Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.11.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188111174
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18811117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18811117
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-11
- Tag1881-11-17
- Monat1881-11
- Jahr1881
-
-
-
5060
-
5061
-
5062
-
5063
-
5064
-
5065
-
5066
-
5067
-
5068
-
5069
-
5070
-
5071
-
5072
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.11.1881
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich stütz S',. Uhr. Utdarlion nutz LkPkUti«» Johannesgast« 33. Sprtchüundru irr Ledaclisn: Vormittag» ll>—IS Uhr. Nachmittag» 4—6 Uhr. A«««d«e »er für »te uichftf»l»e«»9« Nummer destimmteu Leerste " " No ß» Wscheutage« dl» 3 Üdr NachmtttaaS^ anLsun- »nv Festtagen früh dt«',.» Uh«. 3n dk» /ilialru für 3tis.-T»natz»e: Ltt« Klemm, lluiversttätsstraße SU Louis Lösche, Katharinenstraße 18, p. nur dts ',.3 Uhr. rimtztr.TagtblM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. .4° 3LI. Donnerstag den 17. November 1881. rrufiage Abonnementspreis virrtrlj. 4'/, KUt.» «ml. Brinaerlohn ü Mk.. durch dir Post brzogrn 6 Mk. Jede einzrlue Nummer L'» Ps. Belegexemplar lO Ps. Gebühren ,ür Extrabeilage» «hur Postdetördrrnng.39 Mk. Mit Postbeiörderung 48 Mk. Znlerate Sgeipaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut unserem PrelS- verzeichniß. Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. lleclamen nnter den Uedaetionallrich die Spaltieile SO Ps. Inserate sind stet» an die Expedition z» je,«den. — Ralxitt wird uicht gegeben. Zahlung pnienuii» raucko oder durch Pvst- uachnahme. 75. Jahrgang. I«r gchlligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Freitag, den 18. November, Bormittags nur bis Uhr geöffnet. LxpväMo» Svs Lcklprlxvr T'n^odlntte«. Amtlicher Theil. BtkßvMmhllllg. Der BorberritungSgotteSdienst sür de»« zweite« diesjährige« Bußtag findet Do»uer»t«g, de» IV. diese» Mo««?», Ab««d« 6 Uhr uud zivar «mr in der Thoouasktrche statt. Leipzig, am 7. November 1881. Die Kircheninspection für Leipzig. «, DerSuverintendeut. Der Rath der Stadt Leipzig. «, vr. Fr. W. Valentiner» vr. Georgi. p» i. v. Lpk. Harrwitz. Bekanntmachung. Die Inhaber von Materialivaarrn» und Tabakhandlungen werden hierdurch darauf aufmerksam gemacht, daß ihnen nach September 1870 zwar des K. 3 des Gesetzes vom 10. September 187« »waraestattet ist. an Sonn- und Feiertagen außer der Zeit de« VormittagS- gotteSdiensteS Eß- und Materialwaaren und die zu letzteren gehörigen Cigarren und Tabake zu verkaufen, nickt aber zu gleich andere Maaren, insbesondere also nicht Ctgarre«- stoitze«, Tabaks- und Cigarrevpfetfea »ud andere Rauehutenfilien. Derartige Gegenstände diirsen auch Sonn- und Feiertags «icht a« de« Srhausenster» a«»- gestellt »erde». Leipzig, am S. Roveinber 1831. Der Rath der Gt»dt Leipzig. Al ln, an«. vr. Georgi A«c1i-«--Vtksnittmech»ns. Im AnctionSlocale des Unterzeichnete« RatheS, Werder» straße -kr. 1V, Hof, I. Gtage, sollen de« 2«1 dkovembrr 1881, Vorm. 9 Uhr. 1 Geldschrank, 3 Säcke mit Roßhaaren, 12« Rollen Sprung federn. 1l kleine Zinksäffer, l Nähmaschine, l vierrädiger Handwagen, 1 neues Beloeiped, Ancre- und Cylinderuhren, nichccre goldene Ringe, sowie t Partie Möbel und Kleidungs stücke re. re. an den Meistbietenden gegen sofortige Bar zahlung öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 9. November 1831. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Nüster. Bekanntmachung. Hierdurch bringen «vir zur öffentlichen Kenntmß, daß wir Herrn Klempnermeister Lo«i» Miethe (GaS- und Wasser- techniker) hier Erlaubniß zur Ausführung von Klär- und DeSinsectionS-Anlagen für Gruben nach Maßgabe deS dem zeinischten GesundhntSauSschuffe vorgclegenen und von dem- elben genehmigten Projektes zu ertheilen beschlossen haben. Leipzig, den 1V. November l88l. Der Rath der Stadt Leipzig. ^ vr. Georgi. Wilisch. Aff. f. vklisolltmachrxg. An unserer Realschule U. O. soll zu Oster« 1882 die mit einem IahreSgehalte von 28SO Mark dotirte Ober lehrerstelle für den Unterricht in der englische» und fr««» zdfischen Sprache neu besetzt werden. Akademisch gebildete Bewerber, welche bereit» in einer höheren Schule unterrichtet haben und welche die FacultaS für den Unterricht in den oberen Claffen besitzen, wollen unter Angabe ihres Bildungsganges und Beifügung ihrer Zeugnisse ihre Gesuche bis zuin 1A. Decemder dieses Jahre» der uns ein reichen. Leipzig, am 15. November 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr Tröndlin. Wilisch. Aff. Bekanntmachung, die Aufnahme schulpflichtiger Kinder in die Bereinigte Freischule betreffend. Diejenigen Eltern, welche für Ostern 1882 um Ausnahme ihrer Kinder in die Jreischule bei unS nachzusuchen gesonnen fmd. haben ihre Gesuche von jetzt an diS spatesten« de« IN. diese« Mouat« auf dein Rathbause in der Sckulcxpevition, 2. Etage. Zimmer Nr. 8. Nachmittags von 2 bis 6 Ubr persönlich anzubringen und die ihnen vorzu legenden Fragen vollständig und der Wahrheit gemäß zu beantworten, auch gleichzeitig das Zcugniß über daS Alter de» anzuinelkenden Kinde» vorzulegen. Leipzig, am 5. November I88l. Der Schul-AuSschu- -er Stadt Leipzig. vr. Panitz. Lebnert. Nichtamtlicher Theil. Das Ende des Lulturkampfes. * Als gestern da» Tageblatt die Nachricht brachte. sdaß der Cardinal Fürst Hohenlohe durch Leipzig „ach Berlin gereist sei, fragte sich gewiß mancher Leser sofort: Wa« soll DaS bedeuten? Sind neue Verhandlungen de» päpstlichen StubleS mit der Reichs- oder der preußischen S taatSregierung in Aussicht? Diese Fragen dürfen wohl au» guten Gründen mit einem zuversichtlichen Ja beantwortet werden; in Berlin betrachtet man die Ankunft de« hohen kirchlichen Würdenträger», welchen Fürst Bismarck einst, im Iabre >872, dazu auSersehen hatte, daSl Deutsche Reich »ei de, Eur« zu vertreten, geradezu als ein j Errigniß, da- von entscheidenden Einwirkungen aus die Ent schlüsse d«S Reichskanzler» begleitet sein dürste. Die Wieder aufnahme der kirchenpolitischen Verhandlungen würde sonach noch schneller und kräftiger erfolge», al» vermulhct werden konnte, und wie die Dinge liegen, so ist ein hoher Grad von Nachgiebigkeit und Entgegenkommen von deutscher Seite mit Fug und Recht »u erwarten; denn Alle» strebt in Berlin darauf hin. dem leidige» Culturkampfe ein Ende zu niachen. Dem Culturkamps! Wie viel tausend Male hat man da» Wort gelesen und selbst ausgesprochen; aber wie Viele giebt es, die sich noch klar und deutlich de» Entstehens und deS bis herigen Verlause» diese» eigenartigen KanipseS zu erinnern vermögen? Und doch ist die genauere Kennt»,lß desselben unumgänglich nothwendig, wenn man für DaS, wa« eben jetzt in Aussicht steht, daS richtige Verständnik sich erwerbe» will. Al» auf dem Vatikanischen Conrit in Rom 187« der Glaubenssatz von der Unfehlbarkeit de» Papstes beschlossen unv verkündet wurde, mußte die ganze gebildete Welt in diesem ungeheuerlichen Vorgang den Beginn eines Kriege» der päpstlichen Curie gegen die Autorität deS Staate» erkennen. Im deutschen Reichstage wie im preußischen Abgeordneten- l^»use bildete da» „Ccntrum" den Saininelviinct für alle Elemente, welche im bevorstehenden Kriege aus die Seite der urie sich stellte»«. Angeblich „für Wahrheit. Freiheit und echt" kämpfend, vertbeidigte das Centrum die Machtsteltimg deS Papste» und die möglichste Freiheit der katholischen Kirche der Staatsgewalt; der Staat dagegen fühlte die gegenüber Nothwendigleit, wider die hierarchischen Gelüste deü Papstes gegenüber einem protestantischen Kaiser! hu», vorzugehe». DaS Gefecht wurde eröffnet du»ch den sogenannte» Kanzel- Paragraph. Ein RrichSgesetz vom l«. Dccember 187l brachte nämlich einen Nachtrag zu dem keutsckK" Strafgesetzbuch (als tz. I30a desselben), welcher mit Gesängniß oder Festungshaft Denjenigen bedroht, welcher in Aiisübiing seine» Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge oder in einer Kirche u. dgl. vor einer Mehrheit von Personen Angelegenheiten des Staates iir einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstand einer Verkündigung oder Erörterung macht. Im Jahre 1872 folgte das ReickSgcsetz betr. die Ausweisung de» Jesuitenorden», der ihn, verwandten Orden und orden»- ähnlichen Congregationcn auö dem Gebiete des Deutschen Reichs; in Preußen wurde um eben diese Zeit daS Schulaufsicht» Gesetz erlassen, welche» der Regierung die Möglichkeit gab, an Stelle der geistlichen NufstchtSoeamIen berujSinäßlge Kreis-Schut- inspectören zu setzen. DaS folgende Jahr (1873) förderte die preußischen Mai gesetze zu Tage. Da« eine derselben, vom l l.Mai, verlangt von jedem Geistlichen eine,gewisse UniversitätSbildung, sowie die Anzeige von der erfolgten Ernennung eines Geistlichen an den Oberpräsidenten, welcher dagegen Einspruch erheben kann. Ein anderes, vom 12. Mai, betrifft die kirchliche Diöciplinar- gewcilt und setzte einen königlichen Gerichtshof für die kirch lichen Angelegenheiten ein. durch welchen ungehorsame Bischöfe, welche fick jenen Bestimmungen nicht fügten, abgcsetzt wurden. Ein ReichSgcfetz vom 4. Mai 1874. betr. die Verbinde fe 22. April 1875 wurde in Preußen daS sogenannte Brodkord- aesetz erlassen, welche» gegen widcrspänstige Geistliche die Innebehaltung von Staatübezügen vertilgte. Wit diese Gesetze gehandhabt und in AuSsühruna gebracht worden sind, ist wohl noch in frischem Andenken. ES sei hier nur daran erinnert, daß die Erzbischöfe von Posen und Köln, der Fürstbischof von BrcSlau, die Bischöfe von Paderborn, Münster und Limburg bestraft und abaesehl wurden, so daß im Jahre 1877, da auch die BischofSstühle von Trier und Fulda durch den Tod ihrer Inhaber erledigt waren, von den zwölf Bischöfen Preußen» nur „och vier im Amte sich befan den, die von Kulm. Ermeland, HilkeSheim und Osnabrück. Dadurch wurden. DaS ist nicht zu verkennen, die Verhältnisse der katholischen Kirche derartig in Zerrüttung gebracht, daß eine Beendigung deS CullurkauipfcS in der Thai als dringend geboten erscheinen mußte. Hierzu wurde auch wiederholt ein Anlauf genommen. Bereits im Sommer 1878 sauden zwischen dem Reichs kanzler und dem päpstlichen Nuntius Masella Verhandlungen statt, welche im Jahre 1879 niit dem Cardinal Iacobini fortgesetzt wurden. DaS Centrum lieh »»in, in der Hoffnung aus einen günstigen Abschluß der Verhandlungen, plötzlich dein Fürsten Bismarck seine Unterstützung in der von Letzterem inaugurirten Schutzzollpolitik und in den Bestrebungen Desselben