Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.12.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188112127
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18811212
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-12
- Tag1881-12-12
- Monat1881-12
- Jahr1881
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.12.1881
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Reklamen unter örn Urdactionsllrich die Svaltzeile 50 Pf. Inserate sind neis an die Expedirtou zu senden. — Rabatt wird nicht »zegeben. Zahlung prseminioruuiiu ober durch Post» nachiiLtzme. 34«. Amtlicher Theil. vekaimlmachnn-. Wir bringe» biermil zur öffentlichen Kcnntmß, daß wir die Fischcroberincltter Herrn Friedrich Wilhelm Köhler und Herrn Earl WUdelm Müller angewiesen bade», die ^Uissc, Flull'rinnen und Teiche hiesigen Stadtbezirks, so weit dieselben alS Eisbahnen benutzt werden, während der Tauer gegenwärtigen WinlerS sorgfältig »u überwachen. Es ist daher den Anordnungen derselben sowohl seitens der Inhaber der Eisbahnen, als auch seitens der die Eis bahnen Besuchenden unbedingt Folge zu leisten. Insbesondere ist das Betreten des Eises und daS Schlitt schuhlausen, bevor Solches ans der sraglichen Eisbahn von den Obengenannten für unbedenklich erklärt worden, ver boten. Es haben auch die Inhaber der Eisbahnen aus be zügliche Anordnung und namentlich bei eingetretencm Thau- wetler den Zutritt zu ihren Bahnen seiner nicht zu gestatten und etwaige eisfreie oder nicht genügend sichere Stellen in gehöriger Äeisc abzusperren. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden mit Geldftrase bis zu Sechzig Mark oder mit Hast bis zu vierzehn Tagen geahndet werden. Leipzig, am 8. Deccmber I88l. Der Rath der Stadt Leipzig. lür. Georgi. EichoriuS. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 12. Tccember. Die Frage der Erwerbung Helgolands für daS deutsche Reich scheint jetzt wieder mehr in den Vordergrund des Tageeintcrciseö zu treten. So bat sich »euerdingS, wie schon früher der Eontreadmirat a. D. Werner, auch der Vice- admiral a. T. Henk zu Gunsten der Wiedererwcrbnng jenes bis 1714 den Herzogen von SchleSwig-Holslcin-Gotlorp ge hörigen Fcl'eiicilaiiks ausgesprochen, und zwar nicht bloS vom strategischen Standpunct ans, sondern auch im Interesse des deutschen Scchandels. Wie von durchaus zuverlässiger Seite aus Len von berichtet wird, hat der deutsche Botschafter, Gras Münster, sich kürzlich gesprächsweise dahin geändert, daß ein aus Abtretung Helgolands gerichteter Wunsch keines wegs auf einen unüberwindliche» Widerstand Englands stoßen würde. ES gewinnt also den Anschein, daß die Angelegen heit bereits Gegenstand diplomatischer Erörterungen gewesen ist. Auch soll ja schon während deS Berliner Congresses daran gedacht worden sein, die Insel als Coinpensalion für Cupern zu verlangen, lieber das jetzt ins Auge gefaßte Aegnivalciit courstren verschiedene Gerüchte. Vielleicht wird die nicht unwichtige Frage noch in der gegenwärtigen Session deS Reichstags zur Sprache gebracht werden, sei dies nun durch eine Interpellation, sei eS durch den Antrag, mit Eng land in neue Verhandlungen zu treten. Die Erwartung, die Reichstag «session vor Weih nachten schließen zu könne», kan» nach dein heutigen Stand der Arbeiten nicht mehr aufrecht erhalten werden. Ins besondere haben die Bcrathungen in der Hamburger EomMission einen so langsamen Gang genommen, daß die zweite Beraltmng der Vorlage erst nach Neujahr vor- aenomineu werde» kann. Auch die Vorlagen über BerusS- llatistik und NeichstagSgebaude werden vor der Ver tagung nicht mehr vollständig erledigt werten können. Da nach der preußischen Verfassung der Landtag