Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188108032
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810803
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810803
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-08
- Tag1881-08-03
- Monat1881-08
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1881
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich früh 6'/. Uhr. ' Lr-artion und Lrprditlon Johannesgasje 83. Lprrchgnndrn der Nr-action: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag- 1—8 Uhr. Kür dt, MI»--», ein^esaiitter »»cht < tlMMk Annahme Nummer »er für die «üchstf-l-end« ^ desttmmten Inserate a« Wochentagen dt» t Nhr Rachmtttaa», a» kann- «uv Festtagen früh dis /,V Uhr. In den Filiale» für Ins.-Ännahmn Lite Klemm, Uniuerfflät-straß« 22. Leut» Lisch«, Katharinevstraße IS» »>. «Uk di» '/,» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage L«,»S«. ZlbonnemrutSVrris Viertels. 4'/, Mtl^ incl. Briugcrlohn 5 Mk.» durch die Post bezogen k Mk. Jede einzelne Nummer 2ö Pf. Belegexeniplar 10 Ps. Gebühren tür Extrabeilage» «hue Postbesörderung 39 Mk. Mit Postbesörderung 48 Mk. Inserate öaespaltene Petitzeile L0 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Nrrlamen unter den Uedartionslirich die Spaltzcile 50 Ps. Juserate sind stet- an die vrpedtrian z» seaden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnonuiiiorcunlo oder durch Post» Nachnahme. 215. Mittwoch den 3. August 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Thetl. Vekanntmachung, d«u Berluft -er Ttininiberechttguna Wege» Abgabearückständen betreffe»». Nach Borschrist der Revidirten Städte - Ordnung §. 44 unter z sind von der Stimmberechtigung bei den Wahlen alle diejenigen Bürger, welche die Abentrichtung von Staats- und Gemeindeabgaben, einschließlich der Abgaben zu Schul« und Armen-Eassen, länger als zwei Jahre ganz oder thcil- weise im Rückstand« gelassen haben, au-geschlossen. Unter Hinwei» auf diese gesetzliche Bestimmung fordern Wir daher ans Veranlassung der m nächster Zeit vorzuneh menden Aufstellung der Sladtvcrordnetrnwahlliste und der dann bevorstehenden ErgänzungSwahl deS Sladtvcrordneten- CollegiumS alle Abgabe» - Restanten, welche davon betroffen werden, zur ungesäumten Abführung ihrer Rückstände aus. Leipzig, den 25. Juli l8?l. Der Stath der Stabt Leipzig. I)r. Tröndlin. Vekanntmachuug. Dle Lieferung der Kohlen für den Wiutcr 1881/82 soll seilen der hiesigen Verwaltung an den Mindestfordernden vergeben werden. ES werden gebraucht: für die Schule 2200 8tr. bShmtfche Nutzkehle, für da» Gemeindeamt SOS 8tr. »efte Pechmürfelkohle und ca. 50 8tr. böhmische Stückkohle. T« Lieferung hat je nach Bedarf und franko Keller zu geschehen. Hieraus Rcslectirende werden ersucht, Offerten bis zam 8. l. M. au Unterzeichneten cinzureichen. Connewitz, den 2. August 1881 Der GemetnVevorftand. A. Enleustein. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 3. August. Wenn man die Zeitungen durchsiebt, sinder man fchter täglich in denselben eine Antwort de« Fürsten Bi»marck an irgend einen deutsch-uationalen „Ttudenten-Verein", welcher ihm den Schwur der Treue zu Kaiser und Reich zu Füßen gelegt hatte. So war jüngst wieder von dein Hal lenser deutsch-nationalen Studenten-Vcrein ein BegrüßungS- lelcgramn, und der „Schwur der Treue zu Kaiser und Reich" an den Reichskanzler gesandt worden. Daraus ist — wie unsere Leser wissen — folgende Antwort auS Kisstngcn cin- gctrofscn: „Herzlichen Tank für den deutschen Gruß und