Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.12.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188112247
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18811224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18811224
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-12
- Tag1881-12-24
- Monat1881-12
- Jahr1881
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.12.1881
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Erschein täglich srth »V, Uhr. Xedaction »nt Lr»etUi<» Ioha»ne«gasse 33. Ostrrchkautrn -rr Xedarti«»: BormtttagS Uhr. Nachmittag« —6 Uhr. tznr w» Rita,.»« ein,8«n»ter M-mitert«, »u Nrt«i„, nt», mw»raq >«««h«r »er fiir »t« »iichfts«>>e»E« , M«««r »efttunutrn A«t«r«t« « >1scheu ta,e« »t» » Uhr Nsckmitt,,«. «» ksuu» und Festtageu früh di«'/,» Uhr. 3u te« Filialrn fiir 3ns.-Annahme: vtt» Oie««. Unlversitätsstraße 21, re»t« Lischr, Katharinenstraßr 18, p. ««r tt« '/»S Uhr. nongcr.Tagtblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. AuflagO L7L0L. At»nue»e»1«»rri» Viertels. 4V, Mit. iacl. vrinaerloh» k ML, dmch die «oft bezog«, s ML Jede eiazelae Nuauner 2b Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren lür Extrabeilage» ah«e Postbesürderung 3S ML «it Poftbesördmmg 48 ML Inserate «gespaltene Petitzeile X) Pf. Gr-Here Schriften laut unserem Preis- ver^ichaih. Tabellarischer Sa, nach HLHerr» Parts. Reklamen nnter de» Retarttanaßrich die Svaltzeile bO Ps. Inserate stnd stn« an die Gr»e»Nta» z, seaven. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlnag praeuuweruoüo oder durch Pest, Nachnahme. ^-358. Gomrabend den 24. December 1881. 75. Jahrgang. Zar gefälligen Vkachlaa-. Unsere Expeditton ist morgen Tonntag, de« SS. Deeernber, Boemittngs nur bi» Uhr geöffnet. Lxpeültlo» 6es L.v1prlAer 1nxedlLtt68. Amtlicher Thetl. Vrennhoh-Auttio«. Mo«tag, den 8. Januar I88S sollen von Vormittags 0 Uhr an im Forstreviere Connewitz auf dem Holzschlage in Abth. 19 ä . ca. 3 Raummeter Eichen-Atutzscheitr »67 » Eicken-, 10 Rm. Buchen» und » 43 . Riiftern-Breaufchelte sowie ca puter dcn und der übliche» Anzahlung Meistgebote verkauft werde». Zusa»»enku«ft: aus dem Holzschlag« im sogen. Stempel bei Connewitz, hinter der neuen Kilteranlage. Leipzig, am 19. December 1451. De» Skat HS Forst-Deyutattou. a Ivtt Stück starke Abra««haufe» l im Termine össentlich ausgrhaugenen Bedingungen üblichen Anzahlung an Ort und Stelle nach dem Erledigt bat sich die am 1Z. dgj. erlassene Aufforderung, Wilhel Okrast Laagkaeuaeer betreffend, durch dessen Gestellung. Leipzig, dcn 20. December l88l. Der Rath der Stadt Leipzig. (Ärrnenanet.) - - Ludwig-Wolf. Dolge. Hktnmntmachsng. Zufolge einer vom Kaiserlichen (Aeneral-Eousulat zu eiu Heim unter dem Namen ,,<8arek«»« Na«»«»», in London, Ai. Hh . 