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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188107246
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810724
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-07
- Tag1881-07-24
- Monat1881-07
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1881
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Erscheint täglich früh 6^/, Uhr. Nktaction und LrpkdMo» JohanneSgnsse 33. AprtchKnndru -rr Ufdactiou: Vormittags 10—18 Uyr. Nachmittag» 4—6 Uhr. tzttr die Rirckqa^ cin^ksundter Mannicvivte macht stch nicht verdiadUch An»«tzme »er sir »te nächfts«l«ende Nummer bestimmtcu Inserate an Wochentageu »iS :t Uhr Nachmittags, an kann« »u» Festtage» früh »iS Uhr. 2« -rn chUialrn siir Ins.-Ännatsme-. Qtta Klemm, UniverütStSstrabe 32, LoutS Löscht, Kaiharinenstraße 16, p. »ur »i« ,,r Uhr. NWM TilgMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichtr, Handels- «nd Geschüstsverkehr. Auflage L«,»S0. Abonnnnentipreia viertelj. 4'/, i«l. «rmgerloha » VN» durch die »oft be»ogea 6 VN. Jede einzelne Nummer 2ü Pf. Belrgeremplar 10 Pf. Erbühren für Extrabeilage» ohue Postbesörderung 39 ML »it PostoesSrderung 48 VN. Inserate Laespaltene Petitzeile SO Pf. Größer« Schriften laut uasrrem Preis, verzeichniß. Tabellarischer Ha» nach HSHerr» Tarif. Leclamcn unter den Uedacti«n»strutz die Spaltzeil« 50 Pf. Inserate fiad stets an die «rtzedttian ju jeaden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praamimeraiuio oder durch Post nachnahme. 2VS. Sonntag den 24. Juli 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die staatliche Einkommensteuer bete. In Gemäßheit dcS FinanzgcsctzcS vom 8. März vorigen IahrcS und der Ausführungsverordnung dazu von demselvcn Tage ist der zweite Termin der diesjährigen StaalScinkommen- steuer am IS. Juli diese» Jahre» z« einem Dritttheile de» Gesammtbetraqe» fällig Die hierorts Steuerpflichtigen werke» deshalb ausgcfordert, ibre Steuerbclräge ungesäumt und spätestens binnen drei Wochen, von dem Termin ab gerechnet, an unsere Stadt- Steuereinnahme. Brühl 51, 2. Stoch bei Vermeidung der nach Ablaus dieser Frist gegen die Säumigen eintretenden gesetzlichen Maßnahme» abzusührcn. Leipzig, den 6. Juli 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Bekanntmachung, die Beiträge znr Handel»- und Gewerbekammer betreffend. Mit dem am 13. Jnli diese» Jahre» fälligen zweiten Termine der staatlichen Einkommensteuer ist zu Folge ergangener Verordnung dcS Königlichen Finanz ministeriums vom I. vorigen MonatS bchufS Deckung des Aufwandes der hiesigen Handels» und Gewerbekam mcr von den betheiligten Handel- und Gewerbetreibenden ein Beitrag für die Handelskammer «ach Höhe von Bier Pfennigen und für die Gewerbekammer «ach Höhe von Zwei Pfennigen auf jede Mark desjenigen Steuersatzes, welcher nach der im Eikommensteuergesctze enthaltenen Scala auf da- in Spalte ä. dcS Einkommenstenerkatasters eingestellte Einkommen der Bei tragspflichtigen entfällt, zu erheben. Diese Bekanntmachung gilt als legale Benachrichtigung der Beitragspflichtigen. Ten betheiligten Steueiwflichtigen wird bei Abführung der Einkommensteuer an der Einnahmestclle Erüfjimny über den entfallenden Betrag gemacht iverden. eS ist ihnen jkvock auch unbenommen, gedachten Beitrag sich von heule ab an Ein nahmestelle bekannt machen zu lasten. Der Betrag ist binnen drei Wochen, von dem Ter mine ab gerechnet, an unsere Stadk-Steucreinnahme, bei Vermeidung der sonst cintrctcnden gesetzlichen Maßnahmen, abzuführen. Leipzig, den 3. Juli 188l. Der Rath der Stadt Leipzig. Or. Georgi. Koch. Bekanntmachung, die katholische Ktrchenanlage betr. Zur Deckung deS Bedarfs für die römisch-katholischen Kirchen der Erblande ist für taS laufende Jahr eine Parochial- anlage nach Maßgabe der Verordnung vom 4. April 1879 in Höhe von Zwanzig Pfennige« von jeder Mark de» normal- mäßigen Einkommensteuersatze» am 13. Juli diese» Jahre» zu erheben. Die hierzu beitragspflichtigen katholischen Glaubensgenossen werden andurch aufgcsordcrt, ihre ZahlungSpflicht bei unserer Stadt-Stcuercinnahme. Brühl 51, binnen drei Wochen, von dem Termine ab gerechnet, zu erfüllen, widrigenfalls nach Ablauf dieser Frist gegen die Restanten das vorgeschricbene Beitreibung-verfahren einzuleiten ist. Leipzig, den k. Juli 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Bekanntmachung. AuS Anlaß der Vorstellungen dcS Herrn Blondin im Neuen Schützenhause wird der vom Nvsenthale dorthin führende Fußweg aus der Strecke von dem Stege über die Elster bis an daS Neue SchützcnhauS an leigenden Tagen, nämlich: Sonntag, den 24. diese» Monat-, Dienstag, den 26. diese- MonatS, Freitag, de» 29. dieses Monats, und Sonntag, den 3t. dieses MonatS, »nd zwar an jedem dieser Tage während der Nachmittags stunden von 4 bis 8 Uhr für daS die odengedachlen Vor stellungen nicht besuchende Publicum gesperrt Leipzig, dm 22. Juli >881. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Tröndlin. Harrwitz. Bekanntmachung. Die neubegründetc Stelle deS zweiten Diakon«» an der diesigen Petrr»kirche soll baldigst besetzt werden. Wir bitten Gesuche um diese Stelle, welche mit einem Gehalte von jährlich 3150 Mark und 600 Mark WohnungS- entschädiguna verbunden ist. unter Beifügung der Zeugnisse bi- »um 6. August dss. IS. bei un» cinzureichen. Leipzig, den 19. Juli 1881. Drr Rath der Stabt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. Bekanntmachung. Am 10. vor. MtS. ist eine kurze goldene »weifträuatge Damen «hrlette mit Quasten nnd «ürtelkiaken bel emem hiesigen Goldwaarenhündler von einem jungen Menschen zum Kaufe auö- geboten und nachträglich im Stiche gelassen worden. Wahrscheinlich ist die Kette ei» OiebstahlSobject und fordern wir den unbekannten Sigenthllmer derselben auf, sich ungesäumt in »nserem Lommissariat z» melden. Leipzig, am 23. Juli 1881. Da» Polizei-««» »er «ladt Leipzig i. r. Junck, Pollzei-Rath. Kneschke. I parlamentarische Svstcm in der strengen Weise, wie etwa m . „ I England oder Belgien, zur Anwendung bringen zu Durch unsere Bekanntmachung vom 6. August v. I. sind I wollen. Es würde dazu auch auf absehbare Zeit hinan- an A damals aufgckommenen Gas-Spar-Apparate ihrer Gefährlichkeit wegen verboten worden. Nachdem jedoch die Fabrikanten solcher Apparate, Herren Mansfeld <L Jsclcr in Reudnitz, Verbesserungen daran an gebracht und sich erboten haben, die Füllung selbst zu besorgen, wodurch die in dem unvorsichtigen und ungeschickten Umgehen mit dem Füllmaterial liegende bauplsächlichste Gefahr ver mieden wird, so haben wir aus Grund von Gutachten Sach verständiger den Herren ManSseld <L Jscter die Verwendung der gedachten Apparate unter den zu Vermeidung von UnglückSsällcn nölhigcn Beschränkungen bis aus Widerruf gestattet. Indem wir Dies hierdurch bekannt machen, verfügen wir zu Jedermanns Nachachtung Folgendes: 1. Die Apparate werden als Bestcmdtheile der GaS- einricktungen angesehen, und cS finden daher alle über die Gasleitungen und deren Controle bestehenden oder noch zu treffenden Bestimmungen, insbesondere daS Regulativ über Ausführung von Gaürohrleitungen und GasbeleucktuiigS- anlagen vom 2. März 1863 aus die Apparate volle An wendung. 2. Veränderungen an den Apparaten dürfen ohne be sondere Erlaubniß der Dircction der Gasanstalt nicht vor- genommen werden. 8. Apparate, welche mehr als 5 Liter Füllmaterial fasten, dürfen nur in Localen ansgestellt werden, in welchen so viele Gasflammen angebracht sind, daß 5 Liter Füllmaterial für einen Abend nicht auSreichen. Apparate von mehr atS 10 Liier Inhalt dürfen nicht verwendet werden. 4. Die Apparate dürfen nur in Räumen ausgestellt werden, welche vom Tageslicht erhellt sind und durch Fenster oder sonstige Ocffmingcn gut vcntilirt werken können. Oefcn oder andere FcucrunaSanlagcn dürfen in der Nähe der Apparate sich nicht befinden.' 3. Die Füllung der Apparate, daS Ablasten deS in den selben stch sammelnden Da>icrS, sowie die Oessnung der in der Regel verschlossene» Blcchkapsel, welche das FlüssigkeitS- StandglaS umgiebt, darf nur von den Herren ManSseld ch Jscler, oder deren von ihnen zu vertretenden Beauftragten vorgcnommen werden. P. DaS Füllmaterial darf weder in den Räumen oder den Gebäuden, worin die Apparate stehe», ausbewahrt tverden, noch überhaupt in Gewahrsam der Inhaber der Apparate stch befinden, ist vielmehr von den die Füllung besorgenden Personen jedeSmal mit zur Stelle zu bringen. 7. Die besonder« im Winter nöthige Erwärmung der Apparate darf niemals mittels Flamme geschehe», sondern nur durch erwärmte, um die Apparate zu stellende Ziegelsteine, von denen jederzeit 2 bis 3 Stück bei jedem Apparate bereit gehalten werden wüsten. R. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder Hast bis zu 14 Tagen geahndet werden. ». Die Rücknahme beziehentlich Versagung der Erlaubniß zum Anbringen und zur Benutzung von Gaö-Spar-Apparaten bleibt nicht nur im Allgemeinen vorbebalten. sondern auch be züglich einzelner Personen oder Räumlichkeiten, welche zu Bedenken Veranlassung geben. Leipzig, am 6. Juic >581. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. EickoriuS. Loncurrenr-Lrö§nung. Die Herstellung einer Hanptschleuste im Schlosse Pleißcn bürg allhier soll aus de», Wege der öffentlichen Concurrcnz an dcn Mindestsorderndc», jedoch mit Vorbehalt der Auswahl unter den Bewerbern, vergeben werden. BlanketS hier»» können von heute an in dem mitunterzcichnetcn Landbauamte (Pleißenbiirg) gegen Erstattung der Selbstkosten in Einpsang genommen werden, und liegen dort auch die näheren Be dingnngcn zur Einsicht aus. Die ausgesüllten und unterschriebenen BlanketS sind versiegelt und mit entsprechender Aufschrift versehen bis längstens Mittwoch den 27. ds. MtS. Mittags 12 Uhr in dem Landbauamte abzugeben und könne» später eingehende Offerten nicht berücksichtigt werden. Leipzig, am 23. Juli 1881. Sgl. Landvauamt und kgl. Vauvermalteret. Nauck. Schurig. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 24. Juli. In dem Vernichtungskriege, welchen die konservative und die dem Reichskanzler nahestehende Presse gegen den Libe ralismus zu führen sich bemüht, scheinen uns die von unseren Gegnern »nt Vorliebe angewcnbclcn rein persönlichen Angriffe am wenigsten der Beachtung zu bedürfen. Diese Angriffe find entweder von so niedriger Gehässigkeit, daß der Leser sich ohne Weitere- mit Widerwillen von ihnen abwendct, oder von so offenkundiger Unwahrheit und Abgeschmacktheit, daß jedes Wort der Widerlegung Verschwendung wäre. Mehr Glück haben in gewissen Leserkreisen allem Anscheine nach die allgemeinen Tiraken gegen den „Parlamentarismus." Solche fremdsprachige Ausdrücke sind ja für eine gewissem lose Agitation nicht selten ganz besonder« geeignet, i» um gebildeten und urtheilslosen Köpfen die ungeheuerlichste» Vor stellungen zu erwecken. Und so kann man denn auch täglich in der officiösen und -konservativen Presse Darstellungen lesen, in »velchen der Nachweis versucht wird, daß eS stch vei Dem, waS man unter dem Begriffe „Parlamentarismus" zusammen saßt, in Wahrheit um rein, revylntionairc, die Grundlagen der monarchischen Ordnung anseindende Bestrebungen handle. Dabei verwahrt man sich freilich feierlich gegen den Verdacht. >lS ob man dir verfassungsmäßigen Rechte der Volksvertretung zu beeinträchtigen oder auch nur in Frage zu stellen beabsichtige. Aber da- Verlangen nach der „parlamentarischen Negierung", d. h. „jene bekannte Forderung der Liberalen", daß da- Ministerium der jeweiligen parlamentarischen Majorität ent- noinmcu werde nnd nach den Beschlüssen dieser Majorität regiere — DaS sei eS. wgS man bekämpfen müsse. Mer ehrlich urthcilt. weiß, Laß Die« rin Kamps gegen Wmd- mühlcn ist. In dem Bereich« gemäßigt-liberaler Anschauungen in Deutschland ist eS noch keinem praktischen Politiker, ge. schweige denn einer ganzen Partei, eingefallen, bei un» Ka der ersten und unerläßlichsten Bedingung, einer festen und in ich möglichst gleichartigen parlamentarischen Mehrheit fehlen. So lange in unseren großen Volksvertretungen eine mit dem Wesen de« modernen Staates so schlechterdings unvereinbare Partei, wie daS ultramontaneCentrum, sorlbesteht, ist an eine gesunde Entwickelung unserer parlamentarischen Ver hältnisse überhaupt nicht zu denken. Aber auch wenn sie verschwunden wäre, würde die eigenthümliche Zersplitterung unseres ParteiwcscnS, welche theilS unserem Volkscharakter, theilS den Nachwirkungen unserer staatlichen Vergangenheit, theil« persönlichen Antagonismen entstammt, der Zusammen, schließung aller parlamentarischen Kräfte zu zwei compacten, m sich homogenen Parteien noch lange im Wege stehen. Noch aus lange Zeit hinan- wird im Reichstage wie im preußischen Abgordnetenhanse eine Majorität nur durch eine Eoalikion verschiedener Parteien zu Stande kommen können. Von der Einführung der „parlamentarischen Regierung", wie die« Wort gewöhnlich verstanden wird, in Deutschland kann also in einer nüchternen, lediglich auf praktisch erreich bare Ziele sich richtenden Erörterung keine. Rede fein. WaS aber verlangt werden muß, ist Diese«, daß die Regierung die dcn bauernden Zwecken der Reichs- und Staatspolitik am besten entsprechende Partci- eoalition fördere und mit dieser so gewonnenen Mehrheit sich Uber dcn im Allgemeinen einzu- hallenden Weg vertrauensvoll verständige. Bisher, und gerade in den letzten Jahren, ist das Gegentbeil geschehen. Jene Eoalttion aller gemäßigten und streng national- gesinnten Elemente, welche während des ersten Jahrzehnts nach 1866 bestand, hat man nicht ohne eine gewisse Absichtlichkeit zertrümmert. Von einer vertrauensvollen Verständigung über dcn gesummten Gang der Politik war ohnehin nie die Rede. Statt besten verlangt Fürst BiSmarck eine Mehrheit, die sich allen, auch den unberechenbarsten Sprünge» seiner Politik jederzeit bereitwilligst anpaßt; das Parlament soll ihm ent weder ein stet» gefügiges Werkzeug sein oder cS gilt ihm als Feind, der bckämpst werden muß. Begreiflich, daß bei solcher Anschauung die Preßsoldaten deS Kanzlers den Standpunkt Derjenigen, welche der Volks vertretung die selbstständige Stellung eine» gleichberechtigten FactorS der Gesetzgebung mit dem Verständigung gesucht r.rben muß, auch in der Prari« gewahrt wissen wollen, als einen höchst verderblichen „Parlamentarismus" verdammen. Jndeß, wir sind keinen Augenblick in Zweifel darüber, ans welche Seite die große Mehrheit des oeutschcn Volkes sich schlagen wird, sobald cS nur die Sache im rechten Lichte betrachtet. Die uzehrsach laut gewordene Auffassung wird unS als eine nicht ganz richtige bezeichnet, nach welcher auf den Slaats- secretair deS Auswärtige», Grafen Hatzfeldt, die Ver mittelung deS Verkehrs zwischen den Re ichöäm lern und den Einzel st aalen in derselben Weise übcrgcgangen sei, wie sic vor Jahresfrist snr den damaligen intcrinnstischcn StaatSsccrctair im Auswärtigen Amt. den Fürsten Hohen lohe, angeordnet worden war. Man hat bereit- allerlei Schlüsse aus die hierdurch berührte Stellung dcS Herrn von Bötticher gezogen nnd Friclionen zwilchen ihm und dem Grasen Hatzwldl in Aussicht gestellt. Wie die Dinge thal sächlich liegen, sind solche Befürchtungen grundlos. Allerdings besteht jene Anordnung formell noch fort; wenn man sich in dessen ibrcS Ursprung» erinnert, so kann inan nicht im Zweifel sein, daß sie weder einen dauernden Charakter haben, noch überhaupt jemals stricl ausgeführt werden sollte. Sie war der Ausdruck deS UnmutbS und ein Aet der Temüthigung gegen über dem Minister Hofmann, besten Position dein, Fürsten BiSmarck erschüttert war und der kurz vorher in der Frage der neuen Orthographie sich dem Herrn v.Puttkamer gefälliger erwiesen hatte, als cS dem Reichskanzler gencbm war. Sie traf nebenbei auch den Vicckanzler Grasen Stolberg recht empfindlich, der darin eine Ucdergchuna seiner amtlicken Stellung sehen mußte und vielleicht auch sehen sollte. In zwischen ist aber Herr v. Bötticher als Generalstellverlreter deS Fürsten BiSmarck in eine Stellung eingerückt, wie sie Herr Hofmann nie besessen und die eine Abhängigkeit vom Auswärtigen Amt, sei eS auch nur formeller Natur, schwer zulässig erscheinen lasten dürste. Man hält eS allerdings in unterrichteten Kreisen für anSgescblosten, daß die Uebermitte- lung deS amtlichen SchriftenverkchrS zwischen dem Reich und den Einzclstaatcn dem Grafen Hatzfel dt formell genommen wird. Aber man glaubt, daß die bezügliche Anordnung durch Nichtübung stillschweigend wieder außer Kraft treten werde, wie daS schon mit manchen Verfügungen deS Reichskanzler« unv selbst mit ganzen organischen Instituten geschehen, die er geschaffen. Mil welchen Hoffnungen ist nicht die Errichtung einer Bjcekanzlerschcist begrüßt worden; und nun, wo mildem Träger oieser Stelle, eben dem Grafen Stolberg. die Stelle selber verschwunden, erscheint eS. a>- ob sie nie dagcwescn. Auch die viel berufenen Ministcrconserenzen, welche die neu« Geschäftsordnung deS BunveSrath» in Aussicht nahm, sie gehören in dieselbe Reihe der Betrachtungen; denn sic sind ein Wort obnc Inhalt geblieben, ein Versprechen, daS sich nicht erfüllt hat! Allgemein ist wohl die neuliche ossiciösc Ver dächtigung gegen die preußischen „Minister, welche mit den Nationcillikeralen conspirirten und in Folge besten im Sommer 1878 argen die RcichStagSauflösung stimmten", aus Herrn Hobrccht bezogen worden, von dem eS schon längst bekannt war, daß er damals im Ministerrath sich der vor- geschlagenen Auflösung widersetzt hatte. Tie Deutung ist richtig, aber sie ist nicht erschöpfend. Wir sind in der Lage, mitzubeilcu, daß neben dem Finanzminister Hobrecht auch die Grasen Stolberg und Eulen bürg damals sich gegen den Gedanken de« Fürsten BiSmarck erklärten und zwar in sehr nach drücklicher Weise. Unter den politischen Persönlichkeiten, welche mit diesen beiden Staatsmännern Fühlung haben, wird eS nun mit Recht bemerkt, daß dieselben, die doch in Wahrheit über jedem Verdacht stehen, nicht streng konservativ zu sein, in die nnmitlclbare Nähe der Liberalen gerückt werden, die angeblich nach dem Ereellenzentitel lüstern sind. Tie hohe Stell«, wohin in dieser Art gezielt und welche captivirt werden soll, ist kenntlich genug. Nnd warum sollte Gras Eulenburg H. nicht zum Conspirator neben Herrn». Bennigsen gemacht werden können, nachdem sein Vetter. Gras Fritz, schon in die Garnitur der „Rcvoluticnaire" »ersetzt worden und nachdem er selber als ein Mann dargestellt worden, der au« PopularilätSsucht unter die Herrschaft deS Berliner Ober bürgermeister« gerathen ist? „Xllsr passe?I Geschwindigkeit ist keine Hexerei!" sagt die „N. A. Z.", und sie muß eS wissen, denn sic versteht eS vortrefflich. Da innerhalb der ReickSregierung die bestimmt« Ab sicht obwaltet, daS Trunksuch tög «setz m der nächsten Ses sion wieder vorznlcgen, so dürfte eS an der Zeit sein, vorher schon dem vom Abg. Birckow empfohlenen Gedanken, der Gründung von Trinker-Asylen in größerem Maßstadc als dies bisher der Fall war, näher zu treten und zwar namentlich die Gründung solcher Anstalten in» Auge zu fasten, deren Anforderungen die Mittel der ärmeren Stände nicht übersteige». Wohlthätige Vereine, Commune» und schließlich wohl auch der Staat könnten Freistellen für gänzlich Unbe mittelte schassen. Die Gesetzgebung hätte dann an Stelle der äußerst bedenklichen TrnnksuchtSvorlage. die selbst aus der reckten Seite de« Parlament- vielen Anstoß erregt hat, die einfache Bestimmung zu treffen, daß gewohnheitsmäßige Trin ken mit Zustimmung resp. auf Antrag ihrer Angehörigen und auf Anordnung von Aerztcn auch wider ihren Willen bis zu erfolgter Heilung in derartigen Anstalten zurückgehalten wer den können. Dian wird mit einem derartigen positiven Vor gehen an, sichersten ein unheilvolles Stück reactionärer Gesetz gebung vom Lande abwehren können. Herrn Tiedemann'S Uebcrtritt in die Stelle als Re gierungspräsident von Trier kann nach wie vor als beschlossene Sache gelten, indessen ist vor dem Spätherbst, bezw. vor der Rückkehr dcS Kanzlers nach Berlin, schwerlich daran z» denken, daß er seine Geschäfte als Chef der Reichskanzlei an dcn „unsinkbaren" Nachfolger abgcbe. Für dcn Fürsten BiSmarck scheint die bezügliche Candidatenfrage allerdings schon gelöst zu sein, aber lelbit die Vertrauten seiner Umgebung gestehen, das Geheimniß dcS „ZukunftS-Tiedemcmn" nicht enträlhseln zu können. Daß „Gras Bill'S" kürzlich« Be förderung nur der TurchgangSpunct „zu höherem Fluge" gewesen, wie manche behaupten, wollen sie für nicht ausge schlossen erklären, aber sie halten solchen Gerüchten doch einst weilen ihren entschiedenen Zweitel entgegen, und sie thun vcrmuthlich recht daran. Die extrem Conservativen müssen jeden Tag mehr einsehen, daß sie ihre Rechnung ohne Herrn Win dt Horst und dessen Wahltactik gemacht haben. Um von den in der katholischen Provinzialprcsse auögeqebenen Wahlparolen nur eine anzuführcn, so schreibt die „Schics. BolkSztg." wörtlich: „ES ist möglich, daß wir dieses Mal nicht wieder so stark arge» Herrn Freund agitircu, und daß die Hagener Katho liken dieses Mal Richter'- Sieg nickt zu sehr erschweren. ES kommt alles darauf an, waS die Herren für Garantien bieten iverden. Wer namentlich bezüglich deö CulturkampfeS mehr bietet, wird in der Stichwahl unlerstützt." Das heißt deutlich genug sprechen »nd dcn Conservativen den Stuhl vor die Thür setzen. Natürlich wird ein Theil der letzteren nunmehr für die Bietuug eines möglichst hohen Preise« sein, ein aiiderer aber dagegen aus treten, und e» ge hört nickt viel Phantasie dazu, sich das Bild einer hübschen Consusion in der Scklachilinie der Rechten auSzu- malen. Nicht die Conservativen. sondern Herr Windlhorff und die Seinigen sind in dem diesmaligen Wahlkampf d« Beherrscher der Lage; wohlverstanden die, wo überhaupt ein nennenSwcrthcr Einfluß cincS der beiden politischen Factoren vorauSzusetzen ist. Man darf in der Thal gespannt darauf sein, zunäckst wie sich unter ihrer Einwirkung die Dinge im ersten Wahlkamps« gestalten, dann, was zwischen dem ersten Wahlgang und dem Stichwahltcruün eventuell von der Re gierung geschieht, um wenigsten- hier und da eine Sckwen- kung LeS CentrumS zu veranlassen, endlich, wa« die Stich wahlen selber einbringen werden. Wenn die oberste Leitung de« Kirchen« und Schul wesens in Preußen noch läiigerc Zeit in derselben Richtung weitergesül-rt wird, welche sie seit dem Abgänge Falk'S eingeschtagen hat. so wird man bald dcn Tag be stimmen können, an wclckem daS SchulaufsicktSgesctz nur noch aus deni Papier stehen wird. Gegenwärtig geht der evan gelische Oberkirchcnrath mit dem Plane um, die srüberen General-Kirchen- nnd Sckulvisitationen wieder einzusührcn, bei denen in bestimmten Zwischenräumen die aus dem Generalsuperintcnventen, dem Superintendenten der be treffenden Diöccse und mehreren von« Oberkirchenrath er nannten Mitgliedern bestehenden Commissionen die Kirchen und den Religionsunterricht in der Schule zu revivircn und selbstverständlich besonder- die Rccktgtäubigkcit der Lebre zu prüfen hatten. Die Vorlage, wclcke zu diesem Zwecke der nächsten Gcneralsynod« gemacht werden soll, wird zunächst von den Provinzialsynoben in den bevorstehenden Herbst sessionen derselben begutachtet und anscheinend mit großer Freude ausgenommen werden. Die Prager „Politik" führt auS, daß die Herrschaft der Deutschen in Oesterreick nur durch den Absolutismus, durch die Jdcntisicirung dcS Tculschtbnms niil dem absoluten Oestcrrcickcrtl'um möglick sei. Parlamentarisch könnte aber ein nationale« Element Oesterreich nicht beherrschen. — Aus Grund der Voruntersnckung batte die Polizci-Direction in Prag, die Statthalkerci und der akademische Senat der Pragiw Universität die Acten über die Kuchelbader Ex- cessc dem Rectorat de- czeckischen Polytechnikum- übersendet mil dem Ersucken, die an den Tumulten betheiligten Hörer de« czeckischen PolytecknicumS entsprechend zu bestrafen. In der Sitzung de« Professoren-CollegiumS, welche Dienstag stattsand, wurde nach langer Verhandlung und nach Vornahme eine» Verhöre- mit den Studenten beschlossen, allen Theilnebmern an dcn Exccffcn in Gegenwart der Professoren bloS einen Verweis zu ertheilen. Einer der rclegirten Universität--Hörer übergab durch seinen Ver treter. 1-r. Podlipnv, seine rzechisck verfaßte Berufung an da« Unterrichtsministerium den, akademischen Senate. Der Senat lehnte die Annahme der Sckrift ab, weit die AmtS- srracke des Senate« die deutsche ist. — „CeSke Noviny" fordern die Regierung direct znr Auflösung zener Lanv- t.ig« aus, in denen die VersaffungSlrruen die Majorität baorn. damit Neuwahlen im Sinne der „versöhnung-"-Aera möglich würden. Die erklären eS überhaupt als einen Fehler, daß die Negierung nicht schon srülcer durch die Auflösung der Landtage von Böhmen. Mähren. Bukowina, Krain und Ober- öüerreick sich daselbst günstige Majoritäten geschaffen habe. — Der Obmann der Lesehalle deutscher Studenten in Prag erhielt eine Vorladung zur Polizei. Al» er dieser Vorladung Folge leistete, wurde m Folge Aufträge- der Statthalter«
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