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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.08.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188108288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810828
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810828
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-08
- Tag1881-08-28
- Monat1881-08
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.08.1881
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Erscheint täglich MH 6'/, Uhr. Kr-artion und LnrdUiop Ivhannesgaffe 33. S»rkchftnndkll drr Ned-rtt-a: Vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag« «—6 Uhr. WLÜ"""" ^ Anuatzmr »er für »te »Lchstf«l«eude Nummer tzesttmmtrn Luserute au w«chn»»«,en tzl« 3 Uhr Nachmtttaa«. «» G«uu-««» Festtaaco früh hi»ft,tz Uhr. In den Iilialea für Ins.-Ännahmr: Ott« Me««, Universttätsstraße 22. L»»t« Lüsche, Katharinenstraße 1ö, p. «ur »iS '/,» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschüftSverkehr. Auflage LS,SSV. Abonnementspreis viertelj. 4'/, Md., incl. Brinacrloha b Mk„ durch die Post bezöge» S Mk. Jede einzelne Nummer 2b Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» ohue PostbesSrderung 39 Mt. Mit Poftbesörderung 48 Mk.. Inserate sigespaltene Petitzeile »0 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Dabellarischer Satz nach höhere» Tarif. Ltktamen unter de« Urdactiousftrutz die Spaltzeil» bO Df. Inserate sind stets an die «rpetzttta» z» senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prneuumeranilo oder durch Post» Nachnahme. 24«. Sonntag den 28. August 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Don heute ab beträgt bei der RcichSbank der Discont 8 Procent, der LombardzinSsuß v Procent. Berlin, den 26. August 188t. ReichSbaak-Directortu«. -eßenlttche Sitzung -er Stadtverordneten Mittwoch, am 34. August ». o., Abeud» v'/, Uhr tu» Saale der I. Bürgerschule. Tagesordnung: I. Gutachten de- Oekönomie- bcz. Bau- und Stiftungs- AusschuffeS über u. den Parccllirungsplan für das dem JohanniShoSpital gehörige Areal an der Albert-, Victoria- und Carola-Straße rc. tu Reudnitz; d Abtretung eines an der neuen Verbindungsbahn gelegenen ArealstreisenS an die CtaalScisenbabn-Derwaltung; o. Anlage eines neuen Fußweges im Nonncnholze längö der Fluthrinne; ä. die vom Rathe abgelchute Ausstellung von Ruhebänken an der Götbestraße. II. Bericht deS Oekonomic-AuöschuffeS über Kostcnverwilligung der gemischten Ockonomie-Teputation für bauliche Her stellungen im Gute Cunnersdorf. UI. Gutachten des Bau- und Oekoncmie- bez. Finanz-AuS- schuffcS über », den Verkauf eines Bauplatzes an der Ecke der Biömarck- und Plagwitzcr Straße; d. die Uebcr- lastung des zur Errichtung des MartinSstiftS an der Arndtstraße verwendeten Platzes an den Verein zum MartinSstist; e. den Verkauf eines an dem Wege von der Central- nach der Dorotheenstraße gelegenen Areal dreiecks ; ä. die AuS- bez. Einflurung einiger Arealstreisen au der Lcipzig-Connewiper Grenze; e. den Bebauungs plan für VaS Areal der ehemaligen Lcidcnroth'schen Ziegelei an der Walkstraße; k. ein Abkommen mit Herrn vr. Heine über Regulirung und Herstellung der ThomasiuS- straße: g. die Positionen 164 und 177 in Conto 1, Abtheilung Ll. deS Budgets. Veklmiltumchllllg. Wegen de- am Vorabend de» SedanfesteS zu veranstalten den FackeizugeS nach dem Napoleonstein wird die