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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188107088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810708
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810708
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-07
- Tag1881-07-08
- Monat1881-07
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1881
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Erscheint täglich früh «»/, Uhr. Ledaüion »nd Lkpriitim Ivhannesgaffe 33. Sprechstunden der Kednction: Vormittags IO—IN Uhr. Nachmittag« 4-6 Uhr. - " -L'LLrSü'L ÄLL- " A«,«»«» der sür dt« «Lchfts»l,e«»e M»««er deftt««ten Anjernte an Wacheutagen dt» S Uhr Nach«it»«ß», «nVsnn- u»h-«stta,e» früh »t»',,» Uhr. In den Fttialeu für Ius.-Annahme: vtt« Kle««, Uaiversitätsstraße 23. Laut« Lösche» Katharinenstraße 18, p. nur ßt» '/,8 Uhr. ttprigcr.Tagcblalt Auzeiger. Organ für Politik, Localgeschiihte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anflage Ädonnementsprei« viertel,. 4'/, Mk, mrl. Briugerlohn b Mt., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 2ü Ps. Beleg»rmplar 10 Ps. Gebühre» für Extrabeilage» »hur PostbesSrderuug 3S vir. «tt PostbesSrderung 48 Pik. Inserate Sgespaltene Petitzeile »0 Pf. GrSßerr Schriften laut unsere» Preis, verzeichuiß. Dabellarischer Sah nach höhere» Parts. Kerl amen unter de» Nednetienostrich die Spaltzrile üO Pf. Inserate sind stets au die Expeditta» zu seadeu. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumenmclo oder durch Post» Nachnahme. ^?18S. Freitag dm 8. Juli 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Nach alter Vorschrift ist eS hier bei Strafe verboten. Blumentöpfe, Gläser oder andere Sachen ohne aehörige Verwahrung dnreh Gitter oder eifern« Stäbe — nicht Trabt, Schnüre oder Bindfaden — vor den Fenstern ausjnstelle«, und zwar sowohl nach den Straßen heraus, al- nach den Höfen. Bereit« unterm 2«. Juli 1820 hat der Rath diese schon damals bestehende, aber nicht gehörig befolgte Bestimmung unter Verweisung auf die „ganz unverantwortliche Unvorsichtigkeit", welche durch bas Ausstell«» solcher Sachen ohne Verwahrung begangen werde, e«geschärft und Zuwiderhandlungen mit 5 Thalcr, nach Befinden höherer Strafe bedroht. Seitdem ist die gedachte Vorschrift vielfach erneuert worden und e- ist inmittrlst die Bestimmung in tz 366, 8 de« Straf gesetzbuch« hlnzugelreteü, wonach mit Geldstrafe bi- zu 60 Ml. tzder Haft bis zu 14 Tagen zu bestrafen ist, wer nach einer öffentlichen Straße oder Wasser straße oder nach Orten hinaus, wo Menschen zu Verkehren pflegen, Sache«, durch deren Umstürzen oder Herabfalten Jemand beschädigt werben kann, ohne aehörige Befestigung vufstrllt oder aushängt, oder Sachen auf eine Weife auSgicßt oder auS- wirst, daß dadurch Jemand beschädigt oder ver unreinigt werden kann. Dessen ungeachtet sind neuerlich wieder zahlreiche Zuwider handlungen, darunter viele Fälle, in denen Blumentöpfe aus die Straße herabgefallen sind, bei unS zur Anzeige gekommen. Wir bringen daher die vorgedachten Bestimmungen zu strengster Nachachtung mit dem Bemerken hierdurch wieder holt ,n Erinnerung, daß wir mit Rücksicht auf die Gefährlich keit der fraglichen Uebertretung dieselbe jederzeit unnach» sichtlich mit Geldstrafe bi» z« «v Mark »der Haft »ts zu Ist Taste« aynben werden. Da« Strafgesetzbuch geht weiter, al« dir hiesig« polizeiliche Vorschrift, indem eö