nach einer wirthscha,Nicken Umgestaltung der deutschen Zollverbältnisse, wodurch der neue Zolltarif zu Stande kam. Die Entlassung de» CultuSministerS Falk war der Preis dafür. Der Nachfolger Falk's war Herr v. Puttkamer, welcher zu größeren Zugeständnissen an die Curie geneigt erschien. Derselbe legte 1880 im preußischen Abgeordnetenhaus« ein Gesetz vor, welches jene kirchenvolitischen Gesetze abändern sollte. Die Tendenz deS Entwurfes ging dahin, daß die An wendung jener Gesetze von dem jeweiligen Antrag de» Ober- prästdenten abhängig sein solle; allein die Borlage fand nicht den Beifall de» Hause» und selbst va» Erntruin stimmte va- gegen. . In der ReickStagsscssio» von l88l hat da» Centrum eine durchaus zuwartende Stellung, eingenommen, während die Regierung in mehreren Einzelsällen schonend und entgegen kommend handelte. Ob nun jetzt der Cardinal Hobcnlobe, welcher sicherlich der Ueberbringer von Mittkeilungen deS Papstes an den Fürsten Bismarck ist. mit mehr Glück die kirchenpolitischen Verhandlungen wieder ausiiehme» wird, bleibt vor der Hand abzu- warten Im Vatikan weiß man sehr gut, daßdie nltramontanen Anliegen, tvenn sie überhaupt aus Erfüllung zu rechnen haben, nur durch den Fürsten BiSmarck gefördert werden können, und daß - ne sehr kurzsichtige Politik wäre, ihm die Schwierig keilen der Lage noch durck störrische« Zuvielsordern zu ver schärfen. Auf der anderen Seite wäre eS irrig, wollte inan annebmen. der Kanzler könne die Stimmen de» CentrumS nur »in» vcn höchsten Preis — Aufhebung der Maiaesetze — für sick gewinnen. Die Curie läßt sicherlich niit sick bandeln. In Rom ist man gewöhnt, da» Doppelte Dessen zu fordern, womit man sich zuletzt zu begnügen entschlossen ist. Beide Verlragscklicßende, die Curie wie der Reichskanzler, empfinden den Zwang der Umstände lebhaft genug, und sie werden Beide Einige» „achgeben - LeiM'g, 17. November. D-, «-'««>-» »2,, °i->s i'-x-Lr MZMWZ »LLMMrSS AL'«!- -»°u°'" ^W^wittden eS für den verbängnißvolllten Fehl» halten, wenn wirklich in noch höherem Maße, al» eSbuhcr^c-ider sckon der Fall gewesen, d,e Gesetzgebung de« Re.ckS sick an, eine Partei stutze.» wollte, deren ganze Vergangcnhe aanre« Wesen und ganze» Streben emer nationalen Politik scknKttÄ zuwiderläust. Wir sind d-r. festen Ueberzeugung. dieser Weg würde in kurzer Zeit an einen Pnnct gelangen, wo sick zeigt, daß er ungangbar ist und nur in Wirriug und Oede führt Aber allerdings könnte diese kurz Keit genügen. Unheil anzurickten, da» lange vtabre nickt wieder gut z» macken vermögen. Daß eine nationale, den Bedürfnisse» der Zeit und den überiviegenden Anfor- derunqen des teuticken Volkes ki,t,prcckende Pvlilik mW, zu sübren ist i» Fomdsckasl unk Kamps gegen den ^ iberanS m ilS. in dieser Uebcrzengung werken wir »lcinalS wankend werde», und wenn auch snr den Auczeüblick durch die Ver stärkung der ertremeren Nicbttnigei» im liberalen Lager eine Wicderankiiüpsung an eine schönere unv ersprießlichere Ver gangenheit sehr erschwert ist. so wird dock, vielleicht nack argen Verirrungen und Enttäusckungen, diese politische Grund wahrheit unseblbar wieder zu Ehren kommen. ^ Der versuch, eine parlamen»arische Mehrheit in schroffem Gbqenfay gegen den gesammten Liberation,„S zu Stande zu bringen, wird aber auch höchst zweifelhaft, wenn wir nur vie einfachen Zahlen in» Auge sassen. E» ist eine Selbsttäu schung, wen» man von einer solchen Mehrheit spricht; denn mag man auch einen großen Theil des norddeutschen Ultra- nivnIaiiiSmnS