Wt«d» wUhteustratze und der Wtad«ühlenweg am Doaoec-tag, de« 1. September d. I., t» der Zeit vo« 8»/, bis 1« Uhr Abend- für den Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 26. August 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Harrwitz. Bekanntmachung. Herr Jnltn- Theodor Lehman» beabsichtigt in seinem an der Moritzstraße unter -kr. 1« gelegenen Grundstücke Nr. 22l6 des Flurbuchs und Fol. 63 V des Grund» und Hypothekenbuche« für die Stadt Leipzig eine Schlächterei für Kleinvieh zu errichten. Wir bringen dieses Unternehmen hiermit zur öffentlichen Kenntniß mit der Aufforderung, etwaige Einwendungen dagegen, welche nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen, de: deren Verlust binnen 14 Tagen bei un- anzubringen. Einwendungen, welche auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind, ohne daß von der Erledigung derselben die Genehmigung der Anlage abhängig gemacht werdest wird, zur richterlichen Entscheidung zu verweisen. Leipzig, am 24. August 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. Pr. Georgi. Uhlmann. Bekanntmachung. Wegen Vornahme von Pflasterungsarbeiten wird der Petersstelnweg auf der Strecke zwischen dem König liche« Gericht-gebünde und dem sogenannten römischen Hans« (Nr. 9/lO ves PeterSsteinwegS) von Montag, den 2V. Angnst d. I. ab bis aus Weitere« für den Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 26. August 188l. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. Königliche Akademie der bildenden Liinöe und Lunßgerverbrschule zu Leipzig. Die Studien im Winterhalbjahre 1881/82 beginnen Montag, den 3. Oktober n. o.» die Dagcscurse früh 8 Uhr. die Abendkurs« um 5 Uhr. Anmeldungen zur Aufnahme sind in der Zeit vom 15. »iS »». September in der Expedition, weftl. Flügel der Pleitzrnburg U. Etage, Nachm, zwischen 4 und 5 Uhr zu bewirken. Leipzig, am 24. August 1881. Der Dtreet»r: Nieper. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 28. August. Heinrich». Treitschke hat bekanntlich seinen Freunden lm Kreuznacher Wahlkreise dieser Tage «ine Rechtfertigung feine« Au-tritt« auS der nationalliberalen Partei gegeben. ,.E« sind darin — so schreibt die„Nat.-Lib. Eorresp."— verschiedene Vorwürfe gegen die letztere enthalten, die wir nicht uawiderlegt lassen mögen. Zunächst ist e« ein Jrrthum deS Herrn.von Treitschke. daß „der Bruch zwischen den» Reichskanzler und den Nationalliberalm" mit der Verwerfung de- ersten SocialistmgesctzeS begonnen habe. Wäre dem so gewesen, so hätte mit der Annahme de« jweiten Socialisten- gesetze- Alle« wieder ausgeglichen sein muffen. Thatsächl'ch war eben der „Bruch" schon erheblich früher ringetreten, lange vor dem ersten Attentat war da« berühmte Wort von dem „an die Wand drücken" gefallen: der Beginn der Spannung rührt vo» dem Zeitpunkte de« Scheitern- der nationalliberalen Munstrrcombiuation im Anfang de« Jahre- 1878 her. — Es ist ferner ein Jrrthum deS Herrn von Treitschke, wenn er behauptet, die nationalliberale Fraktion habe den Zoll tarif verworfen »nd doch nicht anzugcbcn gewußt, durch welche anderen Mittet das Reich seinen Geldbedarf decken solle. Die »ationalliberale Fraktion hatte sich seil langen Jahren bereit erklärt, die Mittel zur finan ziellen Selbständigmachung deS Reichs zu bewilligen, sie war mit dem Reichskanzler einig in der Absicht, dies Ziel aus dem Wege geeigneter Finanzzölle zu erreichen. Aber sie vermochte