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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188108072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810807
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810807
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-08
- Tag1881-08-07
- Monat1881-08
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1881
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Erscheint täglich früh 6»/, Uhr. Keöaction und LrprdUi«» IohanneSgass« SS. Sprrchstnndkn irr Nr-artiou: Vormittag» 10—12 Uhr. .-T-iltaB 4—« Uhr. ' ^ LMiA- —' " >«««-«« »er sür dt» «Schsts»l,e«»e Nn««er teftt««te» Inserate an »acheuta-en hi» 2 Uhr Nachmittag», an Lan«. und Aesttageu srnh di«'/,» Uhr. Zu drn Filialen für Zns.-Aunatzme: Ltt« Klemm, Universitä»»straße 22, r»»i« L-sche» Kalharineastrabe 18» P. nur di« '/,2 Uhr. lMM und TiMtUilü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels - und Geschäftsverkehr Auflage LS,VS0. Äbonurmrntoprris viertclj. 4'/, Klk.» incl. Brinaerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» ahne Postbesürderung 80 Mk. «lt Postbefürderung 48 Mk. Inserate gespaltene Petitzeile 20 Ps. GrSgerr Schriften laut unserem Preis- verzeichn^. Tabellarischer Satz »ach höherem Tarif. Neclamrn unter den Nedactionsltrich die Spnltzcile 50 Pf. Inserate sind stets an die (»xpedttta« zu seaden. — Rabatt wird «ich: gegeben. Zahlung praenumerawlo oder durch Post» Nachnahme. ^ LIS. Gounlag den 7. August 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Dckaniliinilchuüs. Unter Hinweis auf die Vorschriften de» ReichSimpfgesetzeS vom 8. April 1874 »nd nach Maßgabe der hierzu erlassenen königlich Sächsische» AuSsiihrnngSvcrordnnng vom 20. März 1875 macken wir hierdurch Folgende» bekannt: 1. Die Stadl Leipzig bildet einen selbstständigen Impfbezirk, siir welchen der Stadtwundarzl Herr I)r. mod. Wilhelm Conrad Blaß al» Impfarzt und Herr vr. mod. Schellcn- berg als dessen Assistent verpflichtet worden sind. 2. Da» Impflccal befindet sich im Stadthause, Obstmarkt Nr. 3, 1 Treppe. S. Daselbst finden die öffentlichen Impfungen von hier auf hältlichen Kindern in der Zeit vom 4. Mai bi- ein schließlich 13. Juli und vom 17. August bi» Ende September laufenden Jahre», und zwar b,S auf Weiteres an .jedem Mittwoch von 'l,3 bis 5 Uhr Nachmittag», unentgeltlich statt. Daselbst sind auch die Impflinge je an dem darauf folgende» Mittwcch zur Revision vorzustellen. 4. Im Lause dieses IabrcS sind der Impfung zu unterziehen: L. diejenigen Kinder, L. welche i»l Iabre l880 geboren worden, d. lvelche in den Jahren 1874, 1875, 187«, 1877. 1878 oder t87S geboren sind und im Jahre 1880 der Jmpfpflickt nicht vollständig genügt haben (er folglos geimpft oder wegen Krankheit nicht geimpft), ü. diejenigen Zögling« vssentlicher Lehranstalten und Privatschulcn, ». welche im Jahre 1869 geboren sind, d. welche in den Jahren 1863, 1864, 1865, 1866, 1867 oder l868 geboren sind und im Jahre 1880 der Impfpflicht noch nicht vollständig genügt haben (erfolglos wicdergeimpsl oder wegen Krankheit nicht wiedergcimpst). 8. Alle hiesigen Einwohner sind berechtigt, ihre, wie zu 4 unter 1». und l d. bemerkt, impfpfUchtigen Kindern dort unentgeltlich impfen zu lasten. Ebenso wird unbemittelten, hier wohnhaften Personen, deren Kinder vor dem Jahre 1874 geboren, aber noch nickt mit Erfolg geimpft sind, die unentgeltliche Impfung dieser Kinder tu den vorerwähnte» Impfterminen hiermit angeboteu. 