auch die Fälle unter Strafe stellt, in welchen Gegenstände im Innern der Gebäude an den Fenstern ahn« genügende Befestigung so ausgestellt «erden, daß sie auf me Straße herabfallen können. Daher ist die so vielfach gebrauchte Au-red« hinfällig, daß «i» herabgesallener Blumen topf «cht- »oe dem Fenster, sendenrrmr an» Fenster gestanden habe und durch Zugwind oder Sturm, durch Unvorsichtigkeit der Kinder, durch zufälliges Zuschlägen eines Fensterflügels und dergleichen hinausgeworfen worden sei. Für die Befolgung der bestehenden Vorschrift ist, wie hiermit bestimmt wird, der Inhaber der betreffenden Woh nung und. wenn diese eine Famüienwohnung ist, da« Haupt der Familie verantwortlich. Wird durch daS Herabfallen eine- Blumentöpfe- oder anderen Gegenstandes Jemand verletzt, so bewendet e« nicht bei der polizeilichen Bestrafung, sondern die Sache ist an die König!. Staatsanwaltschaft zur Entschließung wegen crimineller Bestrafung abzugcben. Leipzig, am 5. Juli 188 t. Der Rath -er Stadt Leipzig. vr. Georg». Harrwly. wesentliche Behinderung de« Fortgang« der ReichStagSarbeiten aber tritt dadurch erfahrung-mäßig nicht ein. Ganz anders würde sich die Sache gestalten, wenn »uch der preußische Landtag dem Reichstage in den Weg träte. Nach den bisherigen Erfahrungen pflegen nahe an 100 Mit glieder d«S Reichstag« einem der beiden Häuser dcS preußiscbm Landtag« anzugehvren, und zwar kommen davon auf da- im meisten beschäftigte AbaeordnetenhauS allein gegen 70. ükun vergegenwärtige man sich einmal die durchschnittliche Präsmz- zifser de- Reichstag- sowohl wie der Häuser des Lend- tagS, und man wird zugeben müssen, daß auf käner ven beiden Seiten eine so große Anzahl von Mit gliedern entbehrt werben könnte, ohne dadurch die Beschluß- unfähigkeit dauernd zu machen. Man könnte sich nur so Helsen, daß der Reichstag am Tage, der Landtag am Abend seine Sitzungen abhielle oder umgekehrt. Solche und ähnliche Vorschläge — wie z. B. einen Tag um den andern zu lagen — brauchen aber nur auSgesprocken zu werden, um sich sofort als unausführbar zu erweisen. Obendrein hat die Erfahrung die Unzulräglichkciten eines auch nur ganz kurzen Zusammen- tagens von Reichstag und Landtag wiederholt so schlagend dargethan, daß man mit Sicherheit annehmen darf, der in Rede stehende Bersuch. wollte inan ihn wirklich machen, würde gar bald wieder aufgegebcn werden. Und DaS könnte um so leichter geschehen, al- in der That für ein Nebeneinandertagen gar kein zwingender Grund vor liegt. Wird der Reichstag in diesem Jahre zum November berufe«, so kann er das Budget biS Weihnachten serstellen. AlSdann kann man ihn vertagen und zunächst den preußischen Landtag die gleiche Arbeit vollziehen lasten. Der Rest der Saison wäre zwischen Reichslag und Landtag nach dem Gesetzgebung» - Bedürfniß zu verlheilcn. Selbstverständlich würde aber ein solche- Abwechseln nur al» ein vorübergehen der Nothbehelf, als Uebergang zu einer gesunderen Ordnung zu betrachten fein. Und diese gesundere Ordnung würde sich ganz von selbst ergeben, wenn der Reichstag, wie Die« die Ma>orität in der letzten Session beschloß, inZuknnst zum Oktober berufen würde. Vom Oktober bi« Mitte Februar wäre für den Reichstag eine vollkommen ausreichende Arbeits zeit; und eine ebensolche bliebe von da ab für den Landtag übrig. ES bedürfte zu dieser Einrichtung nur eine» gesetz geberischen Schritte», nämlich der Hinausschiebung de» in der preußischen Verfassung für den alljährlichen Zusammentritt de» Landtag» bestimmten Termin-«, nicht aber auch, wie ge sagt weeden ist, einer abermaligen Verlegung de» Etatsjahrf Der preußisch« Landtag würde den Etat voft Mitte Februar bi» l. April um so leichter erledigen können, al» durch die vorangegangene Feststellung de» ReichSelat» eine Reihe von Zweifeln und dadurch veranlaßt« Debatten von vorn herein abgeschnitten wäre. Nach alledem darf man die Hoffnung hegen, daß, wenn wirklich die Berufung des Reichstags zum November erfelgt. daraus eine ersprießlichere Gestattung unserer parlamentarischen Verhältnisse hervoraehcn wird. So wenig entgegenkommend auch bis jetzt die Regierung sich der Forderung der ReicbS- tag«-Mehrhctt betreffs der Einberufung zum October gezeigt hat, die natürlich« Logik der Dinge muß und wird dieser Forderung zum Siege verhelfen. Bauplatz-Versteigerung. Nachdem der Zuschlag de» am IS. Mai d. I. zum verkaufe versteigerten, aa »er Ecke der auHereu Frege- ftraße und der Stra-e an der alten Elster gelegenen BanplatzeS Nr. 24 de« betreffenden ParcellirungSplane« von un« abgelehnt worden ist, entlasten wir in Gemäß heit d>.c Versieigerungsbedingungen die Bieter hierinit ihrer darauf gelhaneil Gebote und beraumen zum Verkaufe diese» Platze» von 73A Quadratmeter Flächengehalt anderwetten BersteigeruugStermiu an Nathsstelle, RalhhauS, 1. Etage. Zimmer Nr. l6. auf Donnerstag, dea 14. dies. Mo«., Vormittag» II Uhr, an. in welchem der zu versteigernd« Bauplatz mtt 27,S3V Mark (38 Mk. per Quadratmeter) anSgebotea werden wird. Der pünctlich zur angegebenen Stunde ru eröffnende Termin wird geschloffen, sobald bei der Versteigerung ein weitere« Gebot nicht mehr erfolgt, bez. wenn da» Angebot nicht übersteigert werden sollte. Die Versieigerungsbedingungen nebst ParrellirnnaSplan Üegen in unserem Bauamt, Tiefbauverwaltung, RathhauS, 2. Etage, Zimmer Nr. 14, zur Einsichtnahme aü» und werden ebenda auch autoaraphirte Exemplare derselben gegen Be zahlung von 60 Psa. abgegeben Leipzig, den 4. Juli l88l. Der Rath der Stadt Leipzig. cgi. Cei vr. Georc erutti. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 8. Juli. Die officivs« Bestätigung der Angabe, daß der neue Reich-tag wo möglich bereit» zum Ncvember b. I. berufen werden solle, verbünden mit der Drohung, daß alsdann Reichstag und preußischer Landtag neben einander würden tagen müssen, hat zu de» verschiedenartigsten Deutungen und Befürchtungen Anlaß gegeben. In der That hat die Frage, in welche» Verhältmß die Arbeitszeiten unserer beiden großen Parlamente ru einander gesetzt werden, nicht nur für die unmittelbar Betheiligten Interesse; ihre richtige Lösung ist vou Bedeutung für eine gedeihliche Entwickelung unsere» con- stitutionellenLrven« überhaupt. Indessen braucht man sich über jene osfieiöse Notiz wenig zu beunruhigen. ES erscheint die Berufung des Reichstags zum November al« ein Einlenken in die richtige Bahn und die Drohung eine« Nebeneinandertagen» von ReichStäg und Landtag darf Niemanden schrecken. Letztere» au» dem einfachen Grunde nicht, weil ein solche» Ncbeneinandertagen, al« Regel und auf längere Dauer gedacht, schlechterdings «möglich sei» würde. Die Berufung auf da« anderwärt« gegrbenr Beispiel beweist gar Nicht«. Die Eoncurrrnz der rondtage der Kleinstaaten kommt überhaupt nicht in Frage; und wo» die mittelstaatlichen Landtage anlangt, so kann deren gleichzeitige« Tagen dem Reichstage zwar eine mehr »der ----iger -roß« Anzahl -->» Mitglieder» entziehen, eine Heute oder morgen wird der BundeSrath Ferien machen. Ihrer Erledigung sehen noch entgegen die AuS- führungSvorschristen über daS NeichSstempelgesctz, der Gesetz entwurf betr. den Reichszuschuß für den Zollanschluß Hamburg-, die Statistik über da« Unfallversicherungswesen und der Auöschußantrag über den Anschluß der Üntcrelbe an daS deutsche Zollgebiet. Ein reiches Pensum schließt also eine dem Arbettsumsang nach reiche Sessionsperiode ab. Ob die Vertreter der Verbündeten Regierungen auch mit dem Gefühl »er Genugthuung, Förderliche« geleistet zu haben, von Berlin scheiden werden, ist freilich eine andere Frage. Wenigsten» die eine Beruhigung nehmen sie in die Heimalh mit, daß sie (hierin unähnlich den ReichStagSabgcordneten) um ihre Äiederkehr nicht zu sorgen haben. „Die Reichstage vergehen, der BundeSrath aber besteht", sagte Fürst BiSmarck in einer seiner letzten Reden, dem Sinne nach, wenn auch nicht nach dem Wortlaut. ES wird wieder einmal vom ReichStagSgebäude ge- sprechen, und zwar sagt man, daß Gutachten und Berichte bezüglich der Erbauung de» Reich-tagSgebäudeS auf dem Rac;yn»ki'schen Grundstücke am König-Platze eingesordert be ziehungsweise erstattet worden. Die Aussichten de« Reich»- laaStaue« gehen gleichen Schritt mit den Aussichten der libe ralen und nationalen Parteien: (konservative und Ultramon- tanc werden ein ReichStagSgebLude nie errichten: so lange diese beiden Parteien obenauf sind, gehört dieser Bau zu den frommen Wünschen, denn diese beiden Parteien brauchen weder ein RcicbStag-gebäude, noch einen deutschen RcicbSlag, noch ein deutsches Reich; der alte Zustand vor dem Jahre 1866 mit der ganzen Misere der Kleinstaaterei sammt dem deutschen Bundestage war ihnen da- Liebste. Mittler weile tauchen wieder einige Bauplätze auf. Bewohner dcS Norddislricle» möchten daS ParlamentShauS dorthin verlegt haben, um ihrem Stadtlheil damit zu Hülse zu kommen. Andere Stimmen erheben sich für den Platz, wo da» Joachims- thalffchc Gymnasium sich früher befand. Neuerding» hört man die Arlillerie-Easerne nächst der Kantian-Brücke und Stadt-Bahn al» auSsichtSvollcn Bauplatz rühmen. Wir glauben im Augenblick nur an die Gewalt der hemmenden Mächte, zweifeln aber nicht, daß auch der Tag kommen wird, wo die Ideen, welche im Jahre 1871 den Bau eine- ReichS- tag-gebäude» beschließen ließen, wieder mächtig genug sind, um da» Netz von Jntriguen ru durchbrechen, in welches der Bauplan im Augenblick aussichtslos verstrickt ist. Bezüglich eine» von dem Bbg. Stöcker dem Eentrum aiigetragenen, von dem letzteren aber ignorirt gelassenen Wahlbündnisse- geben wir im Folgenden den wesent lichen Inhalt einer von Herrn Majunke an eine Anzahl aus wärtiger katholischer Blätter gerichteten Correspondenz wieder: Kurz vor Schlich der Lcuibtagssefsiou trat eine« Tage« Stöcker im Foyer des Abgeordnetenhaules an Ihren Lorreson deuten heran und ersuiliic denselben, aus die Berliner Katholiken dahin zu wirken, daß dieselbe» bet den nächste» Reichstagswahlen mit den Lonierva- tiven, die ihrerseits einen Len trumsc an di baten in einem beliebigen Stadtbezirke wähle« würden, gemeinschaftliche Sache «achte». Ich erklärte, daß ich mich über eine Frage von solch» Trag- wette nicht sofort entscheiden könne »ad erst mit einigen Freunden darüber spreche» wolle, daß ich aber schon io- gleich mit aller Bestimmtheit ei» Bündniß mtt den Eonservativen, selbst zn eine« rein localen Zwecke, ablehnen müßte, wen» dt« con- ervative Fraktion nach wie vor der Regierung dtScretionatre Ge walt in katholischen Kirchrnangelegeuheiten zuerkennen wollte. Herr Stöcker war so ehrlich, mir daraus zu erwidern, daß er allerdings nicht der katholischen Kirche zu noch größerer Machtentsaltung, als ie ohnedies schon besitze, verhelfen wolle, daß man ja wohl aber diese allgemeine Principiensrage von den localen Interessen, um die es sich hier ausschließlich handele, seruhallen könne. Später traten zwei Herren zu uns, die sich anscheinend an unserer Diskussion be theiligen wollten, die Herren von Ludwig und Tremer. Ich erzählte Diesen den Au-gangspunct unserer Unterredung, und Beide waren ebenfalls der Meinung, daß der uns von Herrn Stöcker gemachte Vorschlag in weiterem Freundeskreise geprüft werden solle. Bald daraus wurde iudeß der Landtag geschloffen und es kam zu keiner definitiven Abmachung. Die „Wiener Abendpost" schreibt: Die bedauerlichen V o r- älle der jüngsten Tage in Prag, sowie der Umstand, daß >er jetzige Statthalter, Freih. Weber v. Ebenhos, wegen eine» geschwächten Gesundheitszustandes noch eine Zeit lang den Dienst nicht zu versebcn vermag, insbesondere aber der lebhafte Wunsch, die zeitweilig hervorgerusenc Erregung der Bevölkerung schnell beizulegen, rief in den maßgebenden Re- aierungSkrcisen die Uebcrzeugung hervor, daß die politische ?ande«slelle in Prag gegenwärtig nicht einer leitenden Hand entbehren könne. Hierbei wurde in Erwägung gezogen, daß bei redlichem und ernstem Wollen der einflußreichen Organe und Persönlichkeiten beider Nationalilälcn die Erreichung de» augestreblen Zieles wesentlich gefördert und ge sichert werden würde, wenn zur zeitweiligen Leitung der Statthalterei Prag ein Mann berufen würde, der vermöge einer bisherigen Stellung die Gewähr vollster Unbefangenhett und Unparteilichkeit biete und vermöge seiner Charakter eigenschaften und seiner Befähigung die Erwartung recht- ertiae, daß er sich der schwierigen Ausgabe mit allseitig richtigem Verständniß widmen werde. Diese Anschauung war di« bestimmende Ursache, daß beschlossen wurde, den Präsidenten de» MilitairobergerichtS, Feld marschall vr. Krau», mit der Leitung der Statthalterei Prag zu bettauen, krau» hatte sich während der vielen Jahre seine» hervor ragenden Wirken» in der Militairkanzlei de» Kaiser» de« Allerhöchsten Vertrauen» zu erfreuen und darf mit gutem Grund« angenommen werden, daß er, selbst ein Landeikind und jedem Parteigetriebe fernstehend. Alle- ausbieten werde, um sich durch ersprießliche Thäligkeit um da» Wohl de» Lande» verdient zu machen «nd dem in ihn gesetzte» und hoffentlich von allen Seiten ihm entgegengebrachte» vertrauen nach jeder Richtung zu entsprechen. Ungemein bezeichnend für da» Verbätt zwischen Devt- chen und Czechen in Oesterreich ist eme der „Deutschen Zeitung" in Wien zugegangene Nachricht über die Art und Weise, in welcher der deutsche Turnverein in Brünn am 3. d. M. seine diesjährige Turnsahrt in Scene setzte. Der AuSflug ging nach dem Oertchen ScgenaotteS. dessen Umgebung czecl>isch ist. Dtt BezirkShauptmann Schrvtter und ein Be amter der BezirkShauplmannfchast, beide in Uniform, fuhren mit dem Sonderzuge, der die Turner an ihren Bestim mungsort brachte; auf der Eisenbahnstation war überall Gendarmerie ansgestelll, und in SegengotteS erwartete den Zug eine größere Ablheiluna Gendarmen, welche die Turner nun Feslplatz geleiteten und sich ring« um denselben ausstellten. Dank dieser polizeilichen Maßnahmen verlies die Turnfahrt in vollster Ruhe. Nicht minder charakteristisch ist folgende Meldung der „Deutschen Zeituna" au» Brünn vom 3. Juli: „Die so eben vollendeten MaturilätS - Prüfungen am czeckischen Gymnasium ergaben unbefriedigende Er gebnisse. Der LandeS-Schulrath sah sich veranlaßt, den Schülern da« Tragen der Sokolmütze und anderer politischer Abzeichen zu untersagen, und die Professoren zu ermahnen, die Jugend mehr vom politischen Treiben sernzuhattcn und einzig der Wissenschaft zuzusühren." Am 5. Juli wurde da» in Prag beschlossene Manifest der deutsch-böhmischen Abgeordneten mit Weglassung der schärfsten gegen die Regierung gerichteten Stellen ver öffentlicht. Die ursprüngliche Fassung wurde consiöcirt, ja die Prager Telegraphenbchörde verweigerte sogar die Be förderung derselben. DaS Schriftstück verweist zunächst aus die Uebersälle der czechischen BolkShausen gegen die Deutschen, welche alle deutschen Gaue Böhmens mit tiefster Entrüstung erfüllen, zumal nackter Deutschenhaß der alleinige Antrieb gewesen. Es betont sodann die Planmäßigkeit der Angriffe aus die angeordneten Beschwernisse bei der Volkszählung, den TerroriSmuS bei den Handelskammerwahlen, die systematische Proscription deutscher Firmen, die Ausschreitungen in Raudnitz. Pilsen, die alleinige Anwendung der czechischen Sprache im kommunalen Verkehr Prag« u. s. w. Nach Er wähnung de» Erlasse« de« Prager Bürgermeister« Skramlik geht daS Schriftstück über auf die Freundschaft der Regierung für die Ezechen und fordert sodann die Deutschen aus, inemals ibre Nationalität zu verleugnen, stelS, namentlich in Amt und Schule, deutsches Wesen und deutsche Sprache zu bekennen; das Wahlrecht bei allen Wahlen gewissenhaft prüfend anzu- wcnden. die Söhne zum Studium aus die Prager Universität zu senden, auch bei den kleinsten Uebergriffcn und Angriffen dem Gegner nachdrücklich, aber auf gesetzlichem Boden enl- aegcnzutreten, in Hoffnung auf dereinstigen Sieg einig und stark zu bleiben. Die ausländischen Gocialdemokraten scheinen Ungarn zum Heerd ihrer künftigen Operationen auSerschen zu haben; nach einer „amtlichen" Anzeige wollen sie zwischen dem 3.—5. Juli aus ungarischem Boden eine Zusammen kunft abhallcn. Tie Pregburgcr EomitatSbehörde hat die» bezüglich an die Vorstände der einzelnen Bezirke ein Rund, schreiben erlassen, worift in Erinnerung gebracht wird, daß nur der „ungarische Staatsbürger" Versammlung-recht hat und daß letzterer auch verpflichtet sei, seine Absicht, von diesem Rechte Gebrauch zu machen, der Localbehvrbe anzu zeigen. ES werden daher die Behörden an der österreichischen Grenze aufgesordert. eine jede Zusammenkunft zu übcrwackcn und jede fremde Einmischung zurückzuweisen. Deffenungeachtcl verlautet, daß die Zusammenkunft dennoch stattfindcn wirk Die Beziehungen zwischen Frankreich und der Pforte sind sehr gespannt, namentlich weil der Sultan sich weigert, den Botschafter Tiffot zu empfangen. Letzterer sagte bei der Abreise zu dem Abgesandten de- Sultan-: „Ihr Herr wird vielleicht eine» Tage» erfahren, wa« e« kostet, ein große» Land in seinem Vertreter zu beleidigen." Laut „TälSgraphe" bereitet BarthSlemy Saint-Hilair« eine sehr strenge Note an die Pforte vor. MacMahon