nicht zu begreife», warum diese Finanzzölle untrennbar ver knüpft sein müßten mit einem in unerhörter Eilfertigkeit zu- sammeiigcstcllten System neuer Schutzzölle, warum nicht gleichzeitig mit ihrer Annahme Garantien für ein un geschmälertes Budgetreckt deS Reichstags geschaffen werden könnten, warum die neuen Einnahmen, statt zur finanziellen Selbständigmachung dcSNeickS, vielmehr (aus dem Wege deS An trags Frankenstein) zur Verewigung der Matricularbeiträge, statt zur Stärkung der nationalen Entwickelung vielmehr zu einem Triumphe der particularistischen Bestrebungen führen mußten. AuS diesen Gründen hat die nationalliberale Partei den Zoll tarif abgelehnt, und Jedermann kann danach ermesscn, wie wenig sowohl dem einen Vorwurf, die »ationalliberale Fraktion habe die Mittel zur Bestreitung der NcichSbcdüsnisfe nickt anzugcben gewußt als dem anderen von der „Gleich gültigkeit" der Fraktion „gegen die nationalen Pflichten de» deutschen Reichstags" eine Berechtigung innewohnt. — ES ist endlich nochmals ein Jrrthum deS Herrn v. Treitschke, wenn er, zur weiteren Bekräftigung deS letzteren Vorwurf», die nationalliberale Fraction beschuldigt, sich der vom Reichs kanzler erstrebten Vollendung der „verfassungsmäßigen Eindeit deS deutschen Zollgebietes" widersetzt zu habe». Um die- Ziel der BiSmarck'schcn Politik hat eS sich in den bisherigen RcichSIagsdcbatten über die sogenannte Hamburger Frage gar nickt gehandelt, sondern lediglich um die Methode. Diese Methode hat die nationallibcrale Fraction weder als mit dem Buchstaben noch als mit dem Geiste der NeichSver- fassung in Einklang stehend zu erkennen vermocht und darum, nur darum hat sie derselben nickt ihre Unterstützung geliehen. Eine vollständig andere Frage ist, wie sie sich zu der mate riellen Seite der Anschlußsrage stellen wird, nachdem die sormalrechtliche Seite durch den Vertrag mit Hamburg nun mehr erledigt ist. — In welchem logischen Zusammenhang schließlich in dem Schreiben deS Herrn v. Treitschke die Polemik gegen den Ruf „Fort mit Bismarck" mit der Kritik de« Verhalten« der Nationalliberalen steht, ist un« schlechter dings unerfindlich." Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" kehrt sich mit größter Entschiedenheit gegen die Versuche der Berliner FortschrittSprcsse, dem deutscken Volke die Feier deS SedanfesteS zu verkümmern. Das genannte Blatt schreibt: Das deutsche Bolk war sehr bald darüber einig, an welcken Tag cs seine nationalen Erinnerungen anzuknüpsen habe, dessen immer wiederkehcend« Feier den kommenden Geschlechtern Gelegenheit geben wird, sich mit Stolz und Dank an die Großtbalen und Opfer ihrer Väter zu erinnern und in der Hingebung derselben an da« Baterland eine stet- neue Aufmunterung und patriotische Belebung zu entnehmen. Und doch werden bereit« Versuch« gemacht, in den nationalen Schatz großer patriotischer Erinnerungen Einbruch zu verüben. Nicht direct. Ma» will dem Volke sein Sedan fest nicht ohne Weitere- verbieten; aber in der Fortschritt-Presse wird bereit» dahin plaidirt, die Jahresfeier in eine Decennialfeier zu verwandeln, als wäre — um mit dem Dichter zu reden — der Patriotismus „eine HeringSwaarc, die man einpökelt auf viele Jahre". Wir begegnen jedenfalls nicht zum ersten Male dem Versuch« der Fortschrittspartei, das Volk in der Pflege seiner patrioti schen Erinnerungen zu stören. Wir erinnern an 1863 und die