Ausdruck der Treue für Kaiser und Reich, welche ein festes Band zwischen unS und — so Gott will — innncr weiteren Kreisen im Lande bildet Die deutschen Universitäten habe» in schweren Zeiten die Continuität des nationalen Gedankens erhalten, sie werden auch die Träger seiner Zukunft sein, v. Bismarck." Man fragt sich verwundert, waS denn eigentlich geschehen, daß die deutschen Studenten aus einmal deS Abfalls von Kaiser und Reich verdächtig geworden seien und sich deshalb bc eilen, dem Reichskanzler ihre patriotische Nnverdächligkeit zu vcr sichern. In »nsern Angen wäre eö daS Herbste, waS man einem wahrhaft deutschen Manne zumuthcn könnte, er solle ver sichern, daß er treu zu Kaffer nnd Reich stehe und stehen werde. DaS ist so natürlich, daß man glauben sollte, jede« weitere feierliche Gelöbniß würde als eine beleidigende Zu- muthung empfunden. Das scheint nicht so, die „deutich- nationalen Stukenlen-Bcreine" scheinen erst jetzt zu dem Willen oder der Erkenntniß zu gelangen, daß sie unter keinen Umständen MajcstätSvcrbrcclien und Hochverrath begehen wollen. Nun, das ist Sache der deutschen Studenten-Vereine, deren Vergangenheit wir nicbt kennen, so daß wir deshalb auch den Grund ibrcr Treuschwüre nicht finden können. Diese „Vereine" scheinen wesentlich auS sogenannten „Wilden" zu bestellen. Die CorpSstndenten und Burschenschaftler scheinen ihre Vaterlandsliebe für zu wohl bekannt und bewährt zu halten, al» daß sie nickt empfinden sollten, welch zweifelhaftes Zcugniß sie sich selber ansstellen würden, wollten sie plötzlich ohne jeden denkbaren Anlaß ihre Treue zu Kaiser und Reich versichern. „Will man aber etwa den Anschein erwecken — bemerkt die „Kölnische Zeitung" — als ob Kaiser nnd Reich irgendwo gefährdet seien, so wird man sckwertich Leute finden, die vaS glauben. DicS Manöver, so nichtsnutzig eS wäre, wäre doch auch gar zu dumm." , Man schreibt unS auS Berlin:' „Unsere Mittheilung, daß die Conservativen im zweiten Berliner Reichstags- Wahlkreise den Grasen Herbert Bismarck, den ältesten Sohn des Reichskanzlers, als Candikaten auszusicllen geneigt seien, ist theilwcise i»it Zweifel ausgenommen worden. Für Jeden, der die localen Verhältnisse kennt, ist daS nur ein Beweis dafür, daß die Zweifler mit der Stimmung im zweiten Wahlkreise nicht entfernt Fühlung haben. Indem wir unsere Nachricht heute vollständig aufrecht erhalten, sind wir sogar noch weiter in der Lage, mittheilen zu können, daß Gras Herbert BiSmarck durchaus nicht abgeneigt sein würde, einem auS dem zweiten RcickStagswahlkreise an ihn ergehenden Rufe Folge zu leisten, vorausgesetzt, daß dieser Ruf nicht sowohl von den hochkirchlichen und noch weniger von den antisemitisch» Leitern der antifortschrittlichen Bewegung, sondern von den gemäßigt Conservativen auSginge. ES ist schon bei der vielbesprochenen BezirkSvereinSrebe de» Grafen Wilhelm Bismarck nicht unbemerkt geblieben, daß dieser es consequent vermieden, auch nur durch die leiseste Andeutung Stellung zur Judenfrage zu nehmen. Eben so wenig aber wie der jüngere würde die» der ältere Sohn de» ReickSkanzlers thnn, nnv zwar au« dem einfachen Grunde, weil der den beiden jungen Grafen persönlich nahe stehende leitende Staatsmann selbst bi» dahin noch keine Stellung zur Judensrage genommen hat (wenigsten» ossi» ciell nicht) und auch vorläufig keine zu ihr zu nehmen Willen« ist. Die Leiter der antffortschritllichn Bewegung im zweiten Wahlkreise kennen diesen Umstand auch ganz genau i»d e« fragt sich jetzt nur, ob die