zu appclliren und demselben zeitweise die Diktatur in Algerien anzutragen, um die Ruhe in der Eolonie wiederherzustellen. Man geht dabei von der Ansicht an-, daß der Marschall Mac Mahon noch heute unter den Arabern ein solche« Ansehen genießt, daß schon sein Erscheinen in Algerien hinreichen würde, um den Abfall weiterer Stämme zu verhindern. Unter seiner Führung würde die Armee dann bald dem Aufstande ein Ende machen. Natürlich ist nicht daran ru denken, daß die republikanischen Machthaber sich zu einem solchen Rettung-mittel entschließen. Die Bewegung zur Ausdehnung de» Wahlrecht» in Belgien ist aü» unscheinbaren Anfängen heran» rasch zu einer politischen Angelegenheit ersten Range» erwachsen. An läßlich eines von der Regierung vorgelegtcn Gesetzentwurf«, welcher die Jurisdiktion m Wahlsachen von den Provinzial- rätbcn auf die AppcllationSgerichtc übertragen will, stellte der Brüsseler fortschrittliche Depulirte Paul Janson VerbcsscrungS- anlräge, welche eine Erweiterung des Gemeinde- und Pro- vinzialwablrechl» darstellcn. Die Regierung widersetzte sich kiesen Anträgen und e» war am 16. Juni, baß Janson eine Rede für seine Amendements mit dem Hinweis aus die Noth- wendigkeit der AuSdednunq des Wablrechts überhaupt und mit de» Worten schloß: „Vorwärts mit der Waülresorm!" Diese Losung wurde von dem fortschrittlichen Tberle der Liberalen sofort aufqegrifsen. Der liberale Verein von Brüssel aßte eine Resolution in diesem Sinne, die Antwerpen« 'iberalen hielten ein große- Meeting ab, ein Meeting in Brüssel folgte, und gegenwärtig werden in allen bedeutende ren Städten ähnliche Kundgebungen vorbereitet. Der Wiker- land, den daS Ministerium bisher geleistet hat, scheint der Bewegung eher förderlich al» hinderlich zu sein, denu da« Ministerium gesteht seine eigene Schwäche geradezu ein. Mehrere progressistifche Blätter fordern die Regierung auf, alsbald Zugeständnisse zu machen. Au- Belgien werden einige klerikale Skandalös» bekannt, über welche die „Franks. Ztg." Folgende« berichtet: Der Psarrer eine» DorieS in der Nähe von Antwerpen ist angeklagt, 30,000 FrcS., den Betrag einer Erbschaft, welch« ihm ein« Fra» au» dem Dorf« der Sicherheit wegen aavertraut hatte, erschlagen zu haben. Die Frau hat einen wichtigen Zeuge» in der Person de» Dorffchloffer», durch den der Psarrer das eiserne Kästchen, t» de« da» Geld sich befand, ansbrechrn lassen wollte. Di« Sache wird nächstens zur Erbauung des Publikums vor Gericht kom men. — Außerdem wird wieder ein großer „Acla-Sanctorum-Skandal" — wie man dergleichen Vorfälle in Belgien nennt — gemeldet. Dies- mal ist es der 37 Jahre alte Taplan Scheffermeyer von der Pfarrei von St Slmand in Antwerpen, der die Früchte des Umgangs von zum LölibaZ r. s. n>. verpfiich« ten Personen mit Kinder» praktüch erwiesen hat. lln: ließ die tungc» Mädchen, welche Unter icht im Katechismus erhielten, einzeln in sein eigenes Ha»« kommen, um, wie er jagte, ihnen Extra-Unterricht zu geben. Die Einzeluhcilea dieses ltztra» Unterricht- können im Druck nicht erwähn! werden. Scheffermeyer ist sestgenommen worden und wird sich wegen seines Eifers, den jungen Mädchen Extra-Unterricht im Katechismus zu geben, nächstens vor den Assiffen verantworte« müssen. Der Cües-Eommissair der Brüsseler Polizei, dessen Stellung der eines deutschen Polizeipräsidenten analog ist. ist auf einen Monat vom Amte suSpcndirt worden, weil ihm gerichtlich