spätestens Mitte Januar einbcruscn merken muß, wird ein hossenllich uur kurzes Nebeneinandertagen der beiden Körperschaften nicht zu vermeiden sein. Ob später noch eine FrühjahrS- session des Reichstage- stattsinden wird, steht wohl heute noch nicht fest. Die WahlprüsungS-Commission setzte am Sonn abend die Prüfung der Wahl des Abgeordneten ClauSwitz fort. Wie bereits gemeldet, wurde die Wahl darum an- gesochtcn, weil durch polizeiliche Verordnung zwei Wäkler- versammlnngen verboten worden, lediglich weil sie ans Sonn tag anberauint waren. Die Commission beschloß mit S gegen 4 Stimmen, dieses Verbot lei mit dem Wahlgesetz nicht vereinbar, welches in tz. 17 bestimmt: „Die Wahlberechtigten haben daü Recht zum Betrieb der den Reichstag betreffenden Wahlcmgclegeiiheilen, Vereine zu bilden und in geschlossenen Räumen linbcwassnct öffentliche Versammlungen zu veran stalten." Ob diclcr Beschluß die UngiltigkeitSerklärung der mit geringer Mclwhrit zu Stande gekommene» Wahl zur Folge hat, wird erst in der nächsten Sitzung zur Entscheidung kommen. Die „Germania" bat, wie wir der „Nat.-Ztg." ent nehmen, bis zum Sonnabend die im Reichstage von Centrunismikgliedern in Aussicht gestellte Veröffentlichung der aus die Äs faire Windtkorst 'bezüglichen Protokolle der Hamburger Commission nicht vorgenommcn. Vielleicht ist man im Centrum zu der Ueberzenaung gelangt, daß man den Vorfall schon zu sehr alS große Action behandelt hat. Die klerikale Presse ist andauernd durch denselben tief verstimmt. Tic von >br vorausgesetzte Tendenz de« Reichskanzlers, iin Centruin Bedenken gegen die Führerschaft des Herrn Wind t- horst zu erregen, wird mit großer Lebhaftigkeit als völlig aussichtslos bezeichnet. Uebcr die politische Lage bemerkt die „Germania" elegisch: Wenn man die Art und Weise betrachtet, wie die großen Aus gaben der Gegenwart augenblicklich maltraltirt werden, dann ist man versucht, resigniri auSzuruse»; Gebt daS Feld nur gleich den, Liberalismus prelS; bei dieser Wirtschaft ist sein «leg doch un- vermeidlich. Bei der cigenthüm licken Rosse, welche dem Finanzminister Bitter in der Assaire Dinvthorst zngesallen ist. kann es nicht überraschen, daß daS Gerücht verbreitet ist, Herr Bitter werde demnächst zurncttretcn. Wir verzeichnen eS, ohne seine Begründung zu untersuchen. Nach den umlaufenden Nach richten würde die etwaige Demission de- Minister» aber keincs- wegß die Bedeutung einer Genugtbnung für Herrn Windthors» haben, sondern im Gegentbeil erfolgen, weil Herr Bitter der Forderung de- CenlrumfübrcrS, daß „Rcmctur" gegenüber der „NvrLV. Allg. Zla." geschaffen werde, zu weit entgrgen- aekommen sei. Für Herrn Bitter ist eS jedenfalls eine be denkliche Ersabrung. daß e« die Aufnahme der von ihm mit — t Montag den 12. Deccmber 1881. Herrn v. Kleist-Retzow alS dem Vertreter deS Herrn Äintthorst »estgcstcllten Erklärung in die „Nordd. Allg. Ztg." nicht durchsetzen konnte. Der bisherige französische Botschafter in Berlin Gras Saint Valier hat, wie die „Tr." meldet, unterm 5. d. Mtö. an den Herausgeber der „Deutschen Revue" folgendes Schreiben gerichtet: „Französische Botschaft in Deutschland. Mein Herr! Unterm 2. d. MtS. beehrten Sie mich durch einen Brief, um mir Ihr Be dauern auszudrücken bezüglich meines bevorstehenden Rücktritt» und des Abschlusses der Mission, mit der ich in Berlin betraut war. Ich bin sehr dankbar für das llrthcil, welches Sic über die Resultate meiner Thätigkeil und mcincr Bemühungen fällen; die „Deutsche Revue" siebt mit Recht in zu hohem Ansehen, als daß ich nicht großen Werth aus daS Zeugniß legen sollte, daS Sic mir tu ihrem Ramen zukomnicn ließen. Ich erbaltc überdies gegenwärtig selten- de» HoseS, der Regie rung, drr Presse und des Publikums ln Teuischland so viel Beweise eines auirichllgen Bedauerns, daß ich eine tief dankbare Erinnerung daran mit mir nehmen werde. Nicht ohne Traurigkeit scheide ich aus einer Stellung in Deutschland, wo ich einem so großen Wohl wollen begegnet bin, aber indem ich einer absoluten Noth- wendigkeil gehorche, will ich nicht aus die Hoffnung verzichten, daß mir vielleicht die Umstände eine-Tag» erlauben werde», nach Berlin zurückzukehren. Die Mission, die ich hier seil vier Jahren erfüllt habe, war die Fort setzung derjenigen, mit welcher mich der berühmte Thier- 1871 be- traule, und inci» lebhaftester Wunsch besteht darin, mich in der Zukunst ausö Neue dem Werke eines guten Einvernehmen- und der Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland widmen z» können, das stelS den Gegenstand niemer Bestrebungen gebildet hat. Genehmigen Sie »och einmal mein Herr, re. Gras v. St. Vallter.- Ein osficiöse» Berliner Telegramm in der „Politik" bringt eine interessante Aeußerung des Fürsten Bismarck gegenüber einen» hervvrragenbe» Führer der katholischen Partei. Letzterer kam, ob im Aufträge oder nicht, bleibe dahingestellt, aus die Möglichkeit zu sprechen, daß der Papst wirklich sich gezwungen sehen konnte, in Preußen, beispiels weise in Fulda, Zuflucht zu suchen. „Es steht mir nicht zu", soll Fürst BiSinarck erklärt haben, „aus die betreffenden Entschließungen des Oberhauptes kcr katholischen Chriltenheit irgend welchen Einfluß zu nehme»; indes;, Sie selbst sind Preuße, und ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was vielleicht der heilige Vater nicht weiß, daß in Fulda die preußischen Gesetze und keine anderen herrschen." ^ Aus Triest wird telegraphirt: „Demnächst werden neuer- ding» vier Kriegsschiffe »ach der Bocche abgehen. Die Be wohner von Dobrola bei Ealtaro haben sich alte Kanonen verschafft, da sie einen Nebersall befürchten. In Benovic bei Morinje führte eine auS fünfzig Mann bestehende Banke zwei junge Männer, welche in die Landwehr eingcreihl werden sollten, ferner Rinder und Ziegen in große» Anzahl fort. Die Leitung der milikairischcn Operationen hat Oterst Dorotka v. Ehrenwass übernommen. Nach einer Depesche auS Bukarest wird der Präsident der Tcputirtcnkanimer. Cliitzu, das Finanzministeriuin über nehmen und Senator Boinov Iustizminisier werden. Ministerpräsident Bratiano. der daS KriegSministeriuin einstweilen teilet, würde dasselbe auch ferner behalten. Der Berliner Corresponbent des „Standard" meldet, Fürst Bis marck habe in starken Worten die brüske Sprache der ru mänischen Thronrede ve»a>rll,eilt; er schreibe Rumäniens Betragen ans Rechnung gewisser Intriguen von Agenten der englischen Negierung, welche vielleicht befürchtet, Oesterreich könnte aus der Donau Regulationen treffen, die für de» eng lische» Handel schädlich seien. Außerdem dürsten nach Bis- niarck'S Ansicht die Bulgaren den König Kart zur Belei digung Oesterreichs ausgehetzl haben, jebcnsallS kämen Fürst BiSmarck und Kalnoky darin überein, daß Oesterreich, sowie Deutschland energische Schrille in Bukarest lhun müssen. (?) Der französische Senat hat am Sonnabend die zur Entschädigung der Opfer des 2. Deccmber geforderten Credite angenommen. — Bei der Bcrathuug über die tunesischen Credite brachte der Herzog v. Broglie die vielfachen, dem Senate zugesiigten Schmähungen zur Sprache, welchen man nicht zu einer Revision der Verfassung, sondern zu einem wahrhaften Selbstmord anffordere. Zur Sache erkannte Broglie an, daß die Verantwortlichkeit für die Erpcdition nach Tunis dis zu dem früheren Cabinct zuriickreicke, ver langte aber von dem neuen Cabinet Ausschlüsse über die Zukunft und die Organisation der Occnpation von Tunis. Redner deutet die durch die Nachbarschaft der Türkei ge schaffenen Schwierigkeiten an und erinnert an die Worte deö ehemaligen Ministers de» Aeußeren, de Monsticr: „Wenn Tunis nickt existirtc, müßte man es erfinden." Broglie glaubt, der Vertrag von, Bardo könnte einer Revision unter zogen werden und fordert die Regierung aus, nickt Fragen vor die Kamnier zu bringen, wenn deren Lösungen bereit» cingetreten seien. Gambetla zollte deni Senate in seiner Erwiderung Lob. consstatirle dessen Hobe Bedeutung in der republikanischen Verfassung, erkannte die Nokbwentigseil einer ersten Kammer an und behauptete, daß er lediglich eine Be festigung deS Senat- anstrebe. (Beifall.) Er lehnte jeden Zu sammenhang mit dem vorigen Cabinct ab und stellte Gesetz entwürfe, betressclidTuniS. in Aussicht, sobald nur die Herstellung kerNube daselbst vellendet lei. waS nächsten- der Fass sein werbe. Er werde einen solchen Gesetzentwurf Anfang» Februar vor lege» und möchte bezüglich der tunesischen Schuld ein Abkommen mit den dabei inlercssirten Mächten treffen, wie eS bezüglich der egyptischcn Fragen geschehen sei. Die diplo matische Frage anlangend. so hoffe er, daß Vie Regierungen deS Auslandes keine Schwierigkeiten machen werden. Eng land habe den Bardo-Vertrag anerkannt. Redner meinte, man könne aus kiese Weise zu einer Ab machung niit Italien gelangen, und fügte hinzu, eie au»wärtigcn Regierungen kennen unsere herzlichen Ge sinnungen ihnen gegenüber; auch ist eS erlaubt zu dessen. daß wir mit Geduld und Mäßigung zu einer Lösung der über diese Frage erhobenen Schwierigkeiten gelingen werden., Gambetla erklärte, der Gesamintvcrlust der Truppen in Tunis übersteige nicht >100 Mann, und schloß mit der Erklärung: der Vertrag vom Bardo tindct uns bis zu dem Tage, wo man ein ehrenhaftes Mittel finden wird, ihn dem Bey gegenüber zu erfüllen, ohne ihn zu zerreißen, vielmehr seine Bestimmungen zu präciüren. Redner hält eS sur möglich, Tunis zu rcorganisiren» ebne ihm die Unab hängigkeit zu nehmen. — Ter Finanzminister sagt in Erwiderung aus eine bezügliche Aeußerung Bocher'-, da- Budget von 1841 werde die Kosten der Expe dition von Tunis vollständig decken, und eS werde noch ein Ueberschuß von 20 bis 2ü Millionen verbleiben. Buffet besteht darauf, daß eine ernste Conkrole der Ausgaben nolh- wcnkig sei; er sagt, ein Parlament ohne finanzielle Macht vertiert alle politische Autorität. DieS sei für eine Kammer eine erniedrigende Lage. Bussel beantragt eine Tagesordnung, welche daraus abzielt dem Partamenle «ine wirksame Conkrole zu sichern. Nach einer Erwiderung deS FinanzminifterS wird da- Amendement Buffet mit 170 gegen 9.', Skimmen ab» gelehnt. Fortsetzung der Berathnng Montag. Da die Zustände Irland» sich täglich verschlimmern, die Mordlhatcn sich vermehre» und die irisch-senischcn Journale in geraoezu empörender Weise zu Revolution und Massenmord aussordern, wird die Stimmung in England immer er bitterter, unv allgemein wird die Einsührung der Kriegs gerichte verlangt. Ein großes Meeting wirb in der Londoner City vorbereitet, um die Regierung auszusvrdern, Leben und Eigenthuin in Irland zu schützen und die Anarchie zu beenden. Die Regierung, von der Veransiallung dieses Meetings bcnachrichliat, billigte dasselbe, unv eS dürsten demnächst die radikalsten Maßregeln zur Herstellung der Ordnung in Irland getroffen werden. Reichstag. Der Reichstag beschäftigte sich am Sonnabend mit der Berathnng der Denkschriften Uber die AuSsührung deS SocialistengesetzeS. Der socialdemokratische Abgeordnete Ha sc »clever leitete die Debatte mit einer säst zweistündigen überaus ermüdenden und langweiligen Rebe ein, die neue Gesichtspunkte kaum enthielt. Ter Redner be klagte sich über die Härten bei Ausführung deS Socialislen- aesetzcS und brachte einzelne Mißgriffe der Behörden bei den Ausweisungen zur Sprache. Die socialbemokratische Partei auszulösen, habe man darum doch nicht vermocht; im Gegen- tkcil sie sei erstarkt und gewachsen unter dem Ausnahmegesetz, wie die jüngsten Wahlen bewiesen. Die Socialdcmo- kraten würden das Ausnahmegesetz stets zu um gehen suchen. wie es die Klerikalen mit den Maigesexen gethan. Noch ungerechter und härter aber alS bas Gesetz sei die Verhängung de» sogenannten kleinen Belagerungs zustandes. Redner äußerte sich dann wörtlich wie folgt: Der Belagerungszustand in Hainlmra »n« «ch m Leipzig könne die Partei nicht schwächen; sie werde vielmehr vielleicht schon bei den nächste» Wahlen zetgen, welch« Macht sie im Bott« er rungen. Redner bezieht sich aus die Ausführungen über ß. 28, welche im Jahre 1878 drr GencralstaalSanwalt v. Schwarze ge- geben habe, gerade der Belagerungszustand habe Bebel viele Stim men in Leipzig verschafft. Wenn man als Hauptmotiv ansühre, daß in Leipzig die Führer der Socialdemokratcn sich vereinigt halten, so treibe man diese ja nun gerade in da- bedrohte Deutsch land hinein. Gerade die Thiltigkeit der Führer sei dadurch eine ausgedehntere geworden. Wen» die Informationen des Ministers von Nostlz-Wallwltz wahr wären, so hätten jeneAuSgewiesenen als gemeine Verbrecher bestraft werden müssen. Aber es werde von den unteren Polizei-Organen roth l» roth gemalt, um Belohnungen und Lobe zu erhallen. Tie Ausdrücke ln den Leipziger Flug blättern, l» denen von Dynamit und Revolution gelvrochen wurde, seien nicht gegen die Regierung gerichtet. Tie Revolution solle eine friedliche sein, allerdings eine gründliche, von oben herab. Bis zuin Ausnahmegesetz konnte mit Sicherheit ein unblutiger Aus gang vorhergesagt werden, nach deiiiselben stehe es allerdings ander». Bo» den Leipziger AuSgewiesenen sei bei der Ausweisung ein genaues Sianalemcnt ausgenommen und an alle Polizeibehörden deS Landes verbreitet worden, um sie dort gleich kenntlich zu machen und ihnen die Arbeit z» nehmen. Aus dleiem Wege erziehe man Vagabondcn. Man habe sie für viel schlimmer angesehen als Rüubcr und Spitz buben. Als Verbrechen wird in den Motiven auch die Belheillgung an Lommunal-Aemter» bezeichnet, also gerade die gesetzliche Thäiig- keit wolle man verbieten. So dränge man ja die Leuic zur llu- gesetziuäßigkeit. Geheime Druckereien habe man in Leipzig finden wollen, jedoch vergeben«. Gerade die Familienväter habe man hcrauSgegriffen, während viele Unverheirathele viel geräuschvoller agitirten. Die Frauen Bebel'-, Liebknecht'- und Hasenclever'S hätte» für die AuSgewiesenen sammeln wolle», da sei auch ihnen mit Aus- Weisung gedroht worden. DaS seien unerhörte Härten. Wenn man in drr Kriegsührung etwa- Barbarisches, Kosakischr« bezeichnen wolle, so spreche man von Mißhandlungen an Frauen uud Kindern, so Versal re man gegen die Socialdcmokraien. Nicht die verbotenen Bestrebungen verfolge man, sondern die er- loubten, wie daS Wählen und Unterstützen. Leipziger und Dresdner Blätter hätten allein die Wahl Bebel - als Grund und Rechtfertigung für den Belagerungszustand angesehen. Da« Ausnahmegesetz erzeuge den NihiliSSmuS, denn er vernichte Existenzen oder mache sie aleichgiliig gegen ZuchihouS und Fallbeil. Ein Berliner AuSgcwie- sener hatte i» Dresden eia Geschäft gegründet und dort sür die Wahl Bcbel'S ein Flugblatt verbreitet; als man ihn dafür inhaftirir, erhängte er sich. DaS war eine weiche Natur; wäre eS eine Hödel- Natur gewesen, so hätte er sich nach seiner Strafe an der Gesellschaft gerächt, er wäre Nihilist geworden. „Zuckerbred und Peitsche" könnten ln Deutschland nickst regieren. DaS alte Rom und Napo leon IH. seien daran zu Grunde gegangen. Die Blamige von Körner und Finn sei hauptlächiich daraus zurückzusühren. dast sie an daS „Zuckerbrot»" geglaubt hätten. Erst müsse man die Pciliche ver graben, eh« man ruhig über daS „Zuckerbrod" derathen könne. Der Ausdruck deS Grasen BiSmarck sei von seinem Standpunct ganz richtig, daß die Hundesvcrre schlimmer sei als da» Socialistengesetz. Gegen letztere- sei, wenigsten» von nichtsocialistischer Seile, keine einzige Petition eingegangen, wie sür daS erster«. Halt man den Belagerungszustand und daS Ausnahmegesetz aufrecht, so fielen die Folgen dieser Maßregeln aus dos Hauvt der Regierung I Lommissar zum BundeSrathe, Bicepräsident des preußischen Staat-Ministerium-, Minister de- Innern v. Puttkkamer: Zunächst ist eine Behauptung, die der Vorredner mit großem Aus- wand« von Patho« voraetragc» hat, Ihatsächlich unrichtig. Er sagte, daS Gesetz und die AuSMhrungSbestininiungkn hätten sich doch billig aus die Männer beschränken sollen, nicht auch aus die unschuldigen Fronen angewendet werden dürfen; eS seien auch Frauen au« Berlin ausgewiesen worden. Diese Thalsache ist unrichlig. Sei« dem Bestehen de« Gesetze» ist au- Berlin kein einzige« weibliche« Wesen au«gewiesen worden. Ich will damit nicht sagen, daß Die- nicht unter Umständen geschehen müsse; wenn wir in Berlin rin« Louise Michel hätten, dann würde sie mit vollem Rechte der Ausweisung unterworfen werden. Ich bade die sämmi- lichen Listen der AuSgewiesenen durchgeschrn und finde, wenigsten« innerhalb de« preußischen Staatsgebiete-, nur ein Beispiel der AuS- weisunaeiiier Fron, und zwar in Potsdam tn Gemeinschaft mit ihrem Manne. Hieran knüpfte sich eine Bemerkung de« Vorredner«, die ebeniall» an objektiven Mängeln bezüglich der Wahrheit leidet Er beklagt sich darüber, daß eine Anzahl hiesiger Frauea, deren Männer auSgewiesen waren, sich vergeben« an den Polizeipräsidenten mit der Bitte gewendet Hallen, ihnen Sammlungen von Naturalien, Liebc-gaden ». s. w. sür sich und ihre Angehörigen zu gestatten, unk» stellte et so dar, al» sei von der Behörde die Erlaubniß un- barmherzig versagt worden. Diese Darstellung ist unrichtig. Nach der Deklaration de« Gesetze» dedors Niemand zu einer lediglich lür die Angehörigen bestimmten Sammlung einer Erlauvniß; wendeieu 75, Jahrgang. sich die Frauen dennoch an den Berliner Polizeipräsidenten, so war daö jedenfalls ein 8u;>ertluum. Sie sind aber nicht zurückiiewiesen worden, sondern derPolireipräsidenI Hai ihnen eröffnet, daß sie derErlnub- niß nicht bedürfen, hat ihnen zugleich aber vorlorgssch mi! Bezug aussen tz.16 dr-Gesetzcs die nörlssgeBorsicht angeralhen. Dos k,n.t doch ivesentlich ander« als die Darstellung de- Vorredner«. Sodomi bclo»: er daS traurige Schicksal eines Herrn Stahl, welcher trotz seiner Harm- losigleit auSgewiesen worden sei. Nach dem mir eben zugehenden Bericht deS Polizeipräsidenten ist da« Faktum der Ausweisung richtig, dem Herrn Stahl ist aber in Folge einer seuhzeiiigen Nieder kunft seiner Frau widerruflich die Rückkehr erlanbi worden. Herr Stahl ist in allen polizeilichen Kressen al« notorischer Haupt- vertrauenSmann der hiesigen Socialdeiiiokratie b-ekauiit, nahm an drr lünasten Wahlagitation lebhaften Aulhal und ivurde in einer großen Versammlung durch seine Freunde sogar zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Können weiier keine Eiinvciidungen erhoben werden, so ist das der sicherste Beweis sür die loyale und humane Ausführung deS Gesetze«. Die Gebiete de» kleinen BelageriingS- zustande« umsassen circa 2,000,000 Einwohner und die Zahl der Ausweisungen stellt sich, wie folgt: Für de» weilercn Rayon von Berlin 162, sür Potsdam 14, sür Alwna 121, sür Hamburg 80, lür Harburg 89. linier diesen verschiedene» Kategorien befindet sich aber eine große Anzahl von mehrfach AuSgewuseme», so daß sich die Gcsammizahl erheblich verringert. Bei billiger Beuriheilung wird also dieses Maß der Anwendung von AuSiiahmevorschrlsten als eia zu weit gehende- nicht bezeichnet werden können. Jede andere in scharfem, politischen Parleikampfe stellende Regierung würde ein solches Gesetz in viel schärferer Welse bänutzt haben. Ich komme nun noch auf einige sachliche Momente. Herr Hasen clever, ebenso wie früher Herr Bebel, hat e« auch hente versucht, dir deutsche Socialdemokraile lu zwei verschiedene Lager zu theilen. Wir wissen, daß beide existiren, daß beide sich an!« Heiligste be fehde», Da- kann un» aber nicht beruhigen. Wir sehen darin nur einen Unterschied des Temperament-, der Methode und der Taktik; die sogen, gemäßigte Richtung schließt genau diese'.bm Gefahren für Staat und Gesellschaft in sich, wie die radicale. Seit dem Wydeuer Congreß und seit der Erhebung de- Züricher „Socialdemokrat" zum Leibvrgan hat die gemäßigte Richtung noch recht erhebliche Evolu tionen nach link« gemacht, ein Beweis dafür, daß selbst die radi kalste Strömung noch einer Steigerung sädig ist. In jeder Nummer der „Freiheit" einerseits und des „Socialdemokrat" andererseits finden sich Abkanzelungen, wie sie gehässiger, leidenschaftlicher, ver- üchilicher kaum gedacht werden können; aber auch der gemäßigte ..Socialdemokrat^ Hai Dinge geleistet, die die „Freiheit" noch über- trmnpsen. Der Abg. Bebel, durch mich im Fvühjahr provo- cirt, erklärte den Fürstenmord unter Umständen sür taktisch richtig, theil» auch für taktisch unrichtig, tadelte aber die rus sischen Nihilisten weg«» der Blutthat vom 13. März. I« dem osficiellen Moniteur stand nach dieser Zeit »in Artikel: „Die moderne Gesellschaft auf der Anklagebank", lu welchem die Ermordung de< Wiener Millionatr» Baron Sothea durch seinen DteNer glonficirt und erklärt wurde, daß da« Bolk damit sein UrtheU gesprachen Hab«, daß unter drr anarchischen Herrschaft de« I»i«or tkirs der Prole tarier gegenüber dem Lapiial keine andere Waffe besitz«, als da< Faustrechi der brutalen Gewalt! (Hörtl Hörtl rechts.) Wenn wir letzt immer von der Tribüne die angelegentlich« Versicherung hören: Wir siud ja gar nicht so gefährlich, wir wollen ja auch die Reform, dann sage ich: diesen Versicherungen ist küu Glaube zu schenken, so lange solche Ergüsse nicht ausdrücklich mit Indignation deSavouirt werdcn. (Sehr wahr! recht«.) Diesem Symptom gegenüber gewinnen seine Anführungen ein ganz anderes G> sickt und ich meine, daß die mit der öffentlichen Sicherheit und dem Schutze des Publicum» befaßten Behörde» nach wie vor aus da« Strengste verpflichtet sind, da« Maß der äußersten Vorsicht und Energie dauernd zu beihätlgen. Wir fühlen die kolossale Verant wortlichkeit ln vollem Maße, wir wünschen nicht» mehr, als durch loyale Handhabung diese« Gesetze« un« al« die treuen Anführer de« Willen» der verbündeten Regierungen und der Nation zu be währen. Wir haben nickt da» mindeste Interesse daran, unsern arbeitenden Mitbürgern da» Leben zu erschweren, aber so lange wir nicht di« völlige Garantie dalür haben, daß derartige Bestrebungen nicht sort- druern, so lange wird die Verantwortung sür die Behandlung dieser Bestrebungen von uns getragen werden müssen, und ich glaube, die Vertretung der Nation wird sie mittragen müssen. Wir wünschen Nicht» mehr, al» daß e» am ,80. September 1884 möglich wäre, auf die Verlängerung de» Gesetze» zu verzichten; das arbeitend« Volt hat es in der Hand, sich au» den wüsten agita- torischen Banden frei zu machen. Aber wenn zu jenem Zeit punkte die Nothweadigkcit de» Fortbestehen« sich herau-gestellt hat, so wird da» Hau« un- gewiß seine Zustimmung nicht versagen. Ich wiederhole, der Wunsch der Regierung geht aus die Negativ«, er geht dahin, schiedlich und friedlich mit dein gcsammien arbeitende» deutschen Volke zu leben; aber audererscit» sind die Zeiten zu ernst, um un« nicht mit der vollen Ueberzeugung zu duechdringen, daß bei dem Fortbestehen dieser Bestrebungen die Gefahren sür Staat und Gesellschaft Io groß sind, daß wir auf unsere außerordentliche Bollmacht nicht verzichten können. BundeSbevollmächtigier sächs. Staat-minister v. Nostlz- Dallwitz: Ich habe die Thatsache zu bcsrüligen, daß ein Arbeiter wegen seiner socialistsschcn Gesinnungen aus den SiaalSwcrkstäliM enllasscn ist. Die Regierung war dazu vcrrfllchiet und wirb ferner so handeln. (Bravo rechts.) Während ii» Marz >879 der Ab geordnete Liebknecht die Socialdciiwkraiie eine Reiormparlei im strengsten Sinne deS Wortes muime, sagte Bebel am 31. März 1881: Wir haben nie geleugnet, daß die Soci ildemvkraiie revolutionär ist, er sagte ferner: die <-ocialdeniokratie erstrebe R>publik, SociallsmuS, Atheismus, und glaube nicht mehr, daß sie aus geietzlichcin Wege zum Ziele kommen werde. Angesicht« solcher Erilärungeu kann leine monarchssche Regierung Leute in Slaatswerktiärien dulden, die lolche Grundsätze bekennen und fördern, (Lebhaftes Bravo rechts.) WaS nun die Härte de» kleinen Belagerungszustandes betrifft, so sind wir Sachsen lm Reiche ja bekannt sür unsere Gulmülhigkeit. (Große Heiterkeit.) Wir haben sie niemals verleugne« und befinden un wohl dabei. Wa» er in Bezug aus be» Fischer angesübri hrt, sieht aus sehr schwachen Füßen. Fächer ist nach meinen amiii.hen In« sormationea weder in Folge der Ausweisungen nach Amrrika aus« gewandert, noch daselbst am gelt en Fieber gestorben. (Große Heiter keit.) Schon vorher wollte er nach Amerika auewandcrn; er hatte nicht unbedeutend« Schulden, unv noch zuletzt arge» .8iR).M Mündel gelder unterschlagen. (Hört, hört! reckns.) Den» obgleich er zum Gemeinderalh gehört, hat er doch keine Steuer gezahlt, und resürt sie auch deute noch. Weuu Herr Hascncüvcr über diese Nmstände iiichi genau unlerrlchtci ist, so ist DaS »ichi Schuld der sächsischen Regierung. WaS den angczogenen Fall milAlbcrl belrifft, so lieg! die Sache derart, daß ,a Jeder zum Unterhalt seiner Fomilie gesetzlich verbunden ist, sich davon nicht bcircic» kann und von einer Beschwerde diese» Manne« der sächsischen Regierung Nickis bekannt ist. Für uns tritt die socialistssche Agitation überall m gleicher Weise aut, in Hamburg undAlloua wie niLeipzig. Der nach Angabe de» Herrn Hasenclever zu einem Geburtslage geladene russische Nihilist scheint denn doch zu den intimeren Freunden de« Gastgeber» gehört zn haben, da man bekanntlich Fremde zu Fainilicnsestcn nicht ladet. Ebenso wird die Tdätigkeit des Exrciit v-Cvmit, S, sowie der Bestand desselben überhaupt wohl nicht zu bestreiten sein, denn die straffe Organisation vor den Wallen, welche e« ermügliün hat, Männer zu wählen, die man nie vorher gesehen hat, liefert wohl einen sehr deutlichen Lommenlar. Daß die Regierungen bei dem Vorgehen gegen die Socialdemokra'lr lin Allgemeine» ein gewisse« Einverständnitz beobachtet haben, ist natürlich, ich weise aber den Vorwurf, al« bätle d»e sächsische Regierung sich eine gewisse Pression von der preußischen Regierung aciallen lassen, cnllchieden zurück, den» s« sehr ich auch al» Sachse gulmüth g bin, würde ich gegen
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