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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.09.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188109095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810909
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810909
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-09
- Tag1881-09-09
- Monat1881-09
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.09.1881
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Erscheint täglich früh 6»/, Uhr. Le-«rti»n und Llpröitioa JohaimeSgaffe 33. Aprechftoudrn der Uedactisi»: Vormittag« IO—12 Uhr. Nachmittag« 4—S Uhr. - - *^L^Sü7L ALA" ^ «nnntzme »er für »t« nichfts«l«e»»e Ru««er »eftim«te«i Inserate an 8«chrntagru öl» S Uhr -tach»ittaa«. »» Gnnn- U«» Feptaien srötz »t« '/,» lt«r. Zu dt» Filiale» für 3us.-Aim»h«e-. ktt« Ult««, UniversitSiSstraße 22, Pani» Lösch«, Katharinenstrabe 18, p. nur »i» '/.» «tr. UchMtr.TagMM lnzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage L«,v»0. Abonnement,preis Viertels. 4'/, Mb.» incl. Bringerlohn ü Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 2ü Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren tür Extrabeilage» «h«t Postbesürderung 39 Mk. «it PoslbesSrdcrung 48 Mk. Znser«rtr Kgespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib- Tabellärischer Sap nach höherem Tarif. ilrrlomen unter de» UedartionsArich die Svaltzeile bO Ps. Juserate sind stet- an die Expedlli«» zu seaden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praemmi->raniio oder durch Post» Nachnahme. 252. Freitag den 9. September 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Es soll rin Theil der durch die Regulirung de« Obst- warktes bedingtes Straßenberstcllungen auSgesiisrt und an einen Unternehmer in Arcord vergeben werden. Dir Bedingungen. Blankcte und Zeichnung« für diese Arbeiten liegen im RathhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 14 «nl< können daselbst eingesehen, resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit ds Aufschrift: Erd- und MacadamisirungSarbeiten der Hnrkortstratzc, Mühlgasse, der Straße an der Plciß» und des Kreuzungsplatzes an der Nonnenmühle versehen ebendaselbst und zwar Kt» r««r 18. Geptenrber 1881, -r«chmtt<ag» S Uhr igeben. Leipzig, den S. September l88l. Der Rath der Stadt Ljtpztg. Dr. Georgi. vr. Pangcniann. Bekanntmachung. -s- Da, wie neuere Vorkommnisse gezeigt haben, das TranS- Vortiren von unverhüllten Spiegel» auf den Straßen das Scheuwerden der Pferde hcrbeisühren kann, wenn diese durch den plötzlichen Anblick ihre- Spiegelbildes oder durch den Hellen Spiegelreflex erschreckt werden, verfügen vir hiermit, daß Spiegel auf de« Straße» nur »erfüllt oder verdeckt tranSporttrt werde» dürfe«. Zuwiderhandelnde werden um Geld bis zu Stchzig Mark oder mit Hast bis zu vierzehn Tagen bestraft nerven. Leipzig, den k6. August 188l. Der Rath der Stadt Levzig. vr. Georgi. Harrwitz. de« >»f Antrag bei Herrn LaniS Mühlig in Lindenau alSBollstrecker Willen« de« verstorbenen Herrn OrtSrichterS E>rl ^ried- letzten Willen« de« verstorbenen Herrn OrtSrichterS E>rl.. »ich Roch in Lindenau sollen die auf dem Folium 694 >cs Grund- und Hqpoihekenbuch« für Lindenau eingetragenen Grundstü», bestehend au« einem Wohnhause mit Garten — Postslraße Str. 26 in Hndenau — etaem daneben befindlichen Bauplatz« von 2677 Hj Ellen Fhchenraum, einer Wiese 21b LH m groß, öffentlich verkauft werden. Es wird dazu Berkaujstrrmia am 28. Leptemdrr n. o. vor«ttta,« 11 Uhr a» Unterzeichneter AmtSgerichtSstelle anberaumt, woselbst orher die Verkaussbedingungcu am Gerichtsbrete eingesehen werden bnnen. Die Bcsichli^uug der Grundstück« kann täglich in den Vrmittag«. «rmittelung de« Herrn Friedeu«richter« Mtzlip in ' gen. stunden durch Vermittelung de« Her: Lindenau, Roßstraße Rr. IS, erfolge Leipzts, den 3. September 1881 Königliche« A»t««er1cht daflbst. ßbiheiluug V, Section lll. I. A-: E.-Rath Friedrich, Affffor. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, S. September. Di« Thatsache ist nicht abzulcugnen: die bevorfrhcnde Zusammenkunft der Kaiser von Rußland und Deutschland nimmt in der Reihe der fürstlichen keitSbesuchc einen ganz hervorragenden Platz ein ogen neben den Monarchen auch die leitenden Staatsmämrr an der Kaiserbegegnung theilnehmen, mögen bestimmte Fa gen der Tagespolitik dabei zur Besprechung kommen, mag nur ein allgemeiner Gedankenaustausch über gewisse große leiende Gesichtspunkte nn Plane liegen oder mag selbst die llter- haltung der hohen Herren sich dem Gebiet der Politikzanz fern halten: derBesuch des Zaren bei seinem kai er lichen Großoheim ist eine politische That, die hre Bedeutung in sich selbst trägt. Dem Kaiser Alexander IN. ist der Ruf, beson'rrS freundschaftliche Gesinnungen gegen Deutschland zu hexn, nicht vorausgegangen, und auch seit er zur Regierung,e- langt, sind deutlich erkennbare Anzeichen nickt zu Tage «- treten, daß er auf die alte Grundlage in dem Berhältmß br drei Ostmächte, die in dun mehr und mehr zerbröckelnde sog. Dreikaiferbündniß ihren Ausdruck fand, entschieden uv entschlossen einzutreten gedenke. Man mußte annehmen, dg der Zar mehr, als cS im deutschen nnd namentlich ir österreichischen Interesse liegt, in den Gedankenkreisen unl in dem Einfluß des uß bevorstehenden Kaiserzu Kaiser von Rußland überhaupt stattfindet, noch an welchem Orte. Nach der indiskreten Reclame der „Tanziger Zeitung" ist wohl nicht daran zu zweifeln, daß, wenn von der Stadt Danzig bei den Erwägungen über die Wahl eines Orte« überhaupt die Rede gewesen sein sollte (wa» wir nicht wissen), nunmehr davon Abstand genommen und eine Begegnung der Monarchen dort keinensalls stattfinden wird. Die Gründe, auS welchen die Einzelheiten der Zusammen kunft verschwiegen werden, sind zu naheliegend, als daß eS nötbig wäre, darauf zurück zu kommen. ES war ja auch bekanntlich gelungen, der Kaiserzusammenkunft von Alexan- drowo den Charakter der Ueberraschung zu wahren Daß aber bei einer Zusammenkunft, für welche die deutsche und nicht gewahrt werden konnte, ist selbstverständlich; auch ohne die „JndiScrction" der „Danziger Zeitung" hätte ein solches Ereigniß durchsickern müssen. An der Tbatsachc der Zu- sammenkunsl »st, abgesehen von unvorhergesehenen Ercignisten, jeder Zweifel ausgeschlossen. Man spricht auch von ganz außergewöhnlichen polizeilichen Vorsichtsmaßregeln, die für die Kaiserbegegnung getroffen worden sind. Die Einzelheiten sind der Natur der Sache nach nicht für die Ocfsentlichkeit geeignet. Wir er wähnen im Zusammenhang hiermit daS Gerücht, daß sich in der Begleitung des Kaisers Wilhelm auch der Polizeipräsident von Berlin, Herr v. Madai, befinden werde. Die Anwesenheit deS Kaisers in Hannover hat von Tag zu Tag mehr den Beweis erbracht, wie tief die An hänglichkeit und Verehrung der Hannoveraner an ihren Kaiser und König auS dem Hohenzollcrnhause bereit« Wurzel geschlagen, so daß Se. Majestät, als nach dem Diner am 3. d. M. die eingeladenen Herren aus dem Adel deS Landes und der Bürgerschaft der Residenz zur Vorstellung gelangten, an diese die Worte richten konnte: „Meine Herren! Bei meiner Ankunft hier babe ich mich sehr über den mir ge wordenen Empfang gefreut Herrn Stadtdireclor Rasch habe ich hierfür schon meinen Dank ausgesprochen. Ich hoffe, daß die Anhänglichkeit an mein Haus und die neuen Zustände immer mehr wachsen werde, und ich verspreche Ihnen, von meiner Seite Altes dazu zu thun. Ebenso wird mein Nach folger in meine Fußstapscn treten." In unfern Generalstabskreisen hat ein vor Kurzem in der „Deutschen HcereSzeitung" erschienener Artikel peinliches Aussehen gemacht. Es wird in demselben bittere Klage darüber erhoben, wie wenig man den Vater der deut sche» KricgSwiffenschaft, Scharnhorst, ehre; nicht einmal sein umfangreicher schriftlicher Nachlaß sei bisher von fach männischer Hand geordnet worden. WaS an dem Artikel besonders bemerkt worden ist und ihn auch für weitere Kreise interessant macht, ist der versteckte Hinweis, daß hervor ragende politische Gründe dazu geführt haben, das An denken deS großen ManneS so weit wie möglich in Dunkel zu hüllen. Thatsächlich nämlich ist in früherer Zeit ein Versuch gemacht worden, denjenigen Theil deS handschriftlichen Nach lasses von Scharnhorst, der sich im königlichen Kriegsarchiv in Berlin befindet, drucksertiq zusammenzustcllen. Aus höhere Weisung aber wurde die Ärbeit plötzlich abgebrochen und ist so bis heute unvollendet geblieben. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bespricht die in Kiel erfolgte Beschlagnahme der beiden Schiffe „Diogenes" und „SokrateS", indem sie aus die Nothwendigkeit dieser Maßregel unter Bezugnahme aus die kriegerischen Verwicke lungen in Südamerika hinweist. Das ossiciöse Blatt schreibt u. A. Folgende-: Bei den kriegerischen Ereignissen in Südamerika ist nämlich deutsches Tigenthum in bedeutendem Umfange theilS beschädigt, theilS vernichtet worden, namentlich bei der Plünderung der Zoll- Häuser zu Mollendo, Callao und Lima, sowie bei der Einnahme von MirasloreS und anderer in der Umgegend Limas belegener Orte. Wie auS südamerikanischen Lorrespondcnzcn hervorgeht, handelt eS sich hier um sehr hohe Werthe, und man kann wohl da- Vertrauen hegen, daß die deutsche Regierung die Interessen der Beschädigten der chilenischen Regierung gegen über mit vollem Nachdruck wahrnehmen wird. Alle diese Re- clamationen würden aber von vornherein in ihrem Erkolge ge- sährdet sein, wenn das Deutsche Reich in dem vorliegenden, die Schiffe „Diogenes" und „SokrateS" betreffenden Fall den Ncuira- liiätS-Berpslichiungen nicht streng nachkäme Der Befund über die Beschaffenheit und Bauart der Schiffe, verbunden mit dem hart näckig sesigehalteaen Gehcimniß in Betreff der Person ihres Be- stellerS, ist wohl geeignet, jeden Zweifel darüber auszuschließen, laß die StaatSregierung sich schwerer Verantwortlichkeit auSsetzen würde, ... u.» die StaatSregierung sich Ichwcrer Verantwortlichkeit PanslaviSmuS besangen sei. In bei wenn sie sich durch die geräuschvollen Reclamaiionen lsammenkuilst hat man schwerlich cinck hast unterrichteten Presse" in der loyalen, ii > einer „mangel- ... . . . . ... . . . überdies durch die llarbrwußte und entschiedene Wendung in den politischen Interessen zahlreicher Reichsangehöriger noch ganz besonders ,e Grundanschauungen de« Zaren zu erkennen, wohl aber daS boienen Erfüllung ihrer NeuiialitätSverpflichMng irgendwie irre Bestreben, die Besorgnisse zu entkräften, als ob die am , . , .. - ' Bisher gehörte aber auch die „Norddeutsche Allgemeine f^rÄuÄ7a>^°m?ich schlöffe^''Und anbctrifft. zu der „mangc „ . . . . benbe politische Richtung eine Gesabr Deutschland in sich schlöffe. Und unter diesem Gesichts punkt gewinnt der Kaiserbesuch eine sehr wertbvolle Bedeutung Er wird dazu beitragen, die Hoffnungen und Befürch tungen, die man noch vor Kurzem gegenüber einer russisch- französischen Allianz mit feindlicher Spitz« beqen durste und mußte, erheblich abzuschwächen, und kann sonach mit Fug und Recht unter die erfreulichsten und wirksamsten Frtedensanzeigeu und Friedensgarantien einaereihl werden. Ueber dir Verhandlungen, welche der Kasserzusammentunst dorauSaingen, hört die „N.-Z", daß dieselben seit dem Ein treffen o«S Kaisers in Hannover im Gange waren. Die Art, wie Rußland bei den Herbstmanövern vertreten sein soll, war bi- dahin in der Schwebe geblieben; eS war von einer Begrüßung durch den Großfürsten Wladimir oder Alexis die Rede. Erst in der allerletzten Zeit ist der Entschluß Alexander'« lll., selbst die Begrüßung de» Kaiser« vorzu nehmen, zur Mittheilung gelangt. Alexander III. ist,m Augenblick schon unterwegs. Die russischen Großfürsten Ser- giu« und Paul, die am Mittwoch in Berlin anaekomme» waren, werden sich gleichfalls nach Danzia-Neusahrwaffer begeben. Der König von Rumänien, dessen Ankunft in Aussicht gestellt worden war, wird nach authentischer Mit theilung nicht in Danzig anwesend sein, er hat sein Land überhaupt nicht verlassen. Da« Sreigniß beschäftigt natürlich um so mehr die all gemeine Aufmerksamkeit, als von ofsiciöser Seite da« Gebeimniß mit großer Beflissenheit sestgehalte» werden soll. So schreibt heute die „Nordd. Allg. Ztq.": Amtltch ist bisher noch Nicht« davon bekannt, weder ob die in de» Blätter» besprochen» Zusammenkunft »nsere« Kaiser« mit dem >ast unterrichteten Presse Die Erwartung, daß seitens der Reichsregierung dem Ikannten Virchow'scken Anträge aus Gründung vor Finker-Asylen, als dem besten Mittel zur planmäßigen ^Handlung der Trunksucht, würde stattgegeben werden, hat nch guten Erkundigungen nur geringe Aussicht aus Verwirk- ligina. Wie man hört, interessirte sich der StaatSsecretair vo Bötticher persönlich sehr warm für die von dem fort- sck ttlichen Abgeordneten angeregte und vom Reichstag ge- bilhte Idee, doch scheint eS, daß er bei weiterer Verfolgung der 'ngclegenheit aus Hindernisie gestoßen, die sich nicht über- winsi, ließen. An maßgebender Stelle giebt man »och imn« der strasgesetzlichen Bekämpfung der Trunksucht den lorzua vor der medicinischen. so daß eine un« zu- gehene Mitthrilung an Wahrscheinlichkeit gewinnt, nack, welche dem nächsten Reichstage eine Wiederholung des Trunk, chtSgesetzeS der verflossenen Session bevorstände. Hofsettich findet dasselbe alsdann eine bessere juristische Durchbdung. War e- doch der sreiconservaliv« Abgeordnete von <2h warze, den seine ReqiernngSsrenndlichkeit nickt abhielt.sehr 'charfe Pfeile deS Spottes aus einzelne mehr humane,l« wissenschaftlich durckgeseitle Partien der Vorlage zu richte. Die üitliche Berliner „Provinzial Eorrespondenz" wagt eS nicht. siHirect die von der „Nortd. Allg. Z." auSgrgebene. selbst vonwnscrvaliven Organen, wie teni „Reicksboten" »nk der „Schg. Ztg.", abgeletjnle Wahlparole „Für oder wider den Kaise» anzueigne». >» verschämter Form wiederholt sie dieselbe a^, indem sie die Wähler auffordert, kräftig für „die Regierung de-Kaiser«" einzutreten, die allein bestrebt sein soll, „mit treuer Hingebung daS Wohl des Volkes zu fördern". Bon dem Wahtiermin sagt die „Prov.-Eorresp.": „Durch kaiserliche Verordnung sind die Neuwahlen zum Reichstage, dessen dreijährige GeltunaSzeit am 30. Juli d. I. zu Ende gegangen ist. nunmehr auf den 27. Oktober fest gesetzt. Der Zeilpunct konnte mit Rücksicht aus die Beschäf tigung der ländlichen Bevölkerung nicht früher, mit Bezug auf die parlamentarische Thätigkeit deS nächsten Winters nicht später gewählt werden." Nach langem Besinnen findet man jetzt endlich im Re- aierungSlager ein Wort der Erklärung für die be schämende Thalsache, daß der Bischof l)r. Ko rum die An erkennung erhallen, ohne den Homagialeid abgeleistel zu haben. Der schwächliche Versuch oer Beschönigung Vie les Vorganges hält sich durchaus in dem Charakter, den die Kirchenpolitik seit dem Amtsantritt deS Herrn von Goßler ausweist: hier wie dort ein Verschleiern der inneren Halt losigkeit und Schwäche durch Spitzfindigkeiten, die an der Schate der Dinge herumtastc» und über die Preisgebung des KernS nicht hinwegläuschcn können. Herrn Korum ist nach der wunderbaren Logik der Osficiösen der Eid erlaffen, weil er auch den Diöcesanverwesern von Paderborn und Osna brück gemäß dem Juligcsetz vom vorigen Jahre nicht abver langt worden. Wie einsack'und einleuchtend DaS ist! Da man sich in jenen beiten Fällen schwach erwiesen, welch ein triftiger Grund lag wohl für die preußische Regierung vor, sich in Trier stärker zu erweisen? Man muß zuaestehen, gar keiner! Nur ist nickt recht zu begreifen, weshalb Herr von Goßler sich überhaupt »och die Möglichkeit offen halten will, künftighin von anderen Bischöfen den Eid zu fordern, da er den Folgen seines jetzigen Vorgehens schwerlich entrinnen kann. Solche Möglichkeit scheint er sich aber in der That aufzusparen, wenn man den Personen, die mit ihm Fühlung haben, Glauben schenken darf. ES wird daran erinnert, daß auch dem Fürstbischof Förster von BreSlau s. Z. der Eid der Treue erlassen worden, und daß ihn trotzdem die Erz bischöfe Melchers und LcdochowSki in besonders feierlichen Formen geleistet hätten. Gleiche politische Rücksichtnahme, wie sie dämals maßgebend gewesen, müßte aber auch jetzt als vorhanden angesehen werden. DaS Beunruhigendste an diesen Erläuterungen ist, daß eine „veränderte Handhabung" der die Kircke betreffenden Staatsgesetz« ganz offen angekiindigt wird. Bisher war noch immer nur von einer veränderten Gestaltung durch die Gesetzgebung die Rede, und die mildere Handhabung bewegt sich gleichfalls in den Grenzen des Gesetze-, nämlich de« Puttkamer'scken FriedcnS- qesctzeS. Wenn wir jene Andeutung recht verstehen, so nimmt er für die Erfüllung der Anzeigepflicht Erleich terungen in Aussicht, wie sie nach dem Wortlaut der Mai- aesetze, selbst bei dehnbarster Auslegung, nickt statthast er scheinen können. Herr von Goßler lägt erklären, daß der Abschluß der eingcteiteten Aclion „von Niemandem außerhalb der Regierung" übersehen werden könne. Man darf also an- nehmcn, dag die Regierung selber diesen Abschluß bereits vollkommen übersieht, und man wird sich um so mehr für be rechtigt halten dürfen, zu fordern, daß jenes gefährliche und anstößige Wort von der „veränderten Handhabung" in seiner Bedeutung genauer umschrieben werde. lieber „die Anbahnung de« kirchlichen Frieden»" schreibt die „Prov.-Eorresp." Die Aussichten aus de» Frieden mit der katholischen Kirche haben in der letzten Zeit erfreuliche Forilchriite gemacht. Wenn man die Ursache deS Streites und den Verlauf de« Kampfes zwischen der staatlichen und kirchlichen Gewalt überdenkt, wird man er jedenfalls schon sür einen Gewinn halten können, daß beide Thcile einen Stand« punct gewonnen haben, welcher eine Verständigung wenigsten« er möglicht. Tie Besetzung des bischöflichen Stuhles in Trier zeigt, daß die Möglichkeit i» einem Puncte zur Wirklichkeit geworden; sie giebt aber auch eine gewisseB ürgschast dasür, daß die versühnlicheaGesinnungen, welche diese« Ergebniß hrrbeiführien, auch eine weitere Annäherung und Verständigung im Gefolge haben werden. Die StaatSregierung hat ihrerseits bei dem kirchenpolitischcn Kampfe niemals die Zwecke deS Frieden- außer Acht gelüsten und stet« ihren Wunsch, zu einem sriedlichcn Bcrhältniß zu gelangen, betont. In diesem Geiste sind ihrerseits auch stets die Verhandlungen geführt worden, welche in den letzten Jahren von Zeit zu Zeit mit Würdenträgern der kalk», lischen Kirche zum Zweck der Herbeiführung eines friedlichen Zu standes staiisanden. ES ist überflüssig, aus die einzelnen Versuche der Verständigung einzugchcn, welche von Erfolg nicht begleitet waren. Sie waren aber darum nicht überflüssig, denn jeder der beide» Dheile hat dadurch allmälig einen Einblick in den Liand- punc» deS anderen gewonnen und die beiderseitigen Ansichten und Bedürfnisse zu erkennen und zu verstehen Gelegenheit erhalten. Die Grundlagen, aus welchen der Staat seine Rechtsansprüche gegenüber der katholischen Kirche vertreten und aus dem Wege der Gesetzgebung zur Gellung gebracht hat, stehen heute wie damals fest und sind durch die Versuche zur Verständigung nicht erschüt:ert worden. Andererseits hat der Staat nicht die Erwartung gehegt, daß die katholische Kirche auf die nach ihrer Auffassung unveräußerlichen Grundsätze ausdrücklich verzichten werde. Als unser Kaiser vo» Frevlerhand verwundet daniederlag, Hai unser Kronprinz in Stell vertretung seine« Vaters in einem Schreibe» an den IPapst erklärt und anerkannt, daß eS nicht in des Kaisers und vielleicht auch nicht in de« Papstes Macht stehe, „jetzt einen Principienstreit zu schlichten, der seit einem Jahrtausend in der Geschichte Dentsch- lands sich mehr als in der anderer Länder fühlbar gemacht Hai." Zugleicki aber erklärte der Kronprinz sich bereit, „die Schwierigkeiten» welche sich aus diesem von den Vorfahren überkommenen Lonflicte sür beide Dheile ergeben, in dem Geiste der Liebe zum Frieden und der Versöhnlichkeit zu behandeln, welcber das Ergebniß Meiner christlichen Ueberzeugung ist". In diesem Geiste der Liebe zum Frieden und der Versöhnlichkeit sind mehr und mehr die Verhand lungen geführt worden, um einen Weg zu finden, welcher, unbe- schadet der beiderseitigen Grundsätze, nach dem Ziel der praktisch zunächst liegenden Wünsche, nach einer ihaisächlichen friedlichen Ver- ständigiing und einem versöhnlichen Nebeneinanderledc» der beiden Gewalten führen kann. Und von diesem „Geist der Liebe zum Frieden und der Versöhnlichkeit, welcher da« Ergebniß ihrer christ lichen Ueberzeugung ist", wird die SlaatSregiernng sich im Interesse der katholiichen Unterthanen de< König« auch ferner leiten lassen. Der Papst hat jetzt auch der Generalversammlung deutscher Katholiken in Bonn ziemlich unzweideutig zu verstehen gegeben, daß er sich von seinen Gläubigen in Deutschland nicht in die Friedensunterhandlungen mit dem Fürsten Bismarck Hineinreden lassen will. Der Vorstand der Versa»iiiiIu»H hatte ihn in einem längeren Schreiben um den päpstlichen Segen gebeten und dabei au-krücklich Hervor geboben: „Unser Plan (die Versammlung in Bonn abzuhalten) fand bei dem bochwürtigsten Herrn Paulus Melchers, unserem seit mehreren Jabrcn in der Verbannung weilenden, iimigstaeliebten »nd theuersten Erzbischöfe, dessen baldige Rückkehr wir in ständigst von Gott er flehen, gnädige Zustimmung und Billigung". Der Papst bat daraus ebenfalls in einem längeren Schreiben geantwortet, selbstverständlich bereitwilligst seinen Segen ge spendet, aber auch nicht eine Silbe hinzugesügt, die von den Adressaten aus eine Erfüllung ihrer Hoffnung, der Erzbischof werde zurückkcbren, gedeutet werden könnte. Auch der erz bischöfliche Oberhirt selbst, der schon den Purpur de« CardinalS als Lohn sür die ibm angesonnene Entsagung winken siebt, äußert m seinem Schreiben kein Wort der Hoffnung, seine Sckafe wiederzusekcn; während er früher bei ähnlichen Gelegenheiten stet« ein Wort deS Trostes in Bezug aus feine baldige Rückkehr hatte. Jetzt siebt es beinahe wie eine Art von Auflehnung nickt allein gegen die preußische Regierung und die Maiaesetze, sondern auch gegen den Vatikan und dessen neueste Entschließungen a»S, wen» die Bonner Versammlung wiederholt di« „Unabsetzbarkcit" des Erz- bischoses betont. Die CentrumSfraction deS Reichstage« hatte un- mittelbar vor dem Schluffe der letzten Session ihren Aus ruf sür die bevorstehenden Reichstags wählen festgesetzt und beschlossen, denselben einen Tag nach dem Bckanntwerden deS Wahltermins der Oefsentlichkeit zu übergeben. Diese Publikation hat bi« jetzt noch nicht stattgesunten, und fällt Die« einigermaßen aus. Es wird hcrvorgeboben, daß di« neueste Phase im Culturkampfe, die Ernennung deS I>r. Korum zum Trierer Bischof, die jetzt zwischen Rom und Berlin statt- sindenden Verhandlungen leicht eine Aenderung im Wortlaute de- Wahlaufrufs heroeisühren könnten. Jedenfalls wird, wie die „Voss. Ztg." meldet, die jetzt in Bonn stattfindeude Katholiken-Versammluna den dort sich aufhaltcnden Führern de« EentrumS Veranlassung geben, sich über die Haltung de« EentrnmS gegenüber der Regierung zu benehmen und könnt« darnach möglicherweise eine Revision de- Ausruf« vorgenom men werden. Ter „Reichsbote" will in Erfahrung gebracht haben, daß bei der Wiedervorlegung de- UnfallversicherungSent- wursS der StaatSzuschuß ausgegeben und die Ausbringung der Prämien allein den Bet rieb-Unternehmern zur Last gelegt werden soll. ES ist bisher über die Gestalt, in welch« dieser Entwurf aiisS Neue eingebracht werden soll, nickt« be kannt geworden; aber die Nachricht de« conservativen Blatte« klingt sehr unwahrscheinlich. ES wäre nicht einznsehen, warn» sonst da« Gesetz in der vorigen Sitzung hätte scheitern müssen, nnd die neueren socialpolitffchen Pläne deS Reichskanzler« treiben gerade »«» durch den StaatSzuschuß anSgedrtick»« und von, Reicb-taa zurückgewiesene» Gedanken der Ver»«»« düng öffentlicher Mittel zu Gunsten einer einzelnen Erwerb«- classe auf eine schwindelnd« Spitze. ES fällt aus. daß der „StaatSanzeiaer" noch immer nicht die Enthebung deS früheren Oberpräsidentcn von Hessen- Nassau, deS Herrn von Ende, von seinem Posten veröffent licht hat. Herr von Ende ist einstweilen bloS beurlaubt, der neue Oberprälident der Provinz aber, Graf zu Eulen burg, hat von dem ihm übertragenen Amt bereit- in aller Form Besitz genommen, so daß Hcsien-Naffau sich jetzt, wenn man sich lediglich an den Buchstaben halten will, deS sel tenen Vorzugs