nachgewiesen worden ist, daß er an dem Wein- geschäste seine» Sohne», welcher Wein an lükerliche Häuser, die natürlicherweise unter der Aussicht de« Ebes-Eommiffair« standen, verkaufte, mit interessirt war. Wenn er nicht seine Entlastung einrcicht, so wird er wahrscheinlich seine- Amte« entsetzt werden. Nachrichten au» Bat na vom 26. Juni melden: Die unter den Arabern von Constantinc herrschende Aufregung nimmt zu. Hundert SpahiS und ein Jnsantcric-Batcullon wurden nach BiSkra gesandt. Amtliche Nachrichten fehlen, aber c» hieß, daß eS auS Tunesien und selbst Tripolis ge kommenen Banden gelungen wäre, einige Stäinme der Pro vinz in Ausruhr zu versetzen. Bei der Unzulänglichkeit der Streitkräfte. über welche die Franzosen in diesen Gegenden verfugen, scheint e» unmöglich, die Aufständischen de» Süd- Osten« zu verhindern, nitt Bu - Amema gemeinschaftlich zu handeln. General Legerst operirt gegenwärtig gegen dieselben. Der französischen Regierung wird von den Blättern zur Erwägung empfohlen, an den Patriotismus de» MarschallS Iur Kealschulfrage*) IV. Aussicht. Je höher wir den Werth der Realschule schätzen und je mehr wir überzeugt sind von ihrer unvergleichlichen Bedeu tung für die Entwickelung der qcsammten Cultur des deutschen Volke«. um so weniger wollen wir unterlassen, ihre Idee zu unterscheiden von ihren einzelnen Erscheinungen, so hocherfreulich auch die Summe der Leistungen jeder derselben jetzt schon sein mag. Wir wollen unS keineswegs verhehlen, daß den einzelnen Realschulen, wie ja allen menschlichen Ein richtungen, Unvollkommenheiten anhasten mögen. E« mag wohl da und dort, wenn auch mit Üebertreibung, so doch nicht ganz mit Unrecht geklagt werden, daß für sprachlich bildende Bekanntmachung mit der griechischen wissenschaft lichen Nomenklatur zn wenig geschehe, daß zum Nacktheit der leiblichen Entwickelung und zum Nachthcil der Enl- wickclnng frischen, ursprünglichen Denken« und selbstständigen Erkennen« dem Gedächtnisse zu viel todter, gar bald vcr- aeffener WiffenSkram ausgcladen werde. Dergleichen Ucbcl- stände werden, wo sie vorhanden, immer erfolgreicher bekämpft werden; der letzterwähnte aber insbesondere, der schwerst- wiegende, gebört in daS Capitel der Ueberbürdung überhaupt, welche auch philologischen Gymnasien von diesen zugehörigen Lehrern wieverholt ist vorgeworscn worden (siehe die von I)r. H A. WeiSke heranSgegebene „Zeitung für da« höhere UnterrichtSrocsen"). Ein Hinweis aus diesen Umstand kann zwar weder trösten noch entschuldigen, immerhin aber manche unberechtigte Angriffe abwebren. Dieser unselige Uebelstand der Ueberbürdung, an welchem unser aesammteS gegenwärtige- höhere» und niedere« Schul wesen krankt, vielleicht zu gänzlichem Ruin des deutschen Volkes krankt, lrhrt aber auch zugleich, wie völlig unzeit gemäß e« wäre, jetzt eine sogenannte Einheitsschule ichassen zu wollen, d. h. eine Schule, welche, ohne das Griechische al« obligatoriickcS Fach auszugeben, den Anforde rungen de« realistischen BildimgSkrincipS und dem modernen Bildung-ideale entspräche, also philologisches und realistische« Gymnasium zugleich wäre. Diese Ansicht ist in den Kreisen der Realschnlmänner durchaus di« herrschende, und mit vollem Rechte. Wir meinen, daß nach fünfzig Jahren etwa, nachdem da« moderne Bildung-ideal sich allgemeine An- *) Nachdruck unter Quellen-Angabe erwünscht.
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