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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188106285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810628
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810628
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-06
- Tag1881-06-28
- Monat1881-06
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1881
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2867 Laiser Alexander HI. in pelcrhof. (Original-Bericht de- Leipziger Tageblattes.) Vsr. Da- kaiserliche Lustschloß Peterhos, welches Alexander HI. zu seiner Sommerrcsitenz gewählt, ist ui: bedingt das prachtvollste und großartigste in der Umgebung Petersburgs. E» ist von diesen, etwa vier Meilen enlsernt und mit der Hauptstadt durch breite, schattige Alleen ver bunden, welche ein Lieblingsspaziergang der Petersburger find. Pelcrhof, das am Meerbusen von Skronstadl liegt, kann bezüglich seiner Gärt« und Wasserkünste das russische Ver sailles genannt werden, ja, jenes iibertrifst dieses vielleicht noch hinsichtlich der kunstvollen, überraschenden Wasserwerke, der prachtvollen Parkanlagen, Orangerien und Schönheit der Lage. DaS eigentliche Schloßgcbäude, welches der Kaiser bewohnt, krönt eine am Finnischen Meerbusen sich erhebende, mit dunklen Wäldern beschattete Höhe, die einen über raschenden Anblick nach Kronstadt, ans seine Umgebung und daS Meer gewährt. Peterhos ist eine Schöpfung Peter'S I.. deS Begründers der russischen Hauptstadt und deS großen Zarenreiches. Des halb ist auch das Lustschloß reich an historischen Erinnerun gen. In einem Saale zeigt man dem Besucher die kostbare, von Ludwig XVUl. dem Kaiser Alexander l. zum Geschenk gemachte Gobelintapete, die Peter I. während eines Sturmes auf dem Ladoga-Sce darstellt. Als eine großartige Kunst- schöpfuna ist auch daS Bild deS berühmten MalerS Hackert in bezeichnen, welches die Seeschlacht bei Tsch-esme und den Brand der türkischen Flotte versinnlicht. Daran knüpft sich eine eiqenthümliche, nur in Rußland mögliche Anekdote. Der Maler Hackert war nämlich einigermaßen in Ver legenheit bezüglich der möglichst getreuen Wiedergabe des Flottenbrandes und der in die Lust fliegenden türkischen Schisse. Der Künstler drückte sein Bedenken dem Admiral Fürst Orlow, dem bekannten Günstlinge Katharina'S II.. au-, mit welchem Hackert während der Entstehung des BildcS in Italien reiste. Orlow berichtete die Verlegenheit des MalerS an die Kaiserin. Diese gab sofort Befehl, eine russische Fregatte aus derRhede von Liv orno mit Pulver zu füllen und daS Schiff vor. den Augen Hackcrt's in die Luft zu sprengen, waS auch wirklich auSgesührl wurde! Unter anderen Sehenswürdigkeiten wird in Peterhos auch daS Schlafzimmer Peter'S I. in dem Zustande gezeigt, in ject, wie der letztgenannte Labre, zu einem „Heilige," gestempelt werden soll, da» geht doch, wie man in Lüddeuischland »u s««» pflegt, noch über das Bodnenlied. Man würde glauben, die über sei» Leben vorliegenden Nachrichten wären zur Beruuglimpsung der römischen Kirche „erstunken und erlogen", wenn sie un- nicht von den frommen Biographen, den begeisterten Lobrednern de« neueften Heiligen, einem Aubineau, Redactcur de- „Univers", dem >dbS Surique und dem vr. lkc-ol. DeSnoyer, ja in den Laoonisatious» acte» selbst, mit wunderbarer Naivität mügetheilt wären *). Benedict Joseph Labre wurde l. I. 1748 zu AmetteS in der Tiöcejc ArraS (Frankreich) geboren. Schon als Kind zeichnet» er sich durch ungewöhnliche Unordenilichkeit au«. Seine Mutter konnte ihn z. B. nicht dazu bringen, sich in ein Bett zu lege«: e« sagte ihm mehr zu, aus dem Boden zu schlafen. Obgleich er der kräftige Sohn eines Bauern war, l>«hagte ihm doch nicht- weaiger als körperliche Arbeit. Bon der Lorichrist „bete und arbeite" be- solgtc er nur den ersten Theil, dem zweiten konnte er keinen Gftchmack abgewinnen. Anstatt nach des Apostel- Paulus Borbild zu arbeiten und seine bösen Lüste durch körperliche Anstrengungen zu überwinden, beschloß er ein „heiliger" Müssiggänger zu werde« und die Fleischeslust mit einem Pai^er von Ungezieser zu bekämpfen, seine .Heuschheit" durch leidlichen «chmutz zu schuhen I» verschiedenen sranzösischen Klöstern ließ er sich al- Novize ausnehmen, aber seiner grenzenlose» Faulheit und Unreinlichkeit wegen konnte man ihn nirgends gebrauchen. Al- er in Frankreich überall weggejagt worden war, ging cr nach Italien, begann dort da- Leben eines vagabundirende» Bettlers und verbrachte den Rest seiner Tage mit ununterbrochenen Wallfahrten von einem Gnadeavrt zum anderen. Die Tage brachte er in de» Kirchen, die Nächte in den Wohnungen der Tyiere zu. Durch sein verkommene- Au-sehea erregte er selbst in Italien, speciell in der „heiligen Stadt", aus deren Kirchenplatten er mit seinen Knieschwielen besonder- viel her- umrntschte, Aussehen. Sein Advocat im Lanonisation-processe ent wirft jolgcndes Bild von dem Manne: „Es genügte, ihn zu sehen, »m sich zu vergewissern, daß er ein vollendetes Muster war. Tic Haare ungepflegt, der Bart 4 l» Na- zarena, daS Gesicht bleich, die Kleider zerrissen, erdfahl sein Aus sehen, ein Rosenkranz um den Hals, ein Strick als Gürtel, meist ohne Schnhe, das Hemd schmutzig und der ganze Mann so vvll von kleinen Thicrchen, daß Biele in der Kirche sich weit von ihm setzten, um nicht von denselben mitzunehmen." Etwaige Bedenken, die gerade durch diese Beschreibung hervor, gerufen werden könnten, beseitigt derselbe Advocat. indem er nach- zuweisen sucht, daß Unreinlichkeit eine Eigenthümlichkeit mancher Heiligen sei: cr tkeilt die Heiligen geradezu in zwei Llassen, in reinliche und unreinliche! Wie man aus obiger Beschreibung ersieht, waren die „kleinen Thierchen" eine ganz besondere Spccialität Labre'-. Al- sein Beichtvater einmal in ihn drang, sich dieser ekelhaften Gäste zu ent ledigen, weil cr fürchtete, die Nähe Labre'S vertreibe ihm die auder» welchem cö sich bei seinem Tode befunden, ferner Klcidunas-1 vom Beichtstuhl, antwortete der Mann Gotte- mit rührender stücke. Werkzeuge und andere Gegenstände, deren sich der Kaiser I Schlichtheit: „Die Läuse vertreiben? daS wäre ein schwer Stück bedient hätte. In früherer Zeit war Peterhos der Schauplatz groß artiger Volksfeste, zu denen die Bewohner Petersburgs und! Kronstadts zu vielen Tausenden strömten, unter welche sich die kaiserliche Familie zu Fuß und unbewacht mischte. Heule ist DaS freilich anders. Peterhos und seine Umgebung starren von Truppen und Polizei, welche da- Lustschloß in ein förm liches KriegSlaaer verwandelt haben. Bon der Sceseite bewachen drei kleine KriegSdampfcr daS Pclcrhosuser, welche ihre Boote fortwährend kreuzen lassen und jede Annäherung eines fremden Fahrzeuges zurückweiscn. Jedes dieser Boote ist von einem Marine Osficier befehligt; die Mannschaft ist bewaffnet. Nach Einbruch der Abenddämmerung, wird die Zahl der kreuzenden Boote bedeutend vermehrt: jedes hat an seiner Vorderseite ein Leuchtfeuer, welches die Secflächc in einem gewissen Umkreise erhellt. Die Landung eines unbc rusencn Fahrzeuges ist also völlig unmöglich. Von der Land seile ist Peterhos, der große Park, kurz Alles, WaS zum Schlosse gehört, von einer langen, überaus zablreickcn Sckild- wachenkette umgeben. Die Posten sind so ausgestellt, daß sie bei Tage sich scl-en, bei Nacht sich anruseii können. Ihre Gewehre sind selbstverständlich geladen. Hinter den Schild wachen, etwa lOO Schritte von jenen entfernt, befinden sich stär kere Militairposlen von ungefähr 30—50 Mann, unter dem Be '^"skhie eines Osficier». Bei jedem dieser Posten befindet sich überdies ein Pvlizeibeamter. Elftere sind entweder in vorspringcndcn Nebengebäuden de- Schlosses, oder wo dieses nicht angeht, in Lagerhüttcn und Zelten vntergebracht, waS, von der Ent fernung gesehen, der Umgebung Petcrbofs einen völlig kriege rischen Charakter ausprägt. Alle Gebäude, Höfe, Gärten und Zugänge zu denselben sind von Doppclschildwachcn und Polizei besetzt. In den Höfen und Parkanlagen sind nicht weniger als vierzehn neue Wachlhäuser errichtet worden, welche ganze Compagnien ausnehmc» können. In Petersburg, Kronstadt, sowie auch in der Umgebung Peter- Hof» sind große Placate angeschlagen, welche seitens de» Oberpolizcimcister-AmteS die Nachricht enthalten, daß Jedermann, der von der Behörde und überdies von der Arbeit!" Er ließ sich buchstäblich von ihnen aufzehren! Sein Biograph Aubineau spricht von der Anhänglichkeit, die er gegen die aus seinem Leib hcrumwimiiielndcn Läuse hegle; „sorgfältig hob er sie aus, wenn sie von ihm heruntcrsielen, und steckte sie wieder i» seine Aermel; er liebte dieses lebende Bußhemd, weil eS dal Fleisch züchtigte und vor dem Aufbänincn bewahrte An einer anderen Ticlle seines Buches sucht Aubineau diel Schmntzlebcn solgcndermaßc» ins „rechte Licht'' zu stellen: .Konnte der Heilige, um den Schatz der undeflrckleten Jung, fräulichkcit zu bewahren, wohl zu viel Strenge, Abtödtung, Gebet und Armuth auswendcn? Um des unreinen Geistes Herr zu werden, halte Labre diese dem Fleische so verhaßte strenge Lebensweise er- griffen und so gleichsam im Voraus aus die Theorien de» 19. Jahr hunderts von Fortschritt und bergt, die Antwort gegeben. Bei dem Nahen der großen Revolution, in welcher so Manche eine rühmliche Thal sehen, die aber Nichts weiter war al« die Rehabilitation der Ma.eric, bei der Morgenrülhe dieses Zeitalter» der Sinnlichkeit, welches die Völker, des Himmels vergehend, aus Erden einsühren wollten, gerade da wies die Vorsehung unserem Seligen den de- Entscheidung der hiesig« kvnigl. KreiShauptmannschast an- gerusen. * Leipzig» 27. Juni. Die Wahl deS neuen Theaterpächter» findet, wie wir vernehmen, in der aus nächsten Mittwoch anberaumten Plenarsitzung deS RatheS statt. Die Wahlkkrperschast setzt fick, wenn sämmtliche Wahlberechtigte cmwesend sind, an» 27 Herren zu sammen, und es muß der Gewählte in diesem Falle mindesten» 14 Stimmen aus fick vereinigen. Die Wahl er folgt frei au» sämmtlichen Bewerbern und e» ist hierbei nicht Brauch, daß. wie bei manchen anderen Wahlen, eine engere (Kandidatenliste au» den Eoncurrenten entworfen wird. In Anbetracht Dessen erscheint e» sehr zwciselbast, ob gleich im erst« Wahlgange die erforderliche absolute Stimmen mehrheit erzielt werden wird, im Gegentkeil. man glaubt in den betheiligten Kreisen, daß mehrere Mahlgänge eftorderlich sein werden. Wir die Chancen für die einzelnen Bewerber liegen, darüber ist nach den un» gewordenen Informationen etwa» nur einigermaßen Bestimmte- mitzutheilen heute noch unmöglich. — Morgen. Mittwoch den 29. Juni, findet im Neue» Theater zum Abschied» - Benesice de» hiesigen Capellmcister» Wilhelm Mühldorser die Ausstihrung der Wagner'sckcn Oper „Der fliegende Holländer" statt, welche zugleich die vorletzte Gastdarstellung unsere» bcrübmten Gastes Emil Scan« sein wird. Die vierzehnjährige Wirksamkeit deS ver dienstvollen Eapellmeister» wird hostentlich von Seiten des musikliebenden PublicumS bei der Abschieds-Vorstellung in entsprechender Weise anerkannt und gewürdigt werde». — Unsere Münchener Gäste, deren Gesammtgastspicle in dem Genre der volksthümlichen Dialektstücke geradezu Voll endete» bieten, werden lctder nur noch drei Vorstellungen im Alten Theater geben. Die beiden nächste», für heute und morgen angesetzten Ausführungen bringen die letzten Wieder Hotungen de» „Prozeß ba n-l", für dessen glänzende Auf nahme die zahlreichen Hervorrufe aller Mitwirkendcii am beredtest« sprechen. — Der Inseratentheil unsere» heutigen Blattes enthält eine Annonce, aus welche wir besonders aufmerksam macken. Zwei hiesige Lehrer, die Herren E Bölitz und F. Winkler, haben sich entschlossen, eine Ferien-Colonic für Töckler bemittelter Eltern in- Leben zu rufen. Damit den Kindern in jeder Beziehung die nölhige Pflege und Sorgfalt zu Tbeil werde, geh« auch die Frauen der betreffenden Lehrer mit; Ellern können daher ihre Töchter vertrauensvoll dieser Füb rung anvertrauen. Die Eolonie wird nach Erd mannS- dort bei Chemnitz, einem reizend gelegenen Orte, gehen, wo die Kinder nicht nur gute leibliche Pflege genieß«;», sondern auch Gelegenheit haben, sich an der frischen Waldlust zu er quicken. Bei den Herren, die sich bereit erklärt. Anmeldungen entgegen zu nehmen, lieg« Ansichten von ErdmannSdors zur Einsicht bereit. Elte«, die ihre Kinder der Eolonie znsühren wollen, werdrn ersucht, die Anmeldung möglichst bald zu bc wirken, damit die nvthigen Vorbereitungen rechtzeitig ge troff« werden können. * Leipzig, 27. Juni. Da nach den uns gewordenen Miltheilunaen der durch seine sensationellen Leistungen als Wettläuser bekannte Herr Bernh. Ramdobr, Mitglied de» englischen Training-Club. Hierselbst binnen Kurzem einige höchst interessante Wettläuse au»sührm wird, so erscheint cS angezeigt, unsere Leser jetzt schon darauf aufmerksam zu mach« und einige Mitthcilungen über den Genannten zu geben. So schreist z. B. die „H. R": Trotz deS küblcn ungünstig« Wetter», wrlche» ein längere» Verweilen im sonderen Berus zu, zu zeigen, wie man den Gelüst« de» natürliche» I Frei« am DonnerStag Abend kaum zuließ, hatte sich doch Fleisches am besten begegnet durch Kasteiungen desselben Fleisches, So hat denn der große Läuscrich, Dank den „klein« Lhiercheu", die ihn mit einen, pestilenzialischen Geruch umgaben und zum Gegen stand des Ekels machte», seine „heilige Keuichheit" mit in- Grab genommen. Andere Tugenden sind von ihm nicht bekannt geruovv« wohl aber di« Untugend des geistlichen Hochmmb-: er hatte nämlich Visionen, bei denen er sich selber sah, wie er aus de» Altäre» sei«» MarlyriumS wegen verehrt wurde. Er Hai sie wirklich erstiegen, die römischen Altäre. Nachdem sei» Canonisation-proceß schon iin Jahre 1783 begonnen und ungeheuere Summen verschlungen, wurde er 1859 von Piu-lX. „selig" gesprochen und soll am 8. Deccmber d. I. zu Ehren der „unbefleckt Empfange»«" heilig gesprochen werden. Und er soll nicht blos ein simpler Heiliger werden: eS ist ihm noch der besondere Berus zugedacht, als himm- lischer Patron dem ganzen Wallsahrtswesen vorzustehei«: „Gott wollte ihn", so sagt Enrique, „als Muster ausstellen für unsere Väter und für uns, damit diese frommen Wallfahrten zu den berühmten Heiligthümern in Ehren blieben trotz aller Anstrengungen der Philosophie, des religiösen Indist'ercntiSmuS und d«S weltlichen Sinnes, das Wallsahrtswesen zu zerstören". Der Strohsack des zukünftigen Heiligen wurde im Jahre 1861 durch einen päpstlichen Zuavenosficicr, der von Labre wunderbar! ein äußerst zahlreiche» Publicum in dem mit Fahnen reich ge schmückt« Garten de» Odeum eingefundm, un, de» interessanten Wettlauf de» Herrn Bernh. Ramdohr mit anzuseb«. Dichtgedrängt saßen und standen die Zuschauer, deren cs wollt an KVOOsein mochten, um dmWettlaus in nächster Nähe zu beobachten Mit einem dreimalig« Tusch empfangen, erschien un, 9 Uhr der Wettläuser, um vor der Tribüne den ersten Theil seiner Schuellreise und zwar in Concurrenz mit einem Rennpferde, anzutreten. Ll» galanter Mann ließ Herr Ramdollr dem selben auf etwa 20 Schritte den Vertritt, dann aber legte Halle von hier abging, war trotz der höchst ungünstigen Witterung von 600 Personen beseht. Nacht» 12 Uhr 50 M»n. traf der Extrazug von dort wieder hier ein. — o. Es liegt l»,S eine Anzeige vom 11. Juni 1719 vor, welche in interessanter Weise den Unterschied deS Grund- wertlles jener Zeit und der Jetztzeit illustrirt. Sic betrifft daö Grundstück „Zum Kurprinzen" am Roßplatz, dessen da maliger Eigeiithümcr. der Roßkändler Johann Gottlob Schröter, nach welchem daS Sckrötergäßchcn seinen Namen erhalten Kat. gestorben war. Die Erben trugen aus össent- tiche Versteigerung an. Die Taxe deS ganzen GrnndstückS, mit Gebäude», Hosen, Gärten, einem wüsten Platze vor dem Hause an, Roßplatze und 60 Ackern Feld betrug. Alles in Allem, 23.000 Tllalcr. Der Käufer deS „Kurprinzen" wurde Fürst Iablonowski. Die hiesige Jininobilicngcscllschast hat im Jahre 1879, also gerade 130 Jahre später, da- Grund stück, ohne die Felder, mit 375,000 THaler» ---1,125,000 Mark bezahlt. * Leipzig, 27. Juni. Von der zweite» Strafkammer deS Königt. Landgerichts wurden in de» llculigcn Haupt- verhandlungen verurldeilt: >) der Marktllelser Friedrich Felix Max Joseph Frenkel von hier wegen sahrtLssigcr Brand stiftung zu 50 Mark Geld cvcnt. 10 Tagen Gesängniß; 2) daS Dienstmädchen Emilie Bertha Degen auS Dübc» wegen DiebsiablS zu 5 Monaten Gesängniß; 3) der Bäcker Fricdr. Witkctin Gantze au» Wurzen wegen Betrugs und Unter schlagung zu 2 Iallren 3 Monaten Gesängniß; 1) der Hand arbeiter Her»,. Max Fleischer vo» liier wegen schweren Dieb stahl» zu 1 Monat Gesängniß; 5) der Handarbeiter Friedrich August Haupt ans Böhlen wegen Betrugs zu einer Ge- sammtsirase von ll Monaten Gesängniß; 6) der Dienstmanil Friedrich Joseph Robert Bechstädl von hier wegen Ver brechens gegen tz. 170,5 deS Str.-G.-BckS zu 2 Jahre» 6 Monaten Gesängniß und 3 Jahren Ellrenvertust. G Reudnitz. Am Abende de- 25. Juni hat im großen Saale der 3 Lilien zu Reudnitz Herr l»r. Heine in Schteußig aus Ersuchen deS bctr. Eomits. welche» illn für die nächste Landtagsperiode abermals al» Eandikatcn für den 23. Wahl kreis ausgestellt hat. ei» Referat über seine Thätigkeit at» Abgeordneter während der verflossene»« Sitzungsperiode der II. Ständckainmer erstattet und klar und übersichtlich seine Stellung in der Währung«- bez. Steuer- und Eisenbalni-, bez. Eiscnbakn,tariffrage gekennzeichnet. Da eS sich bicr mir uni ein Referat handelte, da auch von dem Erössner der Wahl - Versammlung in den EröffnungSworleii ausdrücklich betont worden war, daß Debatten »nzulässig seien und Niemandem daö Wort werde gegeben werden, so war eS auch solbstvcrsiändlich, daß derjenige, welcher sich nach ver nommenem Referat zur Geschäftsordnung meltetc, nickt spreche» durste und die Versammlung geschlossen wurde. Die Vertreter der Arbeiterpartei, welche sich doch Eintrittskarten zu verschaffen gewußt halte», obsckon solche nur an gewisse Persönlichkeiten abgegeben worden waren, wurden über den raschen Schluß der Versammlung nngehallcn, sogar laut und schließlich durch den Wirtk deS Locale» und die anwesende Polizei ersucht, den Saal zu räumen, was auch ohne große Widerrede geschah. * Reudnitz, 27. Juni. Gestern spät Abends ertränkte sich, wahrscheinlich auS Lebensüberdruß, der etwa 55 Jahre alte Handarbeiter August Spindlcr in dem im Orte Anger gelegenen Teiche. Epmdler war bis vor kurzer Zeit eine lange Reibe von Jahren Insasse deS hiesigen ArmenhauscS gewesen, da er nur im Besitze eines ArmeS »nd deshalb »u,r beschränkt arbeitsfähig war. Die Aushebung deS Leichnam» crfolgtc durch den Geineindevorstand in Anger. Ü Grimnia, 27. Juni. Am vorgestrigen Abende ist der Schloffergesclle Gerl ach anö Döhlen bei Nochlitz beim Baden in, Miildonflusie ertrunken. — Gestern Mittag fiel endlich den, hiesig« Gendarm Herrn Nestler nach langen vergeb lichen Bemühungen jenes Jndivikinn» in die Hände, welches seit einiger Zeit junge Mädchen in der unsittlichsten Weise belästigt hatte. Es ist rin hiesiger vcrbeiratbetcr Hand- nir Has Ramdohr doch nach einem Kampf von 18 Minuten der erste am Giegespfahl. Der Sieger wurde mit stürmischem Jubel vom Publicum begrüßt und auch von einer Dame bekränzt. Nach einer kurz« Pause behufs Wechselung des Eoslüinö durchlief der Wettläuser die Bahn noch 50 Mal in 31 Min., nach der« Zurücklegung ihm gleichfalls wieder nicht enden wollender Beifall gespendet wurde. kaiserlichen Genewl-Abjutantur die schriftliche Erlaubniß er-1 gklM^scm"t'^ nach seinem H^ma7h»!,°rll s*. Leipzig. 27. Juni. Da« für den gestrig« Sonntag halten.^Schloß Peterhos oder ^dessen Umkreis zu betreten, s Hm,lies gebracht. Der Tisch des Hochallars dient dort zu seiner > Nachnnttag anberaumtc Sommer-Turnsest dcs Leipziger ' ec-, -- . ^ - ^ Aufbewahrung; rine der Gestalt Lavre'S nachgebildete Wachspuppe -- - »- - ar beit er, welcher natürlich zur Hast gebracht wurde X Wurzen, 20. Juni. Am gestrigen Tage batte der Gasibossbesitzcr Rüllle i» Schmölen ein Schwein schlachten er sich, wie man sich au«zudrücken pflegt. inS Zeug, und "so > ""d dasselbe durch den diesigen Flcischbcschancr „»«ersuchen sehr der Renner sein« langen Beine im Trab streckte, war lassen. Letzterer stellte daS Borhandenscin,ablre,chcr Tr ich,neu seinen Erlaubnißschcin nur am Hauptzugangc deS eigentliche,» Palastes vorweisen, beziehungsweise ciiitrctcn düfte. Die Proccdur de» Eintrittes ist eine überaus verwickelte. Am Haupt thore angclangt, wird man von den Schildwachen mit dem Ruse: „Lto icket?" (Werda?) mit vorgestrecktem, schußbereitem Ge wehre angehaltcn. Man antwortet: „Ertaubnißschein!" und weist diesen vor. Sofort nähert sich ein Polizeiofficier mit sechs Polizist«, welche den Besucher umringen und ihn, nachdem man ihm den Erlaubnißschcin abgenommen, zu dem am Haupleingange wachthabenden Osficier« führen. Dort wird der Erlaubnißschcin geprüft, der umständlich den Zweck de» Eintritte» sowie die Personbcscbreibuilg deS Besucher», die Unterschriften und Siegel deS Oberpolizcimcisftramles und der „außerordentlichen Polizei-Abtheilung der kaiserlichen General - Adjutant»!" enthalten muß. Trotzdem wird der Eintretende, namentlich wenn er kein höherer Würdenträger, sondern ein gewöhnlicher Mann, vom wachthabend« Osficier und den Polizisten einem Verhöre unterzog«, da- nicht selten mit einer Leibo-Vurchsuchung nach Waffen und revolutionairen Druckschriften schließt. Ist diese Proccdur ohne Zwischenfall beendet, so wird der Besucher vom Polizeiosficier und sechs Polizisten nach der „außerordent lich« Polizei-Abtheilung der kaiserlichen Gencral-Atjutantur" im Innern des Schlöffe» geführt. Dort beginnt mit dem Besucher ein ähnliches inquisitorisches Verfahren wie VaS vorige. Dabei muß der Besucher namentlich von einem anwesenden^ Beamten der Petersburger - oder Kro» ist darauf gclegt. Das Ganze ist so täuschend, daß man bei dem Gedanken an da- einstige Gewimmel aus diesem Strohsack s-rmlich! in Versuchung kommt, sich zu kratzen. Als der Bischof von ArraS bei der Enthüllung de- h. Strohsack» I vor den zahlreich versammelten Pilgern die Festpredigt hielt, schloß er mit den Worten: „B. Labre ist uns zu einem lieben-werth«! Vorbild gegeben. Suchen wir das Beispiel» da» er un- gegcdcn, nachzuahmen und seine Tugenden un» auzueianen!" Bon besondercin Nutzen wird es sein, dies« neuest« Heiligen den armen Arbeitern, denen die Römlinge heute so gern ihre Kirche und deren Praxis als einzige Rettung au- ihrem Elend preisen, als »achahmcuSwürdiges Vorbild vor Augen zu stell«: dann werden sie genau wissen, was sie von der „heilig« römisch« Kirche" zu erwarten habe». Jedensalls wird man von den» Tage der Heiligsprechung deS großen Läuscrich an «in Recht Hab«, zu der freiwilligen Armuth, die »ach römischer Lehre zu d« drei höchsten Verdiensten eines Christen gehört, auch die selbstenvihlle Uureinlichkeit zu rechnen. Mit dem alt« Wort: mens o»u» in oorpors «mo! stimmt das freilich nicht überein. Ader da» war ja ^ auch nur ein — heidnisches Sprüchwort. *) Die obigen Data sind Artikeln des Heidelberger „Allkatho lischen Boten", des Berner „Katholik" und de» „Deutsche» Merkur" vom 4. Juni entnommen. Nachtrag. * Leipzig, 27. Juni. Die „DreSb. Nachricht«", welche »un einmal von ihrem blinden Haß gegen die nationalliberalc städter Polizei, wo Jener seinen Erlaubnißschcin I Partei sich nicht zu trennen vermögen, brachten jüngst die Mitthei- erhalten, persönlich recognoScirt und als der berechtigte Träger I lung, daß der bisherige Vertreter deS 21. sächsisch« Wahlkreise«, de» Erlaubnißscbeinc» erkannt werden. Ist der betreffende Polizeibeamte zufällig nicht anwesend oder herrscht auS einem anderen Grunde über die Persönlichkeit de» Fremden, trotz seiner «Ordnung befindlichen Papieren, ein Zweifel, so kann e» dem Besucher schlimm genug ergehen. Er kann alsdann sofort verhaftet und unter starker Polizeibedeckuna nach Kronstadt oder Peter-burg geführt werden, wo o» dann seine Sacke, die Polizei über ihren Jrrlhuin auszuklärm und seine Freilassung zu erwirken. Im gelindest« Falle wird der Besucher von den Polizisten nach dem Fabrikbesitzer Holtzmann in Breitenhos bei Schwarzenberg, erklärt habe, ein Mandat für den Reichstag nicht wied« anncllmen zu wollen. Wir haben schon, al« diese Mütkeiluna erschien, sie in Bezug aus ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen, wir sind aber heute in der Lage, sie m der > bestimmtesten Weise al» völlig unbegründet zu bezeichnen. Herr Holymann selbst, in welchem die nationalliberale Hauptthore de» Schlöffe» zurückgcsührt I Vertreter Hat, theill unS und außerhalb der Schildwachenlinie in der Allee entlasse» I wärtigcn politischen Lage Turnverein» wurde gründlich verregnet; nicht» desto weniger setzte sich die muthige Turncrschaar, etwa 200 Mann hock, Nachmittag» 2 Uhr von der Turnhalle in der Schrebcrslraße au« unter Borantritt eine« MnsikcorpS nach dem Neuen Schlltzenhause in Bewegung. Freilich konnte von llcbuiiaen im Freien nicht die Rede sei», dahingegen fand im Tanzsalon ein Coiniuer» statt, wobei die Eapclie der königl. preußisch« Unterofsicierschule au» Weißens«!» unter Leitung de» Herrn Direktor Timprrnagel conccrtirtc. Die Stimmung der Tlicil- nehmer war eine vortreffliche, und al» schließlich der Ball begann, hatte auch da» schöne Geschlecht den Groll über den unsrrundlichen Himmel und die theilweise anaegrifscnc Gar derobe überwunden. Die Wett-Turnspiele sollen im August monat und zwar ebensall» im Neuen Schützenhause nachgcholl werden. ^ Leipzig, 27. Juni. Da» verhängnißvolle Unwetter am Sonntag hat abermal« zahlreiche von langer Hand vor bereitete Sommerfeste und sonstige Gesellschafts-Ausflüge gründlich zu Wasser gemacht. Traurig ging eS z. B der Gesellschaft „Glocke", welche eine große gemeinsame Aus fahrt nebst einem Picknick im Bienitzwalde prcjectirt balle. Wohl etliche zwanzig humoristisch auSgestattetc Geschirre. Omnibusse, Möbelwagen und andere Vehikel bewegten sich, besetzt mit etwa 300 Theilnehmern, früh in der 9, Stunde vom Italienischen Gart« weg nach dem gewählt« Platz; allein bald brach da» Wetter lo». so baß auch der Aufenthalt im schützenden Walde nach kurzer Zeit unge- müthlich wurde. Indessen die gute Laune und den Humor der Theilnehmer vermochte da» Wetter nicht zu verderben, und selbst da» zarte Geschlecht fand sich in da» Unvermeid liche; harrte doch al»bald «ne reiche Entschädigung in dem freundlichen Lindnaundorf, woselbst der Wirtü schnell, reichlich und gut bediente und Concrrt und Tanz die Zeit rasch verstreichen ließ. Der stattliche Zug. den die Bewohner der berührt« Orte mit Jubel empfingen und geleiteten, setzte sich Abend» gegen 7 Uhr wieder in Bewegung, um an, Gandberg die letzte Station zu passiren. Dort bol sich dem „jung« Volke" wieder reiche Grlegenbrit. den Freud« des Partei ein« wackeren, pflichteifrigen und weg« seiner persönlichen LiebmSwürdigkeit im Reichstag allgemein geschätzten mit, daß er e» gerade in der gegen-1 Tanze» sich hiuzugeben, und um lö Uhr war wieder Alles Ist dagegen seine Person in der Polizei-Abtheilung der I einem seiten« seiner Wähler an ihn ergehenden Rufe, eine als eine Verpflichtung betrachte. I wohlbehaltm in Leipzig angelangt. General-Adjutaiitur festgestellt worden, so kann der Besucher im Schlosse oder dessen Umkreis sein Geschäft erledigen, aber stet« von zwei Polizist« begleitet, ivelche ihn schließlich wieder rum Hauptthore zu bring« haben, wo er «llassen wird. Unter solchen Umständen geht eben nur Der nach Peter- Hof» welcher geh« muß und dazu die Erlaubniß erhält ver neueste römische ,Heilige". V.V.6. Wie au» Rom gemeldet wird, bat da» Lardinal-eolle- aluin ln dem am SO. Juni adaeHulken« Lonsistoriuin seine Zu- Kimmung zur Eauoulsatlou de» Iohaun Baptist de Ross, und de« Veuedict Joseph Labre ertheilt. Man kann also brr demnüchftigen Heiligiprechuna dieser bisher nur „selig«" Männer «taegenskhea. Die rtmisch« Kirche verehrt manche souderbare Gesellen al- Hei- KM, Daß »brr et» so rkrlhastr» und verabscheuung-würdige- Sub- Candidatur aufs Neue anzunehnirn. sich nicht zu entzieh«. Dieser Entschluß, mit welchem beträchtliche materielle und sonstige Opfer verbunden sind, verdient sicherlich rückhaltlose Anerkennung. * Leipzig, 27. Juni. Am Sonnabend Nachmittag zog eme Schaar von 50-jugendlichen Soldaten unter Führung ihre» Lehrer» Herrn L. Brebme, Turnlehrer an der orthopädisch« Heilanstalt, von Schimmel» Gut hinan» in» freie Feld, um ein kleine« Krieg»-Manöver auszusühren. FLeipzig 27. Juni. Zu dem heutigen Licitationstermine. i Man suchte auf indirertrm Wege über Plagwiy aus den betreffend die Verpachtung eine« der Stadtaemeind« gehörig« ! Werk- und Lagerplatz«» ein der Auen- und Fregestraße, halt« sich nur drei Bieter eingefunden, und ist ein Höchstgebot von 530 Mark pro Jahr gethan Word«. * Leipzig» 27. Juni. Bekanntlich ist die diesige Fleischer-Innung mit ihrem Gesuch« um Eoncesfions- ertheiluna zur Errichtung von Emtral-Schlachtbäusern und Viehmarkt» Anlagen in Leipzig dom Rathe unserer Stadt abfällig beschieden worden. Wie un» nun von zuverlässiger Seite mitqetheilt wirb, hat die Innung sich bei diese« Be scheid« nicht deruhigt, fanden» durch eingelegt« R«r»rs di» Feind zu treffen u«b ihn zu überraschen. Laterer hatte jedoch »orforgltcher Weise Posten au-gestellt, die indeß zurück- geschlagen wurden, woraus sich ein lebhaft geführte», aber natürlich ungefährliche» Feuer aus beiden Seilen entwickelte. Der diese« hübsch« Schauspiele beiwohnte, mußte seine Freude daran haben, denn alle Bewegungen wurden schnell und exact ausg^ührt.' Endlich zog« Sieger und Besiegte in schöner Eintracht unter dem Gesänge: „Ich hat? einen Kameraden" wieder heim — De« Schiuidt'sche Extrazug. welcher gestern 12 Nh» <0 M«. «us der Magdeburger Bahn nach fest und eS wurde daS Fleisch sofort vernichtet. * AuS dem 10. NeickStagSwahlkreiS, 26 Juni. Die wenig eS der conservativcn Partei darum zu thun ist, durch ein ehrliche» Zusammengehen mit den gemäßigten Liberalen alö vereinigte Ortnuiigsvartci gemeinsam Front zu machen gegen den fortschrittlichen Nadi- caliSniuS und die Socialdcmokratie — daS beweist die über raschende Kunde, daß ma» von jener Seite für unsere» l 0. Wahlkreis (Döbeln - Lcisuig - Waldheim - Noßwri» - Nossc») alS Eaiididaten da» Haupt unserer sächsisch« Ultra-Parti- cularisteii und -Orthodoxe», Herrn Kammerberrn v. Zeh men aus Stauchitz, aufstcllcii werde. ES ist dies derselbe Herr, der 1866 in der ersten Kammer dem Bürgermeister Koch von Leipzig, als Dieser vor einer übereilten Belheiligung an dem Krieg gegen Preußen warnte, in »nglaublichcm Ucbermuth die Worte zurief: <chimi5goc! tanciom nbiitero, L.itilina, xLtiontlL nostrri? („Wie lange noch, Eatilina, wirst Du linscre Geduld mißbrauchen?'^ — ivodnrch also der ehrcnwcrthc Bürgermeister Leipzig- aus eine Linie gestellt wurde mit einem der verworfensten Demagogen der Weltgeschichte! Es ist dies derselbe Herr, der erst kürzlich als Präsident der sächsischen LandcSsynode mit ähnlicher Wen dung einem der wenigen freisinnig« Mitglieder dieser ortho- dorcn Versammlung auf Dessen wohlbcgrüiidcten und von allen sreidenkenden Protestanten durchaus gebilligten Widerspruch gegen einen orthodox« Antrag zu hör« gab: „Dir Synode habe mit übergroßer Lnngmuth seine Rede angchört" — der cS also als die reine Gnade ansirht, daß eine kon servative vdcr orthodoxe Mekrhcit einen Freisinnigen überhaupt zu Worte kommen läßt! Dies« Hanplvertrctcr de» orthodoxen ParticulariSmuS kann die liberale Partei un möglich alS gemeinsam« OrdnungS-Eandidaten aunchmen, sie wird cS vielmehr als ihre Ausgabe betrachten, diese Ean- dikatur aus da- Entschiedenste zu bekämpfen und dafür zu sorg«, daß die conservativcn Bäume nicht in den Himmel wachsen. Solche- Verfahr« gegen die liberale Partei ist um so mehr zu bedauern, alS bin der vorigen NeichStagSwaht durch eine zeitgemäße Verständigung zwischen Liberalen »nd Conservativcn der Sieg deS gemeinsamen, der frciconscr- vativ« Richtung angehöriaen Eandidatm, deS Hern, Geh. Raths v. König aus Noschkowitz, mit Leichtigkeit gegen die übrigen Parteien errungen wurde. Leider ist Herr v. König durch Kränklichkeit verbinkcrt, wieder ein Mandat anzunebmen. Wen die liberale Partei ihrerseits atS Ecmdidaten aufstclleu wird, scheint noch nickt festzustehen: eS wird aber hohe Zeit, darüber schlüssig zu werden. — Von Dresden a»S >it seiten- der radikal« Fortschrittspartei als Cankidat für unser« Wahl kreis zwar Herr Blechwaarm-Fabrikant August Walter in Dresden proclamirt worden; allein man hört, daß Herr Walter selbst nach den gemachten üblen Erfahrung« der beiden letzten Rcich-tagSwahl« die Lust verloren babe, hier wieder als Bewerber auszutreten. Seine Eandikatnr würde übrigen- nickt nur von Seiten der Liberal« aus- Nachdrück lichste bekämpft werden, sondern eS würde ihr diesmal auch die Unterstützung der konservativ« Partei seklcn, und damit wäre sie von vornherein auSsicht-lo». Von einem social demokratischen Bewerber verlautet bis jetzt noch Nicht-j wahr scheinlich wird zu guter Letzt wieder der jedesmalige Figurant, Herr Wiemcr au» Leipzig, zum Vorschein kommen, um sich, wie bisher immer, eine Niederlage zuzuziehen. x Döbeln, 27. Juni. Wir berichtet« neulich von einem arbeitsscheuen Bummler. K. H. Ahnert au» Stollberg, welcher am 21. v. M in hiesiger Gemarkung dir Krone einc» PstaumenbäitinchenS abbrach, nur in der offen eingestandenen Absicht, wegen diese- Vergeben» in» Gesängniß zu komm«, anstatt in» Bezirk-annrnhau», wo man nach seine» Meinung
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