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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.07.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188107281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810728
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810728
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-07
- Tag1881-07-28
- Monat1881-07
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.07.1881
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Erscheint täglich ftüh 6'/, Uhr. Ret«r1i»i» >nd Lr»r-itis» Iohaanesgasie 33. Sprechkunten der Ledarti«: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag» 4—6 Uhr. °* - LÄLA" - A«it«tz«e her für die nichstsolgend« N«««er »eftimmten Inserate a» Wochentage« >t» A Uhr Nachmittag», a« Ui»»», nn» Kefttagei, früh »i» >/,S Uhr. 2« de» Fttialr» fiir Ins.-Änuahme: Ott« Nie««, Universität-straß« 22, Ltjche, katharinenstraßr 18, ». nnr »t« '/,» Uhr. i-lpMer.CagMatt Anzeigev. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschästSverkehr. Auflage r«,»S0. Adonnrmrntspreis viertelj. 4V, Md., v tncl. Bttngerlohn 3 Ml., durch die Post bezöge« 6 Mk. Jede einzelne Nummer 23 Pf. vrlegsemplar 1V Pf. Gebühren für Extrabeilage» ahne PostbesSrdernng M Ml. «it Postbesürderung 48 Rk. Inserate SgespaUene Petitzeile L0 Pf. Gröbere Schriften laut unserem Preis» verzeichnib- Lubrllarischer Sa- »ach höherem Paris. Leelamru unter den Nedactiousstrich die Spaltzeilr bO Pf. Juserate sind stet» an die Expeditia» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prueuuwenmäo oder durch Post- nachnahme. 209. Donnerstag den 28. Juli 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Daß 18. und IS. Stück tcS diesjährigen ReichSaesehblatteS sind bei uns eingcganaen und werden bis »um IS. August d. I. auf dem ijtcityhau-saale zur Einsichtnahme öffentlich aushänaen. Dieselben enthalten: Nr. 1437. Handelsconventivn zwischen Deutschland und Rumänien. Vom 14. November 1877. Bekanntmachung, betreffend die Veränderung der UebcraangSabgaoensätze für Bier, Branntwein und Mal; in Württemberg. Bom 7. Juli 1881. Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbe ordnung. Vom 18. Juli 1881. Bekanntmachung, betreffend die Abänderung der Vorschriften über die Verwendung der Wechsel» stcmpelmarken. Vom 16. Juli 1881. Leipzig. den 26. Juli 188l. Der Rath der Stadt Letvztg. Dr. Trvndl in. Cerntti. 1438. 1439. 1440. Iu hiesiger Stadt ist die Stelle des PolizeidirectorS ander- weit zu besetzen. Die Wahl des PolizeidirectorS, welcher zugleich Mitglied de» Stadtrathc» ist und die Fähigkeit rum Rlchtcramt, bez. zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft oesitzen muß, erfolgt durch daS Sladtvcrordncten-Eollegiuin und zwar zunächst aus 6 Jahre. Eine Wiederwahl gilt auf Lebenszeit, während, tvenn eine solche nicht erfolgt, die Hälfte dcS Diensteinkommens al» jährliche Pension zu gewähren ist. Der JahreSaehalt beträgt 9666 Mk. Diejenigen, welche sich um die Stelle bewerben wollen, werden eriucht, ihre Anmeldung bei dem Unterzeichneten Sladtverordneten-Eoltegium (Bureau: Katharinenstrage 29,II.) bi» zum L. September 1881 schriftlich «inzureichen. Leipzig, den 13. Juli 188l. Die Stadtver»rd»etea. Or. Schill. Der T»rkea«arkt wird von Dienstag den 2. August d. I. ab bi« auf Weitere« auf den» Fleischerplatz hier abaehalten. ' Leipzig, den 22. Juli 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Harrwitz. Au« Anlaß der Vorstellungen des Herrn Blondin im Neuen Schützcnhause wird der vom Rosenthale dorthin führende Fußweg auf der Strecke von dem Stege über die Elster bi- au daS Neue Schvtzcnhau« an folgenden Tagen. nämlich: Freitag, den 29. dieses Monat», und Sonntag, den 3l. diese« Monats, und zwar an jedem dieser Tage während der Nachmittag« stunden von 4 bis 8 Uhr für da« die obrngedachten Vor stellungen nicht besuchend« Publicum gesperrt. Leipzig, den 22. Juli 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Harrwitz. Vermikthunaen irr der NeWake am Plaurnscheu Platze. I» obiger Fleischhalle sollen die eingetretener Umstände halber miethsrei gewordenen Adthetlaage« Rr. 8 un> >v spfort gegen et«monatliche Kündigung Diea«tag de« 2. August d. I. Vormittags 11 Uhr an NathSstelle, RathhauS. 1. «tage, Zimmer Nr. 16, ander »eit an -1« Meisthteteudeu vermtethet werden Die BermiethungS- und BersteigerunaSbedingungm liegen auf dem RathhauSsaale. 1. Etage, zur Einsichtnahme au«. Leipzig, den 22. Juli 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. n. Cerntti. vr. Tröndlin. Wegen Reinigung der Local« bleiben die Geschäfte des Leihhause« und der Sparcaffe für Donnerstag den 28. Juli d. I. auSgeseht. Leipzig, den 25. Juli 1881. DeS RathS Deputation für Leihhaus «nd Sparcasse. Zum Behuf der gegen Ende jede« akademischen Halb- j«hre« zu haltenden Revision der Universitäts-Bibliothek «erden diejenigen Herren Studirenden. welche Bücher aus derselben entliehen baden, ausgesordert. diese am 28., 29. und do. Juli gegen Zurückgabe der Empfangsbescheinigungen abzuUeferu. Die Ablieferung wird in der Weise zu geschehen haben daß diejenigen. deren Name,» mit einem der Buchstaben von K bi« »I ansangcn, am 28. Juli, die, deren Namen mit «wem der Buchstaben von G bi« K beginnen, an, 2S. Juli «d du klebrigen am SV. Juli (an, 28. und 36. Juli früh zwischen 16—t Uhr, am 29. Juli früh zwischen 16—12 oder Nachmittag« 3—5 Uhr) die Bücher zurückaeben. Alle übrigen Entleiher werden ausgesordert, die an sie verliehenen Bücher am 8., 8. oder 1v. August (während der gewöhnlichen OeffnungSstunden) zurück zu geben. Während der Revisionszeit (28. Juli—13. August) können Bücher nicht ausgeliehen werden. Ebenso muß während der selben da« Lesezimmer geschloffen bleihen. Leipzig, den 25. Juli 1881. «e Direetto« »er UntversstcktS.Btbliothel. vr. Krehl. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, zg. Juli. Wir waren öfters in der Lage, gegenüber der Schwärmerei ür eine „einige große liberale Partei" auf daö wirkliche praktische Bedürfnis einer geschlossenen Abwcbr reactionärer oder reichsfeindlicher Wahlen hinzu- weisen und den Wunsch auSzuspreche», daß Diejenige», welche mit jenem Schlagwerke so freigebig um sich werfe», es doch nickt, wo e« auf die That ankomme, an sich fehlen lassen möchten. Um so lieber registriren wir die folgende AuS- laffung eines zur Einigkeit mahnenden fortschrittlichen Artikel-: „Die liberalen Parteien muffen geeinigt in den Wahlkampf ei,»treten. Sie müssen als HauptgesichtSpunct sesthalten. daß der Liberalismus gegen seine Gegner vcrtheidigt werden muß, und daß e« daraus ankommt, daß ein liberaler ckarakler- cstcr Mann in den Reichstag gewählt wird, gleichviel ob er ich Fortschrittler, Secessioiiist oder Nationaltiberaler nennt." Da» klingt schon besser. Man sieht doch, wo und wie. Leider nimmt sich daneben eine Nachricht, wie die folgende, nicht sonderlich gut auS: ,,Jm zweite» hannoverschen WahtkreiS EscnS-Aurich gedenkt die Fortschrittspartei selbstständig mit einem eigenen Candidaten vorzugehen und die Wiederwahl de» rcchtSnationalliberalen vr. Peterffcn zu bekämpfen. Im Jahre 1878 siegte Peterffcn über den Candidaten der Welfen Grasen zu Inn- und Knyphausen nur mit 63l7 gegen 5157 Stimmen und die Wiederwahl gilt diesmal keineswegs für sicher" — oder wie die folgende Nachricht, ivelche wir einen» ultramontanen Blatte entnebmen: „DaS Hin- und Herwogen der sich bekämpfenden Parteien (Fortschritt u»V National liberale) läßt im I. »assauischcn Wahlkreise Usingen-Jdstein- omburg einen Sieg der CentruniSpartei erhoffen. Ter bisherige erlreter diese» Wahlkreises. Herr Vr. Brüning (nationaüiberat) hat sich zur Wieberannahme eines Mandats entschlossen. Die Fortschrittspartei dieses Kwiscs hat am 6. März c. unum wunden zu Hambura ausgesprochen: daß Herr Vr. Brüning sich durch sein Verhallen im Reichstage für fortschrittliche Wähler unmöglich gemacht habe. Wird dieser Ausspruch ehrlich durchgesührt, bez. pactiren diese beide» Parteien nicht wieder in der letzten Stunde miteinander, wie schon so ostl ^ geschehe», so hat di« CentrumSparte, in diesem Kreise d,e^ heften Chancen. Bor 3 Jahren wurden für Brüning 9833 Stimmen abgegeben, 7643 erhielt da- Eentrum. 1292 die Socialdemokraten, 1269 der Fortschritt." Wir könnten auch an die Vorgänge in Eisenach erinnern, wo unter der eigene» Leitung Richte?» der Feldzug gegen die NationaUibcratc» ins Werk gesetzt und so der sonst den Liberalen sichere Wahlkreis in Gefahr gebracht wird, den Conscrvativen zuzufallen. — Kann fortgesetzt werden. In der jüngst im „Reichs- und Staat»-A»z." verbfscnt lichten Denkschrift, welche der preußische Minister dcö In nern al» Oberpräsident der Provinz Schlesien verfaßt hat, ist von der „dringenden Nothwcndigkeit einer baldigen Reform de» StandeSamtSwesenö" die Rete. Wie die „Boss. Ztg." meldet, hat sich da» ReichSjuftizamt bereits mit der Frage beschäftigt, ob eS zweckmäßig^ sein würde, eine Ccntralinfta»; als höchste entscheidende Stelle in Bezug auf die Ausführung dcS Eivilstants-Gesetze» zu schaffen, uni so nach Möglichkeit den Unzulräglichkeitcn ein Enke zu mache», welche dadurch entstanden sind und noch immer zu Tage treten, daß die Ausführung des Gesetzes den Landesregierungen überlassen ist. ES hat sich nämlich als ein Uebelstand hcr- ouSgestcllt, daß die in den einzelnen Bundesstaaten erlassenen AuSsilbrungSverordnuiigen sehr verschieden sind, auch ist mehrfach darüber geklagt worden, daß die tandcSbe hördlichen Anweisungen nicht genau beachtet werden. ES sei z. B. erwähnt, daß der tz. 82 deS CivilstandSgesctzcS. wo nach die kirchlichen Vorschriften durch dieses Gesetz nicht be rührt werden, niebrsach eine Auslegung gefunden hat. die mit dem Geiste des Gesetzes nicht zu vereinen ist, die der WillcnS- meinung der gesetzgebenden Kactoren widerspricht. Obwohl bei der Bcrathung deS Gesetzes im Reichstage vom Bunde» commiffar und von Abgeordneten auSdrücktick anerkannt worden, daß der 8- 82 nur der nichtverständtichen Auslegung entaegentretcn solle, daß die Erfüllung der kirchlichen Pflichten verboten fei, so hat man doch in einigen Bundesstaaten, z. B. in Mecklenburg, die Beamten zur Erfüllung der kirch lichen Pflichten gleichsam