4. Für jede- Kind, welche- zur Impfung gebracht wird, ist gleichzeitig ein Zettel zu übergeben, ans welchem Name, Geburtsjahr und Geburtstag de- Kinde», sowie Name, Stand und Wohnung de»' Vater-, Pflegevaters oder Vormundes, beziehentlich der Mutter oder Pflegemutter deutlich verzeichnet ist. 7. Die Eltern der im lausenden Jahre impfpllichtigen Kinder werden daher hierdurch unter ausdrücklicher Ver warnung vor den in 8. 14, Abs. 2 de- JmpsgcsctzcS angedrohtcn Strafen aufgefordert, mit ihren Kindern in den anberaumten Imps- beziehentlich Revision-terminen behuf- der Impfung und ihrer Controle zu erscheinen, oder die Befreiung von der Impfpflicht durch ärztliche Zeugnisse hier nawzuwcisrn. 8. Wegen der Anberaumung der Impf» und RcvisionS termine zur Wiederimpfung beziehentlich Controle der oben unter Ua. und d. gedachten impfpflichtigen Zög linge wird an die Schulvorsteher besondere Weisung ergehen. 9 Diejenigen Eltern, Pfleaecltern und Vormünder aber, welche ihre im Jahre l88l impfpflichtigen beziehentlich wiederimpspflichtigc»' Kinder und Pflegebefohlenen, wie ihnen sreigeftcllt ist, durch Privatärzte der Impfung unterziehen lasten wollen, werden hierdurch ansgcfordert, bi- längsten- zum 30. September 1881 die erforderlichen Impfungen au-sühren zu lasten, sowie jedenfalls längsten- am 7. Januar 1882 die vorgesckriebenen Bescheinigungen darüber, daß die Impfung beziehentlich Wiederimpfung erfolgt oder aus einem gesetzlichen Grunde unterblieben ist, IN der Impseppedition im Stadthausc, Obstmarkt Nr. 3. Parterre-Zimmer Nr. 63 vorzulegcn, widrigen falls sie Geldstrase bis zu 50 Mark oder Hast bi- zu 3 Tagen zu gewärtigen haben würden. Leipzig, am 26. April 188l. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Gcorgi. Uhlmaun. Vekanulmachung. Der au» 1 August diese« Jahre« fällige zweite Termin der staatliche» Grundsteuer »st in Gemäßheit de» Gesetzes vom 9. September 1843 in Verbindung mit der durch da» Gesetz vom 3. Juli 1878 getroffenen Aende- rnng nach Zwei Pfennigen vo« jeder Steuereinheit ^u entrichten. Die Steuerpflichtigen werden de-halb hierdurch ausge- ordert, ihre Steuerbeträge von genanntem Tage ab bi« späteste»« 12 Tag« nach demselben an unsere Stadt-Slcucreinnahme, Brühl 51, 11. Stock, abzu- sübren, da nach Ablauf dieser Frist die gesetzlichen Maß nahmen gegen die Säumigen eintreten müssen. Leipzig, den 29. Juli I88l. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Tröndlin. Koch. Vekannlmachnns. D« zweite Termin der städtischen Grnndsteaer ist am 1. August diese« Jahre« nach SiuS vom Lansend de« im Kataster eingestellten Grund- Werth« fällig und werden die Steuerpflichtigen hierdurch aufgesordcrt, ihre Stenerbeträge von diesem Tage ab bis spätesten- 14 Tage »ach dcmselvcn a» unsere Stadt-Stcuer- etnnahme, Brüht 5l, II. Stock, bei Vermeidung der nach Ablauf dieser Frist gegen di« Säumigen einlrclenkcn gcsctz lichen Maßregeln zu entrichte». — Gleichzeitig ist von genanntem Tage ab und spätesten» binnen 14 Tagen nach demselben hie Kirchenanlage siir die evangelisch-lutherischen Kirche» vom Grund- besitz nach Höhe von 1A Pfennigen auf eine Einheit oder je IvttO Mark de« Im Kataster stehende« Grundwerts mit zu bezahlen. Diejenigen Grundstücksbesitzer, welche Mit glieder einer anderen mit eigenem Gotteshan« am Orte bestehenden anerkannte« Religion«- oder LonfesnonSgemetnschaft find, habe» nur de» dritten Theil »es sonst aus ihrem Grundbesitz be ziehentlich Antheil fallenden Beitrage» zu den Parochial- anlaacn zu entrichten. Leipzig, den 29. Juli ,88l. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Tröndlin. Koch. Bei dem Unterzeichneten Polizeiamte ist die mit einem IahreSgehalte von 3000 Mark dotirte erste Assessorstelle zu besetzen. Bewerber haben die in tz. 2 de» GerichtSver- sassungSgesetze« gedachte Fähigkeit zum Nichteramte naSzu- Welsen und ihre Gesuche bis spätesten« de» I. Oktober d«. I«. bei unS einzureichen. Leipzig, den 2l. Juli 1881. Da« Polizet-Amt der Stadt Leipzig. I V. Iunck, Pol^Rath. ?eld-ver-achtung. Die fitkalischen, früher zum hiesigen Poststallgrundstücke gehörig gewesenen, am Bairischen Bahnhofe gelegenen Kclvgruutz- «k Nr. 2483, 2484 und 2494 de» Flurbuchs für Leipzig mit einem Flächeninhalte von zusammen ca. 3 Hektar sollen Montan, den 12. Augnst VS. Ir«, vormittags lü Uhr auf die 6 Jahr« vom 1. October 1881 bi- zum 30. Scpteniber 1887 in der Expedition der Unterzeichneten Bauverwalterei — Schloß Pleißenburg — im Wege der öffentlichen Versteigerung verpachtet werden, woselbst auch die Versteigerung»- und Berpachtungsbe> dingungen vorher eingrsehen werden können. Leipzig, am 2. August 1981. Königlich« Vauverwalteret. Schurig. Erwrrbrkammer zu reipzig. Dannex-tag, den 11. d. M., Nachmittag S Uhr, vefkentltche Plenarsitzung tm Kammeriaraie. ^ Tagesordnung: 11 Regiftrand«. 2) AuSschubberichte a. über von Herrn Schneidermeister Farl eingercichte Vorschläge, die Lösung der Arbeiterfrage betreffend; tu über ei« für nächste Delegirten-Louferenz zugesagt«» Leierst.. betreffend die gleich mäßige Behandlung de» LchrlingSwcsenS und der Lehrlingsprüsangen. — Event. Wahl der Delegirten. «) Wahl eine» Mitgliedes und eine« Stellvertreter» für den z« < . errichtenden Eisenbahurath in Sachse». 4) Bericht über die staktgefundene Serretaa-Lonfereaz Leipzig, den 7. Aug»st 1881. W. Häckel, Vorsitzender. Herzog, Secr. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 7. August. Der unerwartet eingetretcne Tod des Bischofs Kübel von Freiburg wird für den Conslict zwischen Staat und Kirche in Baden voraussichtlich die Bedeutung eines entscheidenden Wendepunkte» gewinnen. Nachdem im vorigen Jahre der langjährige Examenstrcit beiaclegt worden, war al- einziger in den thatsäcktichen Verhältnissen liegender Disferenzpunct nur noch die Frage der Besetzung dcS Frei, burqer ErzbischosstuhIcS verblieben. Daß die ultramontanen Heißsporne außerdem die Be seitigung bezw. Abänderung einer ganzen Reihe neuerer Gesetze forderten, bewies höchstens ausS Neue, daß ein voller und dauernder Friede angesichts der HcrrschastSansprüche der römischen Priesterschast niemals zu erlangen sei» wird, prak tisch genommen aber war e» ziemlich gleichgültig; denn die Kirche hat sich diesen Gesetzen tbatsäcktick unterworfen, und somit konnten sie bei der Herstellung eine« modus vivendi nicht weiter in Betracht kommen. Der Erledigung der Erz- bischofSsrage aber haben wohl seit längerer Zeit weniger sachliche Schwierigkeiten, als ein persönliche- Hindcrniß im Wege gestanden. Tics Hindcrniß war der Wcihbischo Kübel. Länger al» ein Jahrzehnt hatte derselbe als Erz- bi-thum-verweser sungirt, die große Masse der Bevölkerung betrachtete ihn wie den rechtmäßigen Erzbischof. Hätte man ihn bei der Besetzung de» Stuhle» über gangen, so wäre da« voran-sichtlicb für weite Kreise der An laß zn neuer Mißstimmung gewesen, dem neuen Erzbischo wäre eine peinliche Stellung bereitet worden und jedenfalls wäre der „Friede der Gemüther" noch aus lange Zeit hinaus nicht hrrgcstcllt worden. Andererseits war der Staat um seiner eigenen Autorität willen nicht in der Lage, Kübel als Erzbischof zu acceptireu. Mrsönlich allerding» hat Kübel in dem kirchlich-staatlichen Conflicte keine bedeutende Rolle ge spielt. Er ragte in keiner Weise hinan» über die mittelmäßige Schablone des römischen PriesterthumS; dazu war er eine passive Natur: die ihn als Menschen gekannt, rühmen ihm echte Gutmüthigkeit nach. Um so schlimmer war die ilm umgebende Camanlla, an der Spitze derselben der erzbischöf liche Kanzleirffrector Maa». In den letzten Jahren scheint er allerding« wiederholt versucht zu haben, sich diesem Einflüsse zu entziehen; nach einigem Schwanken aber — aus welche», soweit die Examen srage in Betracht kommt, der bekannte Eonvertit Baumstark ein bedenkliches Licht hat fallen lassen — ist er regelmäßig i» das alte Berhältniß zurückgekehrt. Und so war denn sein Name — einerlei ob er mir vorgeschoben war oder nicht — verknüpft mit den schärfsten Ausbrüchen des ConflictS — Grund genug, daß man in Karlsruhe keine Neigung empfand ihn rum Erzbischof zu erbeben. Nun er anS dem Leben geschieden, wird die Erzbischofs frage wahrscheinlich einer raschen Lösung eatgcgcngebcn. Wie weil da- neulich aufgctauchle Gerücht, nach welchem der Münstcrpsarrer Br »gier in Konstanz für die höchste Würde der oberrheinischen Kirchenprovinz inS Auge gefaßt sein sollte, begründet war. mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls bört inan Herrn Brugicr als einen Mann bezeichnen, gegen den die badische Regierung schwerlich etwa- cinzuwenten hätte. Vr. Lothar von Kübel war geboren am 22. April 1823 zu Sinzheim; er empfing am 19. August 1847 die Priesterweihe, wurde 1857 Dircclor dcS theologischen EonviclS zu Frciburg, am 20. November 1867 als Domkecan installirt und in demselben Jahre zum Gcncralvicar ernannt; am 20. December >867 ward er als Bischof von Leuka i. p i. präconisirt und consecrirt am 22. März 1868. Wenige Wochen später (14. April) starb der greise Erzbischof Her °°n »iE -iib-. »"»--w»- der Diöcrse al» Capitelvicar. Unter den deres vorhab«. . vollenden. Wir Princip dcö . nicht einfach glauben, e» ist gut, derartige Widersinn- ZU Iwerlassen, der Wirkung ihre- ^g-n a l g-n W.dersmn- rettet "-«ÄLh-h».«i; .Z LL.Ä'ist L^''Si., ft«m"°i-' SA'^i,. A L" «LL d-i, i°°! »Ä.E t^ken Sckrankön, Kampf gegen alle.^^^-. alsche Aut »ität Beseitianng aller dem öffentlichen Wohl« »oer orm Rechtsanspruch- Einzelner widerstrebenden Pr'v.lrg.-n. da« Vaterlande unterzogen hat. Und hier liegt die Freche,lSlen denz deS Liberalismus. vle» Nun wird man nicht leugnen können, datz. wenn mit die ser sein Inhalt erschöpft wäre, ein Ze'tpunct eintn m müßte. an welchen, der Liberalismus s-m- s-rn-re Berechtigung e n- büßte. Aber er hat. wie anaedeutet, eine höhere Mission für welche die einfache Freiheit-sormel nicht ausrecchl. « 'd so fern gewisse Parteibildungen den Liberalismus an dwse ein zige Forniel b.ndcn möMm^Ürde allerdings «n hatkäs» ssges Dnrchk^m eknS^rr^en VngWnir^tz^ «oE-theit- nothwendig sein, »m den LiberaltSmu« zu wciterer lcben« voller Entwickelung und zu seiner Vollendung vorwärt« zu bringen. Ob nun der Kanzler der Meinung war, dag dieser Fall vorliege, können wir mcht wissen. ^ Soviel geben litte crklerdmg» zn, daß der prakMche Zag in seiner Politik ganz dazu angethcm wäre, em ssroßeS poli tisches Princip vor dem Versumpfen m starren Partcidoctnnen zu bewahren. Aber wie will man unS nun glauben machen, daß der Reichskanzler mit der neuen Wendung ferner inneren Politik die Absicht verbunden hat, den Weg zu jcnen großen positiven Zielen de« LiberaliSmu« einzuschlagen? D,e Versicherung, dag c« sich um Reformen handle, welche der nationalen Arbeit, dem wirthschaftlrch Schwachen, dem Armen zn Gute kommen sollen, liegt zwar im Geiste de» Liberal,- muS, aber welcher Anhalt wird dafür geboten, daß diese Re formen selbst in diesem Geiste vollster Gerechtigkeit, selbstloser Menschenliebe auSgefübrt werden sollen? Die Bundesgenossen, welche der Kanzler sich zu seinem Werk« ausgesucht hat, lassen nicht darauf schließen. Und wir können, wenn man uns den Reichskanzler al- den künftigen „Vollender de« Liberalismus" feiert, doch nur nach dem Satze urtheilen: „Sage mir, mit wem Du umgehst, so will ich Dir sagen, wer Du bist." Hält man die letzten Principien de« Liberalismus für be rechtigte, so mag man sie sich nur auf dem Boden de» Liber». liSmuS selbst verwirklichen lassen. Mit reaktionären Kräften wird man vergevenS versuchen, vorwärt» zu kom men. ES ist eine arge Verleumdung, daß unsere Liberalen nach der Auflösung de- staatlichen, gesellschaftlichen und wirth- scbastlichen Leben-, nach der Erschütterung aller Autorität trachten. Biel eher zeigt diese Merkmale die gegen dieselben jetzt bcrausbeschworene Reaetton. Wir wollen hier da» Haß und Zwietracht nährende, eigennützige, entsittlichende Treiben, welche- unS umgicbt, nicht wiederum schildern, wir wollen die frivole Verleumdung, die freche Verhöhnung berechtigter Auto rität, die anmaßende und von hervorragenden Seiten genährte Selbstüberhebung geistiger und sittlicher Unreife nickt des Näheren .beleuchten. Aber durch so bedenkliche und für die nationale Wohlfahrt gefährliche Verwirrungen geht der Weg nicht, der zur „Vollendung de« Princip- de« Liberalismus" führt. Die Rede, welche Gambetta am Freitag in Tour- gehalten bat, liegt heute in ausführlicher Fassung vor. Der Kammerpräsident erinnert« daran, daß m den letzten 10 Jabrcn Frankreich seine Finanzen in gute Verhältnisse ge bracht. und seine militairische Größe unter der Fahne der Republik wicderheraestcllt habe. Tie monarchische Partei sei besiegt. Für die Republik fei der Zeitpunkt gekommen, die von ihr seit langer Zeit gemachten Versprechungen zu er füllen: die sociale Selbstständigkeit, die vollständige Frei- heit »n der Politik und «in unausgesetzte» Fortschrei- ten. Gambetta sprach sich sodann in warmen Worten anerkennend über den Präsidenten Grevy au», lenkte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf die gegenwärtigen stu- stdnde und drückte sein Bedauern darüber au», daß dir Liken- wähl nicht angenommen worden und e» so nicht möglich ae- w"den sei, die Demokratie in ausgedehnterer Weise darüber ru Rathe zu ziehen. Ter Redner unterzog sodann die ver- schiedenen. von ihm al» nothwendig anerkannten Reform- Vorschläge rmcr eingehenden Betrachtung und äußerte sich mißbilligend darüber, daß der Senat den Laien-Unwrnchl m»t genehmigt habe. Er fei für da» Bestehen von zwei Kammern wolle aber, daß dieselben von einem Geist» beseelt Senat geltende Wahlsystem, sowie die Be ug- msse de» Senate» seien abzuändcrn. Die ersten von derNational- Versammlung als unabsetzbar gewählten Senatoren müßten sich einer neuen Wahl, welche von einem Eongreß vorzunehnien sei. unterwerfen. Ferner verlange er die weitere Entwickelung de» Unterricht» und die vollständige AssociationSsreiheit Die ^'c ^""'den Ausgaben faßte der Redner in folgende 1) theilweise Reform der Verfassung im Hmblick aus den Senat. 2) die Herstellung einer Frantreick richtig reprälcntirenden Majorität. Z) die Wiederber, st-lluna und die Achtung der Prärogativ-der alle übrigen offenstehendeu Fragen lösen. Da e« demo kratisch sei. werde sich Niemand, wie auch die Entschei dung autfallen möge, derselben widersctzen. Wenn eine Spaltung rmtretcn sollte, so werde die» nur eine Rivalität in Bezug aus di« Pflichten sein, nicht eine solche in Bezug aus die Herrschaft. — Die Rede Gambetta'- wurde w» großem Beifall ausgenommen. — Wa» Gambetta aber unter der „Wiederhersielluiig und der Achtung der Prärogative der adininisirativen Gewalt" versiebt, ist cbwcr ersichtlich. Nack dem Sinne, den man mit diesen Worten verbinden muß, hätte sich Gambetta in Widerspruch mit sich selbst gesetzt, war er cS doch gerade, der gegenüber der Administrativgcwalt stets die Prärogative der gesetzgebenden Gewalt betont wissen wollte. Freilich haben sich die Reden Gambetta'S stets durch ihren Mangel an Klarheit ausge zeichnet, wie er auch niemals unterlassen kann, in mehr oder minder verhüllter Form die Nevanchcidec durchblickcn zu lassen. — National" und andere Blätter bekämpscn die Bankettrcde Gambetta'S als ein unbestimmte« und gefährliches Programm und sprechen sick gegen die Idee einer tbcilwcisc» BersassungS- revision hinsichtlich der Bestimmungen über den Senat ausö Enl- chiedenste aus. Der „TempS" billigt Gambetta'S Rede und meint, daß dieselbe einen große» Einfluß aus die Wahlen ausiibcu werke. Bezüglich einer Modisicativn dcS Senats müsse er sich indcß unter allen Umständen seine Ansicht Vorbehalten, er balle eine olche auch nicht für dringend. Man schreibt uns aus Berlin: „Wenn der Reichstag, waS neuerdings wieder fraglich geworden, noch in diesem Jahre berufen werden sollte, so wird sein Aufgabcnpcnsum dock nur ein reckt dürftige- sein. WaS speciell die Arbeiten betrifft, die zum Ressort dcS RcickSamtS deS Innern gehören, so sind dieselben so umfassender Natur, daß noch Monate dazu gehören werden, um sie soweit zu fördern, als cS wün- schcnSwertb erscheint. ES kommt aber Hinz», was nickt zn unterschätzen ist, daß die ohnehin nickt zu zahlreichen Kräfte, über welche daS gedachte Amt verfügt, während deS lctzlcn Winter- und de» vergangenen Frühjahr» so angestrengt worden sind, daß man ihnen in der That nicht mehr zn leisten zumulben könnte, selbst wenn man die Sacke forcircn wollte. Kürst Bismarck ist aber z. Z. gar nickt willens, irgend einen seiner Pläne zu sorcirc». Er will erst das Eegebniß der RcichSlaqSwahlen abwarten und richtet auf sie seine ganze Aufmerksamkeit. Namentlich aber liege« ihm die Berliner Wahldinge sehr am Herzen. Wie in Kreisen, die ihm nahe stehen, versickert wird, würde er schon sehr zufrieden sein, wen» wenigstens in einem der sechs Berliner Wahlkreise ein Gegner des Fort schritt» gewählt werden möchte. Ob das ein mrbr oder weniger streng Conservativcr, ein Christlick-Socialcr oder ein Vertreter einer der anderen antifortschrittlickcn Parteien sein würde, dem man zum Siege Verbelse, wäre ihm ganz gleich gültig. Wie man hört, werden »n September mehrere nam hafte Conservativ« nach Berlin kommen, um in den ver schiedenen hiesigen Wahlkreisen neues Leben in die Bewegung zu bringen und sich die besondere Gunst dev Reichskanzlers zu verdienen." Der Reichskanzler hatte bekanntlich darin, daß der Landrath vr. Baumbach mit dem Abg. vr. La Sk er in einem Wagen gefahren, eine amtliche Beeinflussung erblickt und in seiner damaligen Rede eines bis jetzt »och unvcr- öffentlichen RescriptS erwähnt, wonach die Verwaltungs beamten und Richter sich aller Wahlagitationen zu ent halten hätten. Hierzu sei bemerkt, daß sich vor einigen Tagen im zweiten weimarischen NeichStagSwahlkreife in einigen kleinen Städten consrrvative Vereine gebildet haben, an deren Spitz« Beamte und Richter stehen. AnS einer dieser Städte ist an den Reichskanzler ein BegrüßungStelc- gramm abgegangen und dieser hcttnuncmdcn Amtöricktcr Trautvetter in LengSscld folgendes Telegramm abgesandt: „Ew. Hochwohlgcboren danke ich verbindlichst für die in dem Telegramm des dortigen konservativen Vereins ausgesprochenen wohiwollenden Gesinnungen und bitte Sie. auch den be theiligten Herren meinen Dank für ihre znstimmende Be grüßung aussprechen zu wollen." Man schreibt uns auS Berlin: Dem Berliner Magi strat ist durch den Obcrpräsidenten Vr. Achenbach schon wieder eine Vorlage wegen dcS Platze-sür ein ReichStags- aebäude zugcgangen. ES heißt in der Mitthcilung, daß der Kaiser zu dem vom Reichstage in Aussicht genommenen Bau platz« (kleiner KönigSplay) die allerhöchste Genehmigung nicht ertheilt habe. Die Regierung bleibt bei ihrem Vorschläge, da« PalaiS RaczynSki anzukaüscn, sieben, will aber den Bau platz etwa» südlicher rücken und beansprucht dafür von der Stadt einen Theil der Sommcrstraßc. Der Magistrat erklärt sich dazu bereit, wenn der Stadt anderweitig Raum für die Verlegung der Straße geschaffen wird, und wird später bei der Stadtverordnetenversammlung, die gegenwärtig Ferien hat, die Bewilligungbeantragcn. Vorläufig ist aus den Mitlbeilungen, die in die L>efscntlichkeit dringen, über den Plan noch nicht recht klug zu werden. Wird wirklich der Bauplatz so weit nach Süden gerückt, wie es beabsichtigt zu sein scheint, so wird die bisherige scköne Symmetrie deS KönigSplatzcs, in der Krolt'- scheS Etablissement und PalaiS Raczynski mit einander corrc- spondiren, unrettbar zerstört. Vorläufig ist auch »och nicht anzunchmcn, daß in dem neuen Reichstage sick eine Majorität für den Ankauf deS PalaiS Raczynski finden wird, indcß be weist die Vorlage der Regierung an den Magistrat das Eine, wie wenig ernst die Drohung dcS Fürste» Bismarck mit einer Verlegung deS Parlament- zu nehmen war. Auch an einen Neubau für ten preußischen Landtag will man jetzt Heran gehen. Die technischen Vorarbeiten sür den Entwurf sollen im Maybach'scbcn Ministerium schon soweit fertig gestellt sein, daß daS Abgeordnetenhaus in seiner nächsten «cssio» eine Vorlage mit Sicherheit erwarten kann. Der Bischof von RcgenSburg bat anläßlich der Vor kommnisse bei der Uebcrsührung der Leiche Pius' IX. einen nicht eben mißverständlichen Hirtenbrief erlassen, in welchem cS nach der „Germania" u. A. heißt: „Immer wieder müssen >>ch die Katholiken aller Länder vor Augen halten, daß der gegenwärtige Zustand im Rom unerträglich, ein fortgesetzte- Unrecht ist: daß die Freiheit und Würde dcS Statthalters Cbristl aus Erden unbedingt die Zurückcniatlung der Statt Rom und seine- rechtmäßigen Besitzes fordert; daß die heiligsten Reckte un Völker- wie im Privatleben bedroht und in Gefahr sink, wenn da- am h. Stuhl begangene Unrcckt fortgesetzt, durch neue Ereignisse vergrößert wird, wenn selbst gegen so arge Verletzungen der cbm gesetzlich garantirtcn Freiheit und Sicherheit kein Sckutz und keine Athülfe aus Erden sich findet. Möge Gott, der Herr der -Herrschenden, die irdischen Gewalt-
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