Versuche, welche gemacht wurden, um den Eindruck der 50 jährigen Jubelfeier und deS königlichen Erlasse« vom 17. März „Zum Gedächtniß Friedrich Wilhelm'« lll. und des Freiheitskriege«" nach Möglichkeit abzuschwächen. Wir verstehen auch vollkommen, warum jetzt wieder die Fort schrittspartei die Erinnerungen an 1870/71 zurückdrängen möchte; denn im Interesse der Fortschrittspartei ist es nicht, wenn di« deutsche Ration jetzt gerade, inmitten de« Wahlkampfe», daran erinnert wird, zu wie großem Dank sie ihrem Kaiser, der Armee und dem Fürsten Bismarck verpflichtet ist. In dem Augenblicke, tu welchem der fortschrittliche Liberali-mu« die Wieder- gebürt Deutschlands zu seinen Großihateu zählt, möchte er nicht gern, daß die Nation an Sedan erinnert wird. Aber das deutsch« Volk wird sich seine Erinnerungen nicht nehmen lasse» und e» wird an denselben sein Uriheil über die Bestrebungen der Gegenwart schärfen. In Berlin tagt gegenwärtig die orthodoxe evange lisch-lutherische (sog. „August-") Eonserenz innerhalb der preußischen Landeskirche: dieselbe hat einstimmig folgende Resolution in Betreff der Judensraa« angenommen: „Die Eonserenz erachtet die sich in weitem Umfange geltend machende antizUdischc Bewegung für den Ausdruck der in unserem Volke zum Durchbruche kommenden Erkrnnlniß de» auf ihm von Seiten der jüdischen Bevölkerung vielfach lastenden Druckes und der Zersetzung, mit welcher unser Staats- und Volks leben durch den gegenwärtigen Einfluß der Juden aus das selbe bedroht ist. Sie beklagt aus» Tiefste die Rohheiten und Gewaltsamkeiten, zu welchen Die« hie und da geführt bat; sie ist aber noch schmerzlicher bewegt durch die schwere Verschuldung de- eigenen christlich-deutschen Volke», welche solche Stellung der Juden in ihm ermöglicht hat. Sic ruft dasselbe auf, einerseits eingedenk zu bleiben, daß uns da» Heil von den Juden gekommen ist, und daß ihm die heilige Pflicht obliegt, an ihrer Bekehrung mit aller Treue zu arbeiten, aber ebenso eingedenk zu sein der großen Verantwortung, die Gaben und Gnaden, welche Gott ihm von Natur und dann durch da« Christenthum hat zu Theil werden taffen, zu bewahren und zu pflegen, ein Staats- und Volksleben darzustellen, durch welche» die Juden für das Ehristenthum gewonnen werden, ihnen allen Schutz und bürgerliche Freiheit zu gewähren, sich selbst und ihnen aber die unschätzbaren Güter der christlichen Ehe, der christlichen Schule, der christlichen Obrigkeit zu erhalten, beziehungs weise wieder zu erwerben." Die „Kreuzzeitung" bemerkt triumvhirend dazu: „Wir freuen un» der Annahme dieses Beschlusses. Er entspricht durchaus dem Standpunkt, den auch unsere Zeitung fort und fort in dieser Angelegenheit vertreten hat." Di« Geschichte de» „Ciilturkampss" in Preußen hat ihre erste cictenmäßiac Darstellung gefunden. Der durch seine Bücher über den Fürsten Bismarck bekannt gewordene Geheimrath Ludwig Hahn, der eigentliche Leiter der amt lichen „Provinzialeorrcspondcnz", hat cS für angemessen er achtet, zur richtigen Erkenntnis der Anfänge und der Ursachen deS „geistlichen Kampfe», in dem wir noch stehen," das ihm in reichem Maße zugängliche Material zu sammeln. In der Vorrede glaubt der Verfasser in Anbetracht seiner Stellung zum StaätSministcrium hervorheben zu müssen, daß die An regung und Ausführung seiner Ausgabe ohne jeden Zusam menhang mit der Regierung, daher auch ohne jede Verant wortlichkeit von ihrer Seite entstanden sei. Nicht uninter- effant ist der Schluß der Ueberstcht, die mit der Vorrede dem sehr sorgfältig gesammelten Actenmaterial vorauf geschickt worden ist. Es heißt in derselben wörtlich: „Es ist de» Verfasser- und gewiß aller Patrioten sehnlicher Wunsch, daß cs dem ernsten Streben unserer Regierung bald gelingen möge, einen vollen und dauernden Frieden herbei zuführen. Die Aufgaben, welche der Staat und die Kirche nach ihrer beiderseitigen Bestimmung zu erfüllen haben, be rühren sich so mannigsach, daß der eine nickt in seiner That- kraft gelähmt werden kann, ohne Beeinträchtigung deS andern. Jetzt aber haben beide in den socialen Angelegenheiten nach dem Zeugniß deS Papstes, wie nach der Ueber- zeugung unser hervorragendsten Staatsmänner, so schwierige und zugleich so unaufschiebbare Ausgaben zu erfülle,,, daß um so mehr die Einigkeit aufrichtig erstrebt werden muß." DaS Buch schließt mit der Erwähnung deö UebertrittS deS Ministers von Puttkamer inS Ministerium deS Inner» und der Ernennung deS Herrn von Goßler zum CuttuSminister. Nach Herrn Hahn wäre also der 17. Juni d. I. auch äußer lich alS endgültiger Abschluß deS Culturkampse« zu betrachten. Tie sich aiibahnendc Differenz zwischen dem Fürsten BiSmarck und dem Herrn von Keudell mag ihren tiefere» Grund in politischen Gegensätzen, ihren äußeren An laß in der veränderten Gestaltung drr kirchenpolltischeil Ver hältnisse haben. Ohne Zweiset wmmt aber auch den Fragen nach der Stellung Deutschlands zu den italienischen Ailtehnilngüversuchcii an da- mitteleuropäische Bündniß ein gewichtiger Anlhcil an der vorhandenen Spannung zu. Wir wissen auS guter Quelle, daß Herr v. Keudell vor seiner kürz- lichen sicitiani scheu Reise Anlaß genommen, einem der Minister deS jetzige» italienischen Cabinels seine Ucberzeugung auszndrücken, wie sehr der Kaiser von Oesterreick die geeignetste Persönlichkeit sei, die Vermittlerrolle zwischen Italien und Deutschland zu übernehmen. Nun ist es merkwürdig genug, daß gerade in der osficiösen deutschen Dresse der Gedanke de» Eintritt« von Italien in da« Bündniß der europäischen Groß mächte stet- mit einer Kühle behandelt worden ist, die gerade nicht daraus schließen ließ, daß Fürst BiSmarck ein begeisterter Freund jener Idee sei. Der Gedanke liegt nahe, daß zwischen dem Kanzler und dem deutschen Botschafter in Rom ein nicht unerheblicher Gegensatz in der Abschätzung deS Werths der italienischen Freundschaft vorhanden ist. Und wenn auch die Annahme auögeschtoffcn erscheint, daß der letztere irgend wie seine Vollmacht überschritten Hab«, so mag er immerhin im Quirinal Hoffnungen erweckt haben, zu deren Er füllung Fürst Bismarck die Zeit doch noch nicht für gekom men erachtet. Gambctta'S Leiborgan, die „Röpublique Frantzaise", bringt einen Leitartikel, unterwelchen Bedingungen der „Sieger" von Bclleville die Präsidentschaft deS Ministeriums an- nehmcn würde. ES ist kaum glaublich, daß Grevy solche Be dingungen annimmt. Trotzdem wird in Paris mit Bestimmt heit von den, neuen Ministerium Gambetta-Ferry-Say- Freycinet — Letzterer als Kriegsministcr — gesprochen. Jedenfalls steht allem Anscheine nach eine Minister- krisiö unmitteloar bevor. Während Barthelcmh-Saint- Hilaire diese Möglichkeit einer Neubildung des CabinctS bereits angekündigt hat, sind zwischen dem gegenwärtige» Ministerpräsidenten JuleS Ferry und Gambetta, wie vor einiger Zeit verlautet, Vereinbarungen über die „Thcilung der Beute" getroffen worden. Die letzte Rede JuleS Ferry'S, in welcher sich derselbe auf den Boden de- vom Kammer- Präsidenten entwickelten RevisivnSprogramms stellte, zeigte in der Thal, daß eine Aussöhnung zwischen den beiden „Präsi denten" erfolgt ist. Dieser Separatfrieden wurde allerdings über den Kopf JuleS Grevy'S hinweg geschloffen, dessen Organ „La Paix" zu derselben Zeit noch die Resormpläne Gambctta'S be züglich de» Senates bekämpfte, «US JuleS Ferry sich bereit» „unterworfen" hatte. Damal» wurde hervorgehobcn, daß der Ministerpräsident sich da» Amt deS Unterrichtes in dem zu bildenden Eabinct Gambetta gesichert habe. In der nunmehr telegraphisch übermittelten Verbindung tritt denn auch JuleS Ferry als UnterrichtSminister auf, während Gambetta daS Präsidium ohne Portefeuille übernehmen soll. ES ist aber bezeichnend, daß der Letztere, der sich bisher von jeder ver antwortlichen Stellung frei hielt, auch in dem geplanten „ZukunftSministerium" aus die Leitung eine» bestimmten rlleffortministcriumS Verzicht leisten will. Andernfalls würde sich allerdings sehr bald zeigen, wie wenig der bisherige Kammer präsident trotz aller,^nots sonores", trotz all seiner volltönenden Phrasen, wirklich schöpferischer Idee» fähig ist. — Zur Lage wird der „Nat.-Ztg." aus Paris tetegraphirt: „Daß Gambetta Ministerpräsident werden will, gilt nunmehr a>S ausgemacht. Dageaen wird jetzt die Frage aufgeworfen, ob Grevy geneigt ist, Gambetta die Neubildung de» Cabinet» zu übertrage», ohne dazu durch die Stimmenabgabe der Kammer durchaus gezwungen >n sein. Diese Frage wird aber vielfach verneint. Der Brief Gambetta'» an seine Wähler in Bclleville. worin derselbe seinen Entschluß ankündigt, seine Candidatur bei der Stichwahl im zweiten Wahlkreise von Bellevillc zurückzuziehen, wird als ein neuer Beweis dafür angesehen, daß er die Noth- wendigkeit erkennt, mit den Radikalen vollständig zu breche». Letztere werden i» dem Briese Gambctta'S als „Demagogen" be» zeichnet." — Sicher scheint nur, daß der Präsident der Republik >ich ausö Abwarten legt. Grevy kehrt zwei Tage nach den Stichwablcn. also am 8. September, aus kurze Zeit vom Lande nack Paris zurück, um einem Ministerrath zu prä- sidiren, welcher über die Einberufung der neuen Kammer entscheiden soll. — Wie weiter auS Pari- gemeldet wird, ist nian »n berufenen Kreisen, selbst in der Umgebung Gambetta's und Farrc'S, aufs Acußcrste gegen die israelitische Be völkerung Algerien« ausgebracyt, die zum großen Theil die Schuld an der Erbitterung der Araber tragen soll. Die nächste Kammer wird zu entsckciden haben, ob das Teeret Eremieux' von 1870, welches die dortigen Juden gänzlich emancipirt, abznändern sei oder nicht. Tie freie Schweiz ist und bleibt nun einmal der Sam. melplatz aller revolutionären Hetzer. Nach Berichten der „N. ZUr. Ztg." haben die Schweizer und auswärtigen S ocia- listen in der Nacht vom Sonnabend aus Sonntag wieder aus Schloß Wyden getagt. WaS beschlossen wurde, ist noch nickt bekannt geworden. Die Eintreff'enden vermieden jedes Aussehen und kamen zu verschiedener Zeit von versckic- benen Gegenden, speisten auch nicht gemeinschastlich. — In zwischen hat sich der Schweizer Bundesrath so weit ermannt, einen Hauptanarchisten und Prediger de» KönigS- mordeS, den Fürsten Krapotkin, aus der Schweiz auSzu- iveisen. Die Begründung dieser Maßregel ist von hohem Interesse: Der schweizerische Bundesrath, nach Einsicht de« Art. 70 der Bundesverfassung, lautend: „Dem Bunde steht da- Recht zu, Fremde, welche die innere oder äußere Sicherheit der Eidgenossenschaft gefährden, au« dem schweizerischen Gebiete weazuwrisen"; in Betracht, daß der Fürst Peter Krapotkin als politischer Flüchtling, nachdem er sich au» Rußland geflüchtet, zuerst unter dem ätschen Namen Levaschoss in die Schweiz gekommen ist; daß die Regierung von Gens ihn auf ihrem Gebiete einfach geduldet und selbst einen Auswcisungsbeschluß gegen ihn wegen Mangels an AusweiSschriften und Gebrauches eines falschen Namen« gefaßt hat; daß Krapotkin unbestrittenermaßcn seit 1879 der Hauptredactenr und die Hauptstütze des „RSvoliv", eine« anarchistischen Organ« und Nachfolgers des Blattes „I Avantgarde", gewesen ist, gegen welches letztere im Decembcr 1878 Maßnahmen ergriffen werden mußten und dessen Redacleur Brouffe vor den eidgenössischen Assisen wegen Vergehens gegen da« Völkerrecht verurtheilt und in der Folge aus der Schweiz ausgewiesen worden ist; daß krapotkin uitter dem Namen Levaschoff, sodann auch unter seinem wahre» Namen in öffentlichen Reden, die er in La Lhaux- de-fonds, Lausanne, Vivis und Genf hielt, die Arbeiter ausgestiftet hat, mit Gewalt sich des EigenthnmS zu bemächtigen und die be- stehende Ordnung umzustürzen. welche Reden er in drr Folge in seinem Blatte „La R. vollS" veröffentlicht hat (Nummern vom 18. Oktober, 1. November und 27. Dccember 1879 und vom 17. Okto ber 1880): daß er am 18. März 1881 anläßlich d»S Jahrestage« der Pariser Commune in einer öffentlichen Versammlung in der Brafferle Schieß in Gens eine Rede zur Verherrlichung der Ermordung deS Zaren Alexander Ii. gehalten hat; daß er der Haupianstifter einer am 21. April ln Genf augo- schlagcne» Proklamation gewesen ist, welche gegen die Hinrichtung der Mörder des Zaren protestirte, und daß diese letzteren beide» Thats-iche» in evidenter Weise bel der vom BundeSrath« «»beföhle«» gerichtlichen Untersuchung festgestelll worden sind, trotzdem Kretz»lftI sich weigerte, auf die vom Staatsanwalt» de« Canto» Genf « ihn gestellten Fragen zu antworten; daß er im Juli diese« Jahre« al« Abgeordneter de« „Rsvolts" an einem arnarchistisch-rcvolutionäre» Lonareß in London thrtl- genommen und, seinem eigenen Organe zufolge, dabei Rede» ge halten und zur Fassung von Schlußnahmen beigetragen hat, deren eingestandener Zweck die Organisation de« Meuchelmord« und der Umsturz aller bestehenden Behörde» ist, unter Anwendung „der chemischen und physischen Mittel, welche der revolutionären Sache bereits so viele Dienste geleistet haben und znm Schutze wie znm Angriffe noch größere zu leisten berufen sind" („Rövoltö" vom 23. Juli 1881); daß, obwohl diese letzter» Vorkommnisse auf auswSrtigem Ge biete stattgeftmden, dieselben doch von einem politischer» Flüchtlinge ausgegangen sind, der in Genf Domictl behalten, muthmaßlich dort- hin zurückzukommen gedenkt und »» er ein Blatt, das seine Theorie» wiedergiebt, herauszngeben sortsthrt; daß ave Mttheilungen übrigen« darin einig gehen, ihn al« eine» rührigen und einflußreichen Aaimte» drr Propaganda darzustellen, welche die Anarchie znm ZweE nutz de» Meuchelmord zum Mittel nimmt. (Man liest unter Ander« t» drr Nummer de« „RtvoltS" vom 25.1Decembcr 1880 in einem Leitartikel, betitelt „die Actton": „Unsere Action muß sein: Wennanente Empörung, durch Wort, Schrift und Dolch, Gewehr» Dynamit, sogar bisweilen durch de» Wahlzettel, wenn eS sich darnm handelt, für die nicht wählbare« Bianqui oder Drinquet zu stimmen. Wir sind konsequent und be dienen uns jeder Waffe, sobald es sich um «inen Schlag der Rr- voltirten handelt. Alles ist für un- gut, da« nicht Gesetzlichkeit ist".) . daß die BundcSbrhürde ein solches Treiben nicht dulden kan», welches, wenn es ihm auch nicht gelungen ist, die innere Ruh« zu stören, doch geeignet ist, wenn ihm nicht ein Ende aemacht würde, unsere guten Beziehungen zu anderen Staaten zu gefährde«: beschließt: Es wird dem Fürsten Peter Krapotkin, der sich auch Leva schoff nennt, der Aufenthalt aus Schweizergebiet »utersagt. Die vor Kurzem stattgcsundene Reise der Königin Victoria nach Schottland ist mit ganz ungewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln umgeben worden, pkack allen Seiten hin waren die eingehendsten Befehle an die Eiscnbahnbeamten erlassen, um die Person der Königin vor jedem Unfälle zu sickern. Der Zug, dem eine sogen. „Pilot" - Locomotive vorausging, war mit allen Vorrichtungen zum Bremsen und mit einem elektrischen Apparate versehen. Aus dem Tender war eine Wache ausgestellt, die aus den Zug zurückblicken mußt«, um jede» auS dem Wagen kommende Signal dem Locomotiv- sührcr sogleich zu melden. Irgend einen tollen Streich von Seiten der Irländer hält man also nicht für ganz unmöglich, wenn man auch eher glauben muß, daß sie mehr schrecken, als wirklich Unglück anrichtrn wollen. Die drohenden Resolutionen der Dynamltconvention haben einen Beigeschmack von der unver meidlichen irischen Ausschncidcrci nnd man nimmt wohl die Drohungen nicht sehr ernst, aber ein einziger Anschlag würde doch hinreichen, um großen Schrecken und dauernde» Mißtrauen her- vorzurusen. — Die Königin begab sich nach Ed inburg, wo sie einer Parade der schottischen Freiwilligen beiwohnte. Bei dieser Gelegenheit sollte Schottlanv zeigen, wa» e«, wenn da» Vaterland in Gefahr kommen sollte, zu leisten vermag. Obwohl Schottland kein Sechstel der Einwohnerzahl von England und Wale« hat. stellte eS mehr al» die Hälfte der Zahl von Freiwilligen zur Parade, die in Windsor, auS England gekommen, vor der Königin vorbei defilirten. DaS Bolontärwesen hat in Schott land tiefe Wurzeln geschlagen. „Daily New»" stellt einige Betrachtungen darüber an, woher Dies kommen möge. Ein Grund ist originell, mag aber wohl richtig fein. Die strenge Kirchlichkeit hat fast jede Art von Belustigung unterdrückt und so sucht der Schotte im Exerciren eine Zerstreuung und Erholung. Ti« sagenhaft gewordene serbische Königsfrage taucht aus« Reue aus und zwar vorläufig in ziemlich aeheimnißvoller Form, wie sie zum Charakter dieser Couliffengefchichte höheren Range» paßt. Man erfährt, daß neuerdings seiten» de- Petersburger Cabinet» am deutschen Kaiserhose Anfragen stattgesunden haben, wir sich die Berliner leitenden Kreise zu jener Frage verhalten würden, wenn sie ernstlich gestellt werde. Der Zweck dieses Fühler», der thatsächlich ausgestreckt worden, hüllt sich einstweilen in Dunkel. Wie bekannt, war es gerade di« russische Regierung, an welcher die KönigSträume des Fürsten Milan wie Seifenblasen zer platzten, während er in Berlin und Wien aus seiner Candidateu»
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