Gemäßigten gegen die Un« gemäßigicn noch auikommeri können. In diesem Falle würde der Proclamirung der gedachten Canvidatur nicht» mehr im Wege stehen. Eine Niederlage gegenüber dem fortschrittlichen Eandidatea Lirchow ist auch dann zweifellos, doch wird die Minorität für den Grasen Herbert nicht so beschämend Nein auSsallen als e» bei einem antisemitischen, zünstlerischen ober onstivie der äußersten Reaction angehörenden Candidalen sein müßte. WaS cm klebrigen die Person beS Grasen Herbert BiSmarck betrisst, so steht er, obgleich dem Vater äußerlich viel weniger ähnlich al» Gras Bill, demselben doch viel näher al- dieser." Wie die „Nordd. Allg. Ztg." hört, ist der von un» neulich veröffentlichte Drohbrief an den Herrn Reichs kanzler, zugleich mit einem von späterem Datum, dem preußischen Jufiizministcr vorgeleql worden, damit die Staats anwaltschaft Erhebungen über die anonymen Absender anstelle und ein gerichtliches Verfahren emgeleitel werde. In dem zweiten Drohbrief, der auS Frankfurt a. M. datirt war. ist dem Fürsten BiSmarck angekündigt, daß dreizehn Männer zusammengetrelen wären, welche sich daS Wort gegeben hätten, ihn (den Reichskanzler) umS Leben zu bringen, und entschlossen wären, Einer nach dem Andorn ein Attentat zu begehen, wenn die ersten Versuche mißlingen sollten. Neulich hat sich in Petersburg ein Nihilist Namen» K. erschossen. Es heißt^nu», daß Polizeiminister Baranow zwei Tage nach diesem Selbstmorde durch die Post einen Brief empfing, welcher von K. vor seinem Selbstmord geschrieben und aufgegeben wurde. Dieser Brief enthält die Selbst- dennnciation d:S K. Nach diesem Bekennlniß war K. vom nihilistischen Executiv-CoinitS beauftragt, gegen den Zar ein Attentat mit der Schußwaffe zu vollsühren. Da ihm jedoch sein Gewissen nicht gestatte, diese Mission auS- »sührcn, und er (K.) sich nicht der Rache der Nihilisten auS- etzen wollte, so zog er cS vor. für seine Verirrungen sein eigener Richter zu sein. Nach dem Exccß in Kuchelbad hatten die Prager czeckischen UniversitLlSprosessoren Tomek, Randa und Kwiczala im Verein mit dem Rector der czeckischen technischen Hochschule, Professor Haußmann, durch Ver mittelung de» czechischcn akademischen Leseverclns einen Ausruf an die gesanimtc czeckische Stuventenschait in Prag gerichtet, mit der Mahnung, solcher Tumulte sich zu enthalte», selbst wenn sie bloS abwehrcntcr Natur wären. Der akademische Senat der Prager Universität ertheiltc hieraus den genannten UnivcrsilätSprosessorcn ossiciell eine Rüge, weil sie in jenem Aufruf die Erccsse so darstcllten, als ob sie bloS abwehrendcr Natur gewesen wären; weiter deswegen, weil der Anfrns so abgesagt war, al» ob bloS auS OpportunitLlSgrüudcn cne Tumulte zu verurthcilen wären, endlich weil t>>- czcchischen Professoren in dieser Mahnung auch nicht ein Wort kcS Bedauern« über ein derartiges Gebahren an und für sich ändcn. Gegen diese Rüge deS akademischen Senats richteten nun die Professoren Tomek, Nanka und Kwiczala eine» Nc- curS an den UnlorrichtSininister, Baron Conrad, von dem nunmehr an den Prager akademischen Senat der Bescheid hcrablangte. Derselbe weist den NecurS der czechischen Pro lessoren als unbegründet zurück, und bestätigt die vom Senat an die genannten Professoren ertheiltc Rüge m ihrem vollen Inhalt. Die Wiener „N. Fr. Presse" veröffentlicht den Bericht eines Pariser Speciat-Corrcspondenten über eine Unter redung, welche derselbe bezüglich der in jüngster Zeit mehrfach erörterten Aussichten einer französisch-deutschen Allianz