8 Lnekalerftxl» v»wch«»a, eröffnet worden, welches, unter Leitung einer deutschen Dame stehend, deutschen jungen Mädchen, außer billigem Logi» und Be köstigung, kostenfreie Stellenvermittelung Gewährt. CS wird diese Mittheilung in Rücksicht aus die neuer ding- mehrfach laut gewordenen Klagen über die Gefahren und dir Ausdeutung, denen stellesuchende Mädchen in Eng land anSgesctzl stnd. mit dem Bemerken, daß da- Nähere aü- einem Prospekt in hiesiger Amtsstelle eingesehen werbe» kann, hierdurch zur öffentlichen Kenntnis; gebracht. Leipzig, am 20. December 1841. Da» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. vr. Nienvoldt. Richter. Da« am 24. Februar 1879 vom Sladtralh« zu Zwickau für kSUHelmtne Hergert auSgefertlatr, erstatteter Anzeige -asolge abhanden gekommene, Dienstbuch ist im «nffindnngssalle auher abzuliefern. Leipzig, am SO. December 1881. Da« Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Richter. Daegner, S. Erledigt hat sich die öffentliche Vorladung Valentin Atmmel'S ao« Klischezow vom 6. Oktober 1881. OHaigl. Staat-auwaltschast Leipzig, deu 17. December 1881. Brückner. Nichtamtlicher Thetl. Die tveihnachtsferieu de« Reichstags sind auf eine längere Zeitdauer ausgedehnt worden, al« man anfänglich glaubte voraussetzen zu dürfen. Schon acht Tage vor dem Fest erfolgte die Vertagung nnd am 9. Januar n. I. wird man die Sitzungen wieder aus «eymen. Wenn auch von den großen Plänen, wie sie die kaiserliche Botschaft aukündigte, keiner aus der Tagesordnung dieser Sitzung erscheinen wird, so kann sich die Dauer der Letzteren dennoch leicht bi- zum Februar hinzögern. Nach der Erregung zu urlheilcn, welche sich in dcn Schluß sitzungen kundgad, wird eS bei der jetzigen Gestaltung unseres Parlamente) noch zu mancher scharfen Au«einandersetz»ng kommen, imd wir wollen nur wünschen, daß sie einen würdi geren nnd weniger tnmnltuofen Charakter tragen, als eS jüngst der Fall war. Durch derartige Borgange kann der Reichstag, neben dein Kaiser der Hauptfactor unserer natio nalen Einheit, im Volke nur an Ansehen verlieren; eine solche Einbuße dürfte aber auf unsere acsammle staatliche Entwicke lung eine starkschädigcnde Rückwirkung auSüben. Ta» alte gute Wort, daß man auch den Gegner achten soll, wird in unserem politischen Leben mehr nnv mehr vergessen. DieWahlagitationrn haben eine so leidenschaftliche, schmähsüchtigc Form angenommen, daß sich bald, wie Herr v. Bennigsen kürzlich in einem Trmlsprnch richtig bemerkte, keine anständigen Männer medr bereit finden werden, als Candidatrn aufzntreten. Mit den gehässigen Angriffen auf die Person der zu Wählenden drückt «an da« Niveau unserer gesetzgebenden Körperschaften tief herunter und erschüttert allmälig da« Vertrauen de« Volkes iu dieselben. Wie, wird sich jeder ruhig denkende Wähler sagen, der Mann, den man Wochen lang geschmäht, den »na» die ebrrnrührigstrn Dinge beschuldigt, dm man al« völlig unfähig, ja staatsgefährlich hinacftellt, er soll nun Deine Interessen, da« Gemeinwohl der Bevölkerung vertreten? Ueber di« Vorzüge der politischen Richtungen läßt sich streiten. Der Kamps der Parteien läßt da« Blut im Staat«. Lrper kräftig cirrulirrn, artet dieser Kamps aber zu einer «»«Erdigen Rauferei au«, wo man die Waffm braucht, wie man sie findet, so wird da« sittliche und gesellschaftliche Ge deihen de« Bolle« arg geschädigt. Noch schlimmer wird e« über, überträgt man kiese Kampse-welse in das Parlament selbst, um von der Rednertribüne oder dem Regierungstische an- ungerechte Anschuldigungen zu wiederholen, und durch unüberlegte Ausfälle die Gemülher von Neuem zu erregen. Dir bedauerlichste Thatsacke bei dcn letzten Wahlen bleibt