sür „regierungSsähig" und für brauchbar zu positiver gesetzgeberischer Arbeit halten, so ist Die» bei dem bairische» Klerikalismus schon viel zweifelhafter und bei den elsässischen. polnischen, welsisckcn Anhängsel» de» CcntrnmS, die doch bei einer Mebrheil nicht entbehrt werden könnte», geradezu abgeschmackt. Auf der andern Seite haben anck die liberalen Parteien die Mehrheit nicht; sie sind in ihrer Gesammtheit auch jetzt »icht wesentlich stärker geworden, alS sie immer waren, nur die fortgeschrittenere Richtung ist aus Kosten der gemäßigteren verstärkt; die »egirende Opposition hat die Neigung zu positivem Schassen einigermaßen zurückgedrängt. Wenn ein Wablergebniß. das von liberaler Seile mit sreudigster Genugthuung begrüßt wird, dock sckließlich »nr darin besteht, daß der gesanimte Liberalismus niit einen« halben Hundert Stimmen in der Minderheit ist, so hätte derselbe alle Ursache, den Maßstab einiger Zurückhaltung an seine Kraft und sein Können anzu legen und sick zu mäßigen und zu bescheiden in dem, waS er erreichen zu können hoffen darf. Weder die Parteien der Rcaction, »och die der liberalen Opposition baben unsere» Erachten» Ursache zu zuversichtlicher und siegcSsrciidigcr Stimmung. Sie sind beiderseits zu schwach, ihre Bestrebungen durckzuführc» und Mehrheiten werden sich bei entscheidenden Frage» nur in der Abwehr zusammen finden. Wir stehen vorauSsicktlich vor einer an wirklichen Ergebnissen sehr armen Gesetzgebungsperiode, einer Periode de« nvthgedrungenen Stillstände». Im Hinblick auf gewisse gesürchtele nnd verhaßte Pläne mag dies ja eine ver- hällnißinäßig günstige Aussicht sein. Erfreulich aber wird man einen Zustand nickt nennen können, dessen günstigste Aussicht darin besteht, daß manches Unheil abgewchrt, dabei aber auch jede» sruchtbringende Schaffen gelähmt wird. Gambetta ist nunmehr Herr der Lage in Frankreich; sein Cabinet ist gebildet und von Grcvp bestätigt worden. Die Zusammensetzung ist folgende: Gambetta ist Mi „ ister - Präsident nnd übernimmt zugleich mit Spuller als seinem UnterstaatSsecretair das Portefeuille der auswärtigen Ange legenheiten; der TivisionSgeneral Campenon, bisher Be fehlshaber der 5. Division in Pari», ist KriegSminister; der Fregattencapilain Gouchard, der während deS Kriege« al» Brigadegeneral in der Loire-Armee diente, übernahm da« Marineministcrium; Rouvier da» Ministerium sür Handel. Colonien undHandclSmarine: Cazot da» Justizministerium: Paul Bert da«Unterrichtsministerium: Waldeck Rousseau, Advocat und Abgeordneter sür Ile et-Vilaine. da« Ministe rium de» Innern; Allain - TargS, Abgeordneter de» SelnedepartementS. da» Finanzminisleriuin; Cocherv daS Ministerium der Posten; Reynal da» der öffentlichen Arbeiten; DevöS. bisher Obmann der republikanischen Linken, da» Ackcrbaumimsterium und Proust daS Ministc- rllim sür Kunst und Industrie. Die neue» Miliister gehörlrn Ser scheren Linken der letzten Kammer an, mit Ausnahme von De VSS. der zur republikanischen Linken gehört, und Parlament-°smd" ^ die nicht Mitglieder de, Da« große Ereigniß de» Tage» wurde in der Deputirten- kä m m er am D.enStag officiell verkündet. Der Minister- Verla« dabei die folgende, bereit» gestern telegraphisch skizzirte Erklärung: d»L'lL7. vuily oas iver. Regierung, die etnzlg »nd frei ist von untergeordneten Bedingungen, von Zwietracht und Schwäche, einer Regierung, welche immer bereit ist die Interessen der Ration vor deren Erwählten zu besprechen, denselben Recheuschast abzulegen von