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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188111272
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18811127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18811127
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-11
- Tag1881-11-27
- Monat1881-11
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1881
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Erscheint täglich früh Uhr. Uetokll»» »«» EnK»M<> JohaaneSgasse 33. Hprrchtundkn der Ne-artis« Vormittag» tl>—12 Uhr. Nachmittag» 4—6 llbr. ,»d> „,-L»»»««r Am«»»«» tz«r für st« »ichfkfolgr«»« Nummer »eMmmtr« Jussra«» «» S«chrut«,ru »ts » Utzr N«ch»ttt«,». «> Ssuu» nutz Frftt«,r» srßtz st«' „s Utzr. 2» hrn /Male« Nlr I»l.-^««adme: ttt« »r««. Untversttäesstroße St. tot« Lsschr. Katharinenstraß, Ich ». «ur st« 'i,t Utzr. nmigtl'Eagcblalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgrschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage I0SSO. Abonnrmrnlsvrris vienelj. 4V, incl. Brinaerlobn 6 Mk.. dorw die Po>» bezogen 6 ML Jede einzelne stummer SS Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren lür Exkrabeilaaiu «ltue Postbeiürdcrnng 39 ML «lt Postociürderung 4L Mt. Inserate Sqeipaltkne Petitzrile SO Pf. Größere Schriften laut unserem PrrtS- vrrzeichniß. Tabellartschrr Day nach höherem Tarif. Kerlaur» nnter den Nedactiooltrich die Svaltzeile SO Vs. Inserat« sind stet» an die vrprdirt»» za seaoe». — Stada,r wird i»q, gegeben. Zahlung pnwuuuionuillo ober durch Post» Nachnahme. 3Z1. Tonntag den 27. November 1881« Amtlicher Thcil. veffenkllcht LIHmg der Slidlirrordnrtcn Mittwoch, an, rrv. -tovember I». e», A b»nd« u/, Uhr t« Saal« der I. Bürgerschule. Tagesordnung: I. Gutachten de- Bau-, Oekonomie« und bez. Finanz-AuS- schnsses über: ». den Verkauf eine- Arealstreifeus in der Pteißengass«; d. den Abbruch der Ausstellungshalle aus dem KönigSplay und Erbauung einer neuen Halle vor dem Frankfurter Thorr: o. Verlängerung der für de» Abbruch des Hotel de Pruste vertragsmäßig sestgesiellten Frist. II. Gutachten de» Finanz-Ausschusses »c. über die Stavt- casienrechnung pro 1880. III. Gutachten deS Ausschusses zur Gasanstalt über: ». dir Abänderung der Beleuchtungsanlagen aus dem Roßplatzch ch Anlage eines Bahnqleise» von der Thüringer Eisen- babn nach der Ga-anltaiL kV Gntachlen VeS Verfassung»- und Wnanz-UxSschusfeS über die anderweit« Verpachtung de» Leipziger Anzeiger». Drklllililuwchllng. Die «ckchste Pteutahrwefi« dogluni mit dem 2. Januar 1882 und endigt mit dem 15. Januar 1882. Eine soge nannte Vorwoche, d. h. «ine Frist zum AuSpacken der Maaren und zur Eröffnung der Meßlocaie vor Beginn der eigent lichen Messe hat die NeujahrSmesse nicht. Leipzig, den 28. Oktober 1881. Der Rath der Stadt Letprtg. l)r. Georgi. Harnvitz. Dtlranklmachullg. Nm sestzustellen, inwieweit die von hiestgen Gast» und Gckäntwirtyen gebrauchten pneumatischen Bierdnickapparate in Bezug auf Eoiistruction, Ausrüstung und AusstrUung de» Vorschriften de» ortSpolizeitichen NegulativS. die Einr-chtung und Reinhaltung der pneumatisch»« Bierdrnckapparatr in Leipzig bekrefsenv, vom 24. Juni l88l entsprechen, soll ein mit dem erforderlichen Sachverstänkniß aus-rslatleter unk sonst vertrauenswürdiger Mann mit eine« monatlichen Gehalt von ltzO Mart gegen t4 tägige Kündigung angeftelll werden. Mechaniker. Klempner, Schlosser. Kupferschmiede und ähnliche Professionisten. welche sich dieser Function gewachsen fühlen die aber nichl selbstständig mit der Herstellung von Bierdruck- apparatrn sich beschäftigen dürfen, werken daher ausaeforkert, elwaigr Bewerbungen um diese vorübergehende A»ueUu»g wnrrbalb der nächsten 14 Tage schriftlich hier anzubruigen. Leipzig, am 22. November 1831. Der Rath der Stadr Leipzig. Kreisch vr. Georgi. schmer. Vrkanntmachnng. T» wird untersagt, den binter der Nennbalm Über da» Pleißenstuthbetl führenden Ke'tensteg durch tactaräßtge» Marschtreu «ehrerer Personea oder soustwte adfichtlich ia schwiugeude Bewegung zu setze«, oder aus demselben stehen zu bletsen. Auwiderhaadtuugea werden mit Geldstrafe di» za BU Mart oder uul Hast dt» zu LA Tage« geahndet werden. Leipzig, am 2l. November l88l. Der Rath der Stadt Letoztg. Or. Georgi. Hacrwitz. Vckannlmachung. Tte »trchendsrstauvswahl zu Lt. Petri tzetreffe»». Nach unserer Bekanntmachung vom 20. Octorber d. I. scheide, an» unserem Kirchenvorftaade nach Ablaus der 6jährigen Wahl Periode au» die Herren: Buchdruckereibesitzer G. vir, OberstaatSamval« Ttz vast «anu. Direktor ve. I tk. Lto«. Direktor l»r. W. Nöl»ckr Lommerzienrattz W. Strngrl und Baumeiftcr T. G. Basel Die aichscheidendeu Herren sind wieder wählbar. »tzl »a« 6 «lt,lle»eru tu de« Ktrchcanarstan» zu St. Perrt slubet statt Dtenstas, den 6. Derember c. von S llhr früh bi« Rachmütag s Uhr m der Sacristi der PcterSkirch«. Watzltzerechtigt sind nur die angemekdeten und t» die Wähler liste eingetragenen «emeindeglicder. — Di« Wahlliste liegt a» 28. nutz 2». Ra»e«ber v. in ber Expedition der PelerSkirche zu Jedermanns lvnstcht au». Wählbar sind alle stimmderechiigte Mitglieder der Peter-kirchrn- oemeinde (nicht blo» die in die Wahlliste Eingetragenen,, weiche da« 30. Lebensjahr vollendet haben. „Die Wähler hoben ihr Augen «erk aus Männer von gulcm Ruse, bewährtem christliche» Staue, kirchlicher Einsicht und Erfahrung zu richten." Di« Abgabe de« Stim.nzettelS für die Wahl von 6 Personen muß persönlich am ü. Lecemd« ü> der Sacrisiei der Peter»- ktrch« erfolgen. Wir bttlea bet der Wichtigkeit de» Arte» herzlich und dringend, daß alle Eingetragenen von ihrem Wahlrechte Gebrauch machen wollen. Leipzig, den S3. November 1881. Ter »trchenorstautz zu GL PetrL 0. Fricke. vssssMods ÜuiäelsIedrLllztLlt ru Lvivrix. Xw (ioo 30. Kovewbor, Ebenst» 8 lstir, Voetrn^ cka» Herrn l>r. Vablmnn», Lehrer» cker Anstalt: -Unackel»- »uä Verliekr»-evgn cker AaknntL" Nntrltt wel. — 2u getLIULvm Ü««icdo lastet stis Herr» prtnei- vate ock 11avst!'l«rsbtUseu m bieaiusr 8iastl ersoheliet «io karl vireotor. Vekannlmachullg. Montag, de» 28. November lL8l von Vormittag S Uhr an solle» tm Anenschtckkchen zu Lentzsch verschiedti»«. größteniheil« vorzügltch erhaltene RestauralionS-tttensilien, al» 1 Billard, eine große Anzahl Tische und Stühle sür Zimmer und Karten, 1 Busse», Negnlatoren, Bilder, Lampen, Bier- und Kosengläler, Flaschen. Porzellan, 1 Brücken- und 1 Tafelwaage «c.» meiftdtetrao gegen josorttgr Zahlung versteigert werden. Leutzsch, am 21. November 1861. Per vrtckrichler. Lchmiedt. Holz-Auctton. Im Forstreviere Eonnewitz sollen die in der Totalität aus- bereileten Windbruchhvlzer re. gegen sofortige Baarzahluug »ach dem Zuschläge und den u» Termin noch näher bekannt zu gebenden Bedingungen an den Meistbietenden verlaust werde» und zwar: Montag, den AN. Rovember L von Borwlttag- v Uhr ab tm Ronnrnkotzr: ca. 2 eichene Klotz« 20 cm stark und <—5 m lang. < wcißbuchene > 22—34 ow stark u. 2—5 w lang l l eschene » 20—35 « » « 3—6 » » K lüsterne , 30—50 - « - 3—8 » 33 Stück eschene Schtrrhvlzrr und 3 Riiilr. rüstenie Brrnnscheit», sowie ca. 40 Haufen starker Abraum und 28 Stück starte riebe»« und eschen« Durchforstung»- Stangeurrtstztg. Hause«, U. Mittwoch, de»UU. Rovrmber L von Vormittag» B Uhr au läng« ber Eonnewitzer Linie und an vcr Ga»ibscher Grenze rc. ca. < Rmtr. eichene. 5 Rintr. buchene und t Rmtr. aSpene Breuaschrtte, sowie ra. 50 Hb,usen Abraum. Zusammenkunft: au beiden Tagen aus der Kreuzung deck Schleußiger Wege« mit der Eonnewitzer Linie. Leipzig, am tv. November 1881. Deck Raths Aorstdeputatto». Nichtamtlicher Thcil. Das Socialistknqeskh. u. * Daß da- Ausnahmegesetz gegen die Ausschreitungen der Sociatvemotratie nickst den Erfolg haben könne, dl« Thätigtett der letzteren gänzlich zu lähmen oder ihre Betheitlgung an den politischen Wahlen aus em ganz geringe» Maaß zu be schränken, tonnte sich jeder ruhige Beobachter von allem An>ana an selbst sagen: in diesen Dingen also lieg! nicht der Schwerpunkt de« Gesetze». Wohl aber hat dasselbe ganz außerorcrutlich« und zwar höchst heitsame Erfolg« aus» zuioeisrn auf eiuem der wickstigsien Gebiete de» ünrnttichen Let-rnS, auz de« ber Tagespreis«. Hier hat da« Sozialistengesetz tüchtig ausgeräuml, ja man kann sagen, e» hat da» dichte Netz von Leitungen und Zeitschriften aller Art. welckie» die Socialdemotraien über Deutschland gezogen hatten, völlig zerstört. Und Da« ist sür die bürgerliche Gesellschaft eu> Nutz«», dessen Bedeutung gar »iichl hoch genug angeschlagen iverden kann. Wer. wie wir. seil mindesten» anderthalb Jahrzehnten da» Treiben der socialdemokral>sck>en Presse sorgfältig beobachtet hat. wird stw erinnern, in ivie enlsetziilder Weife dieselbe, täglich an Umfang zunehmend, aus Verstand und Gemüth groger Bolkouiasten, denen ihr Bllduiigsstand rin selbstständiges Unheil nicht erlaubt«, einzuwlrken sich de- uiilhle. Ihre Hauplausgabe war: spstcuialisck»e Unler- grabuno jeglicher Autorität, rynische Hcrabivürdigung alles Dessen, wa- dem Ullverdorbenen Menfche» heilig ist, Ausrottung der Lieb« zum Vaterlande. Zerstörung jeglichen rcligiöien Gefühle-. Ta« Reich und s«n Tber- baupl, der Kanzler und der Relchstaa wurden bei jeder Gelegenheit mit Hohn und Spott überschüttet, die Negie rungen und ihre Behörden mit jesuitischen Kunstgriffe» der gemeinsten Art als lächerlich und veräcbt»ch dargcstclll, jede Lckilung vor der Obrigkeit als trauriger Ueberren kläglich, r Vorurlheile bezeichnet, und wa» Religion und Kcrche belnstl, so wurde in Herabwürdigung und Berfpotlung derselben Vas Meiifchcnmöglichr geleistct. Versetzen wir un» in da» Jahr 1870 zurück. Im Anfänge de» uns aujgezwungenen großen Kriege- mußten doch a»ch die soeialvrmojralischen Blätter dem Strome der allgemeinen Begeisterung folgen; kaum aber war Sedan gefallen, jo wurde vlese» Ereigniß als Handhabe benützt, um d,e so ungern getragene patnolischr Maste fallen zu lassen. Mit der Gesangenn-Hiiiung Napoleon« mußte, nach socialbemokratischer Austastung, der Kneg aushoren. denn gearn französische ., Nepuvlikaiier" zu kämpsen war ein Verbrechen. Die ihren Fürsten verjagt halten, waren natürlich die „Brüder" der Deuttchrn oder wenigsten» der deutschen Socialvemokralen geworden, und von jetzt an hieß der weitere Kamps gegen Frankreich „Brudermord". Wie viel lausend Mal mußte» unsere wackere» Krieger sich dieses surchlbarsle aller Verbrechen zum Vorwürfe machen tasten, wie viel lausend Mal wurden die Führer des de»l- schen Heere« al» die Verleiter zum Brudermorde verunglimpft! Von einem patriotischen Gefühle dursle aus deutscher Seite gar nicht die Rede se.n; fever sranzöslsche Franettreur aber war ein Heros, der Bewunde rung verdiente, weil er au» sicherem Versteck seine meuchel- mörkensche Kugel aus deutsche Krieger richtete. Elsaß und Lothringen durften um keinen Preis zurückvertangt werden, kenn die Bevölkerung dieser Provinzen wollte Nicht» von Einverlcibung in Deutschland wissen, und die um solchen Verlust trauernde., „Bruder" in Frankreich hatten aus srrund- lichste^ Berücksichtigung Anspruch. Die Bildung eine» neuen deutschen Reich» wurde mit Hohn und Spott begrüßt; über solch eine Farce konnte der echte Socialdemokrat nur ver achtungsvoll lächeln. So kräuselte die socialdemokratische Presse da» schändlichste Gift in die Herzen ihrer Leser, und die Wirkung davon blieb nicht au»; Vaterlandsliebe und Soeialdruiokratie waren fortan die strengsten Gegensätze. Fast noch schlimmer wühlte und wüthelr die social- demotralisch« Prelle aus kirchlichem und religiösem Gebiete. „Jeder echte Soriatdemokrat muß Atheist sein." — so lautele da» erste Gebot ihre» KatechiSmu«. und wahrlich, sie ließ e« nicht an Arbeit und Mühe fehlen. um kiese« Gebot den Masten ihrer Anhänger annehmbar zu machen, von denen viele sich e,n- dildrlen. sie yätten eine gewaltige Höbe der Bildung erklommen, wenn sie sich al- Gottesleugner spreizen dürsten. Alle« „Glauben" wurde verpönt; höchste»« beschränkte Phitistcrseete» mochten sich noch in „verrotteten Vorurtheilen" gefallen. Der wahre Socialdemokrat erbat sich sür sein Ehebündniß nicht mehr den Segen der Kirche, sür seine Kinder nicht mehr da» Sacramenl der Taufe; solchen Firlefanz hatte er längst Über wunden. An der unmündigen Nachkommenschaft wurde da» furchtbare verbrechen begangen, daß man ihr schon rühzeitig den atheistischen Standpunkt al» den allein cvrreclrn eintrichterte, und wie aus solchem Grunde sich bae Familienleben gestatten mußte. DaS kann sich Jeder selbst au-malen. Frühreife Buben bekamen von ihren wackere» Vätern den „B ol kssta at" oder ähnliche Erzeugniste der ocialveinotralischcn Literatur zur ausschließlichen Lectüre, und manche spätere Verhandlung vor dem Strafgerichte Hai erwiesen, welche herrliche Früchte ein solches Erziehungssystem tragen mußte. Daß in solchen entsetzlichen Zuständen durch da» verbot der socialistischen Tagespreise — leider erst späll — eine durchgreifende Veränderung geschaffen worden ist. dafür kann man der Neichsreczieruna und dem Reichstage nur den wärmsten Dank zollen. Durch jene Maßregel ist daS poli tische, da« bürgerliche und das religiöse Leben unsere« Volke« erst wieder von einem furchtbaren Schaden befreit worden, welcher nicht lange mehr hätte forlbrstehen dürfen, ohne daß die Grundlage unsere« Boltsihnms der Vernichtung preis- gegeben worden wäre. Und dennoch erschallen eben jetzt lauter als je LU« den verschiedensten Lagern Stimmen, welche die Beseitigung de- Socialistengesrtze» für zweckmäßig erachten! Man follle iS kaum sür möglich hatten, aber es ist so. Wlr aber fragen dagegen: hal die deutsche Social- ^emokratir auch nur das Ge,maste gelhan. wa« aus Besterung ihrer Gesinnungen und Bestrco,ingen schließen ließe? Genüg wird Niemand im Stande sein, diese Frage mit aukein Gewissen zu bejahen. Ist Dem aber so. warum fallen dann die Beschränkungen. welche da- Eecialisiengesetz ihr auserlegt hat. jetzt auf einmal in Wegfall kommen/ Di« Wievcrcillskebung de» SocialistengeseyeS dürste ohne Zweifel nur al» eine Belohnung sür sichtbare Besserung der Docialbemokraten beschlossen und au-gc-führt werden; sie könnte nur die Prämie sein, welche reuigen und geläuterten Gemüthern für ihr bessere» Verhalten ertheilt wird. Boa einem solchen ist aber allerwegS gar nicht die Rede, im Gegen- ihe»l würden die Herren Socialdrmokraten — und mit Recht — über di« Schwachtdpsigkeil einer Bourgeoisie spotten, die ohne alle Neth «ine so wuchtige Waffe der Abwehr, wie da» Gesetz sie bietet, au« der Hand gicdl. damit da« alte Unheil mit verstärklen K, ästen von Neuem grassirra könne. Nein, da» Socialisiengeletz ist heule noch lmmer gerade so aolh- wendig. wie es am Tage seiner Verkündigung war. und des halb muß e« auch ferner bestehen und mit aller Strenge gehaabhadtt werden. »'»V ^ ^ Leipzig, 27. November. lieber die parlamentarische Lage wird un» an» Berlin vom Freilag geschrieben: „Die gestrigen unerhörten Vorgänge im Reichstag nehmen Sm„ und Interesse der politischen Well noch »nmer so ausschließlich gefangen, daß selbst die jüngsten Tischplautereien des Fürsten Bismarck nur mäßige Wellenkreise m der öffentlichen Besprechung schlagen. Uuler den Eonservativen herrscht die größte Erbitterung gegen da« Cent r u m, welchem die Schuld an eer erlittene» Niederlage rugeschricben wird. Man erzählt sich, daß diese gereizte Stimmung sogar in den gastlichen Räumen de« Reickskanzlerpalasles >n einem, zum Glück ab seits grsübrlen. Gespräch zwilchen einem der Führer der Rechten und mehrerer ultramonlanen Eollege» ihren drasti schen Ausdruck gesunden habe. Für da» Zusammenwirken der beiden Parteien sind DaS böse Vorzeichen, um so bessere freilich sür die Gestaltung der Dinge in liberalem Sinne. Vom Fürsten Bismarck wird berichtet, daß er die Nach richt von der Tragikomödie im Reichstag gegen seine sonstige Gewohiihett mit tiefem und minutenlangem Schweigen ausgenommen habe; eS giebt eben Dinge, aus ivelche auch ein Staatsmann wie er nicht vorbereitet sein konnte. Die Spuren seiner unitüsterlen Stimmung verteug- neten sich auch nicht in der Unterhaltung mit seinen parlä- mentarcichen Gasten. Einige sreunblichr Worte zu Herrn v. Minnigere de mochten diesem wohl zum persönlichen Trost bestimmt sein. Im Uebrigen war der Kanzler von einer aufsallenden Unruhe und Hastigkeil ber Gebenden und Worte, er sprach stockend und lerse, welch« die Gesprächsstoffe sprunghaft und unvermittelt und ließ bei seinen Gästen da» Gisukl zurück, al« ob er unter einer schwer niebrrkrückrnben seelischen Ermüdung leide. Welcher Unterschied liegt nicht zwischen dem rrsignirken und doch immer noch maßvollen Dort: „Ich bin müde, todmüde", welche« er vcr Jahres frist aus'prach. und dem verbitterten, verzwrisellen Ausnis von gestern: „Ich sühre rin kümmerliche« Leben!" Immer von Neuem krängt sich die Empsiadung aus. wie doch Alle» ander« sein könnte, wenn der große Staatsmann den Weg zurückzufiiiken vermöchte zu ber gemäßigteren Rich tung vom Anfang der siebziger Jahre. Wa» gestern der Rede Richter'« ausnahmslos bei der gesammlen Linken so ansrichtigen Beifall emlriig. da» war ihre unerwartete Mäßigung und die Uet-erzeugiing, daß die Fortschrittspartei durch ihren Sieg nicht übermuthig geworden, sondern bereit sei. die Hand zur Verständigung auch ihrerseits entgegen zu strecken. Auch ber Bedenktichsle muß zügelten, vag die Elemente für eine sruchlbringenke liberale Politik mit dem Kanzler, selbst bei der gegenwärtigen Gruppirung aus der Linken sehr wohl vsrhanden sind, und daß e» nur an der Regierung liegt, wenn die Zügel schlaff am Boden schleppen, ohne daß sich die Aussicht auf eine alsbaldige Lösung dieser unerträglichen Zu stände böte. Wenn selbst Fürs» Bismarck zogesteht. baß lür da» Tabaksmonopol nicht mehr al»7« Stimmen zu habe» seien, wa» soll da überhau t noch die versolgung diese« ProjeclS? und wohin kann eS führen, da» Unmögliche zum Angelpunct der Politik zu macken, die ganz eminent mit den Möglichkeiten de« praklisch-potilischen Leben» und mit diesen allein zu rechnen hat?" Wir knüpfen an die vorstehende Auschrist eine Ausführung der „Rationoltiberalen Korrespondenz", di« sich über dir ElatSvebalte dahin äußert: Die ganz« Generaldebatte über den Etat, von der man sich eine gründliche Suseinanderietznng der Parteien unter sich und mit der Regierung versprochen hatte, brftoad >a einer einzigen Ncd» de« fortschrittlichen Parteiführer«, in einer energischen Verwahrung von dieser Leite gegen die in der kaifrrl. Botschaft vertündeten Ziele der Social- und Wirthschafttpolittk. Aus der vorgeschrittenen Linken hat man ohne Zweifel kein« Ursache, zu bedauern, daß die Generaldebatte mit dieser einzigen Nrde beendigt wurde; e< war von diesem Siandpunct an» schwerlich «ehr viel hinzuznsilgen Daß aber die Rechte und das Cenkrum ans jrd« Enrgeg- nung verzichteten, »halsächlich, wenn auch vielleicht nicht absichilich, den Schluß der Debatte hrrbeisührten und di« Richter'sche Rede ohne Erwiderung ln- Land hinan« gehen ließen, wirft em bezeichnende» Licht aas dir Kraft und Föhigkrft der sogenannten Mehrheit im lleichsian Al« einzige Kundgebung und Erwiderung de« Reichstag» aus dir Thronrede steht somit die Herd« Verurlheilung durch den iortschrittlichen Redner da; Wirkung und Eindruck dieser „Debatte" kann kaum wesentlich ander» sein, als wenn der RcMMag eine Adresse beschlossen hatte, bi« in einer runden Ablehnung des >» der Thronrede niedergelegien Programm« bestanden. Auch die Regierung seid» sand kein Wort der Erwiderung; der Reichskanzler ging der Gelegenheit au» dem Wege, vor der Volk-vertreinng Rede und Antwon über so viele kritische Fragen de« Tage» zu stehen. In dem ganzen überraicheudcn Vorgang trat die Versahrenheil und Verwirrung unfcrer parla- menlarüchen Verhältnisse klar zu Tage: eine Regierung, welche eS schweigend dem ReichSiag übrrläßi, sich über ihr Programm zu anrerhalten, eine angebliche Mehrheit, welche aus die schärfsten An griffe nicht ein Wort der Entgegnung findet, und eine Minderheit, deren Anschauungen al» onwidersprochene» Volum de» gesammlen Reich-Iag» i»S Reich hinauSgclien. ES konnte gar nicht denlllcher ausgesprochen werden, wie Innerlich unwahr und haltlos die künst lichen Darstellungen sind, mit denen man sich in Regierung»kreisen und ans der Rechten dt« parlaiiienlarische Lage zurecht zu legei- bcflissen ist. Die Budget-Rede Ricktrr'S findet in der „Kvlni« cben Zeitung" die folgende Würdigung: Wie seit Jahren, so war e« auch diesmal der Abgeordnete Eugen Richter, der einer allzu optimistischen Darlegung de» Elat» seiten« der Negierung — die durch den Siaatssccrelair Scholz vertreten war — mit großer Tachkenntniß und in schneidiger Rede entgrgentrat. Größere Aufmerksamkeit aber al» seine Ailsstelluiige» am Etat fand de» Redner» Beleuchtung unserer inneren Lage und der Politik de» Reichskanzler» im Allgemeinen. Gleich kn Emgmiar seiner Red« tadette Richter e» auf-Schärfste, daß di« kaiserliche Thronbotschaft zu einer Art verschämten Pleliiseil» für den Kaiser mißbraucht werde und daß der dem Lande voll und allein veraitt- wörtliche Reichskanzler sott und fort Deckung hinter der Person de» Monarchen suche. Treffend wie» er nach, daß nur ein Wettstreit zwischen Re« fierung and Bolkivertretung, wa» die Person de» Kaisers angede, möglich et, nämlich l» der Trlhetlung der bessrrn Ralhschläge. lieber dem Wahl- ond Porteikamvs rrhaben steht nach deutscher Auffassung die Krone: nicht sie. sondern der Borrang in der Berathuag der Krone ist Gegenstand der Wahlkämpsr. Die französische Anschauung, daß die Krone leibst bet Volksabstimmungen ü» Berührung komme, wird bei un» keinen Eingang finden, trotz de» Versuche«, der setzt von über eifriger eoasrrvatlver Seite gemacht wird. Der Kaiser beruft da von zur Wahl, um die Ansicht de» Volke», nicht um seine eigene zu ersahren. Auch mir der osficiösrn Drohung, daß die der Zoll- Politik weuig günstigen HandelStammerbcrichie gerickmich versolgl werde» sollte», beschäftigte sich Enge» Richter. Man kennt di» Vor liebe de« Reichtkanzler« für Prehprocesse nnd es ist zu bedauern, daß er »ichi. wie der Freiherr vom Stein jedem deutsche» Staats mann« wünschte, einige Zeit in England gelebt hat, wo Preßproeesse s» >u» »tr unbrlavat siud. Aber wenigsten» ein« Behörde wie die Haudet«kamin«r» lallt« doch in ihre» amtlichen Gutachten vor straf- rechtlicher Verfolgung geschützt ketn. Eie haben di« Pflicht nnd da» Recht, ihre Meinung an-zuspeechen, selbst wen» sie irrig let» sollte. Daß fir e< nicht aus böswillige Unterdrückung der Wahrheit ab gesehen haben, geht cinsach daraus hervor, daß sie selbst die Ziffern ousührea. aus di« sich der Ankläger kernst. Herr Richter benutzte die Gelegenheit zu einem Angriffe auf die neue Wirihschaftspolltik, die ungünstige Ergebnisse erzielt habe und, wie die Wahlen zeigte», sich geringer Beliebtheit erfreue. Bon den Vertretern der Wrrth- schaft-volitik de« Kanzler» stek« nur noch eine hohe Säule, Herr v. Mmnigrrodr. So ichmeichelhaft e< lst, eine Säule seiner Sache genannt zu werden, so war im gegebenen Falle die Liebenswürdig keit etwas sroglich. da Richter deutlich an die letzte Säule eine« Schlosse» erinnerte, da» unser Romantiker Uhland besingt, die letzte Säule, dievoaentschwundener Pracht zcugl und selber über Nackt zu stürzen droht. Richter venheidigle sodann die Grundsätze des freien Verkehr», die schon Stein und Hardenberg ebenso hoch ge halten hätten, griff die Wahlagitationen der Regierungspartei an und meinte, wenn die Unmasse der Beeinflussungen nicht gewesen wären. Io brauchte man in diesem Hause nicht mehr vergeblich nach einer Mehrheit zu suchen. Die loudräthltchcn Bnrcaux seien schließlich reine Wahl, und Wühlbureaux gewesen. Schließlich nahm er für ein müiidlge» Volk das Recht einer selbstständigen Ucberzeugung in Anspruch. Am verdienstvollsten in der Rede Richter'» aber war die Auseinander etzung, daß auch die Liberalen, ja. daß eigentlich nur die Liberalen ein volkswirthlchastlicheS nnd namentlich ein socialpoli lisch«« positives Programm hauen, daß sie keineswegs der Ardeiter- srage herzlos all Manchefterniänner gegenüberstehen, daß vielmehr Alles, wa» bislang für die Arbeiter geschehen ist, von den heute als Manchest rmänner verdächliglen Liberalen gesck>ehcu ist. sowohl in ber Gesetzgebung, wie aus dem Wege der privaicn Thätigkeit und Organisation. Daraus müssen die Liberalen iinmer zurückkomme», daß die Arbeiter eine anständige, von Hintergedanken und Neben absichten freie Ausbesserung ihre- LooieS »ur von den Liberalen zn erwarten haben. Dieser The» der Richter'schen Rede, der Schluss deilelden, war von großer Wirkung und der Nachfolger de« Fort- lchrüi«manneS, eben der oben erwähnte Herr v. Miniiigerode. durste sich nicht sonderlich kanipsbrreit gesuhlt haben. Die konservativen Blätter suchen sich über die ver- unalücktc Rolle, welche ihre Parle, bei der Elatsberalhu n g gespielt, mit allerlei verlegene» Nebensarlen bii»oeg;uhelsen. I» ganz unvergleichlich grolosten Sprunge» ergeht sich bäbei aber kie „Rorkb. AUg. Zig." Nack ihr sank Herr v. Min- »igerok« in der Rlchtcr'ichen Rele Nicht», was nicht schon unzählige Mäle beleuchtet, wiberlegl, richliggeslell» war, unv bätte auch scincrseils in te» Fehler Versalien innssen. Abge droschenes »» wiederhole», wenn er die zahllosen Jrrlbüm.r nochmal- liätte widerlegen wollen. ,.T>e Herren Laster, Rickcrt, Wlntlhorsi aber verzichtete» auf bas Wort, ab« geschreckt durch da- Auftreten Richter'«. Wie e« wobt oft im Leben vorkommt, daß Jemand. der einem Fehler oder einem Laster in mäßigem Grade grsröhnt dal. plötzl csi in sich geht und demselben entsagt, wenn er denselbc» Fehler, dasselbe Lasier bei einem Ankern im Zerrbilb ber lleber- treibung ;» Gesicht bekommt, so waren kiese tnbüiiengewokitten Redner osscnbar einstimmig unler dem Euikrnck. daß sie eS nichl kleiden und ihr Ansehen »ich! hebe» würde, wenn sie »ur. gleich dem Vorredner, bekannte und glatte Rednerkilnstr stundenlang zum Vorträge bringen wclllen." Ankere ccnser- vative Blatter sink ehrlicher und gestehen offen z». daß ihre Partei taktisch schlecht manbvrirt und sich u> Folge Dessen eine Schlappe zugezogcn habe. Die Wahlstatistik, au- welcher Fürst BiSmarck am Donnerstag bei seinen Tischgesprächen tcn Schluß zog. daß von allen Parleicn allein die deulschconservalive am 27. Oktober einen Skimmenzuwach» gegen die Dahlen von 1878 zu verzeichnen gehabt habe, leidet an einem merk würdigen und entscheidende» Fehler: sie schweigt nämlich die Verlutte der Freiconservaliven einfach tokl. Berück sichtigt man indessen auch diese Partei, wie r- sich gebührt, so stellt sich heraus, daß dem Zuwachs von 120.884 Stimme» oder 16 Procenl für den einen (teutschconservaliven) Flügel der Rechten ein Gelammt Verlust terselbcn von 317,944 Stimmen gegenüberstehl. Wie man also von einem ziffern mäßigen Äacholhum der eonservativen Partei im Lande rede«
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