aber die, daß die demagogischen Aufreizungen und verleum derischen Schmähungen von jener Partei auSqingen, welche sich berufen glaubt, als treueste Dimerin der Krone di« Ord nung im Staate aufrecht erhalten zu müssen. Die konser vative Partei, unterstützt von dm ofnctvsen Prcßorganen, ist eS gewesen, welche dm Wahlkamps zu einem so leidenschaft lichen, unwürdigen gemacht hat. Um unsere nationale Ent wickelung hochverdiente Männer wurden in empörender Weife verunglimpft, eine von Kaiser und BundeSrath sanctionirte Gesetzgebung al« demoralisirend und verderblich gcbrandmarkt; und das deutsche Volk muß eS erleben, daß ein Minister im Reichstage zu diesem Treiben Ja und Amen sagt. Tie Herren Conservativen sollten sich wohl hüten, ihr gewagtes Spiel fortzu setzen, denn der Ausfall der Wahlen schon hat ihnen gezeigt, daß sich durch derartige Hetzerrim ihre Position nur verschlechtert. Was soll z. B. der kürzlich auch tm Reichstage wiederholte Vor wurf, die Fortschrittspartei erstrebe die Republik? Scklägt man damit nickt Hunderttausenden deutscher Staatsbürger ins Ge sicht. die ihre Kräfte eingesetzt haben und noch täglich einseyen für die Erhaltung unserer monarchischen StaatSsorui? Tie Stadt Berlin bat sechs fortschrittliche Abgeordnete in den Reichstag geschickt; will man in Folge testen behaupten, Berlin sei republikanisch gesinnt? Keine Bevölkerung bängt mit mehr Treue und Begeisterung an dem Herrscherhanse als die der deutschen Residenzstadt; man sollte sich also wohl hüten, ihr solche vage Anschuldigungen ins Gesicht zu schleudern. Welcher verderbliche Zwiespalt wird im Volke wach gerufen, wenn man den Monarchen als Anhänger einer bestimmten Parteirichtung hinstellt und seine unantastbare Majestät iu die Zwistigkeiten der Tagespolitik hineinzieht. Dadurch wii " ' «durch wird da- Ansehen der Krone mehr geschädigt, al- durch die offen ausgesprochene Meinung, daß man die jeweiligm Vertreter der Regierung, wenn 'sie Irrwege ein- schlagen, bekämpfen muß. Bisher glaubten wir, warf der Ädg. v. Bennigsen dem Minister v. Puttkamer ent gegen. daß eine angegriffene Regierung sich schützend vor dem Monarchen zu stellen hat, aber daß eine angegriffene und ge fährdete Regierung da» Schild des Monarchen für sich in Anspruch nimmt, da» haben wir nicht geglaubt. „Dagegen protestier' ich mit aller Entschiedenheit" und Vtiser Protest hat in dm deutschen Landen lauten W'tzder- hall gefunden. Wir wollen da« Saisertbum nichtz einer bestimmten Partei iu Pacht gebe»; e« ist da« höchste Besitz thum deS gesammtm Volke«, und damit auch der Wille de« Letzteren voll und ganz zum Ausdruck gelange, wollm wir unser Parlammt von liebedienerischen Elementen möglichst frer halten. Dm liberalen Parteien erwächst jetzt mehr denn je die hohe Pflicht, ungerechte Angriffe, mögen sie kommen von welcher Seite sie wollen, ruhig aber energisch zurück ruweiscu, und, unbeirrt durch Drohungen und Versprechungen, für jene nationalen Güter cinzustehcn, deren endliches Er ringen die Kraft und Thätigkeit von Jahrzehnten erforderte. Leipzig,'L4. December. E« konnte vorauögeschen werden, daß sich an die Frei sprechung Rockesort'« i» der deutschen Presse wieder Debatten über die Schwurgerichte in Preßsachen knüpfen würben. In der Thal ist der Reigen dieser Betrachtungen bereits in einem conservativen Blatte Hamburgs eröffnet worden. Indessen eS will unS scheinen, daß man aus einer regelwidrigen Freisprechung durch Geschworene an sich noch so wenig überzeugendes Material gegen das ganze Institut entnehmen kann, wie auS einer ungerechten VcrurtHeilung durch gelehrte Richter für dasselbe. Außerdem liegen dir Verhältnisse für dcn auswärtigen Zuschauer keineswegs so klar, daß man mit Bestimmtheit zu sagen vermöchte^ das Urtheil rer Geschworenen sei tendenziös beeinflußt. Aber wenn da« der Fall schon wäre, haben nicht in Frankreich die ordentlichen Richter noch viel parteiischer erkannt? Sind nicht die bcnapartistischcn Richter mit Recht berüchtigt durch ihre Parteilichkeit, und ist nicht geradezu durch diese Rcchtlorcchung nach politischen Rücksichten in Frankreich die Frage aus die Tagesordnung gesetzt worden, die Unabscybarkeit der Richter zu oeseitigen? Geschworene haben nur über di« Schulbfragc zu urtheilcn; sie können also Niemanden zu hart ver- nrtheilen, denn dir Strafbemessung ist Sacke der Richter und kann zur Noth einem ungerechten Urtheil der Geschworenen durch Dahl de- niedrigsten Strafmaßes entgegen wirken; eS Gesetzes hastend, dem wirklichen Leben »nd seinen Eindrücken entfremdet und unzugänglich, häufig vielleicht höherem Drucke nicht hinlänglich Widerstand leistend, mit Befangenheit vcr- nrtheilen könnten. Die politische Geschichte predigt mit »nab- wcisbarcr Logik fast aus jeder Seite die Notbwendigkeit. Prcßvergehen »nd politische Vergehen ausschließlich durch VolkSgcnchtc beurthcilcn zu lassen. Daß auck diese nicht un fehlbar stnd, daß sie sogar ibre Macht mißbrauche» können, mag zugegeben sein: aber mit Recht erinnerte Simsen in der Constictszeit an daS alte Wort: „Mas nicht gemißbraucht werden kann, Ta- taugt Nichts." Man schreibt un- auS Berlin: „Gelegentlich der letzten Debatte über die Gerichtskosten ist im Reick-Stage auch vielfach der An walk-gebühren erwähnt worden. Ueber letztere wird gegenwärtig von den Anwaltskammern an den Justizminfficr Bericht erstattet. DaS Rrichsjusttzamt bat nämlich die Einzelstaateil z» Erhebungen wegen einer Revision veranlaßt, woraus der Justizminister Friedberg nnter dem 4. Noveniber die Anwaltskammern zur Erstattung eingehender Berichte ausgrsordert bat. Besonder» ist aus tz. 47 der Gebührenordnung vom 7. Juli 1879 Hingewikien worden, wonach die Anwaltsgebvhr ?/,» der Procrßgrbübr beträgt, ferner aus die Höbe der Sckrewgebiibren nnd endlich aui die Frage, ob für gewisse Gebühren ein Marimni» an- aesübrt werten solle, (gegenwärtig liegen die Berichte der Anwaltskammern von Eeltr. Marienwerder und Köln vor. welche sesiftellen. daß bisher überhaupt keine Klage» über die Höbe der Anwaltsgebühren bekannt gewerden iestn. Ans die Beibehaltung der Conscrenzgebübrrn (K. 47) legt Cclle keinen Werth, Maricnwerder ist mit.Äerabsevung von ,0 aus einverstanden und mit der Beschränkung ans einen Höchstbctrag vo» 100 Mark; derselben Meinung ist Köln, welche» glaubt, daß von der Befugniß, d,e Gebühr nach Maßgabe de« StreitobjectS zu berechnen, säst Niemals Gebrauch gemacht werde. Hinsichtlich der Schreibgebühren verneint Celle die Möglichkeit der Herabsetzung, da die Kosten der ordnungsmäßigen Schreiberei eine« Anwalt« kaum zur Hälfte durch die Schreibgebühren gedeckt werden. Dieselbe Ansicht hegt Marienwcrder, »nd ebenso fügt Köln Hinz», daß der Satz von lO Ps. für die Seite ein so minimaler sei. daß kein Anwalt versucht sein werde, au« diesem Satze sich eine Einnahmequelle zu schaffen. Celle erklärt sich endlich mit der Festsetzung eine« Maxin»,m» von 50« Mark Proceßgedübren einverstanden, während Marienwcrder eine weitere Revision der Gebübrenorknung zum Zwecke der Ermäßigung nicht für angezeiat hält und auch Köln angiebt, daß ein sichere« Urtheil über diese Möglichkeit noch nicht abzugcben sei, nach den bisherigen Erfahrungen aber da- Einkommen der Anwälte sich jetzt im Durchschnitt geringer stelle al- unter der früheren Gebührenordnung." Die fortschrittliche Presse beginnt bereit« sich für den Antrag Windtborst zu erwärmen. Die Berliner „VolkS- zeitung" meint, daß alle freisinnigen Männer .Herrn Windt- Horst dankbar sein sollten, daß er den Anstoß gegeben hat, um jene Grenzen der Gesetzgebung wicderherzustellen. welche unter keinen Umständen überschritten werden sollten, und hält eS keineswegs für ausgeschlossen, daß der Antrag durch die Unterstützung der Liberalen die Mehrheit erlangt. Die bairische Kammer der ReichSräthe lehnte am Donnerstag den Antrag der Kammer der Abgeordneten auf Aushebung der Eivilehe mit 3l gegen 17 Stimmen ab. Für die Annahme dcS AnlragS stimmten Prinz Ludwig. Freiherr von Franckenstein, der Erzbischof von München unv der Bischof von Augsburg; gegen den Antrag sprachen die ReickSräthe v. Bomhart, k. Schrenk, Gras Ortenburg, v. Döllinger und der Präsident tcS OberconsistoriiimS I)r. v. Meyer. — Nach Annahme teS Etats deS Ministeriums deS Innern vertagte sich die ReichSrathSkaminer bis 3. Januar. Wie man an» Preßburg, Ungarn, vom 2l. d. meldet, beginnen auch dort die Socialdemckraten sich wieder zu rübren. Sie haben in dem dortigen Palsfy-Saal eine große Volksversammlung veranstaltet, in der eS überaus lär- menv hergegangen. Ueberdie« übertraf ein Redner den andern an hocbverrätherischen Schmähungen und Aeußerungcn gegen das „blutlaugende Capital", den „abaewirthschasletci, Reichs tag" nnd die „käufliche, volksfeindliche Presse". Schließlich wurde ein „Ausruf an das Volk Ungarn«" verlesen und mit unbeschreiblichem Eljengrjohle angenommen. Die Polizei, die sehr spärlich vertreten war, ließ unbe« greiflichcrweise gewähren. Nach Schluß der Ver sammlung wunderten die rothen „Genossen" Arm in Arm unl'cr Absingung revolutionaircr Licker in eine benach barte Bierhalle, wo sich alsbald zwischen dortigen Stamm gästen. welche gegen dcn wüste» Lärm protcstirten, und den Socialdemckraten eine regelrechte Keilerei entspann. ES gab zerbrochene Gläser. Stühle und blutige Köpfe. Schließlich er schien auch die Polizei, die indcß da» Schlachtfeld zumeist schon geräumt fand und nur einige schwer Betrunkene, die zurückgeblieben waren, zu verhaften vermochte. Man schreibt unS au« Wien vom 2l d.: „Gestern ist hier der in Cettinje beglaubigte österreichisch-ungarisch« Minister-Resident, Oberst d. Thömmel, eingetroffen, um über die politisch-diplomatische Lage in Montenegro und ihre Bezieh,mgen zu den Verhältnissen in der Kriwoschje und Herzegowina Bericht zu erstatten. Ueber diesen liegen bis zur Stunde freilich noch keine näheren Mittheilungen vor, aber an« dem Umstande, daß Herr v. Thömmel zur münd lichen Berichterstattung eigen» bierber berufen wurde, darf man immerhin schließen, daß die Dinge und Vorgänge in den schwarzen Bergen die Aufmerksamkeit unserer diplomati schen Kreise im erhöhten Maße zu beschäftigen beginnen. Nach Mitlheilungen, welche im Laufe der jüngsten Tage von der montenegrinischen Grenze a»S Cattaro yier eingetroffen, ist es zweifellos, daß die Unzufriedenen in derKriwoschjeund Herzego wina seitens der Montenegriner mit freundlichen Blicken be trachtet, ja vielleicht insgeheim sogar in ihrem Widerstande gegen Oesterreich ermuntert werden. Auch der Fürst von Monte negro, heißt eS. hält mit seinen Sympathie» für di« stamm- »nd religionSvcrwandten Kriwoschjer und Herzegowiner durch aus nicht hinter dem Berge. Gelegentlich einer Tafel, di« der ist nicht zu Verbindern, weil die Herzegowiner in nationaler nnd religiöser Beziehung unsere Brüder sind. Die Anwesen beit der Oesterrricker in der Herzegowina ist nur ein zeit weiliges diplomatische- AuSkunstömittcl, daS man bald zu den verbrauchten werfen werde". — Diese Auffassung ward von den Wojewoden und dcn übrigen anwesend gewesene» Gästen natürlich mit stürmischen Ziwiorusen ausgenommen." An» Petersburg wird vom 21. d. telegraphisch ge- meldet: „In der soeben erschienenen „Nowoje Wremja" be findet sich ein Artikel über die Lage der Dinge in Rumä nien. worüber da« genannke russische Blatt sich wenig snm- pathisch äußert. ES bemerkt unter Andern,: „Rußland habe keinerlei Interesse, Rumänien Oesterreich gegenüber zu unter stützen. weil Rumänien gegen Rußland sich stet» feindselig er wiesen Hab«."— Die rhetorischen Erklärungen, welch« Bra»ianv in tcrKanimersitzung am verflossene» Freitag abgegeben, haben übrigens auch in Berlin einen höchst unbesrievigenden Eindruck Thronrede zu entschuldigen und zu rechtfertigen, anstatt die selben zurückzunehmen oder abzuschwäcken. Nur die Absicht einer Beleidigung werde in Abrede gestellt; hierbei begehe aber Herr Braliano den tactlosen Misgrisf, einerseits mit einer Versicherung zu deblltiren.^ daß «me Beleidigung des Kaiser« von Oesterreich nicht beabsichtigt fei, und andererseits über haupt di« Beziclttingen der Höfe zu einander zu rrbtern. Die immer die Asfaire verlausen möge, mit Rubm bedeckt wird daS jugendliche Königreich Rumänien au« diesem diplo matischen Feldzüge nicht hervorgehen. Die neuesten Nachrichten au» Mo«kau bestätigen, daß dort in der Jüngstzeit zahlreiche Verbaslungeu vorgenommen wurden. Seile»» der Behörden besorgte mau sogar öffentliche Ruhestörungen, weshalb die Geheimpolizei und auch di« ge wöhnlichen Pclizriman»schäften bedeutend verstärkt wurden. DaS scheint indrß di« Nihilisten durchaus nicht rinzu .Herausforderungen u rechtfertigen, anstatt die« schüchtern. Diese haben im Gegentheile wenige Tage «ach der angeordneten Verstärkung einen Geheimpolizisten, in der Nähe der Universität durch einen Dolchstoß ermordet, einen anderen schwer verwundet. Die Thäter konnten bisher