mit Gambctta gepflogen hat. Auf die Frage, ob und was ihm von einer Allianz Frankreichs mit Deutsch land und Oesterreich bekannt sei, erwiderte Gambctta, anscheinend ein wenig überrascht: Ich habe Nichls davon spreche» hören. Freilich, in den Zei tungen hat Manches darüber gestanden, allein die ofsicicllcn Kreise haben sich, scheint cs, damit nicht beschäftigt. Aus die weitere Frage, ob er wenigstens an die Möglich kcit derselben glaube, enkgegnele Gambelta: Ich verkehre freilich wenig mit BarlhSlemy Saint-Hilai«; aber e» wäre sonderbar, wen» «ine Unterhandlung von dieser Natur ohne Befragen der Präsidenten der gesetzgebenden Kammern bc gönnen würbe. Der Kammerpräsident, welcher darauf hingcwiesen wurde, daß e» vor Allem daraus ankaine, ob das Land seine Zu stimmung gäbe und baß er die Dispositionen Frankreichs am besten zu bcurtheilen wußte, führte in dieser Hinsicht aus: Man müßte wissen, warum und zu welchem Zwecke eine Allianz geschlossen würde. Was sind die gewöhnlichen FreundschaslS-Allianzc» Werth? Man hält sie so lange, biS man den Zeitpunkt sär ge kommen erachtet, daraus wieder hinauszugchen, un» dann seine Zwecke zu verfolgen. Frankreich» Absichten müssen daraus gerichtet fein, sich freie Hand zu lassen, möglichst europäische Politik zu treiben — Sie wisse», waS ich damit meine — möglichst in das europäische Lonccrl einzutreten, sonst aber keine Verbindung ein- zugcyen, die früher oder später dem Lande Verlegenheiten bereiten und ihm die Freiheit benehmen könnte, seine Interessen nach der Richtung, wie es fein Vortheil erheischt, unbehindert zu verfolgen. Nochmals jage ich, Frankreichs Politik muß die der freien Hand sein. Aus die Bemerkung, daß er sich einer Allianz mit Ruß land gegenüber, von der m der letzten Zeit viel gesprochen wurde, in derselben Weise verhalten würde, antwortete Gambetta:, Genau so. Ich glaub« nicht, daß die Gerüchte von einer Mianz Frankreichs mit Rußland einen positiven Hintergrund haben. General Skobclew war, sagt man, in Pari», um sich mit seinen eigenen Angelegenheiten zu beschäftigen. Ist er denn wirklich der Mann der gegenwärtigen russische» Regierung, daß sie ihn mit solch einer Mission betraut haben sollte? Und im Grunde ge nommen, warum sollten wir mit Rußland jetzt ein Allianz schließen? Die Zustände dort sind hierfür nicht einladend genug. Eine Re- publik hat vor Allem da- Volk im Auge. Wo sehe ich aber das russische Volk, welche», selbst wenn man ihm eine freisinnige Ver fassung gäbe, dieselbe rasch zu Fleisch und Blut werden, ihre Trieb- räder spielen ließ«? Leider findet die Welt solch ein Volk in Ruß- land noch nicht. Geben Sie Rußland jetzt eine Constitution, und Sie haben einem Kinde eine Uhr gegeben. Die Uhr geht richtig, aber wech das Kind von ihr einen Gebrauch zu machen - Deshalb sollte eine Constitution dennoch eriheilt werden. Allein di« das Volk ihren Gebrauch begriffen, bis sich die Verhältnisse dort geklärt haben werden (und wer weiß, wie lange daS noch dauert), braucht sich Frankreich mit einer russischen Allianz nicht zu beeilen. ES gewinnt nachgerade den Anschein, alS sollt« sich der große Eonflict zwischen Frankreich und Spanien, wie er anläßlich der Vorgänge in Oran auSzubrechen drohte, in Wohlgefallen auflöscn. In Pari» hat man sich eine» Besseren besonnen und will sich bereit finden, den nachweis baren Schaden, den spanische Untcrthanen ans afrikanischem Boden erlitten, zu ersetzen. Aber nachweisbar und nachge- wiesen muß er sein und alS Privalforderung, nicht als Staatsanspruch austrcten. Da» wird man in Madrid füglich annehmen, obgleich man eS lieber acsehcn haben würbe, wenn ein hübsche- rundes Sümmchen Franc» in den spanischen Staatssäckel geflossen wäre, dessen Boden ein große» Loch Wkdet. Jedoch Frankreich ist hiermit nicht so hurtig zur .Hand, cS verlangt vielmehr, daß auch Spanien die Entschä digungsansprüche französischer Unterlhanen anläßlich der Uarlifienkriege und de« Aufstandes in Cuba anerkenne, und Hüm will man Abrechnung halten. Eine solche Compensa- tlon ist nun ganz und gar nickt nach spanischem Geschmack «d der Minifterrath, der am Tage deS heiligen Jacob in G. Jldcsonso, der königlichen Sommerresikenz, ftaltsanb, bc- chloß, da» französische Anerbieten nur bezüglich de» ersten TheitS anzunehmen, dagegen die Eompensation abzulehnen. Allein die noch vor Kurzem so gereizte Stimmung bat dock einer größeren Versöhnlichkeit Platz gemacht. Man führt nicht mehr so große Phrasen im Munde und zudem hat die Ausweisung de» Don Carlo» aus Paris den Hos und die Illfonsistcn sehr angenehm berührt. Die gegenwärtige Wahlperiode in Frankreich ver- prickt die stillste seit dem Bestand der Republik zu werden. Selbst seiten» der Intransigenten ist in Ausrufen und Pro grammen noch keinerlei Heftigkeit zu constatiren. Die vtonarchisten geben an vielen Orlen freiwillig den Kampf aus, nur die extremsten unter ihren Organen suchen noch die Wähler zu bearbeiten, indem sie KriegSgerüchte verbreiten. Dagegen accentuirt sich der Kamps zwischen republikanischer innen und republikanischer Union, indem letztere in den meisten Wahlkreisen gegen Mitglieder der erstercn Gegen- cantidatcn ausstellt. BiSber lassen sich die Programme dahin zusainnieiisasicn, daß die ReqicrungSanhänger Acnve- rung der Verfassung ablehnen, die Äambellisten Reform beS Senates und die äußerste Linke, deren Führer Clemcnceau ist, Abschaffung deS Senates fordern. Alle Parteien lassen der Regierung die Gerechtigkeit widerfahren, daß in Frankreich noch niemals Wahlen so unabhängig, unbeeinflußt vorgenom men wurden, wie diesmal. In Pari» versuchen die In transigenten in beiden Belleviller Wahlkreisen Protot und Pnat entgegenzustcllen. Conservalive Candidatcn haben bisher bloS zwei Pariser Wahlkreise. In Freiburg hat am Sonntag daS große eidgenös- ische Freischießen, welches zugleich die 400jährige Ge denkfeier tcö Eintritts der Cantone Freiburg und Solothurn in den Bund der Eidgenossen repriisentiren soll, seinen An fang genommen. Ta« Fest ist lange vor seinem Beginn auch außerhalb der specifischen Schützcnkrcise in Deutschland Gegen stand der Erörterung geworden, al» das FcstcomitS die argeTact- n'1 tosigkeit beging, die Redaktion der „Freiburger Schützen-Feft- n z-4lung" den, durch seine Schmähschrift über Deutschland be kannt gewordenen Victor Tissot zu übertragen. Bon ver schiedenen Blättern wurde sogar gemeldet, daß im Hinblick darauf der deutsche Gesandte in Bern. General von Roeder, welcher die Einladung seitens der Bundeöbcbörden zurTheil- nabine an dein Schützenfeste bereit» angenoinmen hatte, seine Zusage wieder zurückgezogen habe. Dies ist allerdings, wie Lchweizer Blätter vernchern, nickt richtig. Immerhin war indeß der in Deutschland sich kundgcbende Unwille stark genug, Herrn Tissot zur Niederlcgung der Rcdaclion der Fcstzcitung zu veranlassen. AuS Zürich kommt die Nachricht, daß daS dortige socialistische CcntralcomitS sich nun doch noch eines Bessern besonnen hat und selbst wenn daS Bundeögericht einen Rccurs gegen daS Verbot de» Abhaltenö beS projectirlcn ocialistischen Volköcongresses auf dem Gebiete des CantvnL Zürich für begründet erklären sollte, nach anderswo cinberusen wirk. Wie man versichert, ist dieser nachträgliche Beschluß dem Zureden der demokratischen Mitglieder deS Cantonalraths zu verdanken, welche zwar selbst gegen daS Congreßvcrbot beim BundcSqcrichle als Bersassungöverletzung rccurrirt haben, dagegen aber die Ruhestörungen befürchten, welche jedenfalls stattsindcn werden, wenn der Congrcß trotz des bestimmt ausgesprochenen Widerwillens der großen Mehr heit Vcr Bevölkerung deS CantonS Zürich aus kessen Gebiet abgehatken werden sollte. Muthinaßlich ist diesen Herren erst jetzt die Verantwortlichkeit klar geworden, welche sie mit ihrer doktrinären Unterstützung des svcialistischcn NccurscS aus sich genommen haben. Abermals hat man einen Dynamitfund in England gemacht — glücklicherweise wiederum rechtzeitig. Der Cor responkent der ,/!r." thcilt darüber unter dem 30. Juli Fol goudcs mit: „Nach einer heute aus Glasgow eingetroffenen Depesche wurde in den, der Steel Company of Scotland gehörigen Hallside- Street-Wcrken bei Glasgow ein Packel Dynamit zwischen zwei Hochöfen entdeckt. Die Quantität würde hingrreicht haben, die ganze Fabrik in die Lust zu sprengen. Nur der zeitiaen Auffindung ist es zuzuschreiben, daß keine Explosion stattfand. Die Polizei hat eine Untersuchung eingcleitet. Eine zweite Depesche ergänzt diese Mittheilungen; dieselbe lautet: „Sosort, nachdem das Dynannt hinter den Hochöfen ausgesunden worden war, wurde die Polizei davon benachrichtigt. Anfänglich glaubte man, daß eine Anzahl streikender Arbeiter de- Anschlags schuldig wären, diese Annahme scheint sich indeß al» irrig erwiesen zu haben. Explosions-Stosse waren in den Werken vorhanden, da man dieselben mitunter zum Sprengen großer Metallstücke verwandle, doch gelangten nie größere Quantitäicn zur Benutzung, während die hinter den Hochöfen aufgesundene Menge hinreichend gewesen wäre, die ganze Fabrik zu zerstören." Aus Vieser Darstellung dcö SachverhailS geht noch nicht klar hervor, ob man cS in diesem Falle mit einem schweren Verbrechen oder einer groben Fabriässigkcit zu thun hat. Unter der Uederschrist: „Die Fenier in Amerika" führt die „Kölnische Zeitung" aus, daß in dem ameri kanischen Unabhängigkeilsdranae neben seinen großen Vor zügen auch eine bedenklich- Gefahr für die Republik und die Gesellschaft wurzele: der Mangel an Achtung vor der Auto rität de- Gesetze». „Seltsamerweise äußert sich dieser Unabhängigkeitsbrang sehr schwach gegen die Mißwirihschaft de» politischen Freibeuterthum«; desto heftiger aber gegen Alle», was aus der alten Welt kommt, die dem richtigen Vollblut-Amerikaner als ein ausgemachter Sündenpsuhl von Iunkcrwirthschast und Tyrannei gilt. Die Soeialisten vom Schlage de« Herrn Bebel sind allerdings drüben wenig beliebt, denn man versteht nicht, was sic eigentlich wollen, da ja, im Gegensatz zu Europa, für ,eden fleißigen Mann in den reichen HüliSquellen de- Lande» di« denkbar günnigsten Bedingungen seine« Fortkommens gegeben sind. Ander-» ist cs schon mit den „Tyrannen-Mürdern" vom Schlage Most ». Dieselben dürfen inAmer ika mitSicherbcil aus Mitgefühl, wenn nicht gar auf den Lorber de» Märtyrers rechnen. Insbesow der« hat aber di« Bevölkerung der Union dle keltischen Skandad macker in ihr Herz geschlossen und Maulhelden wie V'lonnovan Rossa erfreuen sich ganz unstreittg einer großen Beliebtheit. Nur wenig Leute begriffen in der großen Republik, welche Gefahr man in diesem skandaiiüchtigen Pöbel großzog. der sich heule mit Mord und Dynamit gegen England wendet und morgen vielleicht schon gegen die Regierung de» eigenen Lande« wenden kann; denn wo immer sich diese Brandredncr befinden, werden sie sich gegen Staat und Gesetz auslehnen. Die Höllenmaschine» tu Liver pool haben wenigsten» einem Thcil der amerikanischen Bcvül- keruna die Augen darüber geöffnet, welche» Zuständen sic e.it- gegensteuert, wenn sie fernerhin zuläßt, daß das schöne Asylrccht hre» Lande« so ausgesaßt werde, als ob unter seinem Schutze jedes Verbrechen gefeit sei. Bedeutende Blätter des Landes >edea dieser Nothwendigkeit bereits unumwunden Ausdruck. „T.ür >aben die Rebellion gebrochen und die Pest erstickt", schreibt der „Philadelphia Ledger", „wir werden auch die Verschwörung dieser Schufte, welche den Massenmord predigen, zu ersticken und zu brechen wissen." Die Vorstellungen, welche die britische Regierung in Washington machen wird, werden den Prüfstein dafür geben, wie weit die Republik die internationale Gcincnischädlichkcit der Di>» :»,ii- helden anerkennen wird. Natürlich wird cs auch in Amerika so wenig al- in England an Leuten fehlen, welche solche Maßnahme», gleich wie die Berunheilung Most's, als die grauenvolle» Folgen deS europäischen Despotismus hinstcllcn." Der „TnneS" wird ans Washington unterm 27. v< M. zcnieldct: DaS Staatsdepartement hat bis jetzt aus Eng- and keine amtliche Mitthcilung in Betreff der Verschiffung der senischcn Höllenmaschinen erhalten. Bi» zuin Ein gänge einer solchen Benachrichtigung wird dasselbe keine Schritte in der Sache thun. DaS Schatzamts-Departement, welchem die Meldung von der Entdeckung in Liverpool rugeganaen, besaßt sich mit der Sacke, da dasselbe derartige Verschifsungczl als eine Verletzung der SckiffSgesctze der Ver einigten Staaten erachtet, welche die Verschiffung von Nitro- Glycerin an Bord von Passagierschifscn zum Verbrechen bcinpeln, da» mit einer Geldbuße von 10,000 Dollars und, all» Todesfälle dadurch verursacht werden, wegen fahrlässiger Tödtung mit zweijährigem Gcsänaniß bestraft wird. O'Donovan Rossa machte gestern Abend» die Runde kx-i den New-Porker ZeitungS-BureauS und ersuchte dle Redactcure um Veröffentlichung eine- Briefe», worin er jede Verbindung mit derartigen Verschiffungen auS Ncw-Aork in Abrede stellt und erklärt, daß, wenn dieselben vom Scharmützelfonds ab» geschickt wären, tieS nicht in der Weise geschehen würde, um Damvfer in die Luft zu sprengen, die amerikanische Häsen verlassen. Rossa war bisher Agent für den Verkauf von Passagier-Billetten verschiedener Dampfer - Compagnien. Letztere haben ihm indeß jetzt diesen Debit entzogen. Die öffentliche Gesundheitspflege in Lachse« in» Ja-re L87». 2. Die Nahrungsmittel. (AuS dem Berichte de» LandeS-Medicinal-CollegrumS.) Bei der Beaufsichtigung der Nahrungsmittel hat daS schon rühcr erwähnte Rcichsgcsctz vom 14. Mai 1879, den Verkehr liiit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und VerbrauchSgegen« fänden betreffend, bereits in dieser kurzen Zeit den Behörden ebr gute Dienste geleistet. Diese Beaufsichtigung erstreckte ich zwar in erster Linie auf den Fleisch- und Milchverkauf, doch wurden auch, insbesondere nach erhobenen Beschwerden, häufige Prüfungen von anderen Nahrungsmitteln, wie Brod, Butter, Käse, Obst u. s. w., vorgenommen. Eine durchgreifende Fleischcontrol« kann nur durch Errichtung von Centralschlachthäusern und Einführung de» ScklachtrwangeS herbeigesührt werden. Neberall stößt aber die AuSsührnng dieser Maßregeln aus bedeutende Schwierig keiten und erfordert umständliche Verhandlungen. Dresden hat zwar seinen Centralschlächthof, doch be stehen daneben noch verschiedene Privatschlächtereien. In Leipzig und Chemnitz befindet sich diese Angelegenheit noch ini Stadium der Bcralhungcn. Insbesondere handelt e- sich in beiten Orten darum, welcher von den beiden in Frage koinmenden Factoren, ob Stadl oder Fleischerinnung, die Sache in die Hand nehmen soll. In den übrigen Städten aicbt eS wohl zum Thcil schon längst Schlacht- bäuscr, aber keinen Schlachthauszwang. Die Nothwendigkeit einer wirksamen Fleischbeschau ergab sich aber auch im Be richtsjahre wieder auS den vielerlei Fällen, in welchem dem Publicum Fleisch von an Krankheiten zu Grunde gegangenen Thiercn zum Genüsse dargcbotcn wurde. Nach den angcstelllen Erörterungen wurde z. B. in Cbcmnitz vielfach Fleisch von solchen Rindern, welche durch Nothstich gescylachtet werden mußten, zur Wurstfabrikation verwendet. Die Herbeischaffung derartigen Fleisches auS den benachbarten Ortschaften wurde von einzelnen gewissenlosen Leuten säst ge werbsmäßig betriebe». Der bereits im vorigen Jahresberichte erwähnte Fleischer in einem Dorse bei Planen hatte eben falls wieder daS Fleisch eine« crepirtcn Pferdes thcilS zu Würsten verarbeitet, thcilS in Pökel gelegt, und einige andere Fleischer hatten in abgelegenen Eckeunen bedeutend pcrl- süchtiae Rinder geschlachtet und dieses Fleisch zni» Verkauf auSgeboten. Heber den Verkauf von nicht bankwürtigcm Fleisch« aus dem Planerischen Wochenmarkte ist ans Antrag deS dortigen Bezirksarztes rin Regulativ er lassen worden, durch welches der armen Bevölkerung der Genuß eines nicht ganz tadellosen Fleisches zu ermäßigten Preisen erleichtert, gleichzeitig aber auch die Bcausnchtignng dieses FlcischverkauseS in größerem Umfange wie bisher er möglicht wird. In Borna mußte einem übel berüchtigten Fleischer, der da» Fleisch eines mit Pcrlsuckt behafteten, sehr abgcniagcrtcn RindeS trotz stadlräthlicken Verbote» feilgebotc» hatte, der fernere Verkauf von Fleischwaaren in der Stadt untersagt werden. Für Bad Elster wurde in Folge entstandenen Verdachte» vom Bezirksarzte nicht nur möglichst häufige Revision der Fleischlieserungen, sondern auch immer wiedcr- kehrende sachgemäße Besichtigung der Flcischvcrräthe in Restaurationen und Hotels beantragt. Zn den in früheren Berichten genannten Orten, welche die Trichmenschau eingcführt hatte», käme» nach Bcrnstadl. Oberodcrwitz, Leipzig. LciSnig und Hainichen hinzu. In den drei letztgenannten Orten ist dieselbe ausdrücklich als nur sacultativ bezeichnet worden. In der bei der Einsührung erlassenen Bekanntmachung deS Leipziger Stadt,atlieS wurde gleichzeitig ausdrücklich daraus hingewiescn, daß trotzdem eine Garantie für die Tnchinenlosigkcit der alS trichinensrei be fundenen Schweine nicht übernommen, sondern nur durch gehörige» Kochen, Braten, Einsätzen oder Räuchern de« Fleische» die nöthige Sicherheit geboten werde» könne. Nachdem der erste Eifer verraucht war, wurde sowohl die obligatorische, wie sacultativ« Trichinenschau ziemlich lax ge- handhabt. In OelSnih, wo dieselbe obligatorisch war, patten nur 3 Fleischer ihre Schweine auSnahni-loS unter suchen lassen. In Großenhain (sacultativ) wurde sie wegen ihrer Kostspieligkeit bald wieder eingestellt. In Hainichen nahmen nur 12 Private den Trichinenbeschaurr in Anspruch,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite