Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188108305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810830
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810830
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-08
- Tag1881-08-30
- Monat1881-08
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1881
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich früh 6V, Uhr. Retartio» «ud Erpetitilm JohauueSgasj« 33. Sprechstunden der Kcdnrtien: Bormütaq- 10—12 Uhr. Nachmittags 4—K Uhr. »er für »tr «iichftsG,«»». »eftt»«t«» Jnierate «« N«ch»tn«n», ,»«hr. Srcheüt»»«« «» » Uhr ^ «»Go«.»» Srftt«,«, früh »t« 3» de, Filiale« für 3ns.-Tu«»tzme: vtt« Me»«, UniversitStsstraße 22, L««t» Lüsche. Katharinen strafte 18, p. nnr »i» '/,r Ntzr. 'fiMgtrTagMatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage LS,8»V. Zid»»nr«rnt»»rria viertelj. 4V, Md.« mrl. Briaaerlohn 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 25 Pf. Belegereinplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» »tz»e Pestbeisrderung 39 Mt. «tt Postbejürderung 48 Uk. Inlerare Sgejpaltene Petitzeile 20 Pf. «rührre Echnste» laut unserem Preis- verzeichoih. Labeaarifcher Satz »ach höherem Tarif. Reklamen unter den Nedartion,strick die Spaltzeile 50 Pf. Inserate sind stet» an die Ertzetztki«« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumernmia oder durch Post» Nachnahme. ^- 242. Dienstag den 30. August 1881. 75. Jahrgang. Amtticher Thetl. AuS Anlaß der Feier des Sedantage» sind die Expedi tionen deS Standesamtes am Königsplatze am 2. September d. I. nur BormittogS 11—12 Uhr behufs Anmeldung von Todesfällen geöffnet. Leipzig, äm 27. Amiust 1881. Der Math der Ttadt Leipzig. I>r. Georgi. vr Wangemann. Vrkauutmachuil-. Am 2. September, dem NaticnalsesUage Deutschlands, bleibt das städtisch« Museum geschloffen. Leipzig, am 2«. August >881. Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. vr. Wangemann. Der Vtliimimchimi. Am Vorabend des diesjährigen Sedantages, Donnerstag, den I. September, in den Abendstunden von 7'/, Uhr ab bleibt die Straße von Thonberg nach Probstheida ans dem Tract« von der Wegeabzweigung nach Stötteritz bis an den in der Nähe deS Hochreservoirs von der Straße abzweigenden, «ach dem Napoleonstein und weiter nach Connewitz führenden Communicationswea nnd letzterer selbst wegen de» zu dieser Zeit stattfindenden Auszuges bis nach bewirktem Rückzug für allen Fährverkehr gesperrt, insbesondere dürfen auch Äagcn und Reiter während dieser Zeit aus dem bezeichnelen Straßentracte und Communicationswege nicht halten. Zuwiderhandlungen werden mit Geld bis zu 50 Mark eventuell niil entsprechender Hast bestraft. Einem allhier gestellten Anträge zufolge nimmt man zu gleich Veranlassung, da- Publicum vor dem unbefugten Be treten der in der Nähe de« Napoleonsteines gelegenen Feld- grundstücke, namentlich der Kartoffelfelder, zu warum, mit dem Bemerken, daß nach tz. 368, «ud 9 deS ReichSstrafgesetz- buche« eine derartige Uebertretung mit Geldstrafe bi- zu KO Mark oder mit Hast bis zu 14 Tagen bestraft wird. Im Uebriqcn will die tvnigl. AmtShauptmannschast hierbei nicht unterlassen, mit Rücksicht aus dm bei der Gedanfeier Jahren durch Abfeurru von Schießgewehren und Ubvrennen von Feuerwerks körpern mehrfach verübten Unfug, ans daS Unstatthafte und Strafbare solch« Unfuges hinzu weisen, mit dem Bemerk«, daß die OrtSpolizeibehvrden be reits in früheren Jahr« angewiesen worden sind, Zuwider handelnde ans Grund A. 360 unter 1t bez. tztz. 367 unter 8 und 3K8 unter 7 deS RcichSstrafgesetzbuch« unnachsichtlich zu bestrafen. Leipzig, am 26. August 188t. ASatgliche Nnrt^«»pt»«»»fchaft. von Loeben. Wendler. den Donnerstag, den I. September d. A ' "ead- für dm t« der Zeit von 8' » bis 10 Uhr sttbe Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 26. August 1881. Der Nath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Harrwitz. Wir haben beschlossen, de« 1. September d. I., an welchem vor nunmehr fünfzig Jahren unserem engeren Vaterland« die Verfassung-Urkunde verliehen wurde, festlich zu begeh« und werden wir unter Anderem auch die öffentlichen Gebäude beflagge». An die Bewohner unserer Stadt aber richten wir da» Ersuchen, in Erinnerung an dies« für die Geschichte Sachsens so wichtigen Tag ebenfalls die Gebende in würdiger Weise mit Alaggenschmnck versehen zn »ollen. Leipzig, am 27. August 188l- Der Nath der Stadt Leipzig. vr r A»c1io«s Im Auctionslocale de» vr. Georgi. Wangemann. -VetlauntmaHung. >eS unterzeichnet« RatheS, Derber- Pratze Nr. 10, Hof 1. (klage, soll« den S1. Ängnst 1881, Vorm. 9 Uhr, Möbel- und KleidunaSstücke, Koffer, 4 Taschenuhren, 3 goldne Ringe, I Posaune, l Flöte, 2 Posaunen züac rc. :c. an den Meistbietenden öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 22. August l88l. Der Nath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Nüster. Da« am 22. d. M»s. Nennt« Gewü.dr un „«aurlcta»»«", «rimmaische Straße Nr. 16, ist dem Hschstb, eien den r«,eschl»»e« wardrn und werden die nicht zur Berti ckfichttM»»» gelangten Bieter ihrer dieSsallsigen Gebot« hiermit entlasse». Leipzig, am 29. August 1881 Nni»rrfitüt«-Ar»t«»t. «ras. viMglils-VetraimImachilUg. Geflöht«, wurden allhier erstatte,er Anzeige »»solg«: 1) Ein französischer Lchrandenschlüffel, va» eine« Arbeit». Platz« am Thüringer Bahnhof, am 18. ds«. Mts; 2) am Geldsumme von l 8 Mart, in einer Krone nnd einem Aünsmarkstücke in «old. ferner eine silberne lltzltndernhr mit Goldrand »,d i« Inner» mit der Neparaturnummer 2093 X , «bß kürzer Talmtketle, sowie eine ebensolche Ahr mit Seennde, »ertefier Rückseite mit wappensörmigem Schildch«, nebst knrzer silberner zweistringiger Kette mit goldenem Schieber »ud aaSge- au« rüar Schlafstube in niMaem Bernburger Füusarotche» Nr. 9l der Deftftraß». am 20. di». tNts ^ "I^Edzwanzig Stück Aoulea GeschtsrSloral in Nr. 32 am Brühl, a« 4) »tu großer -ranemnantel vo» s ^ Aarmch» und Knöpf« mit Sammelrän von schwarzem Alpacca, mit Perlen- und Fransenbesatz, anl einem tben, an» «ine« Tage: «ii »eit« sowie et» llmhan, fenbes Schlastaume in Nr. 44 der Nürnberger Straße, vom 17. bis 21. d. Mts.: 5) zwei Kopfkiffen mit roth- und weisigeftreisten InletS, aus einem ebensolche» Raume in Nr. 44 der Windmühlenstraße, vom 19. bis 21. d. M-; 6) ein Frauenpaletot von schwarzem Stoff, mit rothem Futter und Ivattirt, ein ebensolcher von blaucarrirtem Stoffe, mit schwarz- seidenem Futter und gleichfalls wattirt, eine Jacke von braunem «etßgctupsten Lama, mit grauem Drell gesülterl, eine ebensolche mit schwarz und rothem Futter, eine wollene lilafarbige schwarz gestreifte Fraueuwcste, vier Paar weißwollene Krauenstrümpfe, vier Paar tzer»leicheu von schwarzer Farbe, aus einem Kellerraume in Nr. 4d der Hospitalstrabe, vom 12. v. bis 22. d. MtS.: 7) ein goldener Ring, breiter Reis mit blauem Stcinchen und blumenartiger «raviruug, ein ebensolcher mit weißem Steinch«, > von ca. L Mark in div. Münze, mittelst im JohaoneSthal, am 22. d. Mls. Abends; Therlüffrl mit durchbrochenem Stiel, auf letz terem der Buchstabe .4. eingravirt, aus einer Wohnung in Nr. 34 der Sebastian Bachstraßc, in der Zeit vom 10. v. bis 23. d. M.: 9) eine silberne Ctzlinbernbr mit Sccund«, Goldrand, geriester Rückseite mit Plättchen i» der Mitte und im Innern des Gehäuses die Fabriknummer 46057, nebst kurzer Mtsfingkettr, aus einem LrbeU-locale in Nr. 12 der Ricolaistraße, am letztgcdachlen Tage; 10) eiu schwarzer Zanella-Reaenschtrm mit grauem Naturstock t gebogenem Griff, au» einem Restauration-locale iu Nr. 15 der sowie ein Geldbeirag Taschenbiebftaßlö i» 8) sechs silberne T grauen Hornknöpscn, Sohliser Wege, vom mit, HLrtelsträße, am 24. d. M; 11) eiu grauleinener MannSrock, alt, mit aul einem Häuschen im Gart« Nr. 10 am 23. bis 24. d. M.: 12) «in Thürgrist von Gußeisen, von einer Eingangsthüre des Grundstücks Kohlenstraße Nr. t, vom 24. bis 25. d. M.: 13) ei« Kopfkissen mit blau und weißgestreisttm Inlett, ein ebensolches mit roth und weiftgeslrelftem Inlett und dergleichen UeberzuG, aus einer Schlafstube iu Nr. 2 de- GoldhahngäßchenS, vom 24. bis 26. d. M.; 14) eine gelb und weißgeblumte leinene Tamasttischbecke und eiue Kleiberbnrste, aus einem GarteuhäuSchen aus dem west, vorstädtischen Schreberplatze, vom 25. bis 26. d. M , 15) ei» schwarzseidenes Tnch und eine biauleinene Franen- schnrze mit weißer Kante, aus dem Vorsaal einer Wohnung in Nr. 9 am Nrukirchhos, am 26. d. M.; 16) ein Frnnenpaletot von starkem schwarze» Stoff, mit einer Reih« Knöpfen, fern» ein MannSjagluet von braunem gelb- Hcnkel der Name ein Stoff und «ine ebensolche Weste, ein esprießelten Winterstoff, im aar Hosen vo» demselben ar Retthosen von hellgrauem Winterstoff, ei» Paar beraleichen von grauem gestreiften Stoff, ein Paar Hosen von hellgestreiftem Wintrrftoff und zwei Paar ebensolche von dunkelarauem Stoffe, an» einer Wohnau- in Nr. 8 a. b. Pleiße, in der Zeit v«m 7. v. bis 10. ds«. MtS.: 1?) süns verschiedenfarbig« Hühner und ei» silbergrauer Hohn, mittelst HinbruchS aus einem Gartenhäuschen am Gohliser Wege, in der Nacht vom 26. zum 27. dss. Ml«.; 18) ein Frauenmantel von blaugedruckiem Stoff und wattirt, ein« Frauen sacke mit weißen, Pclzsuttcr und schwarzem Ueberzug, eine braunwolleiie Pferdedecke mik gelben und blauen Streifen und grauleinenem Futter, aus einem Wage», welcher aus dem Fleischer platze gestanden hat, am 27. d. M. Nachmittag«; 19) ein Geldtäschchen von gelbem Leder mit einem Inhalte von ca. IS Mark, in einem Fünfmarkstücke, einem Thaler und diverser kleiner Münze, serner eine neusilberne Hnlinderuhr mit Seennde, gclbgeränderlem ztfferblatie und geriester Rückseite (ander Uhr fehlt der Bügel) aus iner Zelle im Dianabad, am gleichen Tage Abends. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Sachen odw den Thäter sind ungesäumt bei unserer Lrimiual- Abtheüung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 29. August 1881. Las Valizet-A«t der Stabt Leipzig. vr. Rüder. H «eichte. Nichtamtlicher Thetl. Leipzig, 30. August. Der „Daupbin" der französischen Republik ist keines wegs auf Rosen gebettet. Will Gambe tta aber die Schlappe von Bellevilte wieder auvmerze», so gilt cs rasch und entschlossen zu handeln. Die Frage ist daher, ob auch seine Machtmittel ausrcichen, ein Ministerium nach seinem Geschmack« zu bilden, an dessen Spitze er selbst tritt. Die Sache liegt keineswegs so einsach, und mag nun die Belle- villcr Rede Gambetta'S ein Regierungsprogramm gewesen sein oder nicht, so kömmt rS hauptsächlich daraus an. welcher Art sein politischer Einfluß ist. Und wenn man Dies wiederum nau erwägt, so kommt man zu dem Schluffe, daß ein Ministerium Gambetta wahrscheinlich nicht zu Stande kom men wird. Der Abgeordnete von Bcllevillc hat im Lause einer langen parlamentarischen und politischen Laufbahn bewiesen, daß er eS versteht, den günstigen Augenblick abzuwarten. Dies wird er auch in diesem Falle tbun. Er wird die Regierung nicht übernehmen, bis er die lyewähr besitzt, daß er festen Boden unter sich haben wird. Diese Gewähr besteht zunächst in einer festen und ergebenen Kammermajorität. Hat Gambetta eine solche? Nein! DaS Ergcbniß der Wahlen war allerdings ein glänzen der Sieg der republikanischen Parteien über die alten monarchistischen Parteien. Aber nicht ausschließlich ein Sieg der Partei Gambetta. Die lepubtlkanischc Mehrheit der Kammer besteht aus dem linken Eentrum, aus der republikanischen Linken (Richtung Grcvy-Ferry). aus der republikanischen Union (Richtung Gamoetta) und aus der äußersten Linken (Richtung Elcmenccan Diese Fraktionen sind wohl einig darüber, daß Frankreich die republikanische StaatSsorm behalten solle, nichts weniger als einig aber sind sie in den anderen Fragen. Linke» Eentrum und republikanische Linke wollen im All gemeinen den jetzigen Zustand erhalten unk zahlen auch die konservativen Republikaner unter sich, wahrend mit Gambetta die Partei deS Fortschrittes beginnt und ans der äußersten Linken entschiedene Gegner der meiste» jetzt de stehenden Institutionen sitzen. Um ein Ministerium zu Hilde», müßte Gambetta sich entschließen, auch Mitglieder der Frak tionen, welche feiner Fabnc nicht folgen, heranzuzichcn, kenn die ihm unbedingt ergebene Fraktion, die rep»bl0a»ische Union, bildet keine Kammermchrhcit. Wa» bliebe Gambetta übrig? Er müßte den Fübrcr der äußersten Linken, Herrn Elemenceau, in sein Ministerium eintretcn taffen, voran- gesetzt, baß Derselbe sich daraus einließe. Aber rin so radi kales Mitglied würde dem Ministerium den Beistand der republikanischen Linken entzieben und e» könnte nicht besteben. Oder den Fall gesetzt, Gambetta wendete sich »ach rechts und behielte FerrN im Ministerium bei, wo blieben dann die großen Reformen, die dem Lande mit so viel Pathos verheißen worden sind? Zweifellos würde der Einfluß Ferrh'S im Cabinet soviel bedeuten, die vo» Gambetta beabsichtigten Reformen zu hemmen und hinan- zu schieben. Die Zeit für ein Ministerium Gambetta ist also nicht gekommen und man mag jetzt erkennen, welche Bedeutung es für Frankreich gehabt Kälte, wen» die Listenwahl eingesührt worden wäre. Wären die Wahlen nach dieser Art vollzogen worden, so würden wir wahrscheinlich heute schon in Frank reich ein Ministerium Gambetta sich über die anderen Par teien erheben sehen. Genau genommen kann man eü den anderen Parteien nicht gerade verdenken, wenn sie ihre Plätze dem ungestüm andrängenden Gambetta nicht räumen wollten. Es wird also allem Anschein nach bei den bisherigen Verhältnissen bleiben, ein Ministerium wird der Form, Gam betta der Tbat nach Frankeick regieren und die Minister werden die Verantwortlichkeit dafür haben. Dieser Zustand fit an und für sich kein gesunder, weit ihm keineswegs die «igensckast innewohnt, eine größere Einheit in den Parteien herznsicllen und die Stellung der jeweiligen Negierung zu kräftigen. Immer werden die Ministerien von Gainbetta'S Gnade abhängig sein, denn wenn er auch kein neues Mini sterium »ach seinem Geschmack bilden kann, so vermag er dock) leicht die bestehenden Gewalten zu erschüttern Die Parteien sind, genau genommen, nicht berechtigt, sich über diese dominirende Stellung Gambetta « zu beklagen, denn sie selbst sind schuld daran, daß er die Stellung ein- nimmt. die ihm sein Ucbergewichl verleiht. l7hne die vielen Zerwürfnisse Kälte sich schon längst eine Regierung Gambetta gebildet, die bei den demokratischen Zuständen der jranzösischen Republik hätte entweder dem allgemeinen Verlangen ent sprechen oder abtreten müssen. Die Parteistreitigketten ver hindern die Klärung der Anschauungen und die Erkennung der allgemeinen Bedürfnisse. Im Ueorigen wird wobl Herr Gambetta herzlich froh sein, wenn JuleS Kerry vorläufig noch den schwere» Posten eines Ministerpräsidenten mit alt seinen Lasten nnd Sorge» bebalt. Der „Dauphin" aber hat wieder einmal die Ersabrung gemacht, daß man nicht ungrstrast unter Palmen wandeln darf. Geräuschlos und doch bedeutsam hat der Streit zwischen den beiden größten Mächten des Ostens geendet; Ruß land und China haben sich mit einander vertragen. Die Völker, deren Gebiebt zum Tummelplatz de» russis ch inesischen Krieges auSersehen war, mögen sich glücklich Mätzen, baß diesmal der Würgengel an ihnen vorüber ge gangen, denn dieser Krieg wäre geführt worden, mit allen Gräueln nnd Schrecken deS finstersten BarbarenthumS. China ist natürlich der nachgiebige Thcil, denn eS muß sich ein schönes Stück Land von Rußland abnchmcn lassen und auch neck baares Geld dazu geben, während die Russen nur ein Stück Land an China zurückgeben, das sich im Aus stande gegen China befunden hatte. Es ist dies das soge nannte Kuldschagebiet. Nach ihrer beliebten Manier hatten die Russen erst dort einen Ausstand angezettclt und sich so die Gelegenheit verschafft, sich in die Verhältnisse Chinas einzumischcn, da das Kuldschagebiet früher zu China schon gehörte. Wenn in Rußland nicht die großen inneren Wirren wären, so würde ein Krieg mit China schwer lich »»terbtieben sein; allein man verlor, wie cS schien, die Lust in Folge der schrecklichen Ereignisse vom Anfang dieses JahrcS, nachdem, wie man weiß, der Kriegszug nach China schon mit dem Aufgebot von vielen Mitteln vorbereitet worden war. Nun ist ohne Blutvergießen den Russen wieder eine reise Frucht in de» Schcoß gefallen; sic haben daS Kuldscha- aebict lhcilwcise zurückaegeben und eine Amnestie für die Aufständischen vom chinesischen Kaiser erwirkt: für die Rück gabe deS ihnen bisher zugehörigen LankeStheilS, von dem die Russen überdies »och einen Tbc!! behielten, haben die Chinesen 9 Millionen Rubel Metal) bezahlen müssen. Zugleich müssen sic erlauben, daß russische Karawanen bis an die chinesische Mancr gehen, daß Rußland bis an die große Mauer hi» in alle» Städte» Consulatc errichtet, und daß aus diesem Ge biete die russischen Haiidettreibenden keine Abgaben an China zu bezahlen haben. Unter Umständen könnte daS ein Creigniß von höchster Bedeutung sein. Es würde für Asien und seine künftige Entwickelung entscheidend sein, wenn die Chinesen einmal gcnöthigt würde», ihre bekannte Abgeschlossenheit auszugebei,. Diese- großartige Land ist einer Ärl Ucberbevölkcrung ver fallen. Der hclmathliche Boden kann die 100 Millionen Bewohner, die er trägt, nicht mehr ernähren. Daher jene traurige Auswanderung der sogenannten Kulis, welche überall, wohin sie gelangen, U»z»f'ricdcnhcit und gesellschaftliche Störungen erregen. Diese Mensche» sind von einer für Andere unbegreiflichen BedUrfnißlongkeit und arbeite» deshalb für Löhne, die für Andere noch nicht zur Hälfte au-reiche»: wo diese Kulis erscheinen, bringen sie die übrigen Arbeiter durch diese Art von Concurrenz zur Unzufriedenheit, ja zur Verzweiflung. Man könnte hoffen, daß diesem Unwesen gesteuert würde, wenn fick China einmal mehr der modernen Zeit erschließen, Reformen annehmen und gleich dem so kräftig emporstrcbendcn Japan sich das Ziel flecken würde, eine Stellung unter den modernen und clvi- lisirten Mächten einzilnchmen. Die chinesische Mauer muß ja dock endlich einmal fallen. Die stillgestandene Cultur der Chinesen — sollte sie nickt zum Tbeil wenigstens ivicdcr zu erwecken sein, nnd könnte nicht da« Cingreisen einer so mäch tigen und zahlreiche» Nation in den Welthandel neue Bor theile für die Gesammtbeit schaffe»? — Doch was reden wir da? ES ist za Rußland, daS bis an die chinesische Mauer vorgedrungcn ist, nnd wenn eS sich um Culturentwickclung handelt, so siebe» die Rüsten zwar Europa näher al« China, aber sie müssen selbst erst den modernen Geist in sich aus nehmen. bevor sic ihn Anderen etwa br ngen könnten. Man schreibt unS a»S Berlin: Die Reise de» BisckosS Ko rum »ach Varzin zum Fürsten BiSmarck wirk sehr bemerkt. Letbn die Vertrauten der Wilbelmstraßc unter lasse» den Versuch, sich in Rücksicht ans diele überraschende Wendung po*t tekitum als „eingeweiht" darzustcllc», ein weiterer Beweis mein dafür, daß die VerbandtungScanäle zwischen Berti» unk Rom dunket und virtverzweigl ver lausen. abseits der Bahnen nnd der Mittel, deren man sich bisher bedient. Prinz Renß, Cardinal Jacobini, Cardinal Masetta, im Hintergrund« die Kirchensürsten Nina nnd Vanulclli, das waren die Namen, welche a»S den Wiener und Kissiiiger Besprechungen dcö JabreS 1879 a» daS Ohr der politischen Wett drangen. Der Reichskanzler sowohl wie der Papst mögen erkannt haben, daß die Benutzung von Mittelspersonen dem VersöhnungSwerk, wen» ander- eS ernstlich gewollt war, nur hinderlich sei; jedenfalls ist der Eindruck nicht abzmveisen, baß die Verhandlungen gegenwärtig in die höhere Region des mehr persönlichen Gedankenaustausches ge rückt sind. Wie stickt nickt von jenen Namen der alteren Epoche da» Personenverzeickniß des jetzigen kirckenpolitischen Dramas ab! Der Cardinatsiaalssccretair Jacobini verschwindet hinter der persönlichen Einwirkung Leo's Xlll., Herrn v. Goßler's Thätigkeit tntt bescheiden zurück hinter diejenige deS Fürsten BcSmarck (manche Spuren ivcisen ans eine bedeutungsvolle Einwirkung deS Königs von Sachsen und des Statthalters von Manteusset hin,. So wird denn auch in sehr ernsthaften Kreisen die Ansicht sesigehalten, daß Herr Ko rum, indem er sich nach Varzin begebe, gleichfalls als Spccialgesandtcr deS Papstes aufzusassen sei. der den Wunsch hege, sich mit dem Kanzler direct über die schwebenden Schwierigkeiten zu ver ständige». So lange aber Bischöfe und solche, die eS werden wolle«, den Fürsten BiSmarck aussuchen, und nicht umgekehrt von ihm sich aussucken lassen, so lanac wird man auch wohl den düsteren Warnungen vor einem Canossagaug deS Staates mit kühler Besvnnenlxit gegenüber stehen dürfen. Niemand glaubt daran, daß der erste Realpolitiker der Gegenwart sich von einem beliebigen Jesuitcnzöglinge in persön licher Unterredung ennirhmcn und umgarnen lassen sollte, und in so sern mag ja eine gewisse Garantie vor handen sein, daß, wenn Herrn Korum'S Ernennung die königliche Sanctirn erkält, kein Gesinnung-Verwandter der Ledochvwski und Melchers aus einen preußischen BisckosSstuht gesetzt wird. Aber freilich, weiter als bis zu dieser rein persönlichen Seite der Frage kann die Beruhigung über Kchalt und AuSgang der Varrwer Besprechungen nicht gehen. B-Iannt genug stl, wie Fürst Bismarck über den „Formalis mus" der Anzeigepflicht denkt, wie er geneigt ist, die schwer rrkämpsle Rechtsgrundlage für die» Verhältniß zur Curie auszugcben zu Gunsten eine- System«, wo das jeiveilige In teresse »nd die Machtsragen bestimmend sein sollen. Hält er diesen Standpunkt für den allein berechtigten, so kann er auch nicht umhin, dem Gegner daö gleiche Recht zuzugestehen und dessen Erklärung zu empfangen, daß er sich wohl mit dem Staat in« Einvernehmen setzen wolle, vorher aber die Schranke der Maigesetze, dir ihn an der Bczciguna seine« guten Willen» verhindern, Kmweqgeräumt sehen müsse. ES ist hiernach sehr wohl möglich, daß in SÄrzi» dieBorverhandlungen sür deu FrltdenS- schluß sozusagen bi« zur Unterschrift fertig gemacht «erde», e» ist abtzr allerdings auch nicht auSgeschtofie», daß sich bei« Eingehen aus die näheren Bestimmungen die alten Gegensätze in unverminderter Schroffheit zeigen und zu einem plötz lichen Abbruch der Verhandlungen führen. Wie eS heißt, soll sich mich Herr v. Goßler dieser Tage »ach Varzin begeben. Bestätigt sich da- Gerückt, so wäre die entscheidende Wichtigkeit der dortigen Verhandlungen zweifello se wäre aber auch gleichzeitig bewiesen, daß bisher noch keine endgültigen Abmachungen erfolgt sind. Zur parlamentarischen Lage wird un« au» Berlin kfeschrieben: „Der Tag der ReichStagSwahlen ist noch immer nicht bestimmt, doch darf mit Sicherheit angenommen werden, daß dieselben in daS letzte Drillet de« Monats Ok tober fallen werde». Der preußische Landtag soll dann in der ersten Hälfte des Monat- November zusammentreten »nd sich zuerst und vor allen Dingen mit den Vorlagen be schäftigen, welche die Regierung im Verfolg der bisherigen Verhandlungen mit Rom einbrinaen wird. Ob dieselben wirklich zu einer Beendigung de« CulturkampseS führen wer den, darüber sind weder die Ultramontanen noch dioFreunde der Regierung bis jetzt im Klaren. Viel sicherer ist, daß die weiteren Schritte aus der Bahn der Eisenbahnverstaatlichung der bevorstehenden Landtagssitzung ihr bestimmte- Gepräge geben werken. Für Herrn von Puttkamer und sein jetzige« Amt wird da Wenig zu thnn übrig bleiben. Neben den EtatSverhandtungrn, dem Versuch zur Beilegung de« kirchen politischen Kampfe- und den Berathungen der V«rstaatli- chungSpläne de» Eisenbahnministers bleibt für Vorlagen aus dem Gebiete der inneren BerwaltungSresorm keine Zeit. Die Liberalen werden DaS unter den heutigen Zeit- nmstäiiden jedenfalls kein Unglück nennen. WaS nnn die Maybach'schcii Vorlagen selbst helrisst, so läßt sich ihr Schick sal nicht mit Bestimmtheit Vorhersagen. Der Eis-nbahn- minister wird eine gewisse Mißstimmung bei einer ganzen Reihe von Abgeordneten überwinden müssen, ehe er sie zu einer zustimmenden Aeußernng bringt. Diese Mißstimmung erscheint gerechtfertigt, wenn man sich der bestimmten Ver sprechungen de« Minister« erinnert, daß er vorläufig mit der Verstaatlichung der Bahnen innebalten werde, und wenn man an daS traurige Scheitern aller Versuche denkt, gegenüber der Verschiebung des CchwerpuncteS unserer Finanzverwaltung, die sogen, „constitutionellcn Garantien" zu gewinnen. Vor Allem aber ist z» bedenken, daß die früheren Vorlage», betr. den Ankauf von Privatbabucn für den Staat, tbeitweisc mit so geringe» Mehrheiten angcnomme» worden sind, daß ^etzt schon vielleicht die wenigen Stimmen derjenigen Secessioniften, welche vor zwei Jahren für den Ankauf stimmte», eine Entscheidung im gegentbeiligen Sinne berdeisührcii können. Und noch etwa« kommt hinzu: Damals wurde» viele Schwanke,,de noch in letzter Stunde für die Regierung ge wonnen durch den Hinweis daraus, daß der Preis, :n welchem die betreffend« Bahn erworben werden sollte, ein billiger sei. daß der Staat „nzweiselhaft ein gute« Geschäft machen werde u. s. w. Mit diesen Beweisgründen wird man jetzt nickt kommen können, am wenigsten bei der Thüringischen Eisenbahn, deren Ankauf im Vordergründe de« öffentlichen Interesse- steht Daß daS preußische Abgeordnetenhaus für diese Bahn nicht, wie die Regierung vorschlägt, eine Rente von 8V, Procent nebst einer ConvertirnngSprämie bewilligen wird, daran zweifelt wobl auch der Eisenbahnminister nicht, und man kann eben nur annehmen, daß die Verhandlungen aus dieser Grundlage vorläufig keinen anderen Zweck haben tollen, al« den, die demnächstige Generalversammlung der Actionaire der Bertin-Ankaltischen Babn günstig für de« Verlaus ihrer eigenen Babn zu stimmen." In der, wie e» scheint, noch immer nicht spruchreifen An- gklcgenbeit der beiden in Siel in Beschlag genommenen Sckifse „SokrateS" und „Diogenes" nimmt in der „Pos," ein OsficiosuS das Wort. „Wir sind — so wird in dem betreffenden Artilek au-gcsübrt — iveit davon entfernt, Herrn Howaldt einen Vorwurf daran« zu macken, daß er Angesichts der ih» »ach seiner Angabe bindenden contraet» lichen Bestimmliug zunächst die Nennung seines Auftrag gebers ablehntc; aber cS ist doch wenig wahrscheinlich, daß e»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite