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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188112074
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18811207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18811207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-12
- Tag1881-12-07
- Monat1881-12
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1881
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-"1 Erscheint tS-lkch stütz 6V, Uhr. Ne-nrti-n uuö Lrpk-iti-» Johaauesgasjr 33. <_ SPrechstn«-e» -er Ne-«cttO»: Vormiltag« 10—18 llhr. Nactnnittag« 4—« Udr. Kt» »i, Alxka.wk «n>«»Ia,»Icr Di «uu ><>>»>« macht «H t>e Nctacliin nicht o«rock»Uch Annatmr der für Pie uächfts«>nen»e Rnmmer pestiutmke« Injernte a« Wochentage» Pis 3 Utzr -iachmittag-, anL«»«- nn» Festtage» frütz-is'.VUtzr. 3» -tu Iilialru für 3ns.-Äuuatz«e: Otto Klemm, Uuiversiiätsslrahe 81. Vouis Lösche. Kailmeineuftrahe 18, ». u»r Pi« '/,3 «Pr. cii>)igtr,Tagcl>latt Anzeiger. Organ für Politik, Lolalgeschichte, Handels- nnd Geschistsverkehr. 34l. Mittwoch den 7. December 1881. Aufla-e I7,L»V. ^donnemrnlspi'ris Viertels. 4'/. Mit.» incl. Briiigerlolm 5 Ml. durch die Post bezogt» ti Mt. Jede eiiizeiiie Amu,»er Pf. Belegexcuiplar I» Pf. Gebühre» für Extrabeilage« ohne Postbefördttliug !tt Mt. «tt Postbeföroerung 43 Mk. Inserate Kgespaltene Petitzeilc 20 Pf. Gröbere Schriften laut uniereni Preis- ve» zeicyiiiß. Tabellariscl^r Cap »ach hvl)erem Tarif. Ueclamen unter de» NrLiicliouollrich dir Spaltzeile 50 Pf. Inserate sind stets an die Hxpetzittan z« feadeu. — Rabatt wird Nicht gegeben. Zahlung praenni», raixlo oder durch Post» nachnahine. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. vesseMede kLväekIelu'LlutLlt ru l-eiprix. >IU Rlttvoeli, ch-ll 7. veeomder, ^booäti 8 m>r, Vortrag lies Hern, I>r. Otto Ilnlin, l,«4>rer« <Ier Anstalt: „kreuüao» nn<I «l«r aeuti>el,e Xollvorelo". — k'urtLetruaL »oil 8ot>Iu«i. Eintritt trei. — Xu veklilli^eii, Iteauelle lallet <>ie tierren Krineipslo mul L iiulebtjxeltlilkell in Iiieüiger 8t»(lt ergebenst eia Varl IVolkrirw, Virvetor. Nichtamtlicher Theil. Nom und Lerlin. Der schwere Cviiflict, in welchem sich Fürst Bismarck mit dem Liberalismus befindet, hat endlich zu einem Bündnis; mit der »ltraiiwiitanen Partei geführt, einer Partei, die bei einer musterhasten Organisation allerding- em Machtfactor geworden ist. mit dem man rechne«, aber auf den man nur so lange zählen kann, als er offen und ehrlich zu Werke acht. Worin aber, frage» wir uns, findet das zweideutig-verschla gene Anstreten de- NttramontanismuS seine Begründung? Wie kommt cs. daß die Centrumssührer gar zu oft nur mit Hintergedanken Verbindlichkeiten eingeben? Die Antwort ist sehr einfach: weil da- Alpha und Omega ihrer politischen Weisheit die Curie ist, weil von Rom auS daS Losungswort für die Windthvrst'sche Tactik ausgegeben wird, weil jeder Ccntrumsmann ein Leichnam in der Hand des Papstes ist! Rom ist eine keineswegs zu unterschätzend« Macht, denn die Vatikanische Klerisei bildet eine Theokratie, einen Priester staat. der sich einer unfehlbar sicher wirkenden politischen Organisation erfreut. Die Curie verwaltet die „Christenheit", d. h. die katholische Kirche, wie eine Monarchie ihre Provinzen, und der Pontifex hat seine Ministerien (zwanzig an der Zahl), Welche Congregalioncu benannt und deren stimmfähige Mit glieder Cardinäle sind; nebenbei gebietet sie über eine große An zahl anderer VerwaltungSeinrichtunge«. Zu diesen zählten bei spielsweise die Dataria, d. h. die vatikanische Pfründenkammer, von welcher die Ertheilung kirchlicher Präbenden, auch der Aufhebung »«» Ehebt,,»,»«« ». f ». Mstn-t. ferner die CanccÜaria, oder di« päpstliche Gtaat-kanzlei, der» «tmmux sämnitlichc inneren VerwaltungSangelegenheitcn deS katholischen Pricsterslaatcs passiren müssen. Mit dieser Aemtervcrsaflung ist da- diplomatische Corps der Curie aus. das Engste verknüpft: aber nicht alle politischen Sendtinge des Papstes genießen das volle Vertrauen Seiner Heiligkeit und dasjenige seines StaatSsccretairS: nur Wenige sind mrter vielen Berufenen auScrwählt und in alle Geheim nisse der vatikanischen Politik cingeweiht. So liefern gege wärtia der vielgenannte Cardinal Hohenlohe. Monsign SPokverini und Monsignor Tarnafsi, die beiden letzteren zur Münchener Nuntiatur gehörend, wieder Anlaß zu allerlei Comnientaren, welche weder Hand »och Fuß haben. Ci» webluntcrrichtcter Corrcspondent der „Wcscrzeitun meldet aus Rom. daß der Cardinal Hohenlohe, welcher sich gegenwärtig in Wien anfhält und vorher in Berlin war, durchaus keine Mission bei der deutschen Regierung seitens des Vaticanö batte. Die Zeitungen sichren aber trotzdem fort, ihre Ansicht zu predige», daß ein Cardinal, wenn sich einmal ctn solcher nach Berlin verirre, doch unmöglich ohne päpst liche Aufträge an de» Hof des deutschen Reiches kommen könne. Und doch sei es so. Der Cardinal Hohenlohe, welcher sich ininier gern ein diplomatisches Ansehen zu geben geliebt habe nnd seinen Namen immer eben so gern in den Zeitungen als eiiistnßreiche, wichtige Persönlichkeit im Batican gedrückt sah, möge dasselbe System vielleicht jetzt auch forlsetzen. Das Verhalten, welches Cardinal Hoycnlohe seit 1870 beobachtet, bade aber weder Deutschland noch der Curie genutzt, sonder» habe beiden mir geschadet. Das wisse man in der Wilhclmsstraßc in Berlin gerade so gut wie im Vatikan, was natürlich noch keine Veranlassung sei, einem Manne in so hchcr Stelle und von so hoher Verivandtschast unhöflich ;n begegne». Wenn inan aber aus dem Umstande, daß der Cardinal Hobenlohe am kaiserliche» und lronpriuzlichen Hofe und beim Fürsten Bismarck mit dem Viec-Ceremonienineister v. Röder nnd Lothar Bücher dinirtc, den Schluß ziehe, der Mann müsse eine politische Sendung haben, so sei das absolut falsch Der Cardinal Hohenlohe habe i» Berlin keine Mission; er habe als Curicn- Cardinal vom Papste einen Urlaub ans Gefuiidheitögrünken erb«ten und erhalte». Das sei der wahre Sachverhalt. Seit Jahren habe man ihn überbaupt von allen Schritten sern- gchaltcn, welche aus eine Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen Berlin und dem Vatikan hinzielcn und eS sei in vatikanischen Kreisen allgemein bekannt, daß, wenn man in Berlin die Absicht habe» sollte, sich Hobenlohe- zu dahin wirkende» Aufträgen z» bedienen, dieselben nicht zum Ziele sichren würde». Daß man das auch in Berlin wisse, gehe schon daraus hervor, daß Herr v. Schlvzcr, als er im ver flossenen Sommer die Unterhandlungen im Balican führte, zedc Beziehung zum Cardinal Hohenlohe vermied oder wenigstens nicht suchte, obgleich beide Herren seit vielen (lahrcn mit einander bekannt sind. Während der Sendbote Fürst Bismarck's andere Cardinäle. wie z. B. Ron di ». A . besuchte, vergaß man den Besuch bei Hohenlohe. Aehnlich wie Uber die Missionen Hohenlohes habe man sich üher die ebenso zweifelhafte Bedeutung der Sendung Spolverini s nach München de» Kops zerbrochen. Nichts fei einfacher als dieses Ereigniß. Der Uditore. oder geistliche Rath Tarnassi sei ein ganz junger geistlicher Herr, der, so lange Monsignore Roncctti lebte, der Münchener Nuntiatur ganz gute Dienste leistete. Für einige Monate überließ ihm die päpstliche StaatScanzlci die Leitung der Geschäfte, »veil man hosste, Roncetti, der im Tivoli krank tag. werde bald nach München zurückkehre». Statt testen slarh der sehr be fähigt« päpstliche Diplomat im besten ManneSaUcr. Der Tsd Roncetti'S gebot cS, die Nuntiatur durch einen höheren Diplomaten verwalten zu lasten. Eine Beförderung Tarnassi s war n>egen seiner (lugend und ganz kurzen diplomatischen Laufbahn nicht möglich; nnd so schickte man, da gerade jetzt im bairischen Abgeordnetenhanse Dinge vor stjh gehen, welche den Batican sehr nahe angehe», den Monsignore Spol verini nach München, »v» verseHs hi« zuz fknlpnst des nene» Nuntius Di Pietro, welcher auS Südamerika er wartet wird, verbleiben soll. Tarnassi nehme, so heißt eS weiter, den untersten Rang in der Diplomatie ein, waS die zeitweilige Sendung Spolvcrini's vollkommen erkläre. AuS diesen Enthüllungen scheint hervorzngehen, daß augen blicklich alle Verhandlungen zwischen Rom und Berlin ruhen;f augenscheinlich wird von beiden Vertragschließenden die Rückkehr .Herrn v. Schlözer'S aus Amerika abgewartet, um die abgebrochenen Beziehungen später wieder auszunchmen. Diese Panse bis zum Abschlüsse eines bindende» moclu« vivonäi scheint das dienstwillige Centrum deS Reichstages zu benutzen, um aus vatikanisches Geheiß sich als Regierungspartei auf- zuspiclen; indessen bei der Probe ans das Erempcl versagt die Frcinidschast zum Reichskanzler, wie die sonderbare Ab lehnung des Volkswirthschaslörathcö seitens der Uttraniontanen genugsam beweist. Man spielt eben, echt jesuitisch, ein zwei deutiges Spiel; man thut wichtig, man macht sich unent behrlich, um später einen uin so höheren Preis bei dem Vertragöschluste zwischen Nom und Berlin herauSzuschlagcn. So will'- die vatikanische Raison. DaS ist des Pudels Kern nnd das ist die Legende von der neuen Regierungspartei deS Reichskanzlers, welche die „letzten Reste" der Mittelpartcien himvegfegen soll. Leipzig, 7. December. Der Kaiser hat am Sonntag bei dem Empfang de» Reichstag-Präsidiums die Harmonie betont, welche zwischen seinen persönlichen Ausfastungen und der Botschaft bestehe, und er hat den Wunsch hinzuaesügt, daß sich im Reichstage eine Mehrheit für diejenige Richtung der Politik finde, welche in jenem bedeutungsvollen Aktenstück niedergelegt ist. Diese Worte von höchster Stelle halten sich so durchau» im Einklang mit Demjenigen, was von Anfang an zu erwarten stand, und eine Aeußerung in entgegengesetzter Richtung wäre so unbegreiflich gewesen, daß es wirklich nicht zu verstehen ist, wie die Conservativen in Parlament und Presse die persön lichen Empfindungen des Kaisers für ihre politischen Svnder- bestrebungen auSzubeuten den Muth haben. Dennoch geschieht dies heute in einer unerquicklichen Weise; die Liberalen aber wird schon ihr guter Tact davor bewahren, den Gegnern von der Rechten auf dem bezeichnet?» Wege zu folgen. Man erfährt, daß der Kaiser bei dem Mahle, welche- sich an die Audienz anschloß und bei welch«« die Reichstag-Präsidenten aus« Ehrenvollste «chi gezeichnet wurden/ fich einer Menen Arische -«Humor» und der angeregtesten Unterhaltung erfreute. Der Vicepräsident Ackermann war der Nachbar de» außerordentlichen türkischen Gesandten Muschir Ali Nizami, welcher zur Uebrr- reichung deS höchsten» Ordens seines Monarchen an den Kaiser in Berlin eiyaetroffen ist. Als ein äußerliches Moment der Audienz, welche dem Präsidium gewährt wurde, verdient nicht unbemerkt zu bleiben, daß der Kaiser, abweichend von dem bisherigen Gebrauch, am Schluß der Unterhaltung nicht hin zusügte, daß er den Präsidenten anheiinstelle. von . den ge machten Mittheilungen auch den Reichstag in angemessener Weise zu verständigen. Man hat es hier indessen kaum mit einer Absicht, sondern nur mit einer llnterlastuiig ohne jede besondere Bedeutung zu thun, wie denn auch die Coininentare in Abgeordnetenkreisen sich in der gleichen Richtung bewegten. Die Bndgetcom Mission beschäftigte sich am Montag mit der Forderung einer ersten Rate zum Bau des Kaiser st a l a st e S in Straßburg. Nach längerer Debatte wurde die verlangte Summe zum Terraincrwcrb und zur Project- bcarbeitung mit allen gegen drei Stimmen G. Psette», vr. Möller, Härle) bewilligt. Bei dem Marine-Etat, z» welchem »lan nachher überging, wurden einige Abstriche vor- genomnicn, insbesondere wurde die Absetzung der Kosten für daS Panzerfahrzeug „Prinz Adalbert" (400,000 Mark) be schlossen und für die „Victoria" statt 800.000 nur 5,00,000 Mark bewilligt. Es wurde dabei auf die wachsende Ab ncigung gegen die großen Panzerschiffe hingcwicscn. Die RcickStagsco in Mission für die Zollanschluß Vorlage rückt nur äußerst langsam mit ihren Bcralbniigen vor. Erst am Montag ist die Generaldebatte zum Abschluß, oder richtiger gesagt, znui Abbruch gelangt, denn man einigte sich nach unsrucbtbarer DiScnssio» nur dahin, daß von den staatsrechtlichen Bedenken einstweilen Abstand zu nehmen sei. da die zweite Lesung im Plenum zu deren breitester Beband lung Zeit und Raum zur Genüge bieten würde. Die Eom Mission hält Dienstag Mittag wiederum eine Sitzung und wird in derselben sofort in die wirlhschafllichcn Detailsragcn eintrelcn. lieber dem ReichStagS-Gcbäude walten diesmal giiiistlgere Stenie als in srübcren Sessionen. Wir hören a»S der Mitte der „entscheidenden" Fraction, nämlich deS Ec» trnms. das; cs in dcr Tbat geboten erscheine, endlich einmal dein bisherigen Zustande ein Ende zu machen. Wenn also der Abg. Windt Horst sein argwöhnisches particularistischeS Gciuilth so weit bcrubigt hat. uni in ciiiein moiiliinciitalcn ReichSlagsaebäiide nicht sofort eine Schädigung der „föbera listischen" Grundlagen der Verfassung z» sehen, dann ist die Hofsnnng, daß wir ans de» jebiaen beschämenden Zwitter zuständen berauskoninien. keine allzu überschwängliche mehr. Tie Liberalen werden selbstverständlich einmüthig für die Vor " ' ' rsick Winbthorst gegenüber im Abgeordnetenhaus« erklärte: „Schließen sich üicht alle Parteien, die den Staat und die Monarchie wollen, angesichts der ungeheueren Gefahr, d»e von jener Seite (vom Centrum) droht, näher zusammen 5 Tiub nicht die auf der äußersten Rechten aus ihrer früheren Abgeschlossenheit hervorgetreten, ich möchte sagen, moderner geworden? Haben sie sich nicht ihren politischen Nachbarn grnähert? Sind nicht die von der äußersten Linken, wie sic hier vertreten ist, die von der Fortschrittsparte» offen >u Ansprüchen gelangt, die durch concludente Handlungen beweisen, daß sic anerkenneil, daß eS nicht nützlich ist , die Fundamente des Staates, des Hauses, i» dem wir Alle wohnen, zu erschüttern und unilnterbrockien mit der Art zu bearbeiten in dem Gefühl, daß Andere für die Folge verantwortlich seien ? Alle diese früheren Sünden in unserem politischen Leben habe» >u vielfach einer Einkehr einer llmkchr Platz gemacht, und ick» fagL mit Genuqthilluig: der Staat stt durch das Wachsen der staatlichen Gesinnung der großen Majorität Derer, die ihn ehrlich wollen, stärker und mächtiger geworden als früher." Damals hatte also unzweifelhaft der Reichskanzler eine gar nicht schlechte Meinung von der Fortschrittspartei, sie galt ihm als monarchisch und sehr viel weniger gefährlich als da« Eentrum. Seitdem der Reichskanzler die bekannten Berechnungen über die Wahlresultate angestellt, vergeht kaum noch ein lag, an welchem nicht ein neuer Plan austancht, daS allgemeine Wahlrecht zu „corrigiren". So veröffentlicht henk ein Verehrer der Regierung den Vorschlag zu einem neuen Wahlgesetze, der angeblich ans eine Vertretung auch der Minderheiten abzielt, ein Problem, welches bekanntlich seit Jahrzehnten besonders in England und Amerika ebenso eifrig als erfolglos behandelt worden ist. Der Urheber der sich de- PseudounniS „Simvlicius Berolinensis" bedient, will über haupt von einer bestimmten Anzahl von Abgeordneten absehen und da- Wahlgesetz dabin abändern, daß „zwar im Allge meinen aus 100,000 Eiittvohiicr ein Rcichstagsabgeordncter zu wählen sei, daß aber die Anzahl der ReichSlagsabgeordneten auf 100,000 Einwohner unter Umständen auch zwei betragen könne. Eine absolute Mehrheit sei nicht erforderlich, Der jenige, welcher die relative Mehrheit erhalte, sei ge wählt. ebenso aber auch Derjenige, welcher so viel Stimmen aus sich vereinigt, daß sie zu der Stimmen-Anzahl D«ssen. der die Mehrheit auf sich vereinigte, mindesten» im .»Verhältniß von 2 zu 3 steht." Mithin wären in Berlin fHÄspiel-weise Herr von Liebermann und Stöcker, welche bi« , Ans an ihre Gegner herangekommen waren, gewählt, wäh- ' zahlreichen Stimmen für blieben. Offenbar aoer läge eintrelcn. Wie bei diesem Anlaß ernent versichert wird, besieh! die Aussicht fort, daß auch dein preußischen Landtage in seiner nächste» Sitzung ei» Entwurf, betreffend die Errich tung eines würdigeren Heinis, zttgchcu werde. Als Banplatz für "dasselbe ist der weite Platz hinter dem bisberigcn Reichs tagSgebände bestimmt. Wir hören ans guter Ouelle, daß der rcvidirte Ent wurf eine- Hastpslich'gesetzes. welches der Initiative der Fortschrittspartei entspringt, von sämmtlichen Mit glieder» der drei liberalen Fra et io neu uiilcrzcichnct werden und also auch äußerlich sich als ge nie ins am er Antrag der vereinigten Linken karstcllcn wird, sobald die einstweilen noch nicht abgeschlossene» Desegirleiiberalhiingcn ru tiiieni Einverständniß gesnbrt habe». Ter Aulrag toll spätestens am Freitag drnctscrlig sei» und am Seniiabeud im Hause eingebracht werden. - Fürst BiSmarck hat jüngst erklärt, daß er die Fort schritt-partci immer in ker Opposition gesunden nnd daß sie jedenfalls ftaatsgesährkicher sei als das Ceiilriim E» ist gewiß nicht unzeitgemäß. Dem gegenüber daran zu «rillMN, daß tzxr jkAizler am Id März >875 dtzsii Abg sechsten Wahlkreise die Meyer und Hasenclcvcr unvertreten blieben. Offenbar wird die Vertretung alsdann eine ganz unsinnige, da die Vertretung der Minderheit in irgend einem Wahl kreise die Stimmen der übrigen Kreise an Gewicht und Werth vermindern würde. Dazu kommt, daß der Autor im Falle deS Tode- eines Abgeordneten während der Gesetzgebungs- Periode lediglich den zweiten Abgeordneten desselben die Ver tretung belassen will, so daß wiederum ein beträchtlicher Theil der Wähler, möglicher Weise sogar die Mebrheit unvertreten blieb«. Auf die vorgeschlagene Weise das Wahlgesetz ändern, heißt wohl nichts Anderes als den Teufel durch Beelzebub austreibcn. Man meldet uns auS Wien vom Montag: Gestern. Sonntag, haben die Socialdemokraten in der be rüchtigten Arbeitervorstadt Ncu-Lerchcnfeld der Polizei eine förmliche Schlacht geliefert. Socialdcmvkratische Lackirer- aebilfen hielten nämlich in der Bierhalle „Zum grünen Thor" eine stark besuchte Versammlung, bei der es gleich anfänglich zu mehreren Ausschreitungen gekommen Gegen Schluß der Verhandlungen wellte ein Arbeiter ein Lied „Die rothe Fahne" absingen, was der an- wcscnde ^olizeibeamtc verbot. Wie ans ein ver abredetes Signal erscholl nun sofort der Ruf: „Nieder mit der Polizei!" und mehrere hundert Social- dcinokratcn stürzten sich auf den Polizeibcamten und die wenigen Schutzleute, die nach kurze», Kampfe ans den» Local gedrängt nnd noch ans der Straße verfolgt wnrdc». Der Polizeibcanile ist durch zwei ihm an den Kopf geschleuderten Biergläscr schwer verwundet worden und mußte nach dem nächsten Hospitale geschasst werden. Heute Morgen sind rablrciche Socialdeiiiokralen. welche an dem Skandale sich bcthciligtcn, verhaftet worden Ter Fürst von Montenegro scheut sich nicht, den Auf stand i» Süd-Daliiiaticn ganz offen z» unterstützen. Der „N Fr. Pr." zufolge bat sich der montenegrinische Priester Pcco MatanovicS in die KrivoScie begebe», wo er »eben Stojan KovacScvics daS Cominando und die Fübrung der Banden übernahm. In Cetinje wurde kürzlich in einer stürmischen Senalssitziing über das Verhallen gegen die Un- ruben in Krivoscic bcrathcn. Der Eapitai» deS zwischen B»d»a und Spizza vcrkcbrentcn DampsbooteS wurde eine Meile von Budua von Räubern auS der Herzegowina beraubt. DaS Haupt dieser Bande, Namens Stefan Kokolj, wurde in Eet in je verhaftet! Die Meldung, daß im vorigen Monat wicdcrbolt in der Herzegowina bei Gacko »nd a»s der Planina Toica Rencontres init verschiedenen Banden stattfandcn, wird bestätigt, dabei verloren zwei Soldaten das Leben. Un begreiflich bleibt nur, daß der Statthalter von Dalmatien nicht entschiedener diese» Zuständen ein Ende macht. Man schreibt »»8 »och auS Wien vom Sonntag: Die Nachrichten a»S Dalmatien über die ansständische Bewegung in der sogenannten Krivoscic laute» von Tag zu Tag düsterer. Briefe, welche heute an» Lattaro Hier eingegaiigen, de- Haupte», das, die Insurgenten im Laufe der jüngste» Tage namhafte Zuzüge aus de» Gebirgsgemeiiide» erhalten hätten. Dadurch seien die Ansständische» in den Stand gesetzt worden, an mehreren Puncten gcgni vorgeschobene Druppenabtheilungen offensiv vorz»gchcn, wobei cs aus beide» Seiten Tobte »nd Bcrwundetc gegeben hätte. Die Truppe» >>abe» in den unwegsamen Gebirgsschluchten einen überaus schweren Stand und werde» t» der Regel von einem listige» Gewehneuer enipsange», ohne den Feind zu erblicken, der von uiizugiinglichei, Feisvoisprängen gedeckt wird. — Die höhere» ögerrcichischen ^sticicre in llattaro sprechen offen die Ansicht an«, daß die Bewältig,,»g de- Ansstandes längere Zeit tn Anspruch nehmen werde Ein Tbeil de» >» Trieft. Laibach «nd Graz garnisonirenden Truppen da, vorgestern Befehl zur Niorichberettschatt nach Dalmatien "'«'"rn. D'k ungarische» Blätter billigen lebhaft den Abbruch der persönlichen Bezieh,,„gen de» Gesandten m Bukarest zu der rumänische» Regierung n»d sordery HA Aqlizokh ein energisches Auftreten. ..Ellcnör" erklärt, der Einstuß Oesterreich-Ungarns aus die Donau sei eine Lebensfrage »nd der Vorsitz in der (-ommjzsio» n <>u«itro ebenso uolhwcndig, wie für England Gibraltar, Malta und die S»czca»al- bcherrschung. Der „Bester Lloyd" widerruft Kalnokh'S Beniühungen für eine Begegnung des Kaisers und de» Zarem Der (i,»garisch-)serbische Kirchencongreß überreichte dem königlichen Eoinmiffär eine Loyalitätsadreffe. die radikale Majorität wählte aber den vom Kaiser abgelchntcn Bischof StojkovitS zni» Metropoliten gegen den RegiernngScandidaten Angyclits. AuS Lemberg geht die Nachricht ei», daß am 4. d. auch dort eine Versammlung polnischer Arbeiter polizeilich ausgelöst worden. Man erging sich in sehr heftigen Aus fälle» gegen die Regierung, verlangte lintcr Ander», „absolute Preßfreiheit", Aushebung deS ZeitungSslcnipclS und deS objektiven gerichtlichen Verfahrens in Preßsachen. Auch wurde die politische Haltung mehrerer polnischer Abgeordnete» i», ReichSrathc arg initgenomincn, waS zur Allflösung der Versammlung führte. Wie man un» auS Petersburg meldet, werden offi- eiöserseitS die Gerüchte über Ignatiew'S Rücktritt in Ab rede gestellt, was indeß in unterrichteten Kreisen wenig Glauben findet. Man behauptet vielmehr in ganz bestimmter Weise, der Plan, ein besondere- Polizei-Minister»»» zu er richten, hätte Jgnatiew veranlaßt, aus seinen Posten zu verzichten, weil er seine Wirksamkeit als Minister deS Innern nicht durch die Errichtung eine- Polizei-Ministerium- be schränken lasten wolle. Man nennt bereits Tsche re win und Koch anow als Candidate» für daS Polizei- Ministerium. — Gleichzeitig wird auS Petersburg vom 4. d. telegraphirt, daß die Nihilisten ihre neue Zeitschrift Zerno" (DaS Samenkorn) wieder massenhaft in den Straßen »nd össentlichrn Locale» verbreitet habe», ohne daß die Polizei wirksam cinznschreiten vermochte. Der vor einiger Zeit ermähnte Skandalproceß DelendzaS in Athen treibt iinmer neue Blasen. Kürzlich brachte der „Aeon" ein offenes Schreiben, da» der mitange- schuldigte RechnuugShos-Dircctor, Herr TvmaropoloS, ge legentlich seiner Verweisung vor den Assisenhos an de» An- klagescnat gerichtet hat. Da» Document, daS von Anfang bis zu Ende daS Gepräge der Wahrheit trägt, strotzt förmlich von Anschuldigungen gegen den Ministerpräsidenten Kumunduro» und seinen Freund Pappamichalopolo-, früheren Fiaanzminister und zur Zeit Minister de- Innern. Tomaropolo« bestreitet, von VelendzaS für die Vertuschung seiner Unlerschleffe 30,000 Krc». erhalten zu haben» nnd be kundet Vielmehr, den Ministerpräsidenten und Pappamichalo« Polo- wiederholt auf den enormen Caffendeseel in Theben aufnierksam gemacht zu haben. Anstatt eine Revision anzu« ordnen, vertröstete man ihn vielmehr aus eine gütliche An»- alcickiung, „sobald nur erst die Grenzsrage gelvst scin tvcrde." Diese Enthüllung, welche auf KumunduroS und sein System ein grelles Licht wirst, erregt natürlich ungeheures Aussehen. ES bleibt nnn abznwarte», wa» das Ministerium ans diese schwere Anschuldigung antworten wird, ob cS sich rechtfertigen kann oder nicht. Der Pariser deutsche Turnverein feierte am Sonntag sein achtzehnjäl'riges Stistungssest mit einer musi kalisch declamatorischcn Abcnd-llntcrhaltung und Banket, an Ivclclic», auch die Mitglieder der deutsche» Botschaft, der bairische Geschäftsträger und viele andere Notabililäten der deutschen Colonie thcilnahiiicn. Nach der von einem warmen patriotischen Hauche durchwehten, mit zündender Beredsam keit vorgetraaenen Festrede deS Präsidenten deS Verein», de- weilberüyinten Augenarztes Doctor Eduard Meyer, folgten in bunter Abwechselung Chorgesängc, Solo vorträge und Declamativncn in durchweg vorzügliche» Aus führung. wobei einzelne ausübende Mitglieder de» Vereins ein weit über den gewöhnlichen Dilettantismus hinauögehcnkes Talent zeigten. Beim Banket hcrrschle der heiterste jugendliche Frohsinn. Der deutsche Turnverein ist namenllich den jüngeren ln Paris weilenden Deutschen ein nicht hoch genug zu schätzender Mittelpunkt geworden, da er neben dem Turnen auch die geistige Anregung fördert durch wöchentliche wiffciischastlichc Vorirage und gesellige Abend- llnlcrbaltungcn. Unter den Pariser socialen Verhältnisse» ist daS Wirken des Turnvereins daher das sc>icnsreichstc und wcrthvollstc für junge nach Paris kommende Deulschc. Die aus Tunis cintrcssendcn Nachrichten nehme» jetzt einen berubiaenderen Charakter a». Die französischen Truppen führe» in dem iiisnrgirten Gebiete RazziaS an», durch welche die Aufständischen an der cmpsiudlichsten Stelle, nämlich an Hab und Gut, getroffen werde». Die Insurgen ten strömen denn auch zahlreich herbei, sich den französischeil Waffen zu untcrwersen, nnd man darf entschieden erwarten, daß die angekündigte Reduktion der französischen Occnpatioi'S- armec i» nächster Zeit erfolgen wird. Es verlautet, daß die französischen Truppen in Tuiicsic» ans >2,000 Mann beschränkt wersen dürften. Nachdem sich die zur Prüsung deS Nachtragcredit» für die tunesische Expedition eingesetzte parlamentarische Com mission zu Gunsten der Vorlage ausgesprochen, nahm die Beralhuiig in der französischen Kammer am Schluß der vorige» Woche einen befriedigenden Verlaus. Gambetta warf in einer längeren Rede seinen ganzen Einflnß i» die Waage, und das Abgeordnetenhaus entschied sich mit erdrücken der Majorität für daS Gesetz. Allerdings ist der parlämen- tarischc Streit in dieser Angelegenheit damit noch nicht be endet. Im Senat stehen noch heftige Scencn bevor, »nd InleS Simon, zur Stunde der gefährlichste Gegner Gam« betta's, rüstet sich, um die ganze Vortage, gegen ivelche er bereit» journalistisch in seinem neu erworbenen Blatte aus getreten ist, von der Rednertribüne herab energisch zu be kämpfen. Die Zustände in Irland tverde» iinmer «inerlräa- licher, da» giebt auch die sonst so hoffnungsvolle „Time-" wiederholt unnniwunden zu. Die Landverbrcchen mehren sich von Tag zu Tag. Unweit Tippcrary wurde am Mittwoch ein Pächter angeschoflen. weil er seinen Pachtzins bezahl! hatte. Mehrere andere Pächter „»»ßtcn eindriiigcndkn Strolche« ihre Pachtbüchrr vorlcgen, und al« dies« nicht dir gewünschten Rnckitändr aufwiesrn, wurde» die Pächter niedergoschosten. Einer Wittiv« in Betterkenny wurden Hau» und Scheune i» Brand gesteckt, weil ihre Töchter einige Leute verklagt hatten^ von denen sie mißhandelt worden, da sie sich weigerten, de» Landliga beizutrxjg. Verstümmelungen gqnzer Hexsdeg ViM
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