gezwungen. Ferner ist viel fach über unzweckmäßige Bertbeiliing der Standesämter aus dem platten Lande, über die Bildung zu großer StankeöamtS- bezirke, wodurch der ländlichen Bevölkerung weite Wege ver ursacht werde», Klage geführt worden. ES liegt auf der Hand, daß derartige Unzuträalichkcilen auf daS Urlheit über die Civilche nicht günstig wirken können. Elsaß»Lothringen hat im Etatsjahr 1886/8l an Zöllen und indirekten Steuern 27,266.658 Mark eingenommen, d. h. 4,237,733Mark mehr al» im Vorjahr. Für Rechnung deS Reichs gellen davon ab 12,965,26t Mark sft- 2,664,507 Mark). Tie Mehreinnahmen entspringe» haupt sächlich au« der Erhöhung der Zölle und der Tabaksteuer, doch wirst auch da» neue Licenzaesetz für die ReickStande eine Mehreinnabmc von l.666.600 Mark ab. Außerdem sind an GerichtSkostcii 5l5,3l9 Mark mehr al» im Vorjahr ein- gekommcn, ein redender Beweis, daß seitdem l.Oktober 1879 da» rcchtsuchend« Publicum gegen früher ganz unverhältnis mäßig belastet ist. Eine erhebliche Mindereinnahme zeigt sich nur vei der reichsländischen Weinstcuer (— 863,162 Mark). Sie rrsultirt auS 2 Gründen: I) ist vom 1. Juli 1886 ab die Traubensteuer aus die Hälfte ermäßigt worden, und 2) war die Weinernte sehr unergiebig. Dein letzteren Nm stand« ist auch wohl die Mehrcinnahme an Biersteuer (ft- 424,566 Mark) zuzuschreiben. Seit einiger Zeit erlauben sich die Ezechen die Spie lerei. die österreichisch-ungarischen Banknoten, die deutschen und ungarischen Druck tragen, mit einem Werth stempcl czechischcr Sprache zu überstempeln. Zuerst hielt man die» kindliche Verfahren für harmlos, aber nachträglich hat eS doch eine recht ernste Seite bekommen, da die ungarische Regierung sich weigert, so überstempelte Roten bei ihren Eaffrn in Zahlung zu nehmen. Da nun auch das Ausland die czechisch überstempelten Noten zurückwcist, so sind sie in ihrem Umlauf aus» Acußerste beschränkt und dadurch ent- werthet. Selbst in Böhmen will man sie nicht mehr annehmen und die Ezechen werten sich daher wohl entschließen müssen, ihre nationalen Einkäufe mittel» Noten ru bemerk stelligen, aus denen die heiligen czechischen Buchstaben fehlen Freilich werden die Herren Rieger und Prazak auf dl« Un garn sehr ungehalten sein, aber letztere scheinen lick nur wenig darum zu kümmern und die Ansprüche der Czcchen immer mißtrauischer zu betrachten. In Ungarn will man kein selbst» iändiacS Reich der Wenzelskrone, und e- ist leicht möglich, daß die CzechisirungSversuchc dcS Ministeriums Taaffe in Un garn bald auf ernsten Widerspruch stoßen werden. Die in Nachrichten, welche den Vatikan betreffen, nicht immer hinreichend wählerische „Italic" bringt eine Mitthei- lnng über eine Ansprache tcS Papste» an einige Eleven de» ungarisch-deutschen Collegium», in welcher sich Papst Leo auch über den Stand der gegenwärtigen Beziehungen zwischen der Curie und Deutschland ausgelassen haben soll. Der Papst forderte die Eleven auf. sic möchte» eS um jeden Preis vermeiden, Cvnflictc mit der Civil-Autorität herauszube schwören. die, wie er hinzusehtc, in diesem Augenblicke geneigt sei. die Situation der Bischöfe und Pfarrer zu regeln und so de» ersten Grund zur Wiederherstellung deS ReligionSfricdenS zu legen. Ein unternehmender geistlicher Herr, der Pfarrer von S. Maria in Pia in Rom, hat das Mittel gesunden, um den antiklerikalen Demonstralionen eine solche von kirchlicher Art entgegenzusetzen, wobei er das von Leo XIII. für dieses Jahr ausgeschriebene Jubiläum zum Vorwände genommen hat. Er hat, wie die ..AUg. Ztg." auS Rom meldet, an seine Psarrkinter folgende» Circular gerichtet, daS auch vielen nicht zur Pfarrei S. Maria i» Via Gehörigen zugekommcn ist: „Der heil. Vater hat aus Ansuchen de- Unterzeichneten geruht, die für daS heil. Jubiläum vorgeschriebenen sechs Kirchenbesucke in einen einzigen Besuch der Basiliken S. Gio vanni in Latcrano, S. Croce in Gcrusalcmme und S. Maria Maggiore umzuwandeln, und zwar für alle Pfarrei-Angehörigen von S. Maria in Via, welche unter entsprechenden Bittgesängen in Gemeinschaft sich dorthin begeben werden. ES ist deshalb beschlossen worden, den 17. d. M. dafür zu bestimmen, und e» ist als BersammlungSpunct die Halle an der Settcnthür der patriarchalischen Lateransbasilika festgesetzt worden, von wo um 6 Uhr Nachmittags der allge meine Ausbruch nach den genannten Kirchen erfolgen wird." Wie man sicht, war eS aus eine öffentliche klerikale Masten demonstrativ»» abgesehen, deren eigentlicher Charakter hinter .dem angeblichen rem kirchlichen Zweck versteckt war, um die Polizei am Einschreiten zu verhindern. Die Behörden haben jedoch eine feinere Nase gehabt als man auf klerikaler Seile geglaubt hat, und die Pilgerreise ist ebenso wie ein geplanter Massenbesuch am Grabe Pio Nono'S Untersaat worden — eine Maßregel, die um so gerechtfertigter ist. als die römische olizei auch gegen alle Versuche der Erneuerung antiklerikaler enioiistralioncn rücksichtslos cinschrcitel. Tie internationalen Socialdemokraten setzen ihr staatcn- und vötkerverdcrbendeS Treiben in London nach wie vor unbehelligt fort. Das zu den angesehensten ruf fisch eil Preßorganen zählende „Journal de Saint PeterS- bourg" giebt feine» Bedenken über da» Schauspiel, welches der zetzt in London versaminette Socialistcncongreß tarbietet, in folgender Weise Ausdruck: „London, diese Residenz einer Masse von Millionairrn und Bettlern, hat von jeher den Rcoolutionairen der aaiizen Well einen Schlupfwinkel abgegeben. Der mächtige Umfang der stabt und der Umstand, daß die englischen Gesetze in dieser Hinsicht mild« sind, haben den Revolutionairen gestattet, dort das zu thun, war ihnen aus dem Coiitment unmöglich war. Obschon ihnen Gastfreundschaft nicht au- dem Grund« erwiesen wird, damit sie England in ein Räuberucst verwandeln, so nehmen doch solche Leute, wie Krapotkin, Louise Michel u. s. w., nicht Anstand, das Land, da- ihnen Gast sreundschast erweist, der Schmach auszusctzen. „Tie Situation ist gegenwärtig äußerst zugespitzt. Ueberall werden Attentate gegen Staat-Häupter in Person von Präsidenten, constitutionellcn und absoluten Mo narchcn verübt. I» gleicher Weise werden auch höhere Staat- Würdenträger mit Kugel und Dynamit bedroht. Selbst öffentliche Gebäude, wie Kasernen, Gefängnisse, sind nicht mehr vor ver- brechcrischcu Anschlägen sicher. Es ist ein wahrer Krieg zwischen der bestehenden Staatsordnung und der höllischen Kraft, welche alle ihre Energie an Zerstörung und Anarchie setzt. „Bisher bildete die Schweiz da- privftegirte Asyl der Revo- lutionaire. Die Bürger Zürich« erklärten ihnen aber offen ihre Entrüstung über das verbrecherische Treiben, «nd die Tocialisten mußten zur Abhaltung ihres LongresseS einen anderen Ort suchen, den sie auch in London fanden. Dort hielten sie in geheimer Weise ihre Bersammlungen ab. Am 18. Juli traten sie offen auf, tadelten die Regierung verschiedener Länder und proteftirtcu gegen das gegen Most gefällte Urlheit. „ . . Alle civilisirten Staaten haben solidarisch vorzugehen-, sie sind verpflichtet, gemeinsam gegen den anwachsenden Anprall des revolutionairen Wogcnichwalls anzukämpfen. Indifferenz, Apathie werden in dieser Hinsicht in erster Linie aus den beweisenden Staat selbst und dann aus dessen Nachbarn zurücksallen. England ist allerdings von allen Seiten durch Meere vor Angriffen von Außen gesichert, doch hat es keinen schütz gegen innere revolutionaire Feinde. Die Fenier haben es bewiesen. „Der in London tagende Longreß hat sich für die Principien der „Internationalen Arbeiter-Association" ausgesprochen. Ter Eongreß war von Revolutionairen aller Rationen brmcht. Die französische und italienische Volksvertretung votirtcn ein Gesetz gegen diese gejährliche Association, die der Parftcr Eommune sehr ähnlich ist. Es erscheint aber wünschenswerth, daß auch England den ganzen Schaden und die ganze Gesabr begreift, mit der diese ummtcrbroche nen Berschwörnnge» die Freiheit und gesellschaftliche Ordnung de drohen. Die Gefahren lassen sich leicht begreift», von denen unsere Gesellschaft bedroht wird, wenn den Demagogen, Anarchisten. Kaiser- Mördern gestattet wird, srei für ihre Lehren in der Mitte der unge- bildeten und wcnig entwickelten Llassen, die aber physisch stark sind, Propaganda zu machen. „Tie englische Presse beklagte sich über den Ion, den die Blätter der Fenier gegen England angeschlagen, und sprach den Wunsch a»S, diesem Ton enigegenzutreten, so bald sich dazu Ge- ftgenheit bietet. Wa« würde aber die englische Presse sagen, wenn aus einem Longreß der Fenier in London ein Kamps auf Tod uud Lebe» gegen England gepredigt würde? Die englische Presse würde selbstverständlich gegen eine» solchen Longreß proteftirrn. Nicht«, drstoweniger gewähr« England den europäischen Re- volutionairen Zuflucht, wenn diese nur nicht gegen die Gr setze de- Landes verstoßen. Wird aber England seine Nachsicht sort setzen, wenn die Revolutionaire iu den Fehler verfallen, in deu Most verfallen ist?" Der niederländische Minister der Colonien fugte seiner in der Sitzung der Ersten Kammer gegebenen Antwort, daß die Veröffentlichung der Schriftstücke über den Krieg in Atsch in jetzt nock» nicht angemessen sei. die Bemerkung hinzu, die Polemik über da» indische Heer könne nur schaden und die Frage, ob der Krieg in Attchin gerechtfertigt sei oder nicht, sei schon eine geschichtliche Frage, aber Geschichte würde erst dann gut geschrieben, wenn hinreichende Zeit verstrichen sei, um die Zwistigkeiten auSzugleichen. Dieser Au,endlich scheine ihm noch nicht gekommen zu sein. — Am Dienstag eierten die Niederlande den Jahrestag ihres offfciellen Abfalls von der spanischen Herrschaft. Vom 26. Juli 1531 datirt die AbschwörungS-Urkundc, worin unter Ander», gesagt ist, daß die Unterthanen nicht geschaffen sind für den Fürsten, sondern der Fürst für die Unterthanen. und daß, wenn der Fürst sie nicht nach Recht und Vernunft regiert, die Ver treter deS Lande- ihn absetzen dürfen. Vas tvahlprogramm der National-Liberalen Ladens. Am verwichenen Sonntage hat eine Versammlung von Vertrauensmännern der nationalen und liberalen Partei Baden» in Karlsruhe stattgrfunden. Der Verlaus der selben war nack den Mittheilunge», die in badischen