ihrem Thun, einer Regierung, die eS versteht, allen «roden der Hierarchie des öffentlichen Dienste- die Pflicht de- Respect», de» Gehorsam» uud der Arbeit auszuerl Respekt«, de» GehorlamS uud der Arbeit ausjuerlege» ...fall). Sir rechnet daraus, in beide« Versammlungen eine Mehr st -u finden, die ihr vertraut und die au- freiem Entschluß diese Regierung unterstützen will; sie rechnet darauf, sür ihren Dienst rin« »rdaete Administratton zu finden, die unbestechlich und tre» 'tulichen Einflüssen wie den localen Lisersüchteleie» und einzig und allein durch die Liebe zur Pflicht . T leiten läßt. wohlgeor ist, di» de» entzogen bleibt und zum Laude Ti« hat vor Allem tm Auge, die Reformen zu sichern, ihr Will« ist eS, durch eine weise begrenzte Revision der constitntionellen Ge setze. die eine der wesentlichen Gewalten deS Lande» in eine voll kommenere Harmonie mit der demokratischen Natur unserer Gesell schaft zu bringen (Beifall) — ferner niit Ausdauer da« durch unsere Vorgänger so gut begonnene Werk unserer nationalen Erziehung fortzuführen (Zustimmung) — sie will außerdem ohne Zeitverlust unsere militairnche Gesetzgebung wieder ausnchmen und vervollstän dige» (Sehr gut); sie beabsichtigt, ohne jedoch der Desensivkraft Frankreichs Eintrag zu thun, die besten Mittel ausfindig zu machen» die Lasten de- Laude« bei der Land- und Seemacht zu rrdueireu und dabei, ohne jedoch den Stand der Finanzen zu gefährden, diejenigen Lasten zu erleichtern, welche den Ackerbau be schweren (Sehr gut): die Regierung beabsichtigt durch Ver träge unsere verschiedenen Industrien zu festigen, unseren Pro duction»- und Transportmitteln, sowie unserem Handelsverkehr einen regere» Impuls und eine immer wachsende Entwicklung zu geben. Sie will mit einer Sorgfalt, wie sie de» Vertretern der Demokratie gebührt, und in einem wahrhaft praktischen Sinne der Gerechtigkeit ... genaue walten sichern, welche in den Beziehungen zwischen de» Kirchen und dem Staate bestehen. (Beifall ) Endlich will sie, indem sie die öffentlichen Freiheiten schützt, mit Festigkeit ausrechierhalten die Ordnung im Innern und mit Würde den Frieden nach Außen. Diese Reih« von Reform wird, um sie zu gutem Ende zu führen und nicht zurückzubleibcn hinter der Aus gabe, die unser Patriotismus uns anslegen mußte, die ganze Dauer der Legislaturperiode auSsüllen. Wir dedürsen de« vollen »nd ganzen Vertrauen- der Republikaner in dieser Versammlung, wir nehmen dieses Vertrauen in vollem Maße in Ansvrnch, wir rechnen aus ihre Mitwirkung, wir präientiren uns den Beauftragte» de« Volkes mit dem Entschluß, zu ihrem Dienste zu stellen, alle- ivas nür von Kraft, Muth und Thältgkeit zusammen besitzen, wir werden nach dem Wunsch« des Lande« eine neue Etappe aut den» Wege des Fortschritts ohne Grenzen einschlagen, welcher der sranzüslichr, Demokratie geöffnet ist. (Lang anhaltender Beifall.) Nach Verlesung der ministeriellen Erklärung stellte Barvdet (von der äußersten Linken) den Antrag auf Revision der Verfassung und verlangt die Dringlichkeit für denselben. Der Coiiseilpräsident Gambetta sprach gegen die Annahme der Dringlickkrit, weil die Regierung eine,» Anträge nicht zi,stimmen könne, welcher die Existenz deS Senate« bedrohe. Die Frage wegen einer Revision de» Congresse» könne erst erörtert werden, wenn jedes Mitglied der Kam»,er die Puncte geprüft hätte, aus welche die Revision sich erstrecken solle. Die Regierung weise daher die Dringlichkeit zurück, indem sie sich Vorbehalte, den Antrag auf da» Ge naueste zu prüfen, sobald er zur Berathung kommen werde. Clömenceau bekämpft« die von Gambetta ausgestellte Theorie über die Nothwendigleit eine» vor läufigen Einverständnisses der beiden Kammern vor dem Zusammentritt deS Congrcsses. Die Kammer habe nicht da» Recht, im Voraus die Tagesordnung deS CongresseS zu beschränken, da dieser souverai» sei. Gambetta besteht auf Ablehnung de» DringlickkeilSantrageS. ES handele sich um eine politische Frage^ man wolle daS Land glauben macken, daß die ganze Constitution in Frage gestellt sei. Dies würd« mißlinge». (Beifall.) Der DringlichkeitSailtrag wurde schließ lich mit 388 gegen 120 Stimmen abgelehnt. Im Senat verlas der Iustiziniiiister Cazot eine Er klärung, gleichlautend mit der von Gambetta in der Depu- lirten-Kaniiner abgegebenen. Die Zusammensetzung des Cabinet- Gambetta hat in Paris sehr gclheiltc Empfindungen hervorgcrusen. Die „Agence HavaS" macht folgende Bemerkung: „Gambetta wollte den Personen- und Griippenfragen bedeutend Rechnung tragen, hatte aber vor Alle,» im Auge, ein gleichmäßiges Ministerium zu bilden, ivclcke» ein über alle politischen, commerziellen und militairiscken Fragen deutlich abgesaßteS Programm habe." Die neuen UnterstaatSsecretaire sind: Martin FeuillLe (Linke) sür da» Justizministerium; Develle (Linke) für das Ministerium de» Inner»; Le- couiller (Eisenbabndirector) sür da« Ministerium der ösfent- lickcn Arbeiten; Bland in (Linke) sür das Kriegsniinisterium. Mit Ausnahme von Devös gehören sämmtliche Mitglieder te» Cab inet« dem rechten Flügel de« republikanischen Ver eins. nur Allain-TargS der Linken an. Daß diese gambettistische Grupp« der früher» Kammer da» neue Cablnet bildet, hat in, Publicum sehr überrascht. Auch geht bereit» das Gerücht. Spuller solle später zum Minister de» Auswärtigen ernannt werden und Gambetta dann blo», wie er stet» gewollt. Conscilsprästdent ohne Portefeuille werden. Die Stimmung in Pari» ist jedenfalls keine enthusiastische; auch der Pariser Correspondent der „Post" schreibt: Da« neue Ministerium hat allgemein große Auf regung hervorgerusen, welche mit Erstaunen, Ent täuschung und Verdruß gemischt ist. Die ersten Urtheile über die neuen Minister sind stellenweise sehr strenge, andererstitS aber erkennt man an, daß die Person Gambetta'« Allel in dem neuen Labinete ist, und daß seine Lollegen einfache, dem Einfluß und dem überwiegenden Impulse Gambetta » »ntenvorsenen Mit arbeiter sind. Di» politisch« Schattirung ist genau die der Union Röpublicaine. die gemüßigten Republikaner sind säst anSgcschlossen. Gambetta hat hauptsächlich unter seinen früheren Freunden und Vertrauten seine Wahl getroffen. Das Ministerium ist ein rein- gambettlstiich.fortschrittliches, aber geschlossenes. Die Lommenlar« der nicht gombettistilchen Presse sind zurückhaltend, ohne Enthusias mus und eher spöttisch gehalten. Die radikale und monarchistisch« Opposition stößt den Schrei: „Diktatur Gambetta'»" au«. Wir können «ns heute jeden weiteren Urtheile» über Gambetta'» Ministerium enthalten; denn sicher ist, daß man e» bald an seinen Früchten erkennen wird. Ans Donnerstag und Freitag haben die Vorstände sämmt« Ucker Fractionen im ReickStag ihre Parteigenossen zu Sitzungen eiiiberuskn. Die Rationalliberalen werde« sich am Eröffnungstage Abend» 8 Ubr versammeln. Man wird wohl erwarten dürfen, daß der Reichstag diesmal gleich von Anfang an zahlreich besucht sein wird. Wendet sich doch
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht