinzen so bedeutend, daß da« Cabinet damit eine neue Kräftigung erfahren hat. Die Conservativen von der Farbe Canvva'S sind säst allenthalben unterlegen. In ihre Ebscbaft thcilen sich die Carlisten in den baSkischcn Provinzen, Navarra und Mittclspanien, die Republikaner, Demokraten und Progressisten in den großen Städten, sowie den Süd« und Ostprovinzen. Da« englische Unterhaus nahm neulich mit größtem Interesse die Erklärungen de« Ministers des Innern entgegen bezüglich der Anfrage, ob die Behauptungen der „Daily NcwS" richtig seien, daß die socialistiscben Verhaftungen in Wien mit den bei Most gefundenen Papieren in Ver bindung ständen. Sir W. Harcourt leugnete Dir-, nahm aber die Gelegenheit, wahr, den Standpuncl der englischen Rc- giernngUberAnreizungcn zum politiscbcnMord klarzustellcn. Wenn die englische PolizeiKunde von einem beabsichtigtcnMork erhält, sei eS, daß da« Vorhaben sich aus einen Herrscher oder einen Privat mann, sei er Engländer oder Ausländer, bezieht, so werde sie darüber die gewünschte Auskunft ertbeilen, und er hoffe, daß jede andere civilisirte Negierung England denselben Dienst leisten werde. In der Theorie blciht also die Möglichkeit aufrecht erhalten, daß die Wiener Verhaftungen aus Grund Londoner Angaben erfolgt sind; und jeder rechtlich Denkende wird dieser Theorie seinen Beifall nicht versagen. Gemel det wurde auch, daß der Proccß gegen Most von dein CentralschwnrgericklShos auf die nächste Session ver schoben worden ist, um dem Derthcidiger de- Angeklagten Zeit zu geben, den ziemlich ausführlichen Anklageact. der ihm erst vor wenigen Tagen zugegangen war. reiflich zu überlegen. Vom englischen Standpuncl au- ist dieser Auf schub emvfehlen-wertb, denn der Proceß ist so beschaffen, das; eine vorherige Erörterung durch die öffentliche Meinung bei der Neuheit de» Vergehens am Platze sein dürste. Most wird in Gewahrsam bleiben, da eine Frcigebung auf Bürgschaft abgelehnt wurde. Sein Blatt aber erscheint unterdessen in englischer und deutscher Sprache und wird in einem Hinler- hause der Tottenham Court Road gedruckt. DaS dänische Folketbing ist am Sonnabend aufge löst worden. In dem königlichen Rescript. datirt Amalien- bnrg, den 7 Mai. welche» der Conseil-Präsident Esiruv Ver la«, heißt eS ». A.: „daß da- Folkething in der 7 Monate dauernden Session gezeigt hat, daß ikm entweder die Fähig keit oder der Wille fehle, die Sachen zu erledigen und daß
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