Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.09.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188109291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810929
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Ausgabe beschädigt
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-09
- Tag1881-09-29
- Monat1881-09
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.09.1881
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich ftüh 6'/, Uhr. Letaktiou und LrpedMs« Johannesgasse SS. Sprechstunden der Nedaction: vormittag- 10-^12 Uhr. Nachmittag» 4—6 Uhr. - ^ "S^.L3ü:'n'i'5. WZ"- Luna»»» »er für »i« nächfft»l<»«d, N»««er §eftt««ttr» Inserate an Sache»»«,e» öt, S Nhr Nach»itta,S, «G««u- «m» Festtagen srütz bt,Uhr. 2n de« Filialen für 3ns.-Äunah«e: Otta Alt»», Universitätrstraße 22, Lauts L-schr, Katharinenstraße 18, p. »nr »t« '/,S Nhr. ! eipMr.TagMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr Meß-Auflage 17,180. Ldonarmk»k«rri» viertelj. 4^/, Mk. inet. Brmarrlohn 5 Mk.. durch die Pest bezogen S vkk. Jede einzelne Nmnmer 2S Ls. Brlegmmpl« 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» Ohne Poftbesörderunq SS vif »it Postdefirderung 4L Mi. Inserate Kgespaltene Petitzeile 80 Pf. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarisch« Sa- nach höhere« Tarif. Leclamen unter den Uedactionrstrich die Spaltzeil« 50 Pf. Inserate sind stets an die Expeditt»» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xraenumenmäo oder durch Post» Nachnahme. L7L. Donner-tag den 29. September 1881. M gefälligen Beachtung. Um bei Ausgabe der Legitimationskarten zum Abholen des Tageblattes beim Quartalwechsel den Andrang möglichst zu beschränken, haben wir die Einrichtung getroffen, daß Karte und Rechnung bereits von heute un in Empfang genommen werden können. Lxpeültlou tle« L.«1p2lzer ^uxktrlattes. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, NeichStagSwahl betreffend. ... Die wegen der Wahl eines Abgeordneten zum deutschen Reichstage für hiesige Stadt ausgestellte Wählerliste soll während der Seit vom 28. September bis mit 5. Ockober ». c. täglich Vormittags von 8 bis 1 Nhr und Nachmittags von 8 vrS 6 Uhr im Stadthause, Obstmarkt 3, I. Etage, Zimmer Nr. 87, zu Jedermanns Einsicht auögclegt werden. Unter Hinweisung auf H. 3 de« Reglements zur Aus führung deS Wahlgesetze» für den Reichstag vom 23. Mai 1870 wird dies mit dem Bemerken bekannt gemacht, dag. wer die Liste für unrichtig oder unvollständig hält, dies innerhalb acht Tagen nach dem Beginn der Auslegung, also bis mit 5. Octover l. I., bei uns schriftlich anzeigen oder bei dem in dem angegebenen Local anwesenden Beamten zu Protokoll geben kann und die Beweismittel für seine Behauptungen, fall- dieselben nicht auf Notorietät beruhen, beibringen muß. Leipzig, am 26. September 1881. Der At«th der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Nitzsche. Im Noßplatze sollen «ne Thonrohrschleuß« von 40 cm licht« Weite und KO » Länge und l« Stück Nebenschleußen hergestellt und «m eine» Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen im Ratyhause, 2. Etage, Zimmer Nr. 14 auS und können daselbst eingesehen, resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Dhoarohrfchleutzen am Rastplatz" »«sehen rbenvahin und »war dt» zum 8. Oktober laafeadea JahreS, Nachmittags 5 Uhr einzurcichen. Leipzig, am 26. September 188l. Der Rath der Stabt Leipzig. vr. Georgi. CichonuS. Eröffn««, ein« «euen Postanstatt t« Leipzig Lm 1. Oktober wird in Leipzig — KSrnerstrahe Nr. 1 — eine neue Postanstalt eröffnet. Dieselbe wird die Bezeichnung