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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188109220
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810922
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810922
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-09
- Tag1881-09-22
- Monat1881-09
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1881
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Erscheint täglich früh SV, Uhr. LetnilO« »nd trptditi«» I»ho»««gaff« 38. Sprechstundr» trr Ledaktim: vormtttagS 1l>—12 Uhr. Nachmittags 4—6 Uhr. >»»«4», »er kür »te nächste,«»« Nummer h^timmten Inserate «» kv»cheuta,eu »ts » Uhr Nachmittaas, «Gsnn-»nh -rstta,« srützhÜV.» Uhr. 2» te« Misten für 2«s.-A„atz»e: VN« Klemm, UnlversitLtsstrahe 22, «»ts Lisch«, Kathariueustrahe 18,p. »ur »t«'i,8 Uhr. npMtr TagMillt Anzeiger. Organ str Politik, Localgcschichte, Handels- «nd Ses-ilstsverkehr. VteH-Nnslage 1?,LS0. Ldsnnrnmüoprri, viertelf. 4'/, Mit,, t»rl. vrttmerloh» » Nk.. d»rch die Post bezog» « ML Jede rluzelur N«E 28 Pf. Velegeremplar IO Pf. OebRhee» sie Ertrabetla««» «h«e Poftbejördenmg 3» ML »tt Voftbesördeen», 4L ML Inserate Saefpattene Petitzeile M) Pf. Grsßere vchriste» last unserem -reis» verzeichniß. Tabeklarücher Ga, nach höhere» Tarif. U«lK«> ««ter te« Xetartlonoßrich die Svattteitt b0 Pf. Zaser»«» find stet» an dtt Erpesttt«« zu feade». — Rabatt wird »ich« gegebr». Jahiuns »der durch Post» ZuuhmHme. 2KS. Donnerstag den 22. September . 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. ^^8» ^eua»er Nachachtnag bri»gr» wir hterdnrch »te Daß jeder M»k«»«e»»e Kre«»e, Melcher hier übernachtet, »« Lage setaer Ankunft, «»» ««» »iefe erst tn den Abendstunde» erfolgt, a» Andern Tag« V-r»tt«ags »on srtnemWirttze bet «ns««» Kremstrn-Vnrea« an»«melde« ist» dtejenta« Fremd« aber» welch« länger als »ret Lage »ter sich «nfhalte«, Anmeldeschein p» lös« Habe«, t« Gat»«»»«« »nd bewerke«, »ah Vernachlässigungen der selben »Keiner Geldbuke von IS ^ «»er »erhültttttz- »Shiger Haftstrase geahndet werde« würde«. Leitztt» «« 18. September 1881. La» Paltzet Amt »er Stadt Leipzig. vr. Nst »er.Daegner, S. Wegen Reinigung der Räume bleibt unsere Schulgrlder- Einnahme Do«aer-t«g de« SS. dss. Mt». für den Verkehr mit dem Publicum geschloffen. Leipzig, am IS. September 1881. Der Rath »er Stadt Leipzig. vr. Georg«. Veklmntmluhlmg. Dl« von un« auf Freitag den SS. diese» Monat», bwraetttag^ 11 Uhr angesetzte Verpachtung de» Latches im Aohanna.Park hier zur Fischzucht und Be nutzung al« Eisbahn wird hiermit wieder attfgehwhe«. Leipzig, den 2V. September 188l. Der -lath der Stadt Leipzig. vr. Georg«. Ttvß. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 22. September. Bs» zum Tod« Garfield'» hatte die Union kein ver antwortliche« Ministerium: die RepnbliI lebte daher bitter thatsächlich unter der Oberleitung de« Staatssecretarr« Bla ine ohne alle verantwortliche Spitz«. Hu diesem an sich unhaltbaren Zustande mag nicht unwesentlich die Berück sichtigung de« UmstandeS beigetraam haben, daß der Vice- Prästdent Arthur zu den Anhängern Grant'« gehört, zu jenen Beutejägern, «elche ihrersect« die Präsidentenwahl Garfield'« al» eine empfindliche Niederlage betrachteten. Nie mand konnte indessen dem Vicepräsidmten General Chester A. Arthur den Präsidentenstuhl mehr streitig machen: ein Telegramm meldete denn auch, daß er am Montag Abend in seiner Wobnung zu Washington vor zwei Richtern des oberen Gericht-bofe» de« Staate» New-Dork den Eid ge leistet und den General-Staatsanwalt Macvcagh telegraphisch ersucht habe, der Wittwe Garfield'« sein tiefste« Beileid aus- zuvrücken. Vorher fand ein Cabinet«rath in Long-Branch statt, nach welchem die Cabinet«mitglirder Windöm, Hunt, Iame«, Macveagh und Kirkwood au Arthur telcgraphirtcn, daß e« ihre schmerzliche Pflicht sei, ihn von dem Tod« de« Präsidenten zu benachrichtigen und daß sie ihm glaubten empfehlen zu sollen, daß er unverzüglich dm Eid leiste und mit dem ersten Zuge in Lvng-Branch cintreffe. Die Ansicht, daß Arthur mit Garfield « Cabinet fort- regieren werde, findet nicht viel Anhänger und da« Stalwart- Organ, der „Commercial Adverliser", belehrt die Verfechter dieser Ansicht, daß sie gar keine Berechtigung habe. Da» ge nannte Blatt sagt: Wenn General Arthur Präsideut der Bereinigten Staaten wird, «nacht sein «mtseid seine Pflicht klar. Seine Pflicht gestattet ihm nicht, die Regierung dm Händen von Beamten zu überlasse», welche di« Verfassung nicht kennt. Seine Politik und sei» Urthetl müssen maßgebend sei», «ein Mann und keine Sippe dürfen ihn leiten. Dieienigen, welche ihn a« beste» kennen, wissen, daß Die« auch nicht geschehe« wird. Er muß seine Hände frei haben. Wahr ist allerdings, daß jeder Präsident da» Recht besitzt, ei« Cabinet nach seinem Geschmacke zu wähl«; man darf daher mit höchster Spannung der Ernennung desselben entgegensetzen. Ob Arthur bei seiner bisherigen Politik de» „StalwartS" verharren wird, muß sich dann alsbald zeigen. Bei dem Mangel auSsiibrlicher Nachrichten au« Amerika über dm Präsidentenwechsel gewinnt ein Artikel der „New-Norker Zeitung" vom 3. d. M. ei» ganz besonderes Interesse, welcher „Die Aussichten auf «ine Präsi dentschaft Arthur'»" überschrirben ist und in folgenden Sähen gipfelt: Wir haben keine gute Melmmg von Arthur'« Takt, denn wir können nicht übersehen, wie wenig er al» vicrprästdeut im Stande war, die Würde seine» Amte- zu wahren, und wie er den Vicepräsidenten vollkommen dem Localpolitiker opferte. Wir können andererseits uns der Hoffnung nicht ganz entschlagen, daß die Ein drücke de« Ereignisse», das ihn »um Präsidenten machen mag, nicht spurlos an ihm vorübergeh«» werden »nd insbesondere nicht der unverblümte Ausdruck de« Mißtrauens, das sich bei der Gelegenheit gegen ihn kundgab und das sich ganz gewiß nicht so leicht verwischen läßt, wie einige republikanische Blätter glaube», die ausongs dem Ausdruck jene« Mißtrauen- sich sehr deutlich aoschlossm, ueuerdin ab« dm ausgehenden Stern anbetea. Herr Arthur wird de» Gefühl sich nicht entaiehm könnm, daß er die Politik sein« Admiutstration der öffentlichen Meinung an- bequem« muß und daß diese gerade nach ein« solchen Katastrophe tm Stande sein wird, sich sehr fühlbar »« mache», wir bangen aber darum, weil »tt darauf rechnen, daß Herr Arthur als Prä- kdmt «i» der Situation rech»» muß, uicht so sehr vor einem Wechsel im Präsidenten»««. Er mag i« Labinet «mder-ngen vornehmen, aber er wird mit keinem Labinet im Stande sein, gegen dm Strom »» schwiwmen. Die Strömung ist hoffentlich stark genug »n Guuste» vo» Reforwen. um es irgend «in« Administration »«möglich zu mache« da» Rrformbedürfnt» z» tgnorire». Bei all sttner Macht ist der Präsident nicht mächtig genug, einer »tschiedmen Boltsströmuug zu widersteh». Herr Arthur dürfte sich in dieser Beziehung ein warnendes krempel an Andrew Johnson nehmen, der mit sein«, Politik, einerlei was Gutes daran gewesen, im Loa- «tt der herrschenden Mein»»- des Nordens war und in diesem >ie neuest» EnihÄunqrn über die Lorrupiio« der Hayes scheu Administrativ, und di» durch Guiteau's «tteumt illustririen Auswüchse der «emterjägerri werde« es für» Nächste leinm Admini- stratro» möalich mache», dem «esormbadürfniß Lechz »» bttttu. Ob Heer Garfield a» der Spitz« der Verwaltung bleib» »der Herr Arth« doh» gelang» wird, müssen jene« vedürsniß gWestönd- »iffe »macht werden. Ei« Ausbeutung der Prärogativ« de« Prä- fldentr» ,« einer MaschinmposiNk. wie sie eigentlich nach dem Ge- schmack de« Politiker» Arthur wäre, könnte der Präsident «rthnr fick nicht hrransnehme», wenn er nicht von der öffentlich» Meinung erdrückt weG» will. Die Politik dss Präsident» wird fernerhin mehr und uicht weniger als bisher vo» der Situation bedingt werden. Di» Reconstruction-Periode war ein logische« Product dar Berhältniff» »nd ans ihr ging da« Masco Johnson'« »nd der Grautism»! hervor. Di« Reaktion blieb nicht aus. Di« Hape-ffche Administration, «tt ihre« Schwindel, and jetzt da« Attentat »uiteau'« Hab» dies« Reaktion ein» neuen Impuls verliehe». Arthur wäre freilich gauz und gar nicht der Mann für die Si tuation, and es wäre — adaeiebe» davon, daß er nur dnrck etn dem amrrilanischen Volk s, schmerzliches Ereigntß ins Amt komm» könnte — durchaus nicht zu wünsche», daß ihm die Ausführung der vo» der Situation gebotene» Politik Vorbehalt» bliebe. Kommt es aber doch so wett, Io wird diese Politik mindestens bis z» einem gewissen Grade seine Politik sei» müsse». Die Verhältniffe wer- den mächtiger sch, als seine Neigungen, «nd man braucht sich daher keiner übertriebene» Furch» vor diese» hiuzugrbe». WaS die Persönlichkeit de« neuen Präsidenten anbe trifft, so wnrve General Ehester A. Arthur »u Albanh im Jahre 1831, in demselben Jahre, wo auch Garfield da« Licht der Welt erblickte, geboren. Er wurde erzogen in de« Union College zu Schmectady und zeichnete sich in allen UuterrichtSzweiaen aus. Nachdem er ans der Universität seine« Grad erhalte» hatte, bezog er die Albanh Rechtsschule, welche eine Abtheilung de« College au-macht und wurde schon in einem frühen Alter zurAdvoeatur gekästen. Frühzeitig zeigt« er Interesse für daS öffentliche Leben und erklärte schon als Knabe von 14 Jahren, daß er der Whighpartei angehöre. Sein Ge- schäftSleben begann er al» Sachwalter in New-Vork in Ge meinschaft mit einem Herrn E. D. Culver und erlangte bald einen Ruf al- tüchtiger Recht-gelehrter. Zur republikanischen Partei bekannte er sich sogleich bet ihrer Organisation. Wäh rend de« Kriege« war er General-Ouartiermnster de« Staate« New-Dork. Nach Beendigung de« Kriege« zog er sich in« Privatleben zurück und nahm zu New-Uork m Verbindung mit Mr. Ranfom die Praxis al» Sachwalter wieder aus. Spät« wurde Mr. Philip«, der DistrictS-Sttorneh, zu der Firma zugezogen und ,st Arthur jetzt »och einer der Theil- haber der Firma Arthur, Philip«, Knrval« »nd Ranso«. Arthur nahm sowohl in kommunalen wie in staatlich« Ange legenheiten «ine leitend« Stellung ein. vom Präsidenten Grant wnrde er a« LI. November 1872 zn« Zollein- aehmrr des Hafen« von Rrw-Pork ernannt, in welche« Lmto^d« er Thoma« Murphy folgt«. Er hatte diese Stellung di« zum 20. Juli 1878 tune, wo er durch den Präsidenten Lahe«, weil er beschuldigt wurde, daß er sich der von Diesem beabsichtigten Eivildienstrefor« widrrsetze, entfernt wurde. Der tragisch« Tod Garfreld'« beschäftigt, wie zu er warten stand, die Presse in ganz ungewöhnlicher Weise. E« mag au« diesen Kundgebungen nneAusführung der „Nord deutschen Allgemeinen Heilung" hervorgchoben wer den. »velche noch immer d,e Anschauungen widerspiegelt, welche der Präsidentenwechsel in den maßgebenden Kreisen Berlin« hervorgerusen hat. Da» officiöse Blatt schreibt: ... Et» finsteres Berhänaniß waltet über de« Häuptern der an die Spitze der Staaten berufenen Persönlichkeitt». Der politisch« Mord ist inttruattonol, ja «uiversal geworden. Er bindet sich weder an polttisch« noch an natürlich« Greuzscheiden, weder an Staats- noch an Gesellschaftsformen. Die so vielfach avgepriesene große ttanSailantische Republik hat hierin vor den Monarchien des alten Europa Nicht» voraus. Wie Lincoln, so ist auch Garfield den finster» Mächten zum Opser gesallen, die da« Aufblühen der Union, eine Gesundung der verrotteten Zustände zu verhindern trachten. In deu Schmerz der Patriottu mischt sich daher zugleich bange Sorge mn das, was die Zukunft ihrem Lande bringe» wird. Erst dann wird der erlitten« herb« Verlust iu seiner »ollen Tragweite zu ermessen sein. Der Augenblick gehört den rein menschlichen Em pfindung«» der Lraner um das Opfer, des Unwillens gegen den M«rder. In Deutschland find dieselbe» lebendiger als in imend eine» andere» Staat«; e» gedenkt der bangen Tage, da sein allver- ehrter greiser Herrscher von meuchlerischer Hand auf das Kranke«, lager gestreckt war, aber, glücklicher, als der Heimgegangene Präsi- dent, durch Botte- Gnade genesen durste. Um so eher weiß Deutsch- land den Schmerz »» würdigen, der die Amerikaner um den Verlust ihres erwählte» Oberhauptes erfüllt; au« um so vollerem Herze« kommt das Beileid, welches die össentliche Meinung unseres Landes dem befreundeten Irans- atlantischen Volke tn dieser Stunde ernster Prüfung einmüthia rntgr-rnbriugt. Wir heben an dieser Stelle noch einige (immerhin nock sehr dürftige) telegraphische Meldungen wieder, welche mit dem Ereignisse im Zusammenhang slehen. Nach den- selb« glanbte Dr. Bliß, daß der Tod Garfield'« in Folge einer Herzncuralgi«, hervorgerufen durch verdickte» Blut, welche« den Blutumlanf verhinderte, eingetreten sei. Die Leichenschau sollte Dien«tag Nachmittag stattsinden. Alle Ge schäft« in de« aesammten Union«staatrn sind eingestellt. Der Gou verneur Von Washington ordnete einen dreißtgtägiaen Traucr- schmuck de« Capitol« an und der Gouverneur von Alabama hat eine Proclamation veröffentlicht, in welcher er die Bevölkerung ausiordert, den Gefühlen de« Schmerze» anläßlich de- Tode» de« Präsidenten öffentlichen Ausdruck zn verleihen. Nach den vorliegenden Nachrichten hat der Tod Garfield'» in ganz Amerika die tiefste Trauer hervorgerufen, von vielen Kirchen in den Unionsstaaten ertönte noch Montag Abend da» Trauer geläute. Die Journale in den Südstaaten veröffentlichen be reit» Trauerartikrl. Wie schon angrdeutet, hat, so weil bi« jetzt Urtheile der Presse über deu nationalliberalen Wahlaufruf vor- liegen, derselbe eine freundliche und anerkennende Aufnahme aesunden. E« wird auch von Blättern de« vorgeschritteneren Liberalismus zugegeben, daß diese Kundgebung die Grenzlinie gegen die von Seiten der ReactionSparteien ausgehen den Gefahren und Angriffe scharf und entschieden markirt, während andererseits auch in einer Reihe wichtiger Reform sragen di« Partei sich nickt aus die «insache, woblseile Ab lehnung beschräickt, sondern unter bestimmten Voraussetzungen ihre Mitwirkung und da- ehrliche Bestreben wirklichen Schaffen« zusichert Die nationalliberale Partei hat durch di« langen Jahre hindurch die vermittelnde Stellung festgehalten, ohne PreiSgebung der constitutionellen und liberalen Grundsätze mit andern Richtungen und Be strebungen in «nserm Volke diejenige Au-gleicbung uud Ver ständigung zn suchen, ohne welche die Gegensätze auf« Schroffste und llnverfvhnlichste aus einander prallen müßten und plötzlich nnvermmelt me größten Umwälzungen unseres aesammten vffentüchen Leben«, heut« schrankenlose Reac tiou, morgen vielleicht ebenso schrankenloser Radi caliömu«, sich vollziehen würden. Sie hat diese Stellung einer liberal«» Mittelpartei auch jetzt mied« eingenommen und klar abgegrenzt, ohne Rücksicht aus den von recht« und link« ertönenden Rnf, daß unter den heutige» Verhältnissen für Parteien der Vermittlung kein Raum mehr sei, daß nur schroffe Gegensätze i» unver söhnlich erbittertem Kampfe sich noch messen könnte». Der weitere Gang unserer politische« Entwicklung «Kd lehre», ob die aufs Neue ausgesprochene Ueberreugpna der national- liberalen Partei, eine ganz unentbehrlich« Rolle in unserm öffentlichen Leben zu spielen und ein nothvendige« Binde glied zwischen deu Extrem« darznstellen, tnthümlich oder veraltet ist. Anch die freiconfervatid« „Post" «immt ««mehr Stellung zu dem uationalliberalen Wahlaufruf. Der wesentstche Unterschied zwischen de« Programmen der beiden Parteien liegt nach dem genannten Blatt« darin, daß der nationalliberale Aufruf überall hauptsächlich den negati ven Standpunct betont, während der froisstzlservative vielmehr die positive Mitwirkung der Partei zu Bekatiguna bestehender Partn frei von jedem PessimiS»»« die Erscheinungen de« Tage« frei «nd unbefangen zu würdigen vermag und mit dem frische» Mnthe» »elcher da« feste Ver trauen in die Kraft «ch in di« Gesundheit »nsere« Volke« gewährt, an der Lösung anch tiefer nnd schwieriger Probleme der Staatskunst nicht verzagt, während die nationalliberale Partei unter dem Eindrücke de« rapiden, freilich meist selbst verschuldeten Rückganges einer mehr rrsignirten Stimmung zu unterliegen scheint Die „Post" will gern anerkennen, daß Fragen der Wähltaktik angeficht« der starken Bedrohung der Nationalliberalen von link» her für die Fassung von Be deutung gewesen und daß demuach Hoffnung vorhanden sei, die Nationalliberale» würden in dm Thaten minder schwäch lich sein als in den Worten und so «in Zusammengehen der gemäßigten Elemente von recht« und link« anch für vie Folge ermöglichen. Der kühle Ton de» freiconservativen Blatte« sticht merklich ab gegen da« frühere Feuer, mit dem e« dm Kamps gegen „Janker nnd Psaff" ausgenommen hatte. Bor dm Wahl«», dann stimmen wir mit der „Köln. Conservativm, ein anderer au« reinen Knobloch'sche» Bi»- marckianern uud »och ei» anderer gar ans mittaftaatlichen Particulariflen, und nur ein kleiner Rest steht noch auf dem allen freiconservativen Boden von Brthush-Huc und seinen Gleichgesinnten. Die „Post" steht ja dermalm ganz auf dem Standpunct« der „Norddeutschen" undist erfüllt mit der gleichen Bissigkeit, gegen Alle«, was sich „liberal" nennt. Erst nach den Wahlen wird sich ein genauere« posi tive« Session«- und vielleicht auch mittelparteilich«« Bündnißprogramm vereinbare» lasten, zu welchem die Nationalliberalen mit dm liberaleren Freiconserva- tiven sich gemeinsam bekennen könntm. Hu den Fahnenflüchtigen der deutschen Reich-Partei, die m der nächsten Reich«tag«fltzuna wahrscheinlich mehr Ueberläuser al« trmgebliebene Mitglieder zählen wird, ist nunmehr mit Bestimmtheit auch Gras Wilhelm Bi-marck zu rechnen. Seine Freunde versichern, daß er sich den Deutschconservatrven anschließm werde, wenn ihn feine Wähler m Langensalza noch einmal mit der Ehre ihrer Ver tretung betrauen sollten. Nach Berichten, die von dort ein- trefsen, ist diese letztere Aussicht keineswegs eise sicher«. Bon der Reise de« König« von Italien an die Höfe von Wien und Berlin ist e« allmälig still und immer stiller geworden. Die Danziger Begegnung hat dies« Plan, wenn er überhaupt jemal« ernstlich bestand, in seinem ersten Auskekmm geknickt. WaS aber da« Wichtigste ist: der gesund« völkische Smn der Bevölkerung, auf derm Phantasie die Zu sammenkünfte mächtiger Herrscher sonst einen eigenen Reiz au«üben, verhielt sich dem angekündiatm Besuch de« König« Humbevt gegenüber von Anfang an so gleichgültig ablehnend, daß hier ein nicht zu umgehende» Zeugniß für da« geringe Vertrauen vorlag. welches die öffentliche Meinung in Deutsch land den italienischen FremidschastSvinfficherungen entgegen trug. Ein kurzer Rückblick aus die früheren Besuche, welche zwischen Mitgliedern der preußischen Herrscherfamilie und dem italienischen König-Hause gewechselt wurden, zeigt in der That, daß alle diese Bcgegnungm eigentlich ohne Spuren verlaufen sind, Dank der schwankende«, ängstlich zwischen Deutschland und Frankreich hm- und herlastenden und cS deshalb mit beiden verderbenden Politik der Staats männer vom Ouirinal. Die Reihe jener Besuch« wurde eröffnet durch die vom Prinzen Karl im Februar 1872 unter nommene Reise nach Rom, welcher im Herbst de« folgenden Jahre« der Besuch de« König» Victor Emanuel und seine« Ministerpräsidenten Minghetti, sowie de« Minister« de« Au», wärtigen ViSconti-Venosta in Wien und Berlin folgte. Gleich- fall« bieder rechnen darf man auch wohl die Begegnung zwischen dem Kcuscr von Oc'crreich und dem ro gnluntnomo in Venedig, die im April 187S stattsand. Gall sie doch damals schon nur als ein Vorläufer der Besuche, die wenige Wochen darauf der deutsch« Kronprinz und seine Gemahlin m Florenz und Neapel, im Herbst desselben Jahre« aber KaiserWilhelm in Mailand abstattete. Mit dieser Mailänder Zusammenkunft zwischen den Herrschern von Deutschland und Italien ist ohne Zweifel der Höhepunkt der Freundschaft beider Staaten erreicht und im selben Augenblick auch überschritten worden. Was später- hin noch an srrundschastlichen Beziehungen zwischen den Cabinetten von Berlin und Rom bestand, hat sich über die Grenze kühler Förmlichkeit nur selten erhöhen. Wie der „Iiationalzeitung" au- London gemeldet wird, soll die Reise de« russischen Botschafter« in Berlin, de« Herr« von Saburofs, nach Pari« nnd London mit de« Verhand lungen von Danzig in Verbindung stehen, bet denen Herr von Saburoff «me hervorragend« Roll« spielte. Her«, von Saburofs wird in der Frage der Schließung von Au«- NeferungSverträgen eine Mission zugeschrieben, w,e überhaupt die Ergreifung gemeinsamer europäischer Maßregeln gegen die nihilistische Verschwörung iu erster Linie auf der Reche der Tractanden in Danzig gestanden Hab«. Bon Personen, die an dem Galadiner iu Itzehoe theilgenommeu, wird mit- gethellt» der Kaiser habe dort die Aeuzerung gemacht, haß, was in Danzig zwischen ihm nnd dem Kaiser Alexander her- handelt sei, würde hoffentlich noch mehr zur Befestigung de« Friede»« in Europa beitragen» davon sei er. der Kaiser, überzeugt. Gegen die Errichtung einer päpstlichen Nuntiatur in Berlin erklärt sich mit a»ffall«ud«r Schärfe der hoch- consavative „ReiLSbotr". Da« Blatt meint: ,,E« wäre die schmerzlichste Drmüthigung für unser« evangelische Kirche, wenn sie zusehea müßte, wie der Vertreter de« Papste« un- mittelbar mit de« König«, dem obersten Bischof der evan gelischen Kirche, verkehrte, während die Vertreter der evan gelischen Landeskirche nur au die Minister gewiesen sind. Die Zulassung de- Nuntiu« in Berlin würde ein verhängniß- voller, mit de« ganzen preußischen Ueberlieserungen brechender Schritt sein, vor dem wir nur warnen können." E» wäre nur zu wünschen, da« Blatt der hochorthodoxen evangelischen Geistlichkeit nähme auch an anderen unbilligen Vorrechten, die man der katholischen Kirche in Preuße» einzuräumen im Begriff ist, so viel Anstoß wie an dieser Frage der diploma tischen Vertretung. Die Gesinnungsgenossen de» „Reich«, boten" sind ganz besonder« daran schuld, daß man dem Frieden-schluß mit der Curie heute mit so großen Besorg nissen entgegensehen muß. Herr v. Schlvzer ist am Dienstag Abend au« Rom wieder in Berlin eingetroffen. Wie lange sich Herr d. Schlözer in Berlin aufhalten wird, ist noch unbestimmt, jedenfalls nur ganz kurze Heit, da er sich alsbald nach varziu beaiebt, um dem Kanzler Bericht zu erstatte». Möglich, daß er die Reise dorthin schon bald antritt. Hierüber dürste ein Telegramm au« Barzi» entscheiden. So bald S«. Majestät der Kaiser wieder in seiner Residenz wellt» und unter Umstände» «och früher, wird der genannte Divlomat dem Monarchen ebenfalls persönlich die Eindrücke schildern, die er im Batiecm empfangen hat. Herr v. Schlözer ist bei Hose «nd besonder« auch bei Ihrer Majestät der Kaiserin sehr gut aagesrhe». Der bisherige Re,ch«tag«abaeordnete Sonnemcum hat die, ihm für den Wahlkreis Frankfurt a. M. auaetragene Ccu>» dcdatur imgenommen. Die Nationalliberalen haben de« Assessor Jung iu Köln al« Eandidaten für den ReichStccg ausgestellt. Mau schreibt un« aus Berlin r Nicht au« allen llwch.' liche» Bezirken de« Osten« der preußische» Monarchie laut« die Nachricht« über die Dahlbewegung günstig Htr di« lthsral« Lache. Di« conserdattd« P«äo, die sich ja vorzugsweise tn dm mit staatüchm oder kirchlich« Würden bekleidet« Person« verkörpert findet, hat die letzt« drei Jahre, während derm sie sich im Besitze der Herrschaft be fand, «echt gut angewandt» mn «ine Organisation z« schaff«, der jetzt an gar viel« Ort« dt« Liberal« nicht« Sehnliches gegenüber stell« könne«. In den größer« Städten stad allerdings dt« A»»stcht« für die Letzter« bester, indessen doch auch nur in Ost- und Westprcußen. In Pommern dagegen wkd e« «ur schwer möglich sein.» außerhalb der Stadt Stettin ein« Liberal« durchzubringen. In RaNdow- G reisen Hag« werden freilich für den Sohn de« verstorben« Graf« Harr» Arni«, Herrn vo» Arnim »Lchlagenthtn, der sich zur seeessionistischen Partei bekennt, Anstrengung« gemacht, denen der beste Erfolg zu wünsch« ist. Doch sind die Au«fichtm dieser Candtdatur nicht so sichere, daß man schon beut« mit dem Geling« deiffrlvea rechnen könnt«. Aehnlich steht es in dem benachbarte« Wahlkreise Necker- münde«Usedom, wo vr. Dohrn, der srühere langjährige liberale Abgeordnete, eandidtrt. In dem politisch« Proceß, der am 28. September in St. Petersburg verhandelt wird, erschein« nickt, wie vielfach geglaubt, vie Genossen des KatsermvrderS, Marine lieutenant L'ochanow «nd Lcheljabow's Freund Trigoni, sondern drei noch unbekannte Soeialisten und ein weib liche- Mitglied ver Partei, die alle bei Aufhebung der Druckerei de« .Sscherni Pervedel" aus Wasstlij-Ostrow gesangm wurden. E« sind die«: 1) KaufmannSsohn Piankow, 2) Lieutenanttsobn Perepletschkow, 8) Edelmann Peter TeSlecko Prichedko und 4) d» adelige Maria Konstantinowna Krilowa. Letztere muß ein ziemlich alte« Frauenzimmer sein, denn sie ist, wenn anch nicht direct, schon in Netschajew'» Mordgcschichte verwickelt gewesen. Herr Ronstan ist, wie e« heißt, bereit« heute auf der Rückreise von Pari« nach Tunt«. Nach telegraphisch« Meldung« hat die Regierung sich dm von ihm im Minister rath entwickelt« Anschauungen vollständig angeschlossen. Ein« energisch« militairisch« Action wird ungesäumt beginn«. Namentlich hat Neustem durchgesetzt, daß em commandirender General mit völliger Handlungsfreiheit und voller Verant wortlichkeit für di« tunesische Expedition ernannt wird und nicht mehr wie bisher auch die kleinste militärische Be wegung vom französischen Krieg-ministerium durch dm Tele graphen geleitet werde. Ronstan glaubt, daß die arabisch« Aufständisch« sich schnell vor einer energisch« Machtentjal- tung unterwerfen werden, hält auch die Einnahme der heilig« Stadt Keiruon, die unbedingt nothwendig sei, nicht für sonderlich schwierig. Eine Besetzung von Tunis unterbleibt vorläufig, wie auch die Abdankung de« Bey zunächst nicht von Frankrerch aagestrebt wird. Die Colonne CorrSard hat ihre Bereinigung mit der Colonne Sabrtier vollzogen und damit alle Gefahr für letztere beseitigt. DaS Panzergesckwader von Toulon hat Beseht erkalten, sich in die Gewässer von Tunis zu begeben. Gegen den Kriegsminister tz arre herrscht ein wahrer Sturm der Entrüstung fast m der gefammlen Press«. Immer nachdrücklicher wird zugleich die schleunige Einberufung der Kammern gefordert. Da« Gambettistische Blatt „Pan«" giebt in längerer Ausführung für gewiß au«, daß die Kammern am 17. Oktober zusammentreten würden. Ferner würde am Tage de« Erscheinen- de« EinberufungS- decret« da« Cabinet Ferry seine Entlassung einreichcn und Grevh «in neue« Ministerium noch vor Eröffnung der Session wähl« Paul Bert, zum Unterricht-mioister iu dem etwaig« Cabinet Gambetta auSersehen, hielt aus einem ihm zu Ehren abge- haltenm Banket der Schullehrer eine Red« über die zuküGstcge Gestaltung de- Unterrichtswesen« in Frankreich mit den bekannt« feindselig«, säst gehässigen AuSsäll« gegen allen religiösen Unterricht, wie gegen Rengiou überhaupt. A»s Stitt L«l). v. Leipzig, 2l. September. Dieser Tage ist im Pro- menabeneingange zu Reichel'« Garten, welcher bisher nur au« e»er Thoreinsahrt und einer Seitenhalle für Fuß gänger bestand, «me n«ne Passage eröffnet Word«, die, wenn auch spekulative Gründe zn derm Herstellung mit- ^ewirkt Hab« mögen, als eine für die Passanten recht woht- e Errungenschaft betrachtet wer dm kann. Sie ist ein Hem» Gustav Bachmann's, der den Raum für di«
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