Blättern vorliege», ein glänzender. Kein Wahlkreis war unvertrcten und die Einmüthigkeit der Versammelten war so groß, daß zu dem vorgetegten Programmentwurfe nur unwesentliche AbändcrungSanträge redaktioneller Natur gestellt, im Uebrigen aber der Entwurf in voller Einmüthigkeit einstimmig angenommen wurde. Lamch erläuterte daS Programm. Tie längste Debatte veranlaßte ver auf da» Tabakömonopol bezügliche Passu«. doch fand auch hier eine volle Einigung statt, vie in dem Wortlaut de» Satzes, wie er unten folgt, ihren Ausdruck fand. Die badische Wählerschaft documenttrt durch Liesen glänzenden Verlauf der Versammlung, daß sie nicht die mindeste Neigung hat, sich von der konservativen oder gar der ultramontanen Partei in» Schlepptau nehmen zu taffen. „Man kann klar daraus ersehen" — sagt die Bad. LandeSztg." —, „baß unser badische» Volk auch diesmal der Fahne der Männer nicht untreu werden wird, die e» bisher m dem parlamentarischen und politische« Kampfe geführt haben." DaS Wahlprogramm nimmt nicht allein Bezug ans da« Reich, sondern zieht auch die politischen Verhältnisse de« eigenen Staate- mit in seinen Kreis. Obgleich für un« di« aus Vie Reichspolitik bezüglichen Stellen in erster Stelle von Interesse sind, so wollen wir doch die aus die Particular- inte ressen bezüglichen nicht abtrennen, sonder« geben da« ganze, in allen Theilen sehr interessante Programm m Folge», Sein wörtlich wieder: Die bevorstehenden Wahlen zum Rrichslage und zum Landtage müssen dir nationale und liberale Pattei vcraulaffen, im Hinblick aus die gegenwärtige Zeitlage ihre Ziele uud ihre Stellung zu den Ausgaben de- Reiche- und d«S Lande« vor dem badischen Volke klar auSzuspreche». Die heutige Versammlung von Bettraueusmäunern hat sich hiernach über die folgenden Puntte verständigt: 1) In bewährter Treue zu Kaiser und Reich, zu unserem Lande«, fürsten und der Landesverfassung erstreben wir die Bereinigung aller freisinnigen Elemente zum Schutze der Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, zur besonnenen Besserung und Ausbildung der selben und zum freien und verfassungsmäßigen Ausbau unsere» ge- sammlen Staatswesens. Ein da» Gewonnene in Frage stellender überstürzender Fortschritt oder daS Streben nach parlamentarischer Allgewalt liegt außerhalb unserer Ziele. 2) Dem RcickSkamler bewahren wir die hohe Achtung für seine Person und die stete Dankbarkeit sür seine unvergleichlichen Verdienste um die deutsche Nation. Unsere Unterstützung wird ihm nie fehle«, wo die Befestigung der Einheit nach innen oder die Wahrung der nationalen Interessen nach außen in Frage stehen. Den reactionairen Parteien, auch wenn sie sich auf da« Linver- ständuiß des Reichskanzler- berufe« sollten und könnten, den rein particularistischcu Bestrebungen, der Vertretung eigennütziger In teressen und dem aus gleicher oder ähnlicher Grundlage kämpfenden Ultramontauismus kann die nationale und liberale Partei nur gegnerisch gegeuüberstehen, und sie ist der Uebcrzeugung, daß eine wahrhaft nationale Politik aus die Dauer auch seitens der Reich«, regierung nur in der Lossagung von der BundeSgenosscuschaft mü den Vertretern dieser Richtung zu führen ist. 3) Unserer Landesregierung bringen wir in Ihrer Neugestaltung volles Vertrauen entgegen: sie findet unsere Unterstützung in ihrer hohen Ausgabe, die freisinnigen Einrichtungen unseres HeimathlandeS zu erhalten und zu vervollkommnen. 