nicht ausgeforschl werden, weil der mörderische Uebersall ganz plötzlich ,n später Nachtstunde erfolgte. Von der Reise des Königs von Italien nach Berlin ist vorläufig nicht mehr die Rede. Die Vorfälle im italienischen Parlamente haben die Beziehungen zu Deutschland nicht ver schlechtert, aber auch nicht gebessert. DaS undelicate Ver fahren des Minister» Mancini, eine vertrauliche Note de« Fürsten Bismarck an den deutschen Botschafter v. Keudell au« Eitelkeit im Parlamente al» Trumpf auszuspielcn, hat zum zweiten Male gezeigt, daß Herrn Mancim die diplo matischen Gepflogenheiten absolut fremd sind. Da» erste Mat mußte der spanische Botschafter del Mazo diese Erfahrung macken, als Derselbe nach dem 13. Jnli (Bcgräbniß PiuS^ IX.) plötzlich eine absolut vertrauliche Note der spa nischen Regierung wörtlich im „Diritto" erscheinen sah, wo durch dem Madrider Cabinet nicht geringe Verlegenheiten dem Vatikan gegenüber erwuchsen. DaS zweite Mal beging der Minister die oben erwähnte Indiskretion gegen den deutschen Botschafter. Die Bemvekung der „Norvt. Allg. Ztg.", welcher darüber vom Wolsstschen Bureau nach Rom telegraphirt wurde, zeigt dem italienischen Minister deutlich genug, daß der schlechte Eindruck, welchen seine Tactlosigkeit seiner Zeit in der Kammer machte, auch in der Wilhelmstraße in der Thal mit Recht nicht unbeachtet blieb. AuS Rom wird un» vom 19. d. geschrieben: „In ge wissen italienischen Blättern taucht wieder daS arabische Hetz blatt „Mostakcl" auf, welche- seiner Zeit in Cagliari erschienen und so viel von sich reden gemacht hatte. Jene Journale wenden sich nun gegen einige Pariser Organe Gambetta'S mit der Behauptung, daß der erste Dragoman des italienischen Generalkonsuls in Tunis Pestalozza, welcher jür den „Mostakcl" einige Artikel geschrieben, durchaus nicht im Auf trag« der italienischen Regierung gehandelt habe, wie Dies neuerdings von Gambetta ergebenen Pariser Journalen ver sichert wird. Von bloßen Verdächtigungen bis zu thatsäch- lichcn Beweisen, meinen die italienischen Blätter, sei noch ein großer Schritt, und solche Beweise wird man in Pari» un» möglich erbringen können. — Ferner wird un» au« Rom gemeldet: „Im italienischen Ministerium soll schon gegen wärtig iu Folge deS Beschlusses, den der Senat bezüglich der Erweiterung deS WahlcensuS gefaßt, eine theilwcffe Krisis auSgcbrochen sein, waS auch im „Fansulla" versichert wird. Das genannte Blatt behauptet, der Justizminister Zanar? dclli, dessen Werk bekanntlich die Wahlresorm-Vorlaae, Hab« im. Ministerrathe die feste Absicht geäußert, demnächst zurück- zulrctcn." Da- Journal „Popolo Romano" folgert auS dem Votum dcS italienischen Senais über die Reform deS Wahl gesetzes, dag dieses Gesetz mit den von, Senate vor» gcuviuincncn unwesentlichen Abänderungen von der Kammer definitiv genehmigt werden wird. Da« Werk dcS Ministerium werde demnach vollendet, seine Stellung geträstigt >»erden. Alle Unparteiischen hätten begriffen, daß die große Mehrheit der Kam incr und selbst de» Senats von dem alleinigen Ge danken beseelt sei, zu dem guten Fortgange der öffentlichen Angelegenheiten initzuwirken, indem sie die Regierung unter stützten und befestigten, damit dieselbe nach Außen die nöthige Autorität besitze und durch die loyale Unter» üützuilg dcö Parlament» eine feste und entschlossene Haltung nach Außen und Innen cinnehmen könne. Bei diesem Stande der Dinge sei c« klar, daß die gegenwärtige Kammer das Interesse habe, die Verwirklichung der Gesetze und Maßnahmen, welche DeprctiS daS ErgänzungSwerk au dem Programme der Linken nenne, zu begünstigen, damit diese Kammer bei dem guten Zustande deS öffentlichen Diensto der Probe der allgemeinen Wahlen unter dem Regime de« neuen Wahlgesetze« beherzt entgegcngehen könne. Damit nun aber die gesetzgeberische Action diese Ergebnisse erziele, sei un umgänglich nölhig, daß die Männer, welche die vorerwähnte» Gesetze und Maßnahmen vorbereitet, am Ruder blieben. In Wien und Berlin könne man demnach ohne die Furcht, einen Jrrtbu», zu begehen, auf die Stabilität der italienischen Regierung zählen. Wir haben die „römische Frage" gestern ausführlicher dargelegt. Während so der Papst seine internationale Stellung zu verbessern trachtet, beantwortet beute da« Orga» deS Ministerpräsidenten Depreti« den jüngsten Artikel der Berliner „Post" sehr scharf und sagt, derselbe entbehre jeder thatsächtick>ci, Grundlage und könne unmöglich von einem deutsche» StaatSmaiine auSgeben, dazu sei er zu absurd. Tie Artikel der Berliner „Post" seien ebenso überflüssig wie die ftanzösffchcn Broschüre» und ebenso nutzlos zur Verbesserung der Lage des Papstes. Entweder glaube man ln Berlin, die Verbesserung derselben sei möglich ohne Gebietsabtretung, dann genüge Italien, welche» jede fremde Jntcrveniwn znrückweist, oder die Berliner Herren glauben, der Papst bedürfe Rom» und dessen Umgebung. Dann möge man sich in Berlin beruhigen. Tenn che die« geschehe, lasse sich der letzte Italiener todtschlagen.— nicht ln» Exil geht, wa« dem Pavst Le» gar nicht einfallt, »ich wenn sein Ttaatssecretair Jacoblnl in einer diplomatischen Not« a»ch mit der Abreise de« Papste« gedroht habe, so sei da« ungefähr ebenso, wie wenn Fürst BiSmarck drohe, die Hauptstadt de« Reiche« »»» Berlin wrgzuverlegen. Der Pavst Leo iverde nie nach Fnld« gehn», denn dieser wisse wohl, daß da« P pstlhum allein den Schade» hätte. Der italienische Kleru« würde die Auswanderung nicht dulden, und der französisch« Klerus den Aufenthalt ln Deutschland auseinden. Nur Lhlna uud Indien würden zufrieden sei»! Dir einzig möglich, Lösnng der Papstsrage sei daher die Fortsetznna de« uuxta» virmmi, wie er während de« letzten Jahrzehnt« zwischen Italien und dem Vatikan drstaodea hat« unter Jnnehalt»»- arge» seitiger Achtung. ^ -o- - Vom Standpunkte Italien« sind dies« Anschauungen nur ;u billigen, und die Anstrengungen der deutschen Politik, »a« ilalicuische Schulgesetz für den Papst in ei» inter nationale« Garantiegesetz umzuwandeln, um da« Papstthum „bester in die Hand zu bekommen", sind schon einmal, nicht an dem Widerstand« de- Papste-, sondern an demjenigen der national-gesinnten Italiener gesck>eitext. Der Eorrespondent der Londoner „Daily News", O'Donnovan. welcher auf der Rückkehr von Mern» i» Koastantinopel erngetrofsen war. ist daselbst wegen »„ehr erbietiger Aeußerungrn. welch« Derselbe an einem öfieutliche»
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