Leipzig 1t führen und sich mit der Annahme von Postsendungen jeder Art befassen. von einem späteren Zeitpunkte ab, voraussichtlich noch ln der ersten Hälfte deS MonatS Oktober, wird mit der neue» Postanstalt eine Telegraphen-Betriebsstelle vereinigt werden. Wettere Bekanntmachung hierüber bleibt Vorbehalten. Leipzig, den 25. September 1881. Ter Katferllche Ob«-Pastdir«tar. Walter. In der gegen Johanne Charlotte verw. Oberlehrer Müler gcb. Leonhardt aus Naumburg hier anhängigen Voruntersuchung ist «» von wesentlichem Interesse, den verbleib der nachstehend aufge- führten 18 Stück Aktien der Weimarischen Bank vom Jahre 1879 nnd zwar Nr. 5706—5724 und 12009 zu constatiren. ES ergeht daher da- Ersuchen, etwaige sachdienliche Mittheilungen »ugrfäumt an den Unterzeichneten gelangen zu lassen. Leipzig, am 27. September 188l. Ger Untersuchungsrichter »et »e« König!. La«»,«richte, vr. Rosenthal. Nichtamtlicher Thetl. Leipzig, 29. September. Rabbi den Akiba wird auch diesmal Recht behalten: eS ist AlleS schon einmal dagcwese», auch da- Zusammengehen einzelner Zweige der Socialdemokratie mit einer kon servative» Regierung. Wer sich noch der Haltung der Nach folger Lassalle'S im Jahre 1865 in dem Streite zwischen dem Ministerium Bismarck und der Mehrheit deS preußischen Abgeordnetenhauses erinnert, für den können die neuesten Nachrichten über die Stellung der Hamburger Soeialdemokraten zum Tabaksmonopol und über die Er klärung. daß i« sechsten schleSwig-holsteinischen Wahl kreise die Soeialdemokraten für den konservativen Can- didaten stimmen würden, nicht- Ueberraschende» haben. Einzelheiten auS jener schon halb verschollenen Zeit sind dem gegenwärtigen Geschlecht wohl kaum noch gegenwärtig und so dürfte eine Auffrischung ihre Berechtigung haben. Im 27. Februar 1865 schrieb der „Socialdrmokrat" deS Herrn von Schweitzer: „Die Regierung hat Hand angelegt an die Arbeitersrage; nicht von ihren Worten, sondern vo» ihren Thaten wird r- abhängen, ob die Arbeiter jene« Eingreifen- der Regierung sich zu freuen haben oder nicht." Im 22. Februar kruckte dasselbe Arbeiterblatt an seiner Spitze einen Leitartikel der „N. A. Z " die damals genau in derselben Weise wie heute „freiwillig <-gouvrrnemental" war. ab. welcher unter der Ueberschrist „Das allgemeine Stimmrecht und die Arbeiterfrage" di« Mittel der literalen Partei zur Lösung der Arbeiterfrage verspottet «ud unter Hinweis aus eine im Abgeordnetenhaus« von feudaler Sette zu Gunsten der Anerkennung de» „Rich- tiaen und Wahren an dem allgemeinen Stimmrecht" gefallenen Bemerkung unt einer Lobrede auf die konservativen Parteien in Preußen schließt, welch«, im Gegensatz« zu anderen Staaten, „die große und schöne Rolle übernommen haben, nicht zäh an der Vergangenheit und ihren eigenen Interessen festzuhalten, sondern im Gegentheil die Zukunft mit ernsten Augen be trachten und die Interessen jener Elaste der Staatsbürger in ernste Erwägung ziehen, die noch stet- von dem Liberalismus und von Niemand sonst zu seinen eigennützigen Zlveckcn aus genützt worden sind". Klingt dieser Schluß nicht gerade so, al» wenn er am heutigen Tage für daS „freiwillia^ouvermentale" Blatt, für die „N. A. Z.", geschrieben sei? Acer damals wie heute treten die geistig bedeutendsten Führer der Socialdemokratie gegen daS Liebäugeln mit einer conservativen Regierung auf und wenn Herr Liebknecht die Soeialdemokraten von Hamburg und ElmShorn heute zurückweisen will, so kann er sich genau derselben Worte bedienen, mit denen er damals am 28. Fe bruar !865, im Verein der Berliner Buchdrucker - Gehttlfen, seinen Rücktritt vom „Socialdemakrat" begründete: „Der Umstand, daß der Liberalismus seine Pflichten nicht erfüllt hat, ist kein Grund für die Arbeiter, sich denen in die Arme zu werfen, die noch weniger bieten als die liberale Partei, die noch weit hinter ihr rurückstehe» .... die Elaste, welche jetzt herrscht, liebäugelt mit den Arbeitern, erbietet sich zu Concessionen. Gut, meine Herren, nehmen Sie, waS Sie bekommen, aber nehmen Sie eS ohne Dank, denn eS ist blvS ein Bruchtheilchen Ihres Rechts, waS man Ihnen gewährt. Und man gewährt eö Ihnen nicht um Ihretwillen, nicht damit eS Ihnen nütze, sondern um des jetzigen Staates willen, damit rö demselben nütze. . . . Der jetzige Staat kann den Arbeitern nicht Helsen. Nur ein solcher Staat kann eS, von dem daS Volk sagen kann: Ich bin der Staat. Nur der wahre Volksstaat Hilst dem Volke nicht, sondern in dem VolkSstaat hilft daS Volk sich selbst. . . . Die herrschende Elaste, die Feudalen, wissen viel zu erzählen von der Nvth der städtischen Arbeiter, von der Hartherzigkeit der Fabrikanten. Sie schweigen von der Noth der ländlichen Tagelöhner, di« mindestens ebenso groß ist. Natürlich, denn dies« Landtagelöhner, die beiläufig doppelt so zahlreich sind al- die städtischen Arbeiter, sie sind ja die Lohnarbeiter der Feudalen Die Arbeitcrclaste hat bis jetzt stet- und überall in Europa an der Spitze der freiheitlichen Bewegung gestanden, alle Schlacht felder der Freiheit sind mit Arbciterblut gedüngt — und in Deutschland, in dem Mutterlande der modernen Eivilisation, sollt« die Arbeiterklasse ihrer Mission untreu werde«, sich gegen Pie Freiheit wenden, der sie allein ihre Emancipation verdanken kann. Unmöglich! Die Arbeit« Deutschland« sollten ihre Wange dem JnkaSkuß der Herren Wagen« und Consorten Hinhalten, und für daS Linsengericht eine- feudal- socialistischen Mischmasche- ihre eigene Zukunft, die Zukunft ihrrü Volkes verschachern? Unmöglich, unmöglich, unmöglich!" ES ist kein Zweifel, daß Herr Liebknecht heule noch so denkt, und er hat die Mehrheit der Anhänger deS Zukunft-- staateS für sich. Um die gegenwärtige Strömung in der Socialdemokratie zu erklären, wirb dieser Hinweis ans ver gangene Tage immerhin aus Interesse Anspruch erheben dürfen. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" scheint den Auftrag erhalten zu habe», der nationalliberalen Partei den Garau» zu machen, nachdem sie die Politik Bennigsens schlankweg für „bankerott" erklärt hat. Die übelwollendste Kritik wird im Tone der Grobheit vor getragen, anscheinend nachdem die Bürstenabzüge daS „Im primatur!" von oben herab erhalten haben. Der national- liberale Wahlaufruf wird als eine Kundgebung denuncirt, welche die grundsätzliche und planmäßige Gegnerschaft gegen die Regierung nicht nur, sondern gegen die Person des Reichskanzlers selbst ankünden solle. Mit welcher Rechtlich- und Biederkeit dabei Verfahren wird, ergiebt sich auS der Unterstellung, daß die natioualliberale Partei schon in der vorigen Session bei ihren Abstimmungen über „grundsätzlich unbedeutende" Fragen sich nur von dem Gesicht-punct habe leiten lasten, daß sie eine gegen den Reichskanzler gerichtete persönliche Spitze hatten; als solche sachlich gleichgültige Fragen werden u. A. die zwei jährigen Budgetpcrioten und der volkSwirthschaftSrath genannt! Wenn man die sorgsam erwogenen Entschlüsse in schwer wiegenden politischen Fragen lediglich aus eingewurzelten Haß gegen den Reichskanzler zurücksührt, so eine anständige und sachliche TiScusjivn auf. Durch v nationalliberalen Wahlaufnif geht überall daS Streben nach wirklichem Schas sen, keineswegs nur ein verncindcr oder oppositioneller Hug, so in der Zoll-, der Steuer-, der socialpolitischcn Frage u. fl w. Wenn von vrobenden Angriffen gegen die Grundlagen unseres constitutionellen Lebens die Rede ist. so war in frisch« Er innerung an die Versuche, die verfassungsmäßige Machtstellung LeS Reichstags thatsächlich herabzudrucken, zu einer solchen Verwahrung aller Anlaß gegeben. Und man müßte doch geradezu die Augen verschließen, wenn man die Gefahr eines immer engeren Bündnisses der kirchlichen und politischen Reaktion leugnen und sich verhehlen wollte, daß unter dieser Bereinigung klerikal-conservative Angriffe aus unsere Ver fassung und Gesetzgebung drohen, welche die Abwehr auch deS ruhigsten und maßvollsten Liberalismus herauSsordrrn. Die Bestrebungen, die im hochconservativ - ultramonlanrn Lager offen verfolgt werden, gehen weit üb« die Grenze hinan-, oiS zu der der Reichskanzler oder irgend «in« Re gierung voraussichtlich jemals folgen I»«nte; wir sind über haupt der Meinung, daß die Reaction viel weniger von den eigenen Neigungen der Regierung droht, als von der wach senden Uebermacht der Parteien, denen man jcpt auf Kosten deS Liberalismus von Oben Vorschub leistet. Der national liberale Wahlaufruf ist weder in Ton noch Inhalt über irgend eine derartige Kundgebung der Partei au» früheren Jahren hinauSgegangen, und wir haben den Eindruck, daß die Presse, die der Regierung zu dienen glaubt, «inen Anlaß zur Be kämpfung ein« Partei suchte, di« ihre unabhängige Mittel stellung eben so wenig nach recht» wie nach links aufgeben und verschieben will. Wenn einmal die begriffsverwirrende und ungesunde Rechnung aus die Windthorst'sche Jesuitcn-Elique zerronnen sein wird — und eS wird nicht allzu lange dauern — dann wird »au auch wieder mit mehr Anstand und Gerechtigkeit prüfen, waS die natioualliberale Partei will und «strebt und welchen rechtmäßigen Antheil sie an dem inneren AnSbaue de» Reiche« hat. Könige, den ronlglichenPrmzen " ^ Bahnhofe -MP,-»»-» Kundgebungen begrüßt. Gegen ^ Uhr verlleß der Ka.ftr AuSstellunaSqebäuv« wieder, nachdem Allerbochstdersc I größt! Be?rkcdigung über die Ausstellung ausgesprochen hatte. Nach officiösen Mittbeilungen '9 bie ReickSregierung trotz d^ abfälligen Beschlusses de« letzten Reichstages nicht gewillt, die Einrichtung eme« deutschen Boikswl h ^chast-ratbs aufzngeben. Die betreffende Position w auchin den nächstjährigen HauShaltSetat wieder «»genommen werden, und wie man in RegierungSkre, en meint. d.-Sma Zustimmung finden. Bon einer nochmaligen Berufimg deS preußischen VolkSwirthschaftSratheS ist deshalb auch nicht die Rede; geplant ist dagegen der erstmalige Zusaiiinientritt deS deutschen VolkSwirthschaftSratheS vor der FruhjabrS- session des Reichstage», sermuthlich Abgabe eines Gut achtens über den umgearbeiteten Entwurf deS Arbe>terunf»ll- gesetzeS, denn allem Änscheine nach w.rd e« auch b>S zu i-nem Zeitpnncte nock. nicht möglich fein, du weiteren Pläne deS Reichskanzler» bezüglich der ArbeitervM.cherung so weit zu sördern, daß sie dem BolkSwirthschastSrathe vorgelegt werden könnten. Die conservativen Führ«, welche am Sonntag in Berlin versammelt gewesen, haben es vorgezogen, einen gemeinsamen Wahlaufruf der Deutsch conservativen über- Haupt nicht zu vereinbaren. ES ist daS em um so weiser« Entschluß, als die Partei thatsächlich gar kein Programm besitzt und in die ödeste GclegenheitSpoliUk von Fall zu Fall hineingerathen ist. Wie könnte sie beispielsweise ihre Grundsätze" bezüglich der Steuerreform entwickeln, wenn die Ideen de« Kanzler« üb« die Frage tagtäglich eme neue Gestaltung annehmen und nicht» fest in ihnen ist als der Wechsel ? Wu könnte sie in den socialpolitischen Fragen ihre Ziele mittbeilen. wenn sie «nv mit ihr kei« and«« Sterblich« weiß, wa« Fürst Bismarck am letzten Ende will? DaS Gleich« aber gilt von allen hervorragenden Punctcn, die in einem Programm nicht hätten umgangen werken können, von der Kirchenpolitik. der Gewerbepolitik u. s. w. D« Parleivor- stand begründet den Verzicht aus einen Wahlaufruf kenn auch schwächlich genug dahin, daß die Grundsätze der Drutsch- conservativen bekannt und bei Begründung der Partei in einem Programm ausdrücklich niedergelcgt worden seien. Ohne jede Einschränkung könnte jede Partei dasselbe von sich sagen. Wenn der bloße Hinweis auf die Vergangenheit ge nügen soll, um Garantien für das Verhalten m der Zukunft zu geben, dann müßte zuvor uns« politische- Leben ganz be trächtlich klar«, einfach« und übersichtlicher geworden sein, al« eS thalsächlich der Fall ist. Man ist einfach rathloS im conservativen Lager, oder um im Tone des EonservatiSmuS zu reden: politisch „bankerott". ES fällt ans, daß sich fast alle hervorragenden Männer der ultramo »tauen Partei (beide Rcichensperger, Schor len»«, Zu-Rhein, von Kehler. Bcrnards, Weftermaycr u. s. w.) in das Comitv deS internationalen CvngresseS der Jmps- acqncr haben wählen lassen, d« vom 9.—t2. October in Köln tagen wird. Die Wühlerei gegen den Impfzwang war bish« schon eine Besonderheit der Ultramontancn, bei welcher ibnen nicht einmal ihre vertrautesten Freunde von der Rechten folgten. Nicht unmöglich, daß daS Centrum jetzt die Auf hebung oder Abschwächung deS bezüglichen ReichSgcsctzeS aus die Liste der moralischen Concessionen setzt, die eS in den be vorstehenden Sitzungen der Regierung überreichen wird, und daß diese sich gefällig «weist nach dem Grundsatz: „Kleine Geschenke erhallen die Freundschaft." Jedenfalls erhält der genannte Congreß durch die ultramontane Spitze, die er sich gegeben, eine hochpolitische Bedeutung — auch ein Zeichen d« Zeit! Au- Fürth wird vom Mittwoch gemeldet: Trotz der socialisiiscben Umtriebe zur Vereitelung der Versammlung hielt am Dienstag Abend Frhr. v. Stausfenberg seine Walsi- rede für den Erlanaen-Fürlber Wahlkreis. Er betonte die Nothwendigkeit de« Zusammenhaltens aller liberalen Parteien unter Hinweglassung all« kleinlichen Sonderinteressen gegen über der Reaction in Gesetzgebung und VolkSwirthschaft. Bei der Wichtigkeit der Fragen, wobei auf einer Seite freiheit liche Entwickelung, auf der anderen Seite bureaukratiscke Be vormundung stehe, halte er eS für dir Ehrenpflicht eines alten Parlamentariers, aus dem Kampfplatz zu vrrbarrcn. Frhr von Stausfenberg verurtheilt an der Hand gcscbichtlicbcn n»d statistischen Materials die sociale und steucrpolitische Reaction Die Versammlung beschließt nach stürmischen Beisallöbe- zeigungen einstimmig die Ausstellung d« Candidatur v. Staussenberg'S. ^ Beweis ungarischer Tactlosigkeit und Un duldsamkeit registnrrn wir einen Vorgang auS dem zu Pest tagenden Abgeordnetenhause. In der Sitzung vom Mittwoch ergriff der Deputirte Iranyi da« Wort, um auch im Namen sim« Parteigenossen zu erklären, daß sie der Eröffnung deS RetchStageS serndlerben werden, wenn aus der „königlichen" Burg nebst den ungarischrn und kroatischen National,ahnen auch die schwarz-gelbe Fahne auSgcsteckt wird. Es sei überhaupt streitig, ob Schwarr-Gelb die Farbe deS Herrscher- banse« s«. da von Vielen Roth und Weiß al» solche ge- balten wird Aber wie dem immer sei. die Eröffnung deS Reichstages sei ein Nationalsest, die königliche Burg ein Nationalgebäude, und da sei die Famiiienfarbe nicht am ^d«- R-dn-r bestandet, daß Se. Majestät auch von ^ umgeben erscheint, wodurch man der R->ch»e,"belt Ausdruck geben wolle, und beanstandet ferner, daß der Kaiser die Thronrede sitzend und bedeckten Hauptes ? .^lchuldigt die, Räthe der Krone, daß eS ihnen an Muth gebricht, Sr. Majestät die Wünsche der Nation n d'aü Mmister.Präs.dent TiSra entgeqncte kurz, der bezüglichen Würdenträger nicht b! d« "" begründete verband beider Thnle d« Monarchie ausgedrückt werde» könne. Er bittet da« Hau- bei der auch bisher befolgte» Gepflogenheit zu verbleiben. Wie der „Polit. Corresp." aus Athen gemeldet w»r, bat der König von Griechenland am Sonntag um Mitternacht mit großen» Gefolge, in welchem sich auch der Ministerpräsi dent KommunduroS befindet, über Korinth und Santa Maura die Reise nach den an Griechenland abgetretenen Gebiet-« theilen «»getreten und sollte gestern früh in Art« eintrrffen. Parncll wird in Irland fast wie ein Monarch ge feiert, indessen die Polizei ruhig zuschaut. Bei seiner Rückkehr nach Dublin war er der Held einer großartigen Feier Am Bahnhöfe wurde « von den Gcwerkvereinen und Zwei gen der Landliga, die mit Musikbandcn und Bannern «schie nen, sowie einer ungeheuren Volksmenge empfangen. AlS er seinen Wagen bestieg, wurden die Pferde auSgespannt und die frohlockende Menge zog den Agitator im Triumph und unter Fackclbelenchtung nach dem eine Viertelstunde entfernten Locale der Landliga in Sackvillestrect, wo ihm eine Adresse überreicht wurde. DaS Gedränge war fürchterlich und meh rere Personen wurden verletzt. In Erwiderung aus die Adresse hielt Parncll eine Rede, in welcher er von der Jahr hunderte alten Unfähigkeit Englands, Irland zu regieren, sprach und daS irische Volk «mahnte, in seinen Bestrebungen zur Förderung der gesetzgeberischen Unabhängigkeit JrlandS nicht zu erschlaffen. DaS Pariser Leben ist um einen neuen Skandal be reichert worden. Der von Rochefort rcdigirte „Jntran- siqeant" bringt unter dem mit ausfallenden Lettern gedruckten Titel: „DaS Geheimniß der tunesischen Afsaire" angebliche Enthüllungen, welche von einem Diplomaten her- stammen sollen. Gambetta und Roustan hätten eine Gesellschaft zur Herabdrückung der tunesischen Schuld ge bildet, un» die Papiere sodann zurückzukansen. Der „Jntran- sigeant" fuhrt Verträge an, die sich im Ministerium be finden sollen, sowie einen Brief von BarthLlemh Saint« Hilaire und behauptet, Gambetta und Roustan hätten die Papiere um einen Pappenstiel angekauft, die, wenn Frank reich die Schuld übernimmt, wieder einen Werth erhalten werden; sie hätten auch daraus gedrungen, daß der unredlich« Sidi Mustapha Khasnadar, der vor Jahren in Un gnade gefallen gewesen war, Minist« werde, damit « ihnen helfe. Rochesort nennt seinen Todfeind Gambetta und Roustan „Räuber" und „Betrüger". Sotveit Böswilligkeit nicht im Spiele, ist Rochefort ein Opser seiner Unwissenheit geworben. Man wefft ihm nach, daß zu jener Zeit, al- Gambetta «md Roustan die Gesell schaft sollen gebildet haben, Roustan noch gar nicht in Tunis war; daß jene gewissen Papiere schon laaae öffentlich al« werthloS bezeichnet wurden, we-halb sie kein Kinanzmann annehmen würde; daß Sidi Mustapha KhaSnqdar seit vier Jahren todt und daß der jetzige Minist« Mahomed Khasnadar sei. ferner daß Rochefort da« Wort „Finanz- mmister" für einen Familiennamen angesehen Hab«. Endlich erklärt der Minister deS Aeußcrn den angeblichen Vertrag und den ihm zugeschriebenen Brief für unecht. Die öffent liche Meinung in Pari« ist indessen durch diese „Ent hüllungen" in die größte Aufregung versetzt, denn man erinnert sich dabei, daß Gambetta, früher ein arm« Mann, seit den Tagen von Tour« und Bordeaux heute ein mehr facher Millionair ist, der allein seinem ersten Mundloch 20,000 Franken Salair zahlt. Die heutigen Nachrichten au» Tunis bringen keine Klärung der Lage. Depeschen vom 25. d. zufolge ist im Innern der Regentschaft Regenwett« eingetreten und hat sich die Tem peratur in Folge dessen abgrkühlt, sowie der Gesundheits zustand beträchtlich gebessert. Die Vorbereitungen zu der Ex pedition gegen Kairuan werden lebhaft gefördert, klebrigen« haben sich die letzten tunesischen Stämme, die bisher noch ruhig geblieben waren, dem Aufstand« an geschlossen. Man fürchtet jetzt. Ali Bey, der Bruder de- Bey, werde mit seiner ganzen Armee zu den Insurgenten übergehen und sich an ihre Spitze stellen. Der Marsch auf Kairuan wird nach Privatnachrichten kaum vor dem 20. Ok tober beginnen. Dir heilige Stadt wird von sunfzigtausend Arabern vcrtheidigt werden, worunter zwanzigtausend Reit«. Abdurrhaman, der von den Engländern begünstigte Emir, im Vertrauen auf dessen befestigte Stellung sie die mit großer Anstrengung und vielem Blutverlust «oberten Posi tionen in dem wilden Asghanenlande zum Theil wieder ausgcgebcn haben, ist am 22. d. M. in einer entscheidenden Schlacht seines gefährlichen Nebenbuhlerö Ejnb Khan wirklich Herr geworden und hat ihn, nachdem Letzterem mehrne Regimenter descrtirt waren, in der Richtung auf Herat zurück geschlagen. In Folge dieser Schlacht, welche sehr blutig ge wesen sein soll und säst einen ganzen Tag lang währte, dürfte Kandahar in die Hände Abdurrbaman'S fallen und dessen Herrschaft vorläufig »n Lande unbestritten sein. Eine neue englische Expedition nachdem rauhen Gebirgslande, aus dessen Feldern seit den vierzig« Jahren diese» Jahrhunderts die Gebeine von Tausenden englischer Kcrntruppen bleichen, scheint demnach für die nächste Folgezeit vermieden werden zu können, zumal da auch vom Norden Afghanistans her rus sischer! ei tS augenblicklich keine Gefahren neuer Verwick lungen und Zettclungen drohen. Tie Trauerseierlichkeiten zum ehrenden Angedenken Garsield'S sind mit d« großartigen Bestattung sein« sterblichen Ucberreste noch keineswegs beendet. Wie daS ganze Land den Tag der Beerdigung seines-gemordeten SlaatSobcr- baupteS als einen Buß- und Bettag? mit Enthaltung jeder WerktagSarbeit, in Ruhe beging, so fühlt auch da« ganze Land den HerzenSdrang, dem verehrten und geliebten Todtrn die letzten Ehren und Zeichen oer Liebe durch eine sichtbare Kundgebung zu erweisen. Die bedeutenderen Städte der Union, an die sich die kleineren Ortschaften anschließen, werden daher bildliche Leichenprocessionrn veranstalten, die nach ame rikanischem Brauch dem wirklichen Leichenzuge der großen Männer, welche sich um da« Vaterland verdient gemacht haben, an Ernst. Würde und Großartigkeit nicht nachzilstchen Pflegen. Schon kommt aus San Francisco die Nachricht, daß dort Vorbereitungen zu einer Leichenprocrsston und Todtensei« getroffen werden, wie sie an der Küste de- Stillen Welt meere- noch nicht gesehen worden. Auch New-Orlean«, da» durch seine großen Sklavenmärkte eine traurige Be rühmtheit «halten hat, trifft schon die einleitenden Schritte rn einer gleichen Fei« für den Mann. der noch vor wenigen Monaten die Befreiung der vier Millionen Neger als die erhabenste That vor all« Welt prieS. Dem Beispiele New- Orlean» werden voraussichtlich andere Städte deS Süden« folgen. Durch di« gemeinsame Trau« um da» g«««i»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite