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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.05.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-05-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188105242
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810524
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810524
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-05
- Tag1881-05-24
- Monat1881-05
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.05.1881
- Autor
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Erscheint täglich früh -V, Uhr. »r--rt1o«Hrpr-U1,il Iohannesgaste 33. -Prechkundka der Uedarti«« LormiitagS 10—12 Uhr. Nachmittag- 4—6 Uhr. »n «Mm»« ku,,kl-iwlrr «aouionm, »K Nedactl»» »ich« «»mdlich. eMger und TaMatt der für »te »i«bftf«l,e»pe ^ deft1»»te« Inserate a» Sachent«»«» di» S Uhr Nachmtttaa«, a»E<»»- ««h Festtagen früh hi« '/,9 Uhr. I» den Mi»le« für Ins.-Anuahme: Ott« Ule«», UaiversitSt-straße 22, Lot« Lüsche, Katharinenstrahe 18, p. nur ht« Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr Auflage IS,SV«. Ad«nne«rnt»prris viertelj. 4V, Ml., incl. Bringeelohn 5 Mk-, durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilage» ahne Postbcsörderung 39 Mk. «tt Poftbesörderung 48 Mk. Inserate 6qespaltenr Petilzeile SO Pf. Gröbere Schnsteu laut unserem Prel«. verzeichniß- Tabellarischer Satz nach höherem Taris. krclamru unter den Nedaciionsftrich die Spaltzeile 50 Vs. Inserat« sind stet» an die vrhedttia« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pnmuumernwio oder durch Post nachnahme Amtlicher Theil. Die Pflasterungsarbeiten der Fahrstraße der Klostergasse sind vergeben und werden die unberücksichtigt gebliebenen Herren Bewerber hiervon in Kenntniß gesetzt. Leipzig, den 20. Mai I88l. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Tröndlin. Cicboriu«. Die bei dem hiesigen Leihhause in den Monaten Mat, Juni, Juli «nd August 188V versetzten oder er neuerten Pfänder, die weder zur Versallzeit noch bis jetzt eingelvst worden sind, auch nickt bi- zum 3l. Mai a o. eingelöst werden, sollen den S. Juli d. I. «ud folgende Tage im Parterre-Locale de« Leihhauses öffentlich versteigert werden. ES können daher die in den genannten Monaten ver setzten Pfänder »ach dem 31. Mai n. e. und spatesten- a« 3. Juni d. nur unter Mitentrichtung der ÄuctionS- kosten von 4 Pfennigen von jeder Mark des DarlehnS eiu- gelöst, »der »ach Befinde» erneuert werden; vom 4. Juni d. I. an. an welchem Tage der Auctionscatalog geschloffen wird, kann lediglich die Ginlösung derselben unter Mitentrichtung der rluclionskosten von 4 Pfennigen von jeder Mark der ganzen Forderung des Leihhauses stattfinden, und zwar nur bis zum 88. Juni d. I., von welchem Tage ab Auction-psänder unwiderruflich »eder eingelöst noch prolongirt werden können ES bat also vom 29. Juni ». e. an Niemand mehr daS Recht, die Einlösung solcher Pfänder zu verlangen, und können dieselben daher von den Eigenthümern nur auf dem gewöhnlichen Wege des Erstehen» wieder erlangt werden. Dagegen nimmt daS Geschäft de» Einlösens und ver setzen» anderer Pfänder während der Auclien in den gewöhn- tichen Localen seinen ungestörten Fortgang. Leipzig, den 14. Mai 1881. De- Rath- Deputation für Lethhan- u. Sparraffe. WaldgrSserei-verpachiLllg. Mittwoch, 8S. Mat d. Z., soll im Forstreviere Rosenthal die diesjährige GraSu«-u»g unter den im Termine näher bekannt zu machenden Bedingungen und gegen sofortige Zahlung der Pachtsumme nach dem Zuschläge Paraden weise meistbietend verpachtet werden. . Zusammenkunft: Nachmittags 8 Uhr am Sohnser Dchee am Rosenthal. Leipiio, am IS. Mai 1881 D-S Rath- Forstdepntatio«. WaldgrSserei-Ver-acht«»-. Mittwoch, den 8». Mat d. I.. soll im Forstreviere Burgau die diesjährige GraSnutzung unter den im Termine näher bekannt zu machenden Bedingungen und gegen sofortige Zahlung der Pachtsumme nach dem Zuschläge parcellemveise meistbietend verpachtet werden. Zusammenkunft: 1) vormittag- S schloffenen Brücke und 2) Vormittag- Leutzsch-Wahrcner Brücke. Uhr an der »er- , V,1l Uhr au der . Wahrcner Brücke, eipzig, am 16. Mai 1881 De- Rath- Forst-eputattou. Aiebstahls-Vekaurttmachung. Gestohlen wurden allhier erstatteter Anzeige zufolge: 1) Ein kleine» Opernglas, schwarz lackirt und innen weiß au», gelegt, ein ebensolche«, größer, gleichfalls schwarz lackirt und tune» gelb ausgelegt, aus einem Geschäft-locale tu Nr. 10 am Markte, »»sang April o. brz. innerhalb der letztvergangene» 14 Tage; 2) et» großer Topf von Steingut!, enthaltend eine Partie Ran- tabak, ungefähr b Kilo au Gewicht, au» eiuer Kellerabthetluag in Nr. 12 der Lange» Straße, am 12. ds». 221«.; S) ein Portemonnaie von braunem Leder, mit Stahlbügel, enthalteud 8 ^l 48 -4, in drei Zwei mark-, zwei Markstücken und kleiner Münze, mittelst Taschenptebftahl« ans dem «ugustu-platze, am 1b. d. Mt». Abend«: 4) drei Löthkolden, au« einem vodenranm« in Nr. S der Karl» ße, vom 14. bi» 1k. d. Mtp: 5) ein Stück rothschattirtr» Leipenbantz, ea. 10 -steter haltend, et» Nest aelbschattirtrr Seideuktaff, ungefähr V. -steter haltend, »ud ein itoupon gelbe Plstschgaze, ca. IV, Meter haltend, an« einer Lerkaus-bude in der 23. Reih« auf dem Augustusplatz«, am 1L. he». 16. d. MtS,; ^ , S) ca. dreißig Flasche« brach» au» einer Kelleraothe 1ü7b,s 17. ds». Mt«. Roth» bez. Wethwet» mittelst Ei». Heilung in Nr. 13 der Lrsstagstraße, vom llgraue Glace! «u» einem Pmterrelocale in Nr. 8 der Rttterstraß«, am 17. ds». Mt». Vormittag». 8) eine »elpsnmme von ungefähr 42 ^l. in einer Doppel- kröne, einer Krone nnd div. Scldergeld«, an« einer Kammer t» stlr. 9 der Nicolaistraße, am 18. d. M. früh; 9) eia Rest blauseidene» Rtp-Pand, au» «iuem Geschäft-locale tn -tr. 36 der Grimm. Straße, am nämliche» Lage Nachmittag»; 10) rin Wa»»«ro< vou dunkelblauem Kammgarustoff, mit einer Reihe Kuävsru, hellgestreiftem Aermel- «ud schwarzem Vollatla». satter tm Schooß, au« einem Barderobeloeal i» Nr. 10 der Reich«, straße, am 19. d. M. Nachmittag»; 11) eia Portewonnaie von braunem Leber, enthaltend ca. 7 in Mark- nnd Fünszigpsennigftücke», sowie zwei Lcmtton-scheine, eine Ouittnng nnd di». Notizzettel, von einem vrrknnststaud ans dem Roßplatze, am 20. d. Mt». Abend»; 12) ei» stranenfietp von duntrOKmem wostemn Stoff, mit IN Mk. 1s Mk HhkttkAstkUpk, nl oklsAVEM /DSU 14) et» braunl.drrne« »etpläschch«. «w in einer Doppelkron«, einem Thal«, eine« gweiwark-, "" ' »fennigstückt» »ad klrtner Mit» stücke, einen Uhrschlüssel und eiste nd ans dem Augupusplap», am 21 ) eine vntterwww g«n «aw». welcher ans !/3v^2e Franensack, von branne« «stich mb G« schwor»» Wphcktrschstrze, an« etwr N-INomwer » -k. -V «nRmch««w «etuwog, a» nämliche» Tage NochmtNog«: IlstÄu silberne TpUnpernhr «tt »NW»«, «Pi, wdirtem Zifferblatt und geriester Rwfritr Schildchen in der Mitte, sowie ei» buutr» banmwollene« Taschen- tuch, au» eiuer Baubude tu der Münzgasse» zu gleicher Zett; 18) ein Portemonnaie von schwarzem Leder, mit neufilbernem vügsl und einem Inhalte von 11 ^l 7V in zwei Fünf- niarkscheir zwei Küaszigpsrnniostückea »ad kleiner Münze, mittelst laschrapieostatzl« aus dem Rowlatz«, am gleichen Tage Abend»; 19) eia Ron von schwarzem Kammgarnstoff, gewendet, lange Faeo», mit einer Reihe Knöpfen «ud schwarzem Wollatla-suttrr, so- wie «tue Weste von demselben Stoff, au» eiuer Schlafstube i» Nr. S am Plaueuschen Platz, vom 20. bi» 22. ds«. Mi». Etwaige Wahrnehmungen über den BerbUeb der gestohlenen Sachen ober den Dieb sind ungesäumt bei uujerer Lrimmal-Abtheilnug znr Anzeige zu bringe». Leipzig, am 23. Mai 1881. Da« Poltzet-Amt »er Stabt Leipzig. lir. Rüder. Hohlseld. Da» znr Hälfte zam Nachlaß de» Rohproductrnhändler» Fried- rich August Kran-Haar gehörige in dcr Friedrichsrraße Hierselbst unter Nr. 40 gelegene Sruudfmck, bestehend an» Wohngebäude, Uv ei Seitengebäude«, Hintergebäude und Hosraum, welche» Grundstück im Grund- und Hhpothrkenbuch für die Stadt Leipzig auf Folium 906 eingetragen sich befindet, soll auf Antrag der Erben und de» Miteigenthümer» Vkontag, Pen 12. Juni 1881, Vormittag» 11 Uhr und zwar in dem Zimmer Rr. 22 de- Unterzeichneten Amt«ge- eicht« öffentlich versteigert werdrn, wa» unter Bezugnahme aus den am Gericht-bret nebst Bersteiaerung-bedingungen au-hängenden An» chlag andurch bekannt gemacht wird. Leipzig, am 14. Mai 1881. Da« Königliche Amtsgericht baselbst. Abtheilung V. Section 1 MannSfeld. M. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 84. Mai. E< hat sich abermal« erwiesen, wie wenig aus ganz und alb efficiöse Betheuerungen zu geben ist, und zwar ist der fl ein so eminenter, daß es sich wohl lohnen dürste. aus corr tu. von muncc iaters den Tbron bestieg isficiöseu, die freiwilligen ». plötzlich die größte P beizubringen, e ' c Deutschfei ffeigunge« Ater« und die anderen Gouverne» Mühe gaben, de« Public«« sei Alle« nicht wahr, wa« man ndlichkeit nnd der pansla- lepander's lU bi« jetzt gesagt habe. de« der vistsscho« Rei Al«Kronprinz, hieß es. lucheer sich nur mit milit'airischen Studie« und mit snner Familie beschäftigt und keinerlei Politik ge- trieben. Ja man entdeckt« plötzlich an dem neuen Kaiser eure Menge von Eigenschaften die eine Sympathie für da« Deutsch tum andeuteten und die man früher nicht gekannt hatte. w»s Hofklatsch. Anekdoten und Schnurren nahm man das Material, um Alerander III. in diesem neuen Lrchre erscheinen zu lasse», und in der Thal ward es ziemlich allgemein ge- laubt, daß die panslavistischen Neigungen de« neuen Kaisers ine« jener Märchen seien, mit denen fürstliche Persönlichkeiten, bevor sie vor die Oefsentlichkeit trete», so oft umsponnen werden. Über wassollen Märchen in der Politik? In der Politik regier« die Tyatsachen uno dies« sind Todfeinde der Märchen. D»e Lhatsachen der letzten Tage sind der Tod des Märchen« von de» deutsch-freundllchen Tendenzen de« neuen Zaren ge- panslavtstische Heißsporne entworfen haben, und mit Entlastung de« einzigen Minister«, der auf «ine reform- ndliche innere Politik hingewirkt hatte. Re da« der freundliche innere Politif hingewirkt hatte. Ln Stelle diese« Berather«, welcher die Rettung darin sie. den unabtvei-baren Bedürfnisse« der Zeit vor dem Ansbruch von unberechenbaren Katastrophen nachzuaeben, sind die fauatischen Agitator» für den PanslaviSmu«. die Herren Katkow und Akfakow, getceten, und man sagt sogar, daß der in Serbien doch so ziemlich abgewirthschaftete Abenteurer Tschernajew in die Regierung berufen werden soll«. Damit P endlich Klarheit in die Sltnation gebracht. Wie man auch deuteln und bemänteln möge, es ist jetzt der klare und unumstößliche Bcwoi« geliefert, daß die panslavistischen Neigungen, denen dcr Kaiser sich als Kronprinz hingegeben, keine Fabel find, daß sie vielmehr bestehen und daß die äußere und innere Politik de« Zaren sich nunmehr, nach dem die Zett de« Sammeln« vorüber, sich gemäß diesen Nec- gungen zu gestalten beginnt. Die Hoffnungen aus Reformen in europäischem Sinne sind damit endgültig niedergeschlagen, denn was der PanslaviSmu- in Rußland beginnen wird, dürfte mehr einen asiatischen al« europäischen Charakter an sich tragen. Der Panslavist Jgnatiess und scm Anhanj werden, soweit ihre Macht reicht, da« bloße Wor „Constitution" nicht mehr auskommen lasten. Ein panslaviftische« Regiment in Rußland verdoppelt di« allgemeinen Gefahren, sowohl diejenigen, die Rußland selbst, al« diejenigen, die Europa von Rußland droben. Wenn auch Leute vom Schlage de« Herrn Jgnatiess kein Bedenken trage», wenn e» ihr Interesse erheischt, auch mit dem Lib«rali<mu« zu kokettiren, so ist doch dem Panslavistcnkhum alle» Liberal« m innerster Seele verhaßt und e« wird sich stet« wieder davon obweaden, sobald ihm nur freie Hand gegeben ist. Diese Panslavisten und Allruffen kehrten am liebsten zu jenen rohen Zuständen zurück, die vor Peter dem Große» vorhanden waren. Sie suchen Rußland« Heil im DeSpoti«mu« und in der Unbildung und Unwiffenheit, welche da« Nieder halten dcr Masten erleichtert. Daß damit die innere Krisi» Ruß^ IZ. dav ßland« nnr erschwert, seine Daß dar Zersetzun g «ur gefördert wird. liegt aus der Hand. Denn jene «nsaßbore Partei der soge nannte« Nihilisten, di« »it so infernalischen Mitteln kämpft, trägt zwar, wie man an« dem großen Proeeß der sechs Kaifrrmlrder sehen kann, eine» slavischen Charakter, ober keineswegs t» Vinn« der Katkow und Genossen. Sie vereiaial de» Slavismns mit jenen ihr eigenthvm» lichen Bestrebungen, die «an al« russischen — aber n» kverifisch russischen — Eonflitntionali-mu« bezeichnen M«. Der Rihilr-mrr« oder russisch« Eonstitutionali-nw- wird daher sei«» Kampf gegen den UbsolntiSmu« »« so wilder fortsetzeu, nachdem in der Regiemag dir rffouasreuadlichen -ul »-> Mil d,u> Sch-il-I g-I-m»sl . Ob man wohl bosten kann, daß °u« diesen Verbältmsten nikl.n die eine slavischc Revolution mit sich dringen >r»rde. ^DciS 'Rußland und möglicher Weise Europa unter cmcr ballen Europa^ für „üdercivilisirt" und glauben, die rohe lavische Kra^ se, bemsen. die Bildung de« Westens zu ver- 'rängen Nun, die europäische Bildung. d,e seit Iahrlausen- dcn Regiert und- die Welt erleuchtet, würde einen, zweite,> HunnAurm eben so S»' trotzen wie dem ersten; wahr- Keinlich noch bester. Allerd,na» rst auch ,m Westen Viele« faul, aber unendlich fauler ift« »m ^sirn. Die schlimmen Befürchtungen, di- man früher mit Bezug aus die Eventualität eine- Ableben- Alexander s ll. so oft ouSsprach, sind jetzt verwirklicht: der PanslaviSmuS regiert n Rußland! Die Ironie de- Schicksal« will, daß dw Ver- chwvrerbande. welche Rußland mit Sckreckcn erfüllt. Zur Zc, c>uck unfreiwillig eine Bürgschaft gegen einen panslavistischen Vorstoß liefere, denn so lange Rußland, "w gegenwärtig durch innere Wirreu beschäftigt ist, kann eS nach au»en Nichts unternehmen. Allerdings eine traurige Garantie! In, Westen aber thut man aut. sich endlich darüber klar zu werden, wen und wa« man un Osten vor sich hat, und sich nicht mehr durch ofsicivse Fabeleien eiaschläsern zu lasten. Die Nachricht von dem Wiederaufleben de« Drei- aiserbunde« und von vermittelungSverftichci,, die m dieser Richtung da» Berliner Cabinct zwischen Peters burg und Wien gemacht, bedurfte für jeden Unterrichteten kaum einer besonderen Widerlegung. Fehlt e« auch in de» Berliner .^oskreiscn nicht an emer Strömung, welche gern di« t» pW Brüche gegangene Tripelallianz wieder flott machen möchte, w verschließt man sich doch keinen Augenblick der Un möglichkeit. daS Wiener Eabmet zu formellen Verpflichtungen oder auch nur zu einem moralisch bindenden verhällniß gegen über dem Zarenreiche zu bewegen. Der doctrinaire Satz, daß der Freund meine« Freunde« auch mir befreundet sei. trifft eben in dcr Politik so wenig wie im Privatleben zu. Wa« aber die Gerüchte von einer bevorstehenden Reise Alexander'« III nach Berlin betrifft, so ist man an aut unterrichteten Stellen nicht wenig erstaunt darüber, daß selbst ernste Blätter von derselben, als begründet. Notiz nehme» konnten. Es kann nach beste» Informationen versickert werden, daß diese in ge wiss« regelmäßigen Zwischenräumen austcmchcnde „Reise" i» da« Gebiet der Fabel gehört. Allerdings hatte der Zar i» der ersten Verwirrung seiner Empfindungen kurz nact> dem Attentat, und wie um dem Uebermaß an Thäligkeit und Verantwortung zu entgehen, in Berlin den Wunsch auS- drücken lasten, er möchte mit seinem kaiserlichen Oheim sich in persönliche Beziehung setzen. Doch ist e» späterhin von dieser Absicht ganz still geworden; ja, c« scheint nicht einmal, als ob Kaiser Alexander in dcr Lage gewesen, eine bercilö erfolgt« Einladung ablehnend zu beantworten. Wer de» gestern mitgethcilten officiösen Artikel dcr „N Rllg. Ztg." über die Absicht de« Fürsten Bismarck, durch Aushebung der Hamburger ZollvereinSnicder- lage den Streitpunkt mit dem Reichstag au» der Welt zu schaffen, zwischen seinen Zeilen zu lesen versteht, Dec wirb finden, wie gut begründet unsere Miltheilung war, daß dem drohend» BcrsaffungScoufiict die Spitze abgebrochen werde» sollw. E« mag wohl nicht an Vorstellungen von konser vativer Seite gefehlt haben, welche dem ReickSkanzler nahe legten, daß dem Centrum goldene Brtrcken gebaut werden müßten, und daß auch die Rechte zum größten Theil durch di« vor Ostern gefaßte Resolution für die streng constitutio- nelle Behandlung der ganzen Zollanschlußsragc engagirt sei. IttwnfallS schmeicheln sich die Conservativcn mit dcr Hoff nung. e« werde gelingen, dem Ansturm der liberalen Anträge geschickt au-zuweichen und so deren Stoß in die bla« Luft zu leiten. Daß auch da« Centrum gute Witterung von dem wahrscheinlichen Verlauf dcr Angelegenheit hat, wirb durch sein ganze« Verhalten und durch die für Jedermann überraschende Abschwenkung von demselben Delbrück'sckcn Anträge klargestcllt. den e« in der vorigen Session ange nommen. Man denkt sich nun in diesen Kreisen den Hergang so, daß die ReichSregierlmg erklären wird, man solle bvch nur erst den Beschluß de» BundeSrath» abwartcn. und sich vergewissert halten, daß die Regierung in der Koste „frage gemäß jener mehr erwähnten Resolution verfahren, d.'h bie Genehmigung de« Reichstage« einholen werde. Selbst- verständlich (und hier lieat der Bruch in der Rechnung) kann de» gegenwärtigen Reichstag kein entsprechender NachtragS- etn» mehr zugchcn, da der BundeSrath theil« aus eigenem Ankrlkb, theils auf Ordre eS verstehen wirb, seinen Be- Mnß hmuihalten. Da« event. Zugeftändniß de« Fürsten BiSmarck schwebt m der Lust, aber die Ultramontanen werden sich ttotzdem mit Begier an dasselbe anklammern. Da« ist der Smn de« Orakelton«, in weichem Herr Windthorst vcr- > «-werde fick wohl irgend ein Ausweg au- den vor handenen Schwierigkeiten finden lasten. Man darf dock nicht de« Reichstag« erkennen lasten, der sich höchst wahrscheinlich bei der senieren Beschlußfassung über daS Unsallver- ickerunq-gesctz noch erweitern wirb. Besteht Fürst Bis marck, wie cr DaS durch die „Nvrdb. Allg. Ztg." in den letzten Tagen mehrfach hat erkennen lassen, auf den Staats- u schuß für die Versicherung, so ist e» nicht fraglich, daß >ei dm Abstimmungen im Plenum die bisher lediglich auS den Deulschcoiiscrvativeii bestehende Minorität durch Zuzug au« den Reiben der Reichspartei wesentlich verstärkt werden wird. Ebenso giebt eS aber auch andere Mitglieder dcr Reich-Partei, wie z. B den Landrath de- Kreise« Solingen, V>crrn Melbeck, die sich durch ihre bisherige Haltung und durch ausdrückliche Erklärungen de» Wählern gegenüber so ehr gebunden haben, daß sic unmöglich für den StaatS- zuschüß eintreten können. Ein ähnlicher Zwiespalt wird innerhalb de« üentrum« entstehen, und eS ist sehr wohl möglich, daß bei dieser Gelegenheit die früher so sehr gerühmte, in den letzten Wochen aber etwas schwankend gewordene Einheil dieser Partei ganz in die Brüche gehl. Draußen in der grotzen ultramontanen Wählerschaft machen sich schon die Anzeichen geltend, daß sich dieselbe mit ihren einst vergötterten parla mentarischen Vertretern durchaus nicht mehr ein« weiß. Ständen nickt die localen Fiibrer, die ja im Lause der Jahre ast alle trotz ihrer sonstigen Unbedeutendheit zu Abgeordneten avancirt sind, sehr stark unter dem natürlichen Zivanae dcö FractionSvcrbandcS. so würde man hier und da sckon offenen Abfall erlebt habe». Diejenigen Männer von Einfluß, welche nicht zugleich Abgeordnete sind, lasten keine Gelegenheit, leine Parteivereinigung oder Volksversammlung vorübcraehen, ohne geradeheraus zur erklären, daß eS das katholische Volk an der Nase herumsühren beißt, wenn man ihm verspricht, für seine Entlastung »ach Kräften zu wirken, trotzdem aber dem Fürsten Bismarck neue Steuern und Zölle bewilligt. Der ultra montane Abgeordnete Crcmcr läßt sich in den Berliner con- scrvativen Versammlungen bckannllich noch immer alS HeroS eiern, mit seiner Vertretung eines ultramontanen rheinischen Wahlkreises (Landkreis Köln-Berghcim-EuSkirchcn) dürste es aber jetzt definitiv zu End« sein. Der von den konservativen Parteien und dem Erntrum gestellte Antrag in Betreff Einführuna vierjähriger Legislaturperioden hat folgenden Wortlaut: An die Stelle de« Artikels 24 der ReichSversastung tritt mit dem Schluffe der lausenden Legislaturperiode die nachfolgende Be» itimmung: Artikel 24. „Die Legislaturperiode de« Rcich«tageS dauert vier Jahre. Zur Auflösung während derselben ist ein Beschluß deS BundeSrath«« »nter Zustimmung de» Kaisers erforderlich." Die „Krruzzeitung" bält eine Verständigung über den Antrag noch in dieser Session für wahrscheinlich. Bei der zur Decharge gestellten Verwaltung deS Reichs- »>vu,tr. V» I0MMI iym nur darau n^E."b'e versastung»mSß,gkeit zu wahren, und es wird sich m diesem Fall um so lieber den Stein statt des Aushebung von Hauptzollamt yleickbedeutend ist mit einer d-rRnch-mstttution. Wa, die parlamentarische ^"''"Anträge betrifft, so ist e« noch ^ A dieselben, wie mehrfach gemeldet, schon am Mittwoch zur Debatte gestellt werden ^" Abstimmungen über die Innung «Vorlage haben em« R.ß umertzalb de, s,.ikonse,vat1venPartei gew In der That bestand likeralerscit« die Absicht, den Anlaß zu benutzen, um sich über die Tragweite der bekannten Drohung de» Fürsten BiSmarck und über die Gründe, weshalb die Rcickstagsbauvorlage sich aberinalS verzögert, Auskunft zu verschaffen. Man nahm indessen nickt nur wegen der dringenden Geschäftslage hiervon Abstand, sondern vornehmlich deshalb, weil man sich zu überzeugen Gelegenheit hatte, daß eine aus reichende Antwort vom BlindcsrathStisch doch nicht erfolgen werde. In Berlin ist man offenbar über die eigentlichen Gründe und den gegenwärtigen Stand der bezüglichen Pläne beS Reichskanzlers so wenig „iitcrrichtct, daß sich da« Gefühl dcr Bcrblüfsmic; Uber die verheißene „Decapitalisirung" Berlin« „ur schwer hinter verlegenen Scherzworten zu verbergen vermag. Aus dem Umwege über Petersburg kommt eine Nach richt über daS Verhällniß Deutschlands und Frank reichs nach Berlin, welche volle Beachtung verdient. Dcr Berliner Correspondent dcr Petersburger „Nowoje Wrcmja" schreibt: „In den deutschen Neglerungskreisen ist man bereit, mit Frankreich Hand in Hand nicht nur in der tunesischen Frage, sondern auch in einigen anderen da« Mittelländische Meer betreffenden Fragen zu gehen und ihm kräftige moralische Unterstützung gegen England und Italim zu leihen. Andererseits jedoch denkt Deutschland nicht daran. Frankreich seine Dienste auszudrängen. Wenn man in Paris nicht ernst und entschieden die oben erwähnte Politik wünsch!, wenn man dort nicht die Freundschaft Deutschlands genügend schätzt und ihr nicht die gebührende Bedeutung beimißt, wenn man in Paris nicht verliehen will, daß Frankreich für die Dienste Deutschlands dem letzteren gewisse Bürgschaften hin sichtlich der Zukunst geben muß. so wird sich Dciitschlcmd wohl hüten, sür Frankreich die Kastanien auS dem Feuer zu holen. Frankreich hat jetzt die besten Aussichten aus Ersolge. aber eS soll seiner deutschen Nachbarin auch einige Bort belle gewähren und namentlich die Idee auvsühren Helsen, welche Fürst BiSmarck mehrfach angeregt hat. nämlich die Verwirk lichung eine« nicht so sehr aus politische alS vielmehr aus ökonomiscke Interessen gegründeten Bundes Oester reichs, Frankreicks und Deutschlands, welcher haupt sächlich Culturzwccke im Buge hätte und die Bewahrung nickt nur deS äußeren, sondern auch deS inneren Friedens bezweckte durch Niederhallung aller revolutionären Elemente. Wie ver lautet, soll bei dcr französischen Regierung jetzt große Ge neigtheit herrschen, aus die vielumsastenken Plane des Fürsten BiSmarck einzugehen." Die gesummte deutsche Presse hat sich — mit alleiniger Ausnahme der Berliner Osftciösen — scbr angelegentlich mit dem Tote Harrv von Arnim'S beschäftigt; fast alle Blätter stimmen darin überein, daß mit ihm BiSmarck'S größter Nebenbuhler, unversöhnlichster Widersacher, unglüctlicktter Gegner au- dcr Welt geschieden ist. Hat Arnim aus BiS- mcirck'S Sturz gearbeitet, so hat BiSmarck den unvorsichtigen Widersacher vernicklet in de« Worte« vollster Bedeutunci. ihm Nicht« erlasten von seiner Schuld. Es ist müßig, die Frage auszuwersen, wa« au« der europäischen Lage, wäs au» Deutschlands inneren Zuständen vielleicht geworden wäre, wenn es dem Grafen Arnim vor sieben Jahren bcschiedrn Heivesen märe, sich an BiSmarck - Stelle zu setzen. Arnim wurde über seine Un vorsichtigkeit wie über seine Ränke gestürzt und völlig lahm« gelegt; er lebte seither als müder, machtloser Mann körperlich krank und geistig verbittert, ivenn auch keineswegs gebrochen, im AuSlande — in der Heimat hätte seiner da« Gesängniß geharrt — und ist nun. sieben Jahre nach seinem politischen Sturze, von der Lebensbühne überhaupt geschieben. Arnim'S ungnädige Entlastung au« dem StaatSticnstc trug da« Dalum de» 15. März 1874, sein Leben schloß am 19. Mai 1881.
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