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Dresdner Nachrichten : 17.07.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192307173
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19230717
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19230717
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1923
- Monat1923-07
- Tag1923-07-17
- Monat1923-07
- Jahr1923
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- Dresdner Nachrichten : 17.07.1923
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Nr. 145 Drerdaer Nachrichten. 17. Zull 1923 Seite 2 kommun ist tjcher ExperimeutterpolUtk in unserer engeren Heimat scharf zu beleuchten. Kein klarblickender bürgerlicher Politiker in Lachsen kann sich noch langer verlieliien. bas« die von de», verbände Sächsische l Indus! netter geanverte rtiefurchuing, „die neue Regierung iverde den Kiassenkampf zur Geiiiidlage ilirer PoUlik machen »nd lediglich die Vertreterin der iviialjstcsch- foinniuiii'liich geiinnieii Aibeiierscha'l sein", i» dem garnen bisherigen 'Verianse der Ereignisse eine uuerwiinschte Be- slangung gesunden >>al. Wenn eS aber einmal so weit ge koininen ist. ergibt sich zwangsläufig die Frage, ob denn auS diesem Tlteiuma liveriiaupt noch ei» An.-weg sühn, ob die Hofiniing der Rückkehr zu einer Politik deS Allgemeinwohls in absehbarer Zeit in vernünftigen Erwägungen, die real volikische» Möglichkeiten entsprechen eine Stütze findet. ES gibt schon genug verzweifelte Patrioten in Lachten. die keinen Glauben »n d e eigensiaatliche Zukunft de- Lande- mettr haben, »nd in einem Anschluß an Preußen das einzige L'cil sehen. Lie verweisen dabei aus die preußische grobe Koalition, die trotz mancher Ausschreitungen der RegicrnngS metttode Braui! Severing im allgemeinen nicht ungünstig funktioniere und sogar z» einer unverkennbaren Erstarkung des staatlichen r'InioriiatsvegrisseS gefitiirt habe, Die anderen gehen nichr io weit, das, sie an der staatlichen Zukunft Sachsens verzagen Lie wollen die Fäden. die in Lachien von den Bürgerlichen zu der Sozialdemokratie hinübersiihren, trotz der gegenwärtigen kvmmumsiiictien Wirtichait noch nicht ganz als abgeriise» betrachlen, Lie sehen die Möglichkeit nicht als ausgeschlossen an, da» sich in der sächsischen Loziaidemokralte in nicht allzu langer Frist doch noch eine Scheidung der Geister vollziehen konnte, die den Mut zum Entschlüsse besitze» und lieber einen Mandalsveriust nebst Abwanderung eine- Teiles der Watt!er zu den Kommunisten in den Kauf nehmen, als die Gefahr lausen wollen, das, die ganze Partei vom Radikalismus zersetzt und ansgerieben wird Der Wendepunkt muh voraussichtlich eintreten, wenn der kom munistische Betriebsräte Unfug seine letzten Konsegnenzen zu ziehen sich anschickl, d, p. wenn die in den Fabriken niiier die kommunistische Fuchtel ge wbien Betriebsräte sich erst in den ArvcitSkammern häuslich eingerichtet haben, um dort ihre allgemeine „VerrungeniernngSpvliiik" ins Werk zu setzen, Bielleichl kvinmr dann für die sächsische Lozialdemokratie der .wincho logische Moment", wo sie sich zu dem Entschlüsse auf rafft: „Bis hierher und nicht welker!" Dann wäre die Mög- lichkeil gegeben, wieder eine Brücke zu de» Bürgerlichen hin überznichlagcn und. wenn nicht wie in Preußen die große Koalition zu verwirklichen, so doch wenigstens zu der Grad- nanerschen Politik der Zusammenarbeit zwilchen Sozialisten und Deinokrateii znriicluikeliren Die Frage der Koalition, sei cS auf engerer oder breiterer Grundlage, entfaltet für die bürgerliche sowohl wie für die sozialistische Politik »m so weniger Lchwierigkeilcn, ie weniger sie grundsätzlich ans- getafcl wird. Der Weliai-Ichannngsgegeniatz bleibt dabei in voller Lcbärs.e bestellen und es handelt iicli lediglich um ein Llück taktischer Weggemeinschaft zwischen Bürgerlichen und Sozialisten zum Zwecke einer geordneten Fithrnng der StaatSgeschäike. In diesem Sinne ist auch in der letzten Tagung des Zcmralvorskandes der Deutschen BrlkSparlei eine allgemeine Uebereinstunmnng dariiber erzielt worden, das, zur Erhaltung des inneren Friedens und auö Rücksicht auf die auswärtige Lage eine derartige Kvmvromi'wolitu zurzeit das einzig Mögliche sei, Stellt man sich an- diesen realpoliti'chcn Standpunkt, io muß es als die bene bürger liche Politik für Lachsen erscheinen, an der -Ovsinung einer künftigen Koalition sesrznhallen, und aus dein Wege der weiteren Entwicklung keine Gelegenheit, die zu diesem Ziele führen konnte, zu verwaise», Normalerweise sollte man sogar annehmen dürfen, das, eine solche Koalition lim so haltbarer sein müßte, !e gründlicher die bitteren Erfahrungen mit dein jetzigen sozialistisch kommunistischen Staatsbetriebe sich ans wirken, nach der alte» Regel, daß ein gebranntes Kind das Feuer schein. Zur Erlerch!eri,nq der Devise''bsichtiss"ng. Gesonderte briefliche Erläuterungen telegraphischer Devisenansträge. Berlin, 16, Juli, Bon der Reichsbank wird mitgeteilt: Die von der Reich-Sbank bei der Abgabe von Devisen ver langte Angabe des ursprünglichen Auftraggebers hat ins besondere bei telegraphischer Uebermittclung der Orders zu Weiterungen und Verzögerungen in der Abwicklung der Orders durch die beteiligten Banken geführt. Die Reichsbank hat sich ans diesem Grunde damit einverstanden erklärt, dag die Angabe der ursprünglichen Auftraggeber allgemein brieflich und auch gesondert von den telegraphischen Orders acmacht werden kann. Die betreffenden Schreiben sind sofort am Tage der Anstragserktärung an die Devi-en- beschassungsstelle G. m, b. H„ Ber.in 7, Am Weiden damm 1a auszugeben und minien vollständige Angaben ent halten, ans denen die Identität des Auftrages mit der be sonders nach Berlin gegebenen Order ohne weiteres fest- gestellt werden kann. Tie Reichsbank drückt die Hoffnung aus, daß 1. die Banken bei Entgegennahme der Aufträge darauf halten, daß entsprechende Deckung in Hohe des vollen Auftrages vorhanden ist. 2. wird sie prüfen, ob der Austrag nicht über den Rahmen des Dcvisenbcdürsnisscs des Auftrag gebers. wie er sich durchschnittlich aus den früheren mit ihm abgeschlossenen Devisengeschäften ergibt, hinansgeht. Dem nach sind Geschälte mit neuen Knuden im allgemeinen nicht abznschlicßen. Die Reichsbank behält sich vor, nachzuprüfen, ob die Banken den vorerwähnten Erwartungen entsprechen, und den Berkehr mir solchen Banken, die bei Entgegennahme von Aufträgen diese Voraussetzungen etwa außer acht lassen, abzubrechen, l'W. ?. BI Die deutsch-russischen Verhandlungen. Berlin, 16. Juli, Die deutsch russische Kommission für die Ausgestaltung de» Rcipattovertrages beendete ihre erste und zweite Lesung des K o n > u l a r a b k o m m e n s, wobei mit Ausnahme weniger Punkte zwischen beiden Teilen ein Ein verständnis erzielt wurde. Die Kommission läßt jetzt eine Pause in den Berbandlungen eintreten, die durch die Notwen digkeit der Einholung von Instruktionen ans Moskau bedingt ist. Nach dieser Unterredung werden die Bei Handlungen in Berlin fortgesetzt werden. Der bisherige Verlaus berechtigt zu der Erwartung, das, über die noch offenen Fragen ohne Schwierigkeiten eine Einigung erreicht werden wird. lWTBI Enteignung deutschen Besitzes in Polen. Pose«, 16. Juli. Das Poiener Liauidationsamt hat wiederum eine Anzahl Güter deutscher Besitzer mit insgesamt 6S85 Hektar zur Enteignung vorgemcrkl. Außerdem sollen noch 87 Aktien der Zuckerfabrik Ovalcnica enleranet werden. Ferner bat das Liauidationsamt die im Kreise Putzig gelegenen Besitzungen des Herrn v. Gras, mit sämt lichem Inventar zugunsten des polnischen Staates beschlag nahmt. Dr. Beneschs Vermittlungsversuche. Denesch als Enlentereisender. Der französische Iuslizlerror. Mainz, 16. Juli. Das französische Kriegsgericht kn Wies baden verhandelte gegen den Lehrer Rudolf Scherer aus Appenweier. Nach der Anklage soll Scherer am 8. Mat um 8 Uhr abends mit einem Fahrrad aus der Richtung von Offenburg gekommen sein. Er sei durch zwei französische Gendarmen anfgesordert worden, in das besetzte Gebiet zu rückzukehren. da der Verkehr nach 8 Uhr abends verboten sei. Ter Lehrer soll daraufhin die Franzosen beleidigt und mit seinem Rade auf sie eingestoszcn haben. Das Kriegsgericht verurteilte ihn zu 1V Jahre» Gefängnis nnd 3 Millionen Mark Geldstrasc. Ein französisches Revisionsgericht, das freispricht! Bochum, 16. Juli. In der Revisivnsverhandlung vor dem französischen Militärgericht in Düsseldorf wurde der Redakteur Nenner vom „Märkischen Sprecher", der im Herbst durch das Kriegsgericht in Ettingcn zu 2 Jahren Gefängnis und 16 Millionen Mark Geldstrafe verurteilt war, welches Urteil das Kriegsgericht in Eastrop als zweite Instanz bestätigt Halle, völlig sreig-iprocheii. Er koninc Leitern, am 100. Tage seiner Hall, das Gefängnis verlassen. tSlgnk, Drahtbertcht der „Dresdner N a ih r t ch I« n".1 London, 16. Jul,. Der Korrespondent des „Petit Parinen" >« London berichtet, das, die Londoner volilttchen Kreist- der Reise de- tschechi'chen Ministe,Präsidenten Benesch »ach Landen grobe Bedeutung beimefse». Während der ganzen Woche bat sich Benesch mit den englischen Ministern stnvie mit maßgebenden Finanziers »nd Wirtschaft-Politikern unterhalten. Er habe ihnen den französischen Standpunkt unterbreitet und sein Möglichstes getan, um tn der französischen Ansicht irgendwelche Bezlehungen zu den Erklärungen Bald- wins im Unterhause heranSziisindc». In Paris wird er, so nwldet der Korrespondent weiter, den Mitgliedern der fran zösische» Regierung das Ergebnis dessen unterbreiten, was man eine ossizitzse Unierstlchuug nennen köimt« und wird keine Mühe scheue», um eine Einigung zwischen de» Kabi nette» P v i » e a r >- u » d B a l d w i n zustande zu bringen. Beuesch scheint sich zu sagen, das, weder Baldwtn noch Potncars den eigentlichen Kern ihrer Gedanken dargelegt haben. Aus dieser Idee heraus hofft er. daß trotz aller Gerüchte über die Möglichkeit eines Bruches noch eine Einigung zustande kommen kann, um gemeinsam aus die deutschen Vorschläge zu antworten. Der tschechische Minister deS Aeuberen habe in den Unterhaltungen, die zurzeit staUgefnuden haben, einen ge wissen Optimismus zum Anfleben gebracht nnd die englische össentliche Meinung setze ans ihn grobe Hoffnungen. Dr. Beneich hat, bevor er London verlassen hat. einen Handels» v e rtra g zwischen der Tschecho-Sloivalei und England unter zeichnet. Nach seinem Wiedereintreffen in Paris wurde Benesch von Nt illerand e m v i a n a e n, der itnn das französische Grog» kreuz überreicht und sich lange mit ihm unterhalten hat. Beneschs Optimismus. iE ig ic er Trabtbertcht der „Dresdner Nachricht« n".I Paris, 16. Inlt. Beneich, der sich noch bis Ende der Woche in Paris aufhäll, soll weniger pessimistisch ans London zuriickgekehrt sein, als er in der verflossenen Woche abreiste. Selbst für den Fall, daß der englische Antw ort en twurs von Frankreich nicht unterzeichnet werden sollte, ist mit einer Fortsetzung von Verhand lungen zwischen London nnd Parts zu rechnen. Es be stätigt sich, dag Beneich rorauSsichtlich am Donnerstag mit Tbennis und Ja spar in Brüssel eine Unter redung haben werde. Tie Reise Beneschs war übrigens, ab gesehen von ihrem Zusammenhang mit den groben politischen Fragen des Augenblicks, an dilpvmaiiichen Aktionen auster- ordentlich reich. In der ungarischen Frage dürfte Benesch den Gedanken vertreten haben, das, das, was in Oesterreich möglich war, nämlich die Sanierung der österre ichischen Finanzen durch Vermittlung des j Völkerbundes auch in Ungarn durchführbar sein müsse. England nnd die Anlworl Poincarös. London, 16. Juli. Der diplomatische Berichterstatter der ..Pall Mall Ga.ekle" schreibt: Poincarös Rede in Senlis habe in England k ei n e rl ei A nsregung verursacht. Man gebe -war ,n. daß die Lage sehr delikat sei, weise aber darauf hin, daß Poinear.- gestern nur wiederholt habe, was er schon früher sehr oft erklärt hätte.—„Daily Ctironicle" schreibt: Poincaro erzählt uns im voraus, er beabsichtige, den britischen Nnlwortentwnrf abzulehnen und Großbritannien müsse dem Diktat in jeder Beziehung folgen. Können wir unter diesen Umständen die Entente ausrechterhalten? — „Daily -News" schreiben: Die Rede Poincarös mache Frankreichs Standpunkt nicht weniger unhaltbar als bisher nnd ändere nichts daran, daß er einen Ausweg suchen müsse. — „Daily Scrald" schreibt: Da der französische Minister präsident mit so tanler Stimme sein Nein rufe, müsse Eng land versuchen, dem französischen Volke zu zeigen, daß die französische Politik außerhalb Frankreichs keine Unter stützung finde. (W. T. BI Leben wolle. Italien» Zustimmung zu der britischen Absicht, den Entwurf einer Antwort auszusteUen und de» inte esstvrte» Staaten »uzustellen, sei ein bc,»rrkensiver«er Gewinn. Die Hoffnung ichetne nicht ausgeschlvssen. daß die endgültig« Ant- wort vielleicht mit Zustimmung der Vereinigten Staaten er folgen ober sogar ihre Untersch rtsttraaen werbf. Frankreichs und Belgiens Aussajsung wit den sorgfältig er- wogen werden, jede Möglichkeit werbe sennvi werden, ihre Zustimmung zu erlangen. Ein« umfassendere Vereinbarung, al» sie zu der Zeit erwogen wurde, wo der britische Frage- bogen an Polncars abgtng. sei nicht unmöglich, aber in einem Punkte müsse man fest bleiben: Die gesamte Verpflichtung Deutschland» »nd »» «nd die Zahluvgsmethode müsste« mal durch einen unparteiischen Schiedsspruch internationaler ein» tür all«» Sachverständiger festgesetzt «erde». SetncSsal» »erde Bald» enschenverstand einem schlechte« Kam« bringen, nnd hierbei habe er den über» der öffentlichen Mei«»«g Englands die ein wie alS den wie sei. Englands Recht auf gesondertes Vorgehen. Bedeutsame Feststellungen Garvins im „Observer". London, 16. Juli. Im „Observer" schreibt Garvin Regierung werde jedes denkbare Mittel erschöpfen, um Uebereinkommen mit dem Nachbarn zu erreichen, aber so bisher könne es nicht weiter gehen. Frankreich ein vorwiegend Ackerbau treibendes Land könne unter gegenwärtigen Bedingungen leben, aber nicht ein Land Großbritannien, das von Industrie und Handel abhängig Leit IG Jahr habe England Schwierigkeiten m>: Poincarü. Wenn dieser auch in Zukunft erklären sollte, daß das Recht des Stärksten das oberste Gesetz sei, und daß England sich mit der Rolle deS brillanten Sekundanten begnügen müsse, so werde England ungern zwar, aber entschlossen sein Recht ans gesondertes-Vorgehen voll ansüben. Weiter schreibt Garvin, daß das deutsche Angebot außer in Frankreich u^d Belgien überall in der Welt alS ei le vernünftige Berhandlungsgrundlagc betrachtet werde. SS er kläre die Bereitschaft Deutschlands, das Urteil einer unpartei ischen Körperschaft nnledingt anzunehme». Etwas Faireres lasse sich nicht denken, vorausgesetzt, daß Poincare in seinem innersten Herzen mehr Deutschlands Geld als Deutschlands w!» den gesunden promiß zum Opfer wiegenden Teil hinter sich. Am Schluß des Artikels GarvinS heißt eS, BaldminS Initiative eröffn« den Weg zu einem großen Komplex von Problemen, tn erster Llnie zu den Reparationen, den inter alliierten Schulden, ferner der Frage der Sicherheiten, die hlnleiten würde zu de» Fragen des Weltfrieden-. Es sei undenlbar, daß die Bereinigten Staaten nicht cinsehen würden, baß die europäische Frage von der astatische« nicht M trennen sei. Amerikas Absonderung habe die enropätsche Frage in ihren gegenwärtigen Zustand gebracht. Srf» tzab Wieberheruortreten Amerikas würde tiesergreisende L»s«n»ev sämsfen. Bis dahin müsse Großbritannien jederzeit bereit sein, die Initiative an die Bereinigten Staaten abzutrsjei». Baldwins Schritt verkörpere die Interessen aller Rattone« und werde die Unterstützung der zivilisierten Welt finden. Die Isolierung Frankreich». London, 16. Juli. Zu den Berichten über den britisch«! Entwurf einer Antwort an Deutschland bemerkt der diplo matische Berichterstatter des „Observer", cs sei von Bedeu tung, daß die weiter« Entwickelung der Dinge Frank reichs Isolierung in immer helleres Licht setzen würde. Die amerikanischen Farmer beispielsweise wurden anfgesordert. den Anbau von Wetzen etnzuschränken, da bei der gegenwärtige» Lage nicht genügende Absatzmöglich keit vorhanden sei. Belgien sei schwer betrossen durch die Störung der Industrie wegen des Fallen- seines Wechsel kurses. Tie Einwirkung Belgiens aus Paris sei zu erhoffe». Man könne vielleicht erwarten, daß Poinearö geneigt sein werde, unter diesen Umständen die Front wieder h e r z n st e l l e ». Wenn Frankreich die Besetzung unsicht bar mache, die politischen Gefangenen sreilasse und den Au-- gewieienen die Rückkehr gestatte, werde die deutsche Regie rung in d'r Lage sein, sich üssentlich gegen die Fortsetzung deS passiven Widerstandes zn erklären. Voraussetzung sei, daß Frankreich sich verpflichte, den Spruch der Untersuchungskom mission anzuerkennen. vier Bokschafler in London. London, 16. Juli. „Evening Standard" weist darauf hi», daß sich gegenwärtig vier Botschafter in London befin den. nämlich der tn Paris, in Berlin, in Washington und Tokio. (W. T. B.) Jnlervenlion Amerikas in -er Neparallonsfrage? Paris, 18. Juli. Der Londoner Berichterstatter deS „Petit Parisien" hält trotz Ablengnungen, die von Paris auS erfolgt seien, die Gerüchte von einer amerikanisch«« Intervention in der Reparationssrage aufrecht. Viele Senatoren und Kongretzmitgliedcr der Vereinigten Staaten, die er gesprochen, hätten offen erklärt, daß eine amertkantsihe Mitarbeit möglich sei, wenn die Alliierten sich ge- einigt hätten. Baldmin habe den Führern der sozialisti schen Opposition mttgeteilt, batz er ihre Anfrage, ob der Ent wurf der Antwort an Deutschland auch Washington übermittelt werde, erst in einigen Tagen beantworten werde, wenn die offiziellen Verhandlungen nicht mehr gestört werden könnten, die augenblicklich geführt würden. (W.T.B.s Einschränkung der Vaumwollproduktion in Amerika. Paris, 16. Juli. Nach einer Meldung des „New Pork Herald" aus Fallriver haben die Baumwollfabriken wegen ungewöhnlicher Depression im Baumwollgcschäft be schlossen, ihre Erzeugung um 25 bis 50 Prozent einzu schränken. tW. T. B > Frankreichs Unnochgieblgkelt. Paris, 16. Juli. Zur gestrigen Rede PoincarsS in SenNs schreibt der..Matin": Nach dieser im Ton gemäßigten, aber in der Begründung mächtigen Rede wissen Baldwin und Lurzon, daß das Ruhrgebiet nicht geräumt wird, ohne daß Frankreich bezahlt sei, sowie batz Frankreich nicht zulasse« werde, daß die Reparationskommission durch einen jener internationalen SachverständigciiauSschüsse ersetzt werde, dte nach dem Aus druck Poincarös eine gegen Frankreich gerichtete Koalttton von Interessenten darstellcn. lW. T. B.) Der verschärfte Terror im Ruhrgebiet. Massenarbeitslosigkeit infolge -er Franzosen- übergrisse bei Krupp. Essen. 16. Juli. Nachdem die Franzosen am 1. Juli durch die Besetzung des Lagerplatzes Segeroth die Hauptkohlenvor räte der Kruppschen Werke beschlagnahmt und teilweise bereits sorlgeichasst haben, ist dte Firma am 14. Iult von weiteren folgenschweren Eingriffen betroffen worden. In den benach barten groben Werkstätten sind deren Vorräte an Bctriebö- kohlen, ohne die jede weitere Arbeit unmöglich ist. ebenfalls beschlagnahmt worden. Durch dieses Vorgehen der Franzose« sind entgegen ihren bisherigen Erklärungen, keine Arbeiter aus die Straße letzen zu wollen, zunächst das Drahireifenwalz» werk und die Gießereien II und III zum Stillstand gebracht worden Die gljamte Belegschaft dieser aroßen Betriebe ist arbeitslos geworden, ebenso wie die des Martinwerkes Nr. 7, des größten Stahlwerkes, das bereits infolge des ersten Ein- grisscö der Bcsatzungstrnppcu hat stillgelcgt werden müssen. Besetzung der Ihyssenwerke. Paris, 18. Juli. Nach einer Melduna ans Düsseldorf sind die Thpssenwcrke in Hamborn mit der Begründung besetzt worden, das sie die Bezahlung der Kohlcnfteuer abge- lchni haben. Große Kohlen- und Kokslager wurde« „beschlag nahmt". jW. T. «.» Der Todesreigen. Elberscld, 16. Juli. In Vohwinkel wurde am 14. Juli nachmittags ein Kaufmann Rlumenthal auS Düssel dorf von einem sranzösiichen Posten an geschossen und so schwer verletzt, daß er bald darauf tm Hospital in Elberfeld verstarb. Paris, 16. Juli. Havas meldet n»S Düsseldorf, daß gestern abend gegen >1 Uhr gn der Eiseiibghnstreckc nach Euskirchen Signgle sabotiert worden sein solle». Ohne daß auch nur der Versuch gemacht worden wäre, diesen angeblichen Tatbestand »nd seine Folge» in irgendeine Verbindung zu bringen, fügt die Meldung lakonisch hinzu: Eine Patrouille habe aus zwei Deutsche geschossen, von denen einer getötet worden sei. Berlin, 1k. Juli. Zn den neuen vom französischen Kriegsgericht gefällten Todesurteilen wird amtlich mitgeteilt, da» auch diesmal alles geschehen werde, nm die Bull st r c ck n u g der Urteile zu verhindern. Drangsalierungen ohne Ende. Kroneuberg, 16. Juli. Der Stadt ist wegen angeblicher Schießerei aus einen französischen Posten eine Geldstrafe von 60 Mill. M k. auferlegt worden. Ter Bürgermeister von Kroncnberg und der Kommandant der Schupo wurden zu je zwei Monaten Gefängnis verurteilt. <W. T. B.) Krönender«, 16. Juli. Als am Sonnabend der Kom mandant von Vohwinkel den hiesigen französischen Truppen einen Besuch abstattete, sollen Pfiffe laut geworden sein. Sechs Zivilisten und zwei Beamte der Schupo wurden ver haftet und der am Sonnabend abgelausene Belagerungs zustand um weitere sechs Tage vcrkkingcrt. >W. T. B.) Essen, 16. Juli. Die VcrkehrSspcrre in dem Bezirk der Gvvterstraße — Kauinciibcrg — Töpserstraße—Walpurgisftraße ist bis zum 1. August morgens verlängert worden, und zwar in verschärfter Form. Von morgen ab tritt die Sperre bereits um 7 Uhr statt bisher um 8 Uhr abends ein. lW. T. B.) Drohung mit dem Kriegsgericht statt Bezahlung. Elberfeld, 16, Iult. In Eastrop bestiegen gestern mehrere Soldaten die Straßenbahn und wiesen einen Schein vor mit der Aufschrift: Wer den Inhaber dieses Scheines von der Fahrt zurückhält, wird vor da S Kriegsgericht ge stellt. (W.T.B.) 48 Gladbecker Bürger als Geiseln. Gladbeck. 18. Juli. Die belgische Besatz»«« hat 48 «ei tere Bürger als Geiseln zu den Fahrten ans der militarisierten Strecke Gladbeck—West - Oberhauses heran- gezogen. lW. T. B.j Essen, 16. Juli. Aus dem Bereiche der ReichSctsenbahn- direktion wurde der Eiscnbalmiiispektvr Mlihlcnbcck und der Eiscnbalmobcrsekrctär Brunsen verhaftet und ins Zuchthaus nach Werden cingclicfcit. lW. T. B.» Dortmund, >6. Iult. RegiciniigSassessor W c st h o s wurde gestern 8,80 Uhr aus unbekannte» Gründen verhaftet. Mau rechnet mit seiner Ausweisung. <W. T. B.s Neuer franzSsischer Geldraub. iD ra h t m e I l> u n g unsrer Berliner S ch r t f t l e I«n » g.s Berlin. 18. Juli. Am 11. d. M. sind In Bol,Winkel «le, der 41 Millionen Rcichobankgeldcr a»S dem Postwage» von den Franzosen „beschlagnahmt" worden. --
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