Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.07.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188107237
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810723
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810723
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-07
- Tag1881-07-23
- Monat1881-07
- Jahr1881
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.07.1881
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I Erscheint täglich früh 6»/, Uhr. Nkdarlion und Lrpedition JohaanrSgaffe 33. Sprechftnndkn der Uedartiou: Vormittag- 10—13 Uhr. Nachmittag» 4—6 Uhr. Für dt« Sttta^«»« ri^el»»dfrr Mlcht sich Au»ah«e der für tzte «Schftfslzeude Nn««er vofttmmten Iuserate an W-cheata-eu dis 3 Uhr Nachmittags, an Sann- nn» Festtage» srüh dis <,S Uhr. 3u de« Filialen siir Ius.-Aimahme: Otto »Irunu, Universilätsstrahe 22, tautS LSsche, Katharinenstraße 18, p. «ur diS ',.3 Uhr. Mip)igerTagtl>latt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auslage LV,SS0. Ldsnunneutsprei, viertelj. 4'/, iucl. Brinaerlohn 5 Mk.. darch die Post bezogen k Mk. Jede einzelne Nummer 2b Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühre« für Extrabeilage« ahne Postbeförderung 39 ML »it Poftbefürderuug 48 Mk. Zuferatr bgespaltene Petitzeile -0 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer Sa- nach höherem Tarif, Lerilune« unter den ttedartiousstrich die Spaltzeile SO Pf. Inserate sind stets an die Urpedttta« z« senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prueuawennulo oder durch Post» Nachnahme. ^ 264. Sonnabend den 23. Juli 1881. 75. Jahrgang. Jur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 24. Juli, Vormittags nur bis 1s» Uhr geöffnet. Lxpeältlon ä«8 luvIpAlxvr ^uxedlLttvs. Amtlicher Theil. Vekanntmachung. Der diesjährige internationale Productenmarkt in Leipzig wird Montag den 1. August d. I. in dem Donorand schen Etablissement im Roscnthale, nicht wie in unserer Bekanntmachung vom l l. lsdn. Monats angegeben, in den Räumen dcS alten SchützcnhauseS, abgehaltcn. Leipzig, den 25. Juni 1881. Der Rath der Stadt Leiuzig. vr. Georgi. CickorinS. Bei dem Unterzeichneten Polizeiamte ist die mit einem IahreSgehalte von 3000 Mark dolirte erste Assefforstelle »u besehen. Bewerber haben die in tz. 2 deS GerichtSver- faffungSgesetzeS gedachte Fähigkeit zun, Richteramte nachzu weisen und ihre Gesuch bis spätestens den I. Oktober dS. ÄS. bei uns cinzureichen. Leipzig, den 21. Juli 1881. DaS Polizei-Amt der Stadt Leipzig. I. V. Iunck, Pol.-Rath. Soncurrenr-Srössnmlg. Die Herstellung einer Hauptschlruhe im Schlöffe Pleiße« bürg allhier soll auf dem Wege der öffentlichen Loncurrenz an den Miudestsordernden, jedoch mit Vorbehalt der Auswahl unter den Bewerbern, vergeben werden. Blankei- hierzu können von heute an in dem ntltunterzeichneten Landbauamte (Pleißenburg) gegen Erstattung der Selbstkosten in Empfang geuommrn werden, und liegen dort auch di« näheren Be, diuguugea zur Einsicht auS. Die ausgefüllten und unterschriebenen BlanketS sind versiegelt und mit entsprechender Aufschrift versehen bis längstens «tttm-ch den 27. VS. Mts. Mittags 12 Uhr in dem Landbauamte abzugeben und können später eingehende Offerten nicht berücksichtigt werden. Leipzig, am 23. Juli 1881. »gl. Landbauamt unh kgl. vauverwalteret. Nauck. Schurig. Leipzig, 23. Juli. Unter der Ucbcrschrist: „Ein Wort an die ehemali gen Freiconservativcn" bringt die „Köln. Ztg." einen bcachtenSwcrthen Artikel, dem wir Folgendes entnehmen: Die freieonservative Partei, deren Entstehen auf gemäßigt liberaler Seite freudige Hoffnungen erweckte, deren eifrige Mit arbeit im Bunde mit den Nationalliberalen an der Gründung der BundeSvcrsaffung und