Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188106162
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810616
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810616
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-06
- Tag1881-06-16
- Monat1881-06
- Jahr1881
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1881
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Erscheint täglich früh «'/, Uhr. Urtertiin und LkptiUioa gshauaesgasse »3. Aprechstusteu -er Nr-artioa: vormitUig, 10-12 Ubr. Nachmittag« 4--« Uhr. I W» ei»«i»Ld»er «»»ukript, »k «tr»--u»» »tcht »«»t»d»4. «4 ttkilgrr.TagMatt d«r ,»r Sie «ichstsel,«,», «»»»« öeßtt»«te» Inserate «, W^eiÄne» »t» t Uhr Nachmittaa», « »*«» „»»eftt«,«, früh »ÜUhr. I» Der 2U1»le>» str 2ns.-A«uahme: vtt« «e»», Uatversttätsstraß« 22, L»»t» Lösche, Kathariaeastrahe iS, p. nur »t« '/,> Uhr. ^§1«7. Anzeiger. Auflage L«,»L0. Adonnrmrotsprris viertelj. 4V, Mtl.. iacl. Brinaerlohn b Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 25 Pf. Bclegeiemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen ahne Posibesörderung 30 Mt. Mit Postbesördcruug 48 Mk. 3»srrate Lgespaltene Petitzeile SO Pf. Gröherr Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis. Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Nttlamen unter den krdartionsstrich die Spaltzeile bO Pf. Jusrrate sind stets an die l-ppedttian zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuumi-riunlo oder durch Post- Nachnahme. Dormer-tag den 16. Juni 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekamümluhung, »t< Hanttagsneahle» betreffend. Dia Wen der in dem l. und M. Wahlkreise der Stadt Leipzig wohnhafte« für die Landtagswahl stimmberechtigten Persona« lieg« von M»«t««, dan 1». ds«. Mt«, ab bi» «1t Sonntag, dm 1V. ds». Mt«., dem 8 bi« 12 Ubr Vormittag- und von S bi« 6 Uhr Nach mittag« im Stadtbause, Obstmarkt 3, I. Etage, Zimmer Nr. 87» für di« Vetyciligten zur Einsicht au«. Neclamationm sind nach tz. 20 de« Wahlgesetze» vom 8. December 1888 nur bi- zum Ablauf de« 7. Tage«, also bi« mit Sonntag, de» 1b. Jnnt, Nachmittag« 6 Uhr, zulässig. Leipzig, d« ll. Juni 1881. Der Rath der Stadt Letvslg. vr. Georgi. Nitzfche. Ser I. Ulla-tkreiS umfaßt folgende Stadtt-etle: Die gnnze Innere Stadt »ad von den Bor- ftädten folgende Straßen: Augustu-platz Sd, 4, 5 und 8, vahnbosstraße, Berliner Straß«, Blücherplatz, Blücherstraße. Eberhardtstraße, Erlen- straß«, Eutritzscher Straße, Am Exercirvlatz, Gerbrrstraße. Georgenstraße, GothischeS Bad, Humboldtstraße, Keilstraße. Löhr'« Platz, Lvhrftraße, Lortzingstraße, Nordstraßr, Packhof straße, Parthenstraße, Psaffendorser Straße, Uferstraße, Winter- gattensiraße, Uorkstraße, Zvllnerstraße. Der HI WahlEret« «mfa-t folgende Stadtt-elle r Westlicher Theil: . Alexanderstraße, Alter Amt»hof, Aurnstraße, Bitmarckstraße, Canalstraße. Eentralstraßt, Colonnadenstraße. Davidstraß«, Dorotheenstraßr, An der alten Elster. Slsterstraß«. Srdmann- strafe, Färbrrstraße, Fleischerplatz, Frankfurterstraße, Fregr» straße, Gustav Adolph-Straße, Hauptmannstraße, Hiller- straße, Iacobstraße, Iohannapark, Leibnizstratze. Lesstnastraße, Marschvt.rsn'aße. Mmdel»svhnstratze, Moritzstraße. MoschelcS- straß«. Naunbbrschen. Plaawihcr Straß«, An der Pleiße, Ponie- tow-kystraße. Promenadenstraße, RanstLdter Steinwea, Rosen- thalaasie, Bor dm, Rosentbailhore. Rudolphstraße, Schrcber- aäßchen, Tchrederstraße, Sebastian-Bachstraße, Seitenstraße, Waldstraße, Weststraße, Wiesenstraße, Zimmerstraße. Südlicher Theilr Ulbertstraße, Arndtstraße, Baverische Straß«, Vrandvorwerk- straße, Brandweg, Braustraße, Kleine Burggasse. Cliscnstraße, Emilimstraß«, yichtestraße, Floßplatz, Harkortstraße, Hohe Straß«, Kaiser Wilhelm-Straße. Kochstraße, Körnerstraße. Kronvrlnzstraße, Lützowstraße, Mahlmannstratze, Moltkrstraße, Mühlgassr, Münzgasse, Oostmarkt, PcterSsteinwea, Pleißen- oalfr, Gchenkendorsstraße, Schletterstraße, Schleußiaer Weg, Sidonienstraße, Sophienstraße, Südstraße, Straß« L, Wind- mühlenstraße, Zeitzerstraß«. Sstlkhch-Luction. Montag, am SO. Jnnt o.. sollen von Nachmittag» 8 Uhr an im Forstreviere Sonnewitz aus den Mittelwald schlägen in Abth. 27 und SO» ca V0V Haufen klein gemachte» Stotk-olz unter den im Termine öffentlich auSgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden an Ort und Stelle verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem Holzschlage an der schwarzen Brück« in der Conncwiher Linie. Leipzig, den 2. Juni lSSt. De» Rath» Fforsl-Depatatiou. vrkMvlMchuug. Di« die«jährige Heu» und Grummetnutzung aus nach- dernichnetm Parthenwiesen Parcelle Nr. 2769. mit — Hektar 96.29 Ar Flächengehalt, - - 2783. - 1 . 99.40 - . und ein Streifen der Parcelle Nr. 2784 soll an dm Meist bietende« verpachtet werden. Nefl-ctirrnde wollen sich Montag, de» »0. M. vormittag« S Uhr in der Marstall-Expedition einfinden, »0 da« Weitere zu erfahren ist. Leipzig, dm 14. Juni 1881. De» Rath» Oekonomte-Dayntatto». De, diMhrige tnteruattoaale Prodnctrnmarkt in Leipzig wird Montag, den 1. August d. I. i» den Räumen de« alten Sclnitzenhause» hier abgehalten. Leipzig, dm ll. Juni 1881. Der Ratb der Stad« Velvztg. dr. Georgi. Cicyonu». Die am 1. Lull h. A. fäRtien »oupau« «uferrr v»li,a- 1i»«e« werde« an der Laste de« Herrn Alexanper Werthuuer (Markt Ar. 13, Stieglitzen'« Hos, Treppe 0. 1. Ttage) an den gewöhnlichen Geschäftslagen ln de» vormütagsstundea »«« Prrfall- Leip,ig'"8'a 1». Juni 1881 . Der Barftuuh der -»ruellttschm Artig i»»«,r«ei»pe zu Leipzig. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 16. Juni. Di« der ReichSrcgierung nahcstebmd« „Norddeutsch, Allgemein« Zeitung" hält den Augenblick für gekommen, geam Herrn v. Bennigsen zum offenen Angriff vberzu- «hm. Al« Anlaß muß ,hr dazu die Abstimmung über die Etaltknderung für den LolkSwirthschaftßrath dimm. D«Dn», mit welchem da« Blatt operirt, wird am besten ersichtlich au« folgender allgemeineren Betrachtung. „E- ist ein eigenthlimliche« Zeichen für die parlamentarische Lage, daß die Regierung in dieser Frage die Unterstützung fast alter der Abgeordneten hat, welch« irgend einem der Gewerbe, einschließlich dem landwirthschaftlichm, auf deren Gedeihen unsere volkSwirtbschaftliche Wohlfahrt beruht, direct angc- hörm, während in der Opposition sich in der Hauptsache alle Diejcniacn befinden, welche von Gehalt, Honorar. Renten. Bankgeschäften, kurz und gut von irgend einer für di« Volks- Wohlfahrt nicht direct productiven Beschäftigung leben. Die Gelehrten stehen der rnverdrndm, von ihrer Arbeit lebenden Bevölkerung gegenüber, die Drohnen dm Arbeitrbienm, der Lehrstand dem Nährstand." Unumwundener kann man die Aufeinanderhehung der verschiedenen Stände und Intercsfenkreisc kaum treiben. Dazu kommt, daß die Ausstellung einfach un wahr ist. „Fast alle" eine» der „productiven" Gewerbe betreibenden Abgeordneten sollen für den BolkSwirthschastS- rath gestimmt habe». In Wahrheit ergiebt die Abstimmung?« liste, daß von dm tS3 Verneinenden 52 ihrer BcrusSstellung nach der Landwirtbschaft oder der Industrie, bczw. dem Handel angehvrm, während andererseits unter den t02 Be- labenden sich mindestens 25 nicht „productiv" Beschäftigte finden. Unwahr ist ferner die Behauptung, daß m der nationallibcralcn Partei de« Reichstag« die „Gelehrten" (im Sinne der „Nordv. Allg. Ztg.") unbeschränkt herrschen Der anerkannt« Führer der Partei ist bekanntlich selbst Gutsbesitzer. Im Uebrigen ergiebt eine Durchsicht de« FraclionSvcrzcichnisie«, daß von den dermalen 63 Mitgliedern der nationalliberaien Fraktion 27 der Landwirlhschaft oder der Industrie angehörcn. Wenn unter dielen 27 sich vielleicht in höherem Grade al« bei anderen Parteien auch Solch« befinden, die sich zugleich eine gelehrte Bildung angeeignet haben, so wird Da» wohl nicht gerade ein Schade sein. Wenden wir uns nun zu den gegen Herrn v. Bennigsen persönlich gerichteten Angriffen der ,.N. A. Z ", so wissen wir nicht, sollen wir mehr Uber di« Lächcrliäikcit oder über die Bosheit derselben staunen. Ganz lächerlich ist die Unter stellung. als ob der Führer der nationallibcralcn Partei seine Position gegen den BolkSwirthschastSralh aus Gefälligkeit gegen Herrn Eugen Richter und die Fortschrittspartei ge nommen hätte; noch lächerlicher wo möglich der Vorwutt der BundcSgenossenschaft mit der Centrumopattei. DaS Blatt erinnert daran, daß Herr v. Bennigsen bei mehreren Ge- legcnheiten der Negierung die Unterstützung vorgeworsen habe, welche sie vom Eentn»m erhalten. Der Unterschied liegt nu> darin, daß eS sich bei dem gerügten Zusammengehen von Ne gierung und EcntrumSparte» — z. B. l87v bei dem sogenannten Antrag Franckenstcin — um eine grundsätzliche Aoweichung von der bisherigen Bahn unserer natwnalen Entwickelung han delt«, während der VolkSwirthschaftSrath nur die Bedeutung einer bloßen ZweckmähigkeitSsrage für sich beanspruchen kann. Und al- solche ausschließlich hat ihn Herr v. Bennigsen be handelt. ES ist eine Unwahrheit von seltener Kühnheit, wenn daS „ freiwillig-gouverncmcntale" Blatt behauptet, Bennigsen wolle der Regierung die Möglichkeit versagen, „sich bei den technischen Capacitäten und bei den praktischen Ge- werbtrcibendcn und Arbeitern nach ihrem Bcdürfniß zu belehren". Ausdrücklich und wiederholt hat er in der betreffenden Rede erklärt, daß er den Zweck, die technisch-sachverständige Vorberei tung volköwirthschastlicher Gesetzentwürfe, durcha u S billige und für die Erreichung desselben auch die erforderlichen Geldmittel zu bewilligen bereit fei, nur konnte.er den vorgcschlagenm BolkS- wirthschaftSrath als einen geeigneten Weg zur Erreichung dcS Zwecke- nicht anerkennen. Tie rein fachlichen und über zeugenden Gründe, welche er in letzterer Beziehung verbrachte, läßt die „N. A. Ztg." unerwähnt und unwideriegt. Statt Dessen ergeht sie sich in langen Ausführungen, au» denen wir lediglich den einen Kern entnehmen können: Die Absichten und Vorschläge der Regierung sind unfehlbar, und nur wer sie jederzeit widerspruchslos unterstützt, hat überhaupt ein Recht, im Reichstage zu sitzen. Ist Die- wirklich die Mei nung an maßgebender Stelle, dann wird allerdings Herr v. Bennigsen, wie die „N. A. Ztg." sagt: „sich den früheren Stand an der Seite der ReichSregierung nicht erhalten können", aber wahrlich, nicht ihn trifft dafür die Verant Wortung. Herrn v. Kleist-Nctzow'S Wunsch und Wille ist geschehen und der Reichstag hat nun doch noch seine Civilstand» Debatte gehabt,' allerdings nur in der Form einer Geschäft« ordnungS-Debatte, in welcher e- sich um die Tagesordnung für die MittwochS-Sitzung handelte. Aber dieser kurze Zwischenfall warf mehr Licht auf die Stimmungen und An sichten der Parteien »ur Frage der obligatorischen Sivilehe, aiS eS ein ganzer SitzungStag hätte thun können. Die Eonscrvativen werden eS dem Abg. v. Kleist-Rctzow wenig Dank wissen, daß er sie durch seine unpolitische Anregung des Gegenstandes zwang, zu bekennen, wie unangcuchm ihnen eine Erörterung der Frage um deswillen ist, weil sic sicher bei der Abstimmung geschlagen und von ihren Freunden im Ccntrum im Stich gelassen worden wären. LiberalerseitS mußte man im Gcgentheil befürchten, daß eS doch nicht ge- lungen wäre, ein entscheidende« Votum dcS Reichstags für den ungeschmälerten Fortbestand der Errungenschaft des Civil- standSgesctzeS hervorzurufen, weil die Ullramontanen zu rechter Zeit einen VermittclungSauSweg für die Eonservativen, etwa in der Form einer Nicht» und Alle- sagenden Resolution, eröffnet hätten. Es ist deshalb nicht allzu sehr zu bedauern, daß die überwiegende Mehrheit de« HanseS (in der Minorität befanden sich nur Fortschritt-Partei, Seccfsivnisten und der Abg. v. Kleist-Retzow) r» ablehnte, die kostbare, noch zur Vcrffigung stehende Zeit aus eine unfruchtbare De batte zu verwenden. Nicht jetzt, sondern in der großen Ab rechnung der Wahlen wird die Frage entschieden werden, ob wirklich ein kleine» lärmende- Häuflein Orthodoxer das Volk betrügen soll und darf um die Ihcuer erkämpfte Frei heit deS Gewissens, die recht eigentlich de» Kern dcS Sivil- stand-gesetze« ausmacht. Darüocr aber soll man sich nicht täuschen: da« Centrum ist zu haben für diese? Attentat aus die bürgerliche Selbstbestimmung, Herr Windthorst hat eS offen genug auSacsvrochcu. Hebt die Maigesctze aus, uud wir wollen daß Handelsgeschäft mit Euch machen! so ungefähr sprach der ullramoutane Führer, und er ist sicher, daß ihn die Eonservativen verstehen. Nur Eine- übersehen die Kleri kalen bei dieser unwürdigen Zug-um Zug-Politik, daß näm lich die katholische Wählerschaft de- Westens gar nicht ge sonnen ist, die in hatbhundertjähriaer Gewöhnung lieb- gewordene Einrichtung der bürgerlichen Eheschließung den Verschrobenheiten dcr Reaction auS dem Osten zu Liebe preis zugeben. »LL 8!,-»«-'° ° -->L ALL den Ebcf des MilitaircabuielS General v. Aidedptt z >7«. M un." »-» die Herzegowina d.e Zustimmung ertheilt. Versa in muna die Bericht« der zuständigen Ausschüsse entgegen MV si-L theilS gegen ki-Biviseetion richte en und zum anderen Theil Abänderungen der 'nreniaticnaie RcbiauS-Convcution in Anregung brachten. und tcfchioß m beiden Fälle» die Uebenveisung an den Herrn Reiche ranker. Eine Präsidialvorlage, betreffend d'" Entwurf e.ncS Gesetze» über die ReichS-KriegSbäfen. wurde den Ausschüssen für See- wesen und für Handel und Verkehr Überwiesen. DaS politische Drama Verlausenden Reichstag«session klingt kräftig genug, ja geradezu packend au», wenn sich alle Nachrichten »olliuhaMich bewahrheiten, die über veränderte Entschlüsse des Fürsten Bismarck bezüglich deS Unfaltver- sickeruitgS-Gesetze« umaehen. äu der Thal gewinnt auch in den ernsthaftesten Kreisen die Meinung an Boden, daß da» Unglaubliche wohl glaubhasl werden und daß der EcntrumS, da« die StaatSzuschüssc entschieden abgelehnl hatte, war «S jedenfalls nicht, die die» vermeintliche polttische Wunder bewirkt. Vielmehr wenn Fürst BtSmarck jetzt daS Ge'en ohne die StaatSzufchüsse annimmt, so weiß er recht wohl', wem er damit «e größten Beklemmungen bereitet, nämlich den Herren de« eng besreundetrn C-ntrumS selbst. Sie können jetzt nicht mehr zurück von dem gemeinsamen Werk, in ba» sie als laue und hinterhältige Mitarbeiter mit ein- getreten waren. Jetzt werden sie an ihren eigenenZugestäiibnisscii festgenagelt, die mehr gegeben waren, um in diplomatisirender Weise den Reichskanzler bei guter Laune zu erhalten. aiS auS wahrem Interesse an der Sache selber. DaS ist die Bedeutung dcr in Aussicht stehenden Wendung in den Ansichten dcS Fürsten Bismarck. Er zwingt da» Ccntrum, in der Wahlcampagne bei dem Fähnlein der Regierung zu bleibe», von wo cö Hand geld empfangen hat. Er verlegt ihm die Möglichkeit, in späteren Sessionen, wo andere Verhältnisse für die Ultra- montanen die maßgebenden sein möge», von dcr einacleiteten Socialpclitik zurückzutreten. Er nlmmt daS Unfallgesctz in der dargcbolciicn Fassung unter Vorbehalt an und er wird eS schnell genug zur ÄuSübung^bringen. Die Stimmung unter den Parteien ist dieser Sachlage gegenüber eine fast nervöse zu nennen. Man hatte sich, Freund wie Feind, daran gewöhnt, daö Gesetz für die gegenwärtige Session aiS ge scheitert anznschcn, und nun soll möglichenfalls in ein paar kurzen Stunden eine Entscheidung von unabsehbarer Wichtig keit, geradezu vor ThoreSschluß. getroffen werden! Nicht jede gesetzgeberische Revision, auch wenn sie einen besseren Zustand an Stelle eine- schlechteren seht, ist erfreu licher Natur. Auch die Novelle zum GerichtSkostcn- Gesctz, die der Reichstag am DlenStag in dritter Lesung cntgültig erledigte (siche den RcichStagS-Bcricht), gehört ii> diese Kategorie. Man kann von dcr Materie nicht sprechen, ohne da» einigermaßen »irderschlagende Gefühl zu empsinden, daß die höchst« Sachlichkeit und dcr beste Wille, politische Einsicht und juristische Durchbildung vor süus Jahren nicht hinrcichten, um ein allgemein befriedigende« Gesetz als Durch schnitt der entgegknsteheiideii Ansichten zu Stande zu bringen, und daß die Achtung vor dieser Art von Gesetzgebung selbst durch ganz andere Mittel, als es da- vorliegende winzige Novellchen ist, schwer wieder erworben werden kann. Die Bevölkerung wird jede Erleichterung nur al» Abschlagszahlung anncluncn. und sie hat rin volle- Recht hierzu, wenn ander» dcr Begriff geordneter Rechtspflege eine Wahrheit bleiben soll. Wir wissen, daß sich die Nalionallibcralcn nur äußerst schwer eulschlossen haben, in dritter Lesung gegen die (vor- mal«) Paper'schen Anträge zu stimmen, die ungleich weiter in dcr Herabsetzung dcr Gebühren gehen als dcr NcgierungS- entwurs. Wenn sie eS dennoch timten, so gcschal, öS, weil sic nicht die Verantwortlichkeit für daS Schei tern deS Gesetze? übernehmen wollten, da- der Bunde», rath in i t jenen Anträgen ablehncn zu müssen erklärt hatte. Selbst unter den Eonscrvativen ist man mißmuthig über die wenig entgegenkommende Haltung der Nrichsregieriing. Nach ihrer Ansicht beißt dir Weigerung einer gründlichen Revision dcS GerichtSkostcngesetze» nichts Andere« als: der „Opposition" ein WahlagitalieiiSmittcl gcsährlichster Art in die Hand drücken- wo nach den Plänen des Reichskanzler» die Unsummen für die Unsallverstcherung. rcsp. dcr Aiilheil de» Staat« an den selben Herkommen sollen, da würden sich, so meinen sie. wohl auch die paar Millionen ausfindig machen lassen, um den finanziellen Ausfall, den die Einzelstaalen au« der Ermäßi- gung der GcrichtSkostcn haben würden, zu decken. Dennoch rciale sich die Siechte diSciplinirt genug, um gegen die Rcso- kution Wind borst zu stimmen, welche die Erwartung aus- spricht, daß schon dem nächsten Reichstage eine durchgreifendere RcvmonS'Vorlage gemacht werde. ES ist diese» ihr verbaltcn um so bkmcrreiiSwcrthcr. als sie vor wenigen Monaten erst >m Preußischen Abgeordnetenhaus- den. freilich mißlungene» wahre Vorkämpfern, def dwstn Fragen auszuwcrfcn und die hohen Gericht»kosten der „liberalen Aera" in die Schuhe zu mußten sich die Herren vom Abg. v. Eunt» eine Abfertigung gefallen lassen, die nur zu wohl verdient war » 2'- steucrvolitisch- Action deS ReichSkanUerSiuder gkgcnwärtigcn ^ssien hat nun doch eine Frucht getragen: dessen Annabu.c seitens dcS rmti^« ungeachtet de» Widerspruchs der Confer- ° * unzweifelhaft betrachten darf. Finan-.iell n.nd die «teuer wohl nicht sehr in» Gewicht fallen. DaS Erträgniß wurde in der ursprünglichen Vorlage auf höchstens 20 Dämonen Mark berechnet; im Reichstag ist aber be- anntlich der Stempel auf Quittungen, der allein aus 8» , Millionen geschätzt wurde, aus Lvmbarddarlehne. E^cck» und Giro - Aiiweisunaen gestrichen worden, so daß da« voraussichtliche Ergebniß sich wohl nicht Über ein Drittel dcr ursprünglich berechneten Summe be laufen wird. Immerhin yat die Regierung mit dieser Vor lage einen kleinen Erfelg erzielt, der' ihr nach den schwere» Niederlagen mit der Wehr- und Braustcuer wohl zu gönnen ist. Die Liberalm haben, mit Ausnahme eine« Thciis der Fortschrittspartei, der Steuer zugestimint, in dcr sie seil langer Zeit eine Forderung der auSgleichcndcn Gerechtigkeit gegenüber dcr schwere» Belastung dcS BesitzwcchselS bei guimobilicn anerkannten, und um den ebenso oft gehörten als ungerechten Vorwurf zu entkräften, daß die Inter essen dcr Börse bei dem Liberalismus eine ganz be- onder» eifrige Berücksichtigung fänden. Wir sind darauf dazu eine Handhabe bieten. Dem gegenüber kann eS nicht entschieden genug hcrvorgehobm werden, daß die procentuale Besteuerung die Börse durchaus nicht Höher belastet hätte und vollend» nicht die Spcculation«- und Spiclgcschäfte, die man doch in erster Linie treffen will, sondern nur die Bvrscn- ikschäftc dermaßen erschwert und gestört hätte, daß die Be- rofsenen Mittel und Wege gesunden haben würden, sich dm bnen aufcrleaten Lasten ganz zu entziehen, Mttci und Wege, die sehr nahe liegen und in dcr betreffenden ReichS- tag«-Dcbatte mehrfach angedcutet wurden. Wollte man die Börse besteuern, ohne ibr doch ihre nothwendigm Geschäfte unmöglich zu mache», so war der eingcfchlagme Weg dcr einzig gangbare. Dm Reichstag resp. die PctitionScommission desselben hat wiederholt die Eingabe eines Gutsbesitzer» in Ostpreußen beschäftigt, dessen Sohn sich al« dreijährig freiwilliger Jäger im Iägerbataillon Nr. 1 in dcr Pafsarge bei Braunöbcrg ertränkt hatte. Dcr Vater ist der Meinung, daß fortge setzte unrichtige und harte Behandlung seitens der miiitairischcii Vorgesetzten, namentlich dcS Compagnie-ChcsS, seinen Sohn in den Tod getrieben habe, und beantragt, der Reichstag möge durch eine strenge und unparteiische Untersuchung des Zall«, womöglich die Bestrafung der etwa Schuldigen herbei- sührcn und so einem gcbellgtrn und gekränkten Vater ru seinem Rechte verhelfen. — Im Jahre >880 ist eben dieselbe Petition wegen des Schlüsse« der Session nicht mehr zur Bcrathuiig im Reichstage gekommen, diesmal hat aber oie PclitioilScommission nach Einholung einer eingchmden Be- glitachtung von Seiten der Vertreter dcS Kricgsniiliisteriumö und nach längerer Debatte, in dcr auch von einigen Seiten gewisse Sympathien mit den Ei»Ps>nL»iigen des Petenten sich aiiSsprache», niit Einhelligkeit beschlossen, die Petition ür unaccianet zur Erörterung im Plenum zu erklären, da sich »ach sorgfältiger Prüfung nicht heraukgestcllt habe, daß ein strafbare-, zu dem Tode de» CohneS dcS Petenten Ver anlassung gebende» Verhallen der betreffenden Ossicicre statt- gesunden habe. Ter Reichstag ist indeß nicht daraus cin- gegangen, sondern hat schriftliche Berichterstattung für das Plenum verlangt, so daß die Eominission durch Herrn v. Simpson - Georgmburg Bericht hat erstatten lassen und daran den veränderten Antrag knüpft, dcr Reichstag möge beschließen, über die Petition zur Tagesordnung iibcrzugchcn. Es kann sich hier freilich nur darum Handel», dem Petenten jede irgend mögliche Garantie für eine gerechte und un parteiische Behandlung seiner Eingabe zu bieten, denn nach Lage dcr Sache muß allerdings angenommen werden, daß cS »»r aus die Charakter- und Gcmülhscigcnschäften de» Ver storbenen zurückzusühren ist. wenn sich Derselbe freiwillig den Tod gegeben. Recht bezeichnend ist, was der vom Vataillonö- coinmandellr erstattete Bericht von dem Verstorbenen wörtlich sagt: -,Z» Hause laS er viel in dem Alten Testament, in Gcsangbüchcrii und in den Werken Schiller'ö. Es ist anzu- nehuicn, daß diese LcctUre, die er bei seiner geringen Schul bildung nicht verarbeiten konnte, nur schädlich aus ihn wirkte und dazu beitrug, unklare Ideen in ihm hcrvorzurnfc»." Beim Militair scheint man also noch nicht dcr Ansicht zu sein, daß die von Herrn Stöcker und Genossen empsohiencu Geschichten vom König HiökiaS und „Kernlicdcr" des GcsanghuchS die gesundeste geistige Kost seien. Wie man in Berlin wissen will, sind die Großmächte noch keineswegs anßer Sorge, daß sich die Reaulirung der griechisch-türkischen Grenze ganz so friedlich gestalte» dürfte, wie man vielfach anzunehmen scheint. Die griechisch- türkische Convention stößt in dcr griechischen Kammer aus die lebhafteste Opposition. Insbesondere aber wird jener Artikel dcS Vertrage», nach welchem den islamitischen Rekruten eine Begünstigung ringeräumt wird, von der Opposition eifrig auS- gcbcutct um da» Land gegen die Regierung m Aus- rkgung zu versetzen. Man fürchtet, daß die letztere sich binnen Kurzem so steigern werde, daß dcr König Georg dazu gedrängt werden dürfte, entweder die Rolle de- Königs Otto I. »ach- zuspielcn oder dem VolkSwillen Rechnung zu trage». Auch die u»au«gesrtzten Rüstungen der Pforte, namentlich in Arta und Volo, werden mit bedenklichen Mienen verfolgt mir als Wettrrzeichen ansgesaßt, welche beweisen, daß die politische Lust durchaus nicht so rein »st, wie man vielfach glaubt. Au» Wien wird »n« dom >4. d». M. geschrieben: Im Lause der jüngsten Tage tauchten sowobl in diesigen als auch namentlich in Provinzolättcrn allerlei Gerüchte über gewisse Vorgänge und Differenzen innerhalb des gegenwärtigen EabinetS aus. Ein hochofsiciöseS Prager Blatt, die „Bobemia", scheint nun den Auftrag erhalten zu haben, jenen Krisengcruchten ganz entschieden entgegen zu treten. DaS genannte Blatt entledigt sich nun jener Ausgabe in einem langathmigen. keinesfalls glücklich stilisirlcn Artikel, dcr sur unsere ossieiöse Publicistik gerade kein schmcichclbasleS Zcugniß ablegt. Indeß konimt c«. wie sich seiner Zeit ein Cbes unserer Osficiösen geäußert, gar nicht darauf an, ob dieselben ffublicistischcS Talent und Geschick besitzen; waS man von ihnen verlangt, sei vor Allem: — „Ordre pariren l" Und so parirt denn auch die „Bohemia" Ordre und „warnt" vor der Annahme, aus eine Aendoruna der grsammtcn politischen Lage zu schließen, weil daS Ministerium die Stimmung im Hcrrrnhanse für einige Vorlagen von politischer Wichtigkeit „nicht genug geklärt" gesunden habe. WaS sonst noch da» genannte Prager Blati vorbringt, ist für ernste Politiker Völlig bedeutungslos. Wie auS Löbositz in Böhmen tclcgraphirt wird, wurden
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