4) Was im Einzelnen die Gestaltung der Reichsregieruna be trifft, so ist deren einheitlicher Lharakter bei der den verbündeten Regierungen zugewieftnen Stellung dermalen vornehmlich durch die wohlbegründete Autorität d«S Reichskanzlers verbürgt. Wie her- vorragend aber auch die Eigenschaften seiner Person sind, so sichern sie doch die Bedürfnisse einer dauernden Institution nicht. Die Stärkung des kaiserlichen Antheils an der Reichsregierung und die Ausübung der dem Kaiser zukommenden Regierungsgewall durch ein vou ihm zu bildende« veranNvortUchrS Rcichsmünsterium, in welchem insbesondere auch da« deutsche Heerwesen und die Reichsfinanzen ihre Stellung finden, muß daher «in nationales Ziel sein. De» verbündeten Regierungen kann und soll daneben der volle Anthcil an der RcichSgesetzgebung und an der Feststellung des RcichShaushalts verbleiben, während die zur Erfüllung der Reichs zwecke bestimmten Berwattungszweige in unmittelbarer Unterordnung unter die Reichsregierung so weit wie thunlich durch Reichsbehörden zu besorgen sind. 3) Die Befestigung unserer nationalen Einheit und die Würde der Nation erheischt gebieterisch die Erhaltung des ungeschmälerten Antheils des Reichstages a» der Reichsgewalt. Die einheitliche Gestaltung der Reichsregierung wird den Einfluß des Reichstages aus deren Gang einerseits erhöhen, andererseits der Reichsregierung selbst eine »nbezweiftlbare Kräftigung verleihen. Eine mittelbare oder unmittelbare Schmälerung der Bedeutung de- Reichstage», ins- besondere durch Verlängerung der Budgetperiode, streitet gegen daS Interesse der nationalen Einheit und Freiheit. 6) Die Präsenzstärke des deutschen Heeres ist bis zum Jahre 1888 reich-gesetzlich feftaestellt und wird daher krin Gegenstand der Beschlußfassung des nächsten Reichstages. Treu unseren seitherige« Grundsätzen, werden wir zwar unser ernstes Augenmerk aus weift Sparsamkeit im Heerwesen uud möglichste thatiächliche Erleichterung der Präienzlast richten, aber auch nicht die Sicherheit Deutschland« gegen außen mit Rücksicht auf die europäische Gesammtlage und die Gefahren einer Schwächung der Heeresstärke außer Acht lassen. Dem Heere die Wohlthaten moderner Rechtspflege «„gedeihen zu lassen und die Grenzen der Militairrechtspflege naturgemäß sestzustellen, wird unser ernste» Bestrebe« sein. Da« erste Ziel wird erreicht durch die Beseitigung der Matttenlar- beiträgt und Schaffung eigener Einnahmen de» Reiche» an deren Stelle. Eine weiter gehende Steigerung der Reichseinnahmen zum Zwecke der Vettheilung de» Ueberfthusft» an die Einzelstaaten kan» mit Gerechtigkeit nicht auSgesührt werden und würde bei eintretender ErhShung der ReichSausgaven die Finanzlage der Einzelstaaten nur verwirren, wie sie denn auch völlig außerhalb der Ausgaben des Reiches läge. Eben so wenig kann solche« Einnahmen zugestimmt werden, welch« den Börthen der begüterten Elasten auf Unkosten der Minderbemittelten bewirke» würben. Die Einnahmebewilligung des Reichstages muß innerhalb der Ziele einer freisinnigen Partei gelegen ftin und ist in dem Bennigsen scheu Anträge gegenüber dem Frankenftein'schen erstrebt worden. Dos finanziell« Gleichgewicht verlanat Durchsichtigkeit der zu er- wartenden Einnahmen und Ausgaben. Projekte, welch« dieser Durch, sichttgkeit entbehren, «»besondere solche, welch« eine zur Zeit und«.
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