dem Ausbau derselben, sowie an der preußi- scheu Reformgesetzgebung aus dem Buche der deutschen Geschichte nicht ausgelöscht werden wird — diese Partei ist, mag der Name noch kürzere oder längere Zeit bestehen bleiben, tobt. Ich glaube schwerlich, daß Gras Bethusy-Huc, der Bater der Partei, der sich von der politischen Bühne zurückgezogen hat, Freud« an dem Treiben seiner Nachfolger empfindet. Bor fünf Jahren schon glaubte man Anzeichen zu bemerken sür ein festes Zusammenschließen der Natio nalliberalen und Freiconservativen nach Abstoßung der äußersten Flügel nach links und rechts. Auch später noch schien eS wiederholt, als rückten wir diesem Ziele näher. Einen be deutenden Schritt nach dieser Richtung hin schienen wir end lich mit der Secession gemacht zu haben. Jetzt ist das vorbei eS giebt kein Pactiren mehr mit Leuten, die den vor noä gor nicht langer Zeit aus ihren Reihen ertönenden Schlachtru „Wider Janker und Pfaffen" so gründlich abgeschworen haben, daß fie auf hohen Befehl sich dazu hcrgebcn, mit den Junkern und Pfaffen ein Bündniß zu schließen und unter der verschämten Firma „anttsortschrittlich" auch die gemäßigsten Liberale» zu bekämpfen, an dem Einreißen von Allem mithelfen zu wollen, woran im Bunde «it den Liberalen gearbeitet zu haben sich die Partei früher zur höchsten Ehre rechnete. Dem gegenüber gtebt eS nur LinS. Wir freisinnigen Männer, die wir wenigstens theilwcise mit der freiconservativcn Partei mehr wmpathisirt haben als mit der nationalliberalen, mindestens so lange di« jetzigen Sccessionisten in derselben einen mit ihrer Zahl in keinem Berhältniß stehenden Einfluß übten, müssen nanmehr mit den Libe ralen aller Schattirungen fest zusammenhalte». Es wird mir nicht leicht, eS auSzusvrcchen, aber es geht nicht anders: wir müssen auch selbst die Fortschrittspartei bei den Wahlen unterstützen überall da — wvhlgemerkt, aber auch nur da — wo keiner von den Gemäßigten sichere Aussicht hat durchzukommen, geschweige denn da, wo die mindeste Befahr vorhanden ist, daß eine Zersplitterung der frei- sinnige« Stimmen einem der unter der „antisortschrittlichen" Fahne vereinigten Reactionaire zum Siege verhelfen würde. Es ändert nichts an der Sache, daß wir bei der Forischrüispartei aus Gegen dieuste nicht zu rechnen haben. Wir wählen im gegebenen Falle den Fortschrittler nicht auS Liebe zur Fortschrittspartei, sondern weil wir glauben, eine reactionaire ParlamentS-Majorität bringt unter Heu gegenwärtigen Zeitverhältnissen das Vaterland in Gefahr. Die Besvrgntß, daß die Wahlen eine reactionaire Mehrheit ergeben könnten, liegt nahe, während eine vom Fortschritt beherrschte Mehr heit nicht entfernt in Aussicht steht. Schließlich bemerkt der Verfasser, daß e» ihm, einem alten Anhänger de« Reichskanzler-, wehe thue, zu dieser Stellung nahm« gedrängt zu werden. „Allein, wir lassen uns da« theure Recht nicht rauben, selbstständig darüber zu denken, wa- dem Vaterlande heilsam ist und dem Resultat dieses Denkens durch den freien Gebrauch unseres Wahlrechts legitimen Ausdruck zu geben." Unfehlbar sei BiSmarck nicht er vergreise sich zuweilen in den Mitteln. Die „Nationalliberale Correspondenz" bemerkt dazu: „Zu einem Artikel der .Kölnischen Zeitung", in welchem rin „Frnconservativer" erklärt, daß nach dem Abschwenken der freiconservativen Partei zu den Reactionairen nichts weiter übrig bleibe, als. wo eS zur Sicherheit gegen emc reactionaire Wahl nothwendig sei, sür Fortschritts candidaten zu stimmen, bemerkt die srcessionistisch „Tnbüne": „Was wird die „Nationalliberal Eorrespondenz" dazu sagen, die keine andere Aufgabe zu kennen scheint, als die, täglich zum Haß und zur Mißstimmung unter den liberalen Fractionrn zu reizen?" Zu dieser Bemerkung der „Tribüne" haben wir zunächst nur zu sagen: eS ist unwahr, daß wir uns bemühen, zum Haß und zur Mißstimmung unter den liberalen Frak tionen zu reizen. Wir befinden uns lediglich in der Ber the idigu na, zumal wenn wir die sreundiich scheinende Zu mutbiing ablehnen, zur Bildung der „großen liberalen Partei" die Hand zu reiche». Der „Aibünc" und ihren FrcunArn werden wir da- wohl nicht erst näher zu erläutern brauchst; sie wissen jedenfalls so gut wie wir, wo bei diesem ganzen angeblichen Versöhnungsversuche der Hase im Pscl liegt. Auch dem „Freiconservativcn" der „Kölnischen t»»g" ist eS nicht in den Sinn gekommen, dafür einzutrekc Diese ganze Phrase von der einigen liberalen Partei hat iMr die Wirkung, den Punct, auf welchen eS ankomntt, nämlich eine Verständigung zur Hintanhaltung eines reactionairen Ausfalls der Wahlen, ui verdunkeln. Denn hier ist die Fortschrittspartei leider nicht zu sprechen. UnS ist lange klar, daß eü der Fortschritts partei nicht um eine liberale Mehrheit, sondern um möglichst viele fortschrittliche Stimmen zu tbnn ist, wenn eS anders M, dann fange die Fortschrittspartei endlich einm»l an. es zu beweisen. Vor der Hand kann uns der offene Ausruf zur BundeSgenoffenschast, welchen die „VolkSzeitung" an kaS Ecntrum richtet, und welchen die „Germania" beifällig aus- nimmt, in unserm Urtheil nur bestärken. Wenn cS ein Bornrtheil ist, um so bester! aber erst muffen wir eS 'ehen." In fortschrittlichen Blättern begegnen wir einer Aus lassung, welche mit sichtlicher Freude Len gegenwärtigen Rnck- ang deS zur Förderung des ArbeilerwohlcS vor einigen akren ins Leben gerufenen Vereins „Concordia" con- stalirt und dieser wohlgemeinten Institution ein baldiges seliges Einschlafen" wünscht. UnS scheint die große menscken- reundliche Aufgabe, sür welche unser Zeitalter alle seine Kräfte zu sammeln hat — die Lösung der „socialen Frage" — denn doch zu ernst und zu wichtig, als daß ein Unternehmen, welches daran zu seinem Thcile und in seiner Weise wacker milzuwirten bestimmt ist, mit so wvblsciler hämischer Schaden reute abgethan werden dürfte. Noch sind wir erst im Be zrifs. die ersten vorsichtigen Schritte auf dem Boden der ocialen Reformen zu thun, und in diesem Stadium ist z> i h Wille und lhatkräsliae Initiative daS Meiste wcrth. Tenn ohne die würde die Entwickelung der Dinge noch lange dem Gesetze der Trägheit überlassen bleiben, indcß daS Ucbcl und mit ihm die daraus für die Gesellschaft erwachsenden Ge ahren sich steigerten. Tie Ansichten über den richtigen Weg zur Abhülse wer den immer auScinandergehen; wenn man warten will, bis Alle darüber miteinander einig sind, dann kommt man nie zum Anfang und schließlich löst sich die „sociale Frage" ge waltsam und spart unö alles weitere Nachdenken. Daß ein muthiger Anfang gemacht und die Sache in Fluß gebracht ist, das ist ein Verdienst dcS Reichskanzlers, welche« dadurch nicht vermindert wird, daß die eingeschlagcnc Richtung Manchem wider den Strich geht. Der Verein „Eoucordia" bewegt sich mit seinen Bestrebungen in der gleichen Richtung und gerade darum möchten wir seine Erhaltung angelegentlichst wünschen. In den Händen de« Reichskanzlers wachsen sich die heilsamen Projccte unter der Einwirkung aller möglichen politischen Rücksichten alsbald zu Dimensionen auS, welche die Er reichung auch dcS Bescheideneren in Frage stellen. Kaum ist das UnsallvcrsicherungSgcsetz an seiner Unreife und an der Uebcrsülle schwieriger Probleme vorläufig gescheitert, da hat der Kanzler schon für die nächste Session als Lockmittel für die Wähler die Alters- und Invalitcnvcrsorgung in petto. Und doch ist bei dem Versuche socialer Re- ormen nichts gefährlicher, als Ucbcrstürzung. In dieser Hinsicht kann die Gefahr erheblich gemindert werden durch eine zielbewußte private VereinSthätigleit, welche der Gesetzgebung parallel läuft, welche beständige Fühlung mit derselben hat, gleichsam als vermittelndes Glied zwischen dem Gesetzgeber und der industriellen Bevölkerung Erfah rungen und Ermittelungen als Grundlage sür jedes fernere Vorgehen zu bieten vermag und umgekehrt der Gesetzgebung bei Arbeitgebern und Arbcttern empfänglichen Boden schasst; die vor allen Dingen da, wo der Gesetzgebung einmal unvor hergesehene Schwierigkeiten in den Weg kommen, mit ihrer stillen Wirksamkeit im Sinn und Geiste des ganzen Systems einzutrcten im Stande ist. Es ist ja nur natürlich, daß, so lange der Meinungsstreit über die entscheidenden Principien- sragcn noch nicht geschlichtet ist, sür ei» freies gemeinsames Wirken zur sogenannten „positiven Bekämpfung der Social- denivkratie" die Bedingungen nicht günstig sind. Wir zweifeln aber nicht, daß die Ziele deS in Rede stehenden Vereins wohl geeignet sind, künftig Viele von Dcw jcnigcn wieder zusammen zu führen, deren Wege sich gegen wärtig trennen. Daß der Verein in der kurzen Zeit seines Bestehens mannigfach Gelegenheit hatte, zur Förderung deS Wohles der Arbeiter eine erfolgreiche Thattgkeit zu entfallen geht au- dem in der Verein-Versammlung vom IS. v. Mls erstatteten Jahresbericht hervor, welcher übrigens trotz der Ungunst der Zeilvcrhältniffc eine Zunahme der Mitglieder zahl von 1268 auf 1725 verzeichnen konnte. feindlichen Presse ^'en^k diese Dmg ^ und der war auch ein gutes alle diesc Vorwürfe KricgSministcr hätte sich ben s - ^ pjx neueste durch d.e Tbat Z" widerlegen, woz»^ war. aber algerische Afsaire die ^ Sacke er chien und °°» L°ü LL« RL 7S L'm'LL'LL?« LA LÄM Kein größeres Heer war in Stand gesetzt, um energisch em- mqrcnen. keine Macht war vorhanden, um dcn von den arau- sainen Arabern versolgtcn Colonistcn den nöthigen Schutz anaekeibm In lasten. Und heut- lesen nur, dag der General Es dürfte Niemanden überraschen, wenn der französisch! Krieg-minister General Farre demnächst sür rei zum Abdanken erklärt würde, kenn eS stellt sich nunmehr immer deutlicher heran-, daß derselbe nicht im Stanke ist, die kolossalen Mittel, die ihm Frankreich zur Organisation seine- Kriegswesen- in die Hand gegeben hat, in der Weise anznwenden, wie man von ihm erwarten mußte. Nachdem die Franzosen einmal mit Leboeus und Genoffen so traurige Erfahrungen gemacht, werden sie um so weniger gesonnen sein, daS militairische Regiment noch lange in der Hand eine- Manne- zu lasten, der schon so manche Probe von Tüchtig keit abzulegen Gelegenheit hatte, von dem man aber noch keine hervorragende Leistung benierkt hat, eS müßte denn der gelungene Trüppenausmarsch bei der Revue am National- sest des 14. Juli al» eine solche betrachtet werden. Es wird behauptet, wenn Frankreich heule wieder in einen großen Krieg verwickelt würde, so würde man die selbe Unordnung vorfinden, wie im Jahre 1870. Es mag dabei viel Uebertreibung sein, allein eS mußte in der Thai Jedermann aussallen, daß beim Beginn der tunesischen Erpe ditivn eine ziemlich großartige Unordnung in den französischer Anstalten zur Uebersetzung der Truppen nach Afrika zu be merken war. Auch drüben wollte cS anfangs nicht recht bereitet. Während dieser Zeit also - - Amcma ungestört sengen und brennen, Colomstcn m,t Leib und Kind morden oder in die Sklaverei schleppen tonnen, bi« endlich sich größere Heersäulen gegen ihn m Bewegung setzen Man sprach von 120,000 Mann, die m Algier au,gepellt werden sollten, aber bis jetzt scheint davon noch keine Rede u sein. , Durch diese Nachlässigkeiten ist zweierlei geschehen: zunächst sind viele Colonisten. namentlich Spanier, die aus den Anpflanzungen arbeiteten, ermordet oder m die Gefangen schaft abgesübrl und mit den Alsapflanzungcn sind grogartige Wcrthe zerstört worden. ES ist begreiflich, daß unler den spanischen Eolouisten eine furchtbare Erbitterung gegen die ranzösischc Verwaltung herrscht, weil man überzeugt ist, dag bei einiger Umsicht und Thäliakeit das Unglück hätte abgc- webrt öder wenigstens beschränkt werden können. — Sodann müssen alle die Projekte. Mittelafrika dein europäischen Ver kehr zu erschließen, nuninchr aus lange Zeit vertagt werden. ES wäre in der That sür den europäischen Handel, zumal in der gegenwärtigen Periode, von unberechenbarem Werthc gewesen,' wenn die Schätze Mittclafrikaö erschlossen worden wären. Nun ist an all die Ideen und Versuche, wie ein rckcrer Verkehr durch die große Wüste Sahara herznslellcn sei, vorläufig nicht »ichr zu denke», denn zunächst muß Bu- Aniema bezwungen werden, und dieö ist keine so leichte Sacke mebr, da der von ihm geleitete Aufstand an Uin- ang immer noch gewinnt und die Kabylc» bekannllich »ilt einer Zähigkeit und Hartnäckigkeit kämpfen, die auch eine,» ganz' wacker bewaffneten europäischen Heere viel zu schassen machen dürfte. Man glaubte endlich die Zeit erreicht zu haben, da eS möglich wäre, die schönffe Frucht der französischen Eroberungen in Afrika, nämlich die Erschließung deS innerasrikaniscken Verkehr-, zu pflücken. Nun kommt Bu-A»,cma und die Lässigkeit der französischen Ver waltung crniöglichl eö ihm, alle civilisalorischen Pläne vor läufig zu durchkreuzen und Frankreich im Schach zu halten. Man sieht, die Gespensterseher, welche stets aus die dro hende militairische Ucbermacht Frankreichs deuten, sind aus alscher Fäbrtc, denn wenn noch nicht einmal Bu Amema unschädlich gemacht werden konnte, so wird sich daS Deutsche Reick bedeutend weniger zu fürchten haben. — Der Herr KricgSminister General Farre dürste übrigens nicht mehr lange aus seinem Posten sein. Aehnliche Vorfälle, wenn auch in kleineren, Maßstabe, haben seine Stellung längst tief er schüttert und er wird offenbar nur noch so länge bleiben, bis eS Ganibctta für „opportun" hält, ihn fallen zu lassen. In maßgebenden Kreisen wird die seit Kurzem veränderte Wahlstrategie deS CentrumS sehr bemerkt. Indem der Abg. Windthorst eS sich vorbebält, der Fortschrittspartei und den Sccessionisten mehr Avancen zu machen als den Conscrvativen und wohlbenicrkt nur denen von der Farbe Klcist-Rctzow, will er ans den Fürsten BiSmarck einen Druck in der Richtung auSüben, daß derselbe concessionSluftiger ge stimmt werde. Ob eS ein geeignete- Mittel zu dickem Zwecke ist, daß der bekannte Cardinal Hergcnröther sich unter- handlunqSbesiisscn im Hintergründe der Kissinger Couliffen zeigt, ist allerdings fraglich. Fürst Bismarck 'versiebt denn doch noch die Kunst etwas bester, dem Gegner den hcißver- langten Gegenstand verlockend zu zeigen und 'ibn dann wieder verschwinden zu lassen, wie die n'euliche Reise de« Herrn v. Goßler wieder einmal bewiesen. So unangenehm, wie behauptet wird, war c« dein Kanzler deshalb wohl nicht, daß die evangelische Orthodoxie, .Kreuzzeitung" und „Reichsbote" voran über die jüngste Encyclika des PapsteS in Hellen Zorn gerietst und die Siegeszuversicht deS EentrumS einigermaßen dämpste. Freilich hatte diese lutherische Erregung, wie sie die llttramontanen nennen, andererseits auch den Ersola. für Herrn Windthorst Warnungen vor den Eonservativen in den maggebenden Kreisen des Centrum» da» bereiteste Verständnis zu schassen und Herrn Eremer mit seiner Action gänzlich '^ese Schwenkung deS CentrumS b^ /'e nirgend» so deutlich in die Erscheinung als >n dem durch den bekannten geistlichen Rath Müller- v' ^ trotteten Märkischen Sirchenblatte. In der Nummer dieses Blattes vom 2. Juli heißt eS noch unter Berlin: Mitzversiandiiissen begegnet eS. daß unsere Katholiken in Be- ^ "ücbsten Reichstag-Wahlen mit den Eonservativen der ^b«7ler's,i.«^^^^''' Mißverständnisse werden aoer libcralcrseiis geschaffen und gepflegt, einmal um be- ^,er i?" ^ ll'nge im Centrum ebenso zänkisch v.. ^ ,'d"cn, dann aber um mittelbar zu zeigen daß w rllick emaetr-t-n^?''^''''^''?^ Spaltungen im Sentrun, >>->rit,H eingctreten seren ... aber auch Katboliken beißt B-Ainn ^ Mißverständnisse darüber^ als Berliner Eompromiffe emc veränderte Wahllactik dcc Ecntrum» Ignalisirten. Diesen sei mitgetheilt, waS der Abg. Müller-- Llek vor Wochen schon im Berliner Centrumsverein er klärte. Er hob nämlich hervor, wie daö Zusammen gehen von Katholiken und Eonservativen in Berlin ursprünglich nur im Zusammengehen von Handwerkern war, und zwar für einen besonderen Zweck :c. rc. —" Hieran- geht doch aber klar hervor, daß man damals noch durchaus nicht abgeneigt war. in Wahlcompromiffen mit den Confer- vativen zu machen. Und nun höre nian, wie cS in demselben Ccntrumsblatt in der Nummer vom 16. Juli heißt, nachdem der geistliche Rath Müller in Schlesien zum Parteitag ge wesen: „Eine „Spaltung der Katholiken", so läßt er sich chreiben, wird namentlich von sogenannten Eonservativen (!) in Wort und Schrift so freundlich besprochen, als ob dabei einer ihrer Herzenswiinscke sich erfülle. DaS giebt un» hin länglich genug Weisung, dem Mißkauen Rechnung zu lasten, da« wir nicht eher praktisch machen wollten, bis wir genau wußten, ob wir wieder nur Opfer eiusetzten und Worte statt Tbaten für LaS wahre Freiwerden der Kirche ernten sollten." Man wird zugestehen müssen, daß diese Schwenkung für die kurze Zeit vom 2. bis zum 16. Juli eine ganz paffastle ist. Mit anerkennenswerther Offenheit gesteht jetzt d>e ReichS- regierung selber zu, daß e- der ttnsallversicherung.S- vörlage der letzten ReichStagssession am Rückgrat, an der unumgänglichen statistischen Durcharbeitung, gefehlt hat, und daß gar nichts Bessere« geschehen konnte als geschehen ist, nämlich die Ablehnung deS Entwurfs. Jetzt soll da» Ber äumte nachgeholt und «ne Unfallstatistik nck koe geschafft werden, um über die Berechnung der Prämien Klarheit zu chaffcn. Daß die Bundesregierungen cingeladen worden ind, die erforderlichen Schritte zu thun, ist bereits gemeldet! Bei dieser Gelegenheit fällt aber auch einige» Licht auf de« Arbeitsplan der nächsten Reichstagssession. Da die bezüglichem tatistischcn Ermittelungen erst in der ersten Woche de- December cinzulicfrrn sind, und da sie noch in den revidirtea UnsallversicherungSenlwurf hineingearbcitet werden sollen, so verzichtet folgerecht Fürst Bismarck daraus, den Reichstag chon in der ersten Hälfte seiner Session, die im November beginnen dürste, mit der wichtigen Vorlage zu befassen. Die selbe wird vielmehr erst eingebracht werden, nachdem in der Zwischenzeit der preußische Landtag seine dringendsten Arbeite« erledigt hat und der Eoncentrirung de» Reichstage« «ms die Socialgesetzgebung kein äußeres Hindcrniß, etwa au- de« Zusamnicutagen der beiden Körperschaften entstehend, ent» gegcntritt. Die Nachricht, daß verschiedene ArmeecorpS-Com- mandante« wegen zunehmenden NlterS ihren Abschied er beten hätten, wird unS jetzt von unterrichteter Seite als iw dieser Form nicht ganz zutreffend bezeichnet. Dagegen wird cS für sehr wohl möglich gehalten, daß die CorpS-Eommandcure Graf Stolberg, v. Tümpling, v. Barnekow und vielleicht auch von Pape sich im Lause, wenn auch nicht der nächsten Zeit, doch deS nächsten Jahres zu einem derartigen Schritt entschließen werden. Bon den signalisirten Aenderungen in der holccren Admiralität, wo angeblich Herr v. Stosch seinen Platz dem Contre-Admiral Balsch cinräumrn, für sich selber aber die Stelle eine- General-Inspecteurö der Marine neu crciren wollte, ist cS wieder still geworden, nachdem sich berauSgesteltt. daß hier nur ein Fühler von einer dem Marine-Minister nicht gerade freundlich gesinnten Seite auS» gestreckt war. Ebaraktcristisck für die Deutsch - Eonservativen Mecklenburgs ist, daß sie als den geeignetsten Agitator sür ihre Zwecke Herrn Per rot gehalten und ihn sich ver schrieben haben, den Verfasser der berüchtigten Aera-Artikel der .Kreuzzeitung", welche Fürst BiSmarck in der ReichstaqS- sitzung vom S. Februar 1876 nicht stark genug brandmarken konnte. Der Abg. Witte (Rostock) hob diese Thatsache in einer Versammlung zu GreveSmühlen am Sonnabend gebührend hervor. Ein Kammerherr v. Plesscn ließ sich darauf zu beleidigenden Angriffen ans Herrn 1)r. Witte binreißen, welche dieser in ruhiger und würdiger Weise zurückwieS. E» wirkte dieser Vorgang in entgegengesetztem Sinne, al- der kon servative Unterbrecher beabsichtigt hatte: die Versammlung sprach mit überwältigender Mehrheit Herrn vr. Witte ihren Dank und ihr Vertrauen auS und erklärte ihn aus- Reue zum ReichötagScandidaten. Ueber die Absichten der österreichischen NntcrrichtS- derwaltuug betreffs der Verhältnisse an der Prager Uni versität wird ossiciv» gemeldet: „Tie letzten bedauerlichen Ereignisse an der Prager Universität, welche auf ein ffrncreS friedliche« und gedeihliches Zusammenwirken sowohl der Prosefforcn al» auch der Studenten beider Nationalitäten jetzt weniger als je zuvor rechnen lasten, haben den Gedanken angeregt, in welcher Weise diesen Verhältnissen für da- nächste Semester Rechnung getragen werden solle, da bekanntlich da» Gesetz über die Errichtung der czechischen Universität in der letzten Session nicht zu Stande kam und kaum vor Oktober zu Stande kommen dürste. Man will daher schon jetzt, provi sorisch wenigstens, sür eine räumliche Trennung der deutschen und czechischen Elemente an der Alma mutor Ourolinn Vorsorgen. Es werden deshalb schon jetzt so viele Professoren an der juridischen und philosophischen Facultät mit czechischer Vor- tragöspracbe ernannt werden, daß wenigsten« m den Haupt fächern je ein Collegium für Deutsch« und Czcchcn bereits zu Beginn des kommenden StudienjabreS 188K82 zu Stand« kommen kann. Es sind also in nächster Zeit noch fernere Ernennungen von Professoren mit czeckischer BortragSfprachc zu gewärtigen." AnS dem OsficiöS« Czechischen in- Deutsche übersetzt, bedeutet die« die vollstän dige zweisprachige Gestaltung der Prager Universität. Ist die» durckgesührt, dann haben die Ezechen nicht da- mindeste Iateresse an der Zweitheclung der Universität, und sie werden sich hüten, die» zu fordern, denn dann sind sie die Herren der Errolo-Ferdinanvca. Von Neuem kommen unheimliche Nachrichten aus Ruß land. Man sperrt angebliche Nihilisten ein, auS denen kein Geständniß herauszubringen ist, dafür aber findet man täglich die Leichen von DetectiveS an Bäumen hängend oder w der Newa treibend. Auch soll Gras Ignatiefs seit Kurzem in den Besitz einiger Drohbriefe gekommen sein, welche ihm ein baldige» End« in Aussicht stellen. Alle Rüh rigkeit und Geschäftigkeit Ignatiefs'« ist außer Stande, da» Vertrauen zu erwecken, daß er r» mit dem Volke gut meine, und der Zar selbst soll ganz erstaunt sein über die Unfähig keit, welche Jgnalieff in der Fübruna der inneren Angelegen heiten bekundet. ES wäre demnach nicht unmöglich, daß wieder bei LoriS-Melikofs Zuflucht gesucht wird^
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