erfreut, eigentlich zwei Oberpräsidenten zu haben. Wie überhaupt in der Geschichte der Ursachen, di« rum Sturz des Herrn von Ende geführt haben, so ist auch speciell in dieser höchst eigenthümlichen Art seiner Beseitigung »och Manches unaufgeklärt. Die Umarbeitung de« sogen. BerwendungSgesehe«. mit welcher der HülsSarbeiter im preußischen Finanzministe rium, Herr EilerS, betraut ist, schreitet nach Mittheilungen von guter Hand nur zögernd vorwärts, und e« ist neuer dings wieder fraglich geworden, ob die Vorlage dem Abge ordnetenhaus«: zugehen wird. Die plötzlichen Schwankungen in den Ideen des Reichskanzler«, welche die bisher sestgehalten« Grundlage sür die Steuerreform im weiteren und die Ent lastung der Gemeinden im engeren Sinne schwer erschütterten, konnten auch in Beziehung aus daS erwähnte Gesetz nicht ohne Folgen bleiben: au» den nüchternen Berechnungen der Regierungs-Finanzpolitiler ist der Eckstein deS TabakSmönopotS gerissen, um sür cm andere- Bauwerk verwendet zu werden, und damit fallen ihre künstlichen Gerüste einstweilen in sich selbst zusammen. Wie sollten sich auch VerwendungSgefetze Herstellen lasten, wo Nicht« von Dem vorhanden ist, oder zu erwarten steht, waS sich thatsächlich „verwenden" ließe! Einigermaßen hat auf die neue Lage übrigen« auch ein Er laß des Minister« de« Innern vorbereitet, der die Com- m unalsteuerreform von anderen GesichtSpuncten auS in Angriff nimmt als diejenigen waren, die in der letzten Session in, Vordergrund standen. Die Gestattung einer Todtenseier für Lafsalle in Altona unter der Herrschaft des „kleinen Belagerungszu standes" ist ein Ereigniß, daS mit Recht einiges Aussehen erregt hat. Die Feier ging freilich von jener polizeilich ge nehmigten Richtung innerhalb der S oc ia l d e m okrä tie aus, die unl der Regierung Fühlung zu unterhalten sucht und den Reichskanzler zu unterstützen bereit ist, eben darum aber von der Bollblut-Socialdemokratie mit äußerstem Haß angeseindrt wird. Daß der sichtliche Versuch, diese kleine und vereinzelt« Gruppe von oben her zu begünstigen und ihr daS llever- gewichl in der socialistischen Bewegung zu verschaffen, erfolg reich sein wird, möchten wir bezweifeln. Auch sonst ist bisher noch nirgend« ein Anzeichen hervorgetreten, daß die arbeitersreundlichei» Pläne deS Reichskanzlers in der eigent liche» socialdemokratischcn Umsturzpartei einen Umschwung ervorgebracht ober viel Beisall unv Anerkennung gefunden aben. Einer solchen Meinung mochte man sich während ker ieickiStagSvcrhandlungrn über da« UnsallversicheruiigSgrsetz, aiS Genosse Liebknecht den Reickskanzler „zu haben" glaubte, hingeben; e- ist aber seit der Zeit Nick'tS hervorgetrelen, wa» tie Annahme rechtfertigte, daß die Sociatremokratie, die bei tcn engeren Wahlen in sehr vielen Wahlkreisen entsch«>de»v in Rechnung zu ziehen sein wird, sich im conservativen Parteiinteresse, trotz der sichtlichen Bemühungen von dieser «eite, einsangen lassen will. Der Verlaus einer am Dienstag in Berlin einberusenenVersammlung, in welcher di« Social demokraten über da« Tabakmonopol und da- Vermögen Enterbter aufgeklärt werden sollten, war in dieser Beziehung sehr lehrreich.. Gambrtta, der Sieger von Belleville, zieht all poli tischer EommiS Voyageur »n Lande umber, um Stimmung sür sich zu machen. Seine phrasenreichen Reden in Reu-' bourg, Evreur und Honslenr finden in den Kreisen der aemäßigle» Republikaner Beifall und Anerkennung. Erficht«
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