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Dresdner Nachrichten : 25.10.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192410258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19241025
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19241025
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1924
- Monat1924-10
- Tag1924-10-25
- Monat1924-10
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- Dresdner Nachrichten : 25.10.1924
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Strefemalms innerpolitische Ziele. Zentrum und Dolksparlei als Kern -er Negierungsbil-ung.—Eine Analyse -er Deulschnativnalen. Frankreich befiehl auf dem Micum-Syslem. - Tagung des Deutschen Landwirlschaslsrals. — Die „christlichen Eisenfresser" in Peking. Stresemann vor dem Parkeivorsland. Berlin, 2l. Okt. Vor dem Parieivorstand der Deutschen Volkspartei, der Bnrgersckmftssraktion, dem Landcsansschnß und de» Vertrauensleuten der Organisation hielt Neichs- außenministcr Dr. Stresemann in Hamburg eine große poli tische Rede, in der er u, a nusführte: Unsere Politik ist eine nationale Realpolitik. Der Gegensatz zn dieser Politik ist die nationale Illusionspolitik. Ich »cuiic diejenigen Illnsioiiisten, die von Machlpolitik und von einer Macht, die mir in Wirk lichkeit gar nicht besitzen, reden und sich dabei auf BiSmarck berufen, mährend doch gerade Bismarck der Träger realen Denkens in der Außenpolitik mar. Unverkennbar hat sich in der letzten Zct tcinc E n t s p a n nung in der politischen Lage vollzogen. Diese Entspannung sehe ich in der Auswirkung des Sachverständigengutachtens. Die Micumvertrüge, diese Umsonstlieserungen unter dem Zwange des Feindes, hatten die seelischen Kräfte unserer Industrie zerbrochen. Die Schaffensfreude kann erst miederkehren, wenn der Druck ge nommen Ist. Run, da dieses System zu Ende ist, da die Menschen frei Uber ihre Werke verfügen können, kommt auch tmscrc Wirtschaft wieder hoch. Die grausamste Enttäuschung siir die Entente mar, daß Deutschland zaliammengeblicbeu ist. Der Staatsmann cincS Landes, das mit uns im Kriege stand, schrieb mir kürzlich in einem Privaibries, in Versailles habe noch die Absicht der Entente bestanden, in sämtlichen deutschen Ländern Gesandte zu ernennen, ober keinen Bolschaster in Berlin. Im Vor jahre, zurzeit des Verfalls der deutschen Mark, zurzeit, als der K o in m u n i s in u s in Sachse n und T h Uringen Triumphe feierte, da fragten die Menschen aus dem Rhein lande: Könnt ihr uns noch helfen? Und mir muhten sagen, mir können euch jetzt nicht Helsen, aber haltet ans. Wenn jetzt diese 12 Millionen Menschen selten, wie die Vesatziings- behörde wieder ein wenig hinansgeht und wenn, wie wir hassen, die Räumung des R u h r g c b i e t c s, die Rttumung der L a n k t i o n s z o u c und der groben nörd lichen Zone folgt, daun ist von diesen 12 Millionen Men schen der Alpdruck genommen, vom Reiche losgetrennt zn sein. Die Nuhrräumung und die Räumung der Sanktions- gebtete ist das große politische Ergebnis der Londoner Ver handlungen. Das, dies erzielt wurde, danken mir, glaube ich, nicht denen, die uns damals drängten, alles bedingungs los anzuiichmcn, sondern denen, die den Mut hatten, die Ver antwortung siir London zu übernehmen. lieber die augenblickliche Lage, die zur Auslösung des Reichstages geführt hat, führte 'Minister Stresemann aus: Rach meiner Meinung hätte der Kanzler versassiings- aemäs, das Recht gehabt, im Einverständnis mit dem Reichspräsidenten die Minister zu ernennen, mit diesem erweiterten Kabinett vor das Parlament zn treten und daun die Frakiione n vor die E n 1- s ch e i d u » g zu stellen. Man ist einen anderen Weg gegangen, der aber nicht znr Einigung führte. Der Weg der Deutschen Volksvartei ging nicht dahin, einen Vürgcrblvck zu schaffen in dem Sinne, wie ihn Dr. Wirth bekämpft. Für uns handelte eS sich um die -Heranziehung der Dcutschnatiorialeu zur verant wortlichen Teilnahme an den Regierungsaelchälten. Wenn wir uns aber aus den Standpunkt stellen, mit gewissen Par teien grnndsäMich nicht arbeiten zu wollen, dann beschwören wir eine unverantwortliche Opposition in Deutschland heraus. Minister Stresemann gab daun eine kurze Analyse der Deutschnationalcn Volksvartei. wie sie ihm gegenwärtig erscheine. Da seien einmal jene mehr wirtschaftlichen industriellen nnd agrarischen Kreise, die nicht zu den Extremen gehören und zuerst für die Dames- Gesetze einlratcn. Man habe dann Kreise, die der früheren frcikvnscrvativen Richtung angchorten und die Tradition der früheren Zeit gewahrt haben. Anderseits habe man noch die radikalen Richtungen, die in der Opposition verharren wollen. In der Dentschnaiivnalen Volkspartci kämpsten zurzeit diese Richtungen gegeneinander und wenn man sich heute ans den Standpunkt der Demokraten stelle, eine Regierung mit den Devtschnationalen abznlelmen, dann würde das einen Triumph der Extr men in der Dentsch- nationalen Äolkspartci und die Niederlage der Vernünftig n bedenken. Weil er der Meinung sei, das, mir ein Zusammen» wirken der Kräfte brauchen, deshalb halte er cs für voll kommen verkehrt, das, man die Krä'tc, die zum Staate hin- ivollc», in dem Augenblick znrüweise, wo sie unter Hint- aiistcllniig mancher Grundsätze sich dazu dnrchgernngcn haben, ihre Dienste dem Staate zur Verfügung zu stellen. Wen» die Demokraten die Politik des Linksblockes trieben, iniisitcn sic ans der Mitte ansscheidcn. Aber was viel notwendiger sei als die schließlich belanglose Frage, was die Demokraten bei der künftigen Reichstagswahl tun, sei die Frage, ob das Zentrum die Politik mitmachc oder nicht. Hier stehe er aus dem Standpunkte, daß man zu einer Politik kommen müsse, die sich aus die mittlere Politik im Zentrum stützt, mie sie im N a m e u M arr sich verkörpere, die sich auf de» Staat auiliaue, sich aber der ganzen kulturellen Schichtung bewußt sei, sowie des Zusammenhangs mit dev rechts von ihr stehenden Parteien. Hier »nd in der Deutschen Bolkspartci, betonte Stresemann, liegt der Kern der Regierungsbildung und hier ist die Deutschnationalc Partei anznglicdcru, geführt von verständigen Elementen und gewillt, unter Umständen auch den Bruch mit den radikalen Elementen vorznnchmen. Der Austeumiuister gab dann noch einen Ueberblick über die Politik der Vergangenheit und ging auf die Frage der Militärkontrvllc kurz ein. Er betonte dann, daß er seine Außenpolitik um keinen Millimeter abäudern werde, wenn deutschnationalc Minister im Kabinett seien. Der Minister führte zum Schluß noch ans, daß er die ganze, durch das Reichsbanner S ch w a r z - N o t - G o l d geschaffene Be wegung für verhängnisvoll für den inneren Frieden halte und sich bemühen werde, d i e s c E » t w i ck l u n g auf- zuhalle n. Wir brauchen eine ruhige Entwicklung, Samm lung der inneren moralischen Kräfte, eine Innenpolitik, die die Wirtschaft gesund hält, den Frieden erwirbt und so den Grund legt für eine bessere Zukuiift. Ernster Kohlenkonflikt mit der Entente. Frankreich besteh! auf dem Micum - System. Ergebnislose Verhandln »gen. Ellen, 24. Okt Vom 21. bis 24. Oktober haben in Essen zwischen Vertretern der deutschen Negier u n g und Ver tretern der französischen, belgischen und italie nischen Regierung Verhgndlungcn über die Rcpara- tionSkohlettlieseriingen stallgesunden, die nach Ablauf der Micumvertrüge vom 28, Oktober ab wieder von der deutschen Regierung anszusühren sind. Von denischcr Leite nahmen an den Verhandlungen auch Vertreter des K ohlcnsnndi - kats teil, das von der Regierung mi! der Ausführung der Lieferungen betraut werden soll Tie Verhandlungen be zweckten die Schaffung eines provisorischen Ver fahrens bis zur endgültigen Regelung der Angelegeiilicit durch das im Londoner Abkommen vorgesehene Organisaiivns- komttee. Für eine Reihe von wichtigen Fragen war bereits die einigende Formel gefunden werde», so daß man mit einem positiven Ergebnis der Verhandlungen rechne» kvi'.ntc, ES kam jedoch nicht dazu, weil in der Frage des Rheintrans- ports der Ruhrkohlc eine Ueberbiückung der Gegensätze nicht möglich war. Die Vertreter der alliierten Regierungen be- harrtcn aus einer Im wesentlichcn nnvcräiidcrten Fortsührung des unter der Herrschaft der Micnm gcschass ne» Systems. Bon deutscher Seite wurde die Rückkehr z» dem durch den Friedensvertrag »nd das Wiesbadener Abkommen begründe ten Zustande verlangt, wie er vor dem Riihrcinbruch im all seitigen Einvernehmen bestanden hat. Dagegen vertrat die Gegenseite die Auffassung, daß die deutsche Regierung sich in folge des Londoner Abkommens nicht mehr aus die im Friedcnsvertrag und im Wiesbadener Abkommen ent haltenen Bestimmungen über den Wassertransport berufe» könne. Ein Versuch deutscherseits durch Zugeständ nisse siir die Ucbergangszcii über die Meinungsverschieden heiten hinwegzukommcn, mißlang. s!j Die Vertreter der alliierten Regierungen erklärten weitere Verhandlungen für wecklos. Sie wollen die Entscheidung des Oraanisattons- omitces adwaiten, das am !>. 'November erstmalia in Paris znsammeiitritt. Von deutscher Leite wurde daraus erklärt, daß die am 28. Oktober aus das Reich übergehenden Liefe rn » g S v c r p s l i ch t n n g e n er füllt werden würden und daß die deutsche Regierung um umgehende Uebermitt- lung des LicscrungS- und Transpvrtprograinmö bitte, das sic nach den Gr»ndsätzen des Versailler Vcrtraacs und des Wiesbadener Abkommens, also nach dem vor dem l. Januar 1!t2S in Anwendung befindlichen Verfahren durchführen iverde. Die -krtrctcr der alliierten Negierungen lehnten die Mitteilung eines Programms ab. cs lei denn, daß Deutschland sich bereit erkläre, unter den heute aeltenden 4> - dingnngen wcitcrznliescrn. Die ausdrückliche Frage, ob auch für die ans dem Bah nwcgc zu liefernden Mengen kein Programm mitgctcilt werden würde, wurde ebenfalls ver neint, vbwvhl die Meinungsverschiedenheiten sich nur auf de» Wassertranspvrt bezogen. Die Vertreter der deutschen Regierung hielten ihr Licsernngsangebot aufrecht. kW T. B.j Äoylen.eierschichlen in Delflien? Paris, 24. Okt. „Librc Belgignc" zufolge wird angesichts der großen Kvhlcnvorrätc die Frage erörtert, ob man nicht einen Tag Feierschicht pro Woche in den Gruben dcS Beckens von Eharlcroi einführcn solle. lW. T. B.) Die Gefahren -er Radikalisierung. Wenn man uns Deutschen aus der einen Sette Nachsaat, daß wir uns mit großer — oft allzu großer Objektivität in die Eigenart fremder Auffassungen, namentlich in die anderer Nationen hincinzudcnken versuchen, müssen wir anderseits gestehen, daß es uns bei den Auseinandersetzungen im eigenen Lager sehr häufig an dem guten Wollen gebricht, die Beweg gründe des politisch Andersdenkenden zn prüfen und die Lauterkeit seiner Gesinnung anzuerkennen. auch wenn die sich daraus ergebenden Handlungen nicht unsere Billigung fin den können. Und nicht nur dem politischen Gegner gegen über sind wir unduldsam, auch derjenige, der gestern noch mit uns in engster Ueberzeugungsgemeimchasl stand, erscheint uns heute fremd und feindselig, wenn er nur um -Haares breite von dem eifersüchtig gehüteten Dogma der eigenen „Ueberzeugung" abmeicht. Jene englische canlormitx, das „Konsormscin" mit allen denen, die nach deniclbey großen Zielen streben, ist ln Tellkschland nur selten zu finden: wäre diese Eigenschaft, der das britische Weltreich nicht zuletzt seine Entstehung und Beständigkeit verdankt, auch im deutschen Volke heimisch, uns brauchte »m unsere Zukunft trotz Ver sailles und Dawes-Gutachtcn nicht bange zu sein. Wie aber sicht cs in unserem Parteilebcn aus! Gebt man all den unerfreulichen Streitereien, Verunglimpfungen und gegen seitigen Bekämpfungen auf den Grund, so kann man nur bedauernd fesistcllen, daß begriffliche -Haarspaltereien, unduld sames Beharren ans Belanglosigkeiten »nd das starrsinnige Verlangen, die eigne Ueberzeugung bis anss letzte Tüpfelchen durchznsctzcn, weit mehr Anlaß zu innerpolitischen Kämpfen geben, alö die großen nationale» Ziele. Die deutsche Eigenbrötelei, unser schrecklichster Erbfehler, vergiftet unser politisches Leben bis znr Uncrträalicbkeit, und unter ihrer Berücksichtigung kann man nur denen bctstimmcn, die die Parlamcntswirischaft, wie wir sie jetzt erleben, für das Erzverderben des deutschen Volkes halten. Und doch kann es sich jetzt für uns nicht darum handeln, über die Un vollkommenheit unserer politischen Staatsfvrmen zu räso nieren nnd diese als mesenssrcmd einfach zu negieren, solange nicht die mindeste Aussicht dafür besteht, daß irgendeine Partei imstande wäre, eine grundsätzliche Aenderung hcrbei- zuführcn, Wir müssen uns mit dem Staate abfinden. wie er ist, und den schweren, aber für den seelischen Wiederaufbau Deutschlands ungleich wertvolleren Weg wählen, die Fehler in uns zu bekämpfen, die den Staatsmechanismus zum Still stand zu bringen drohen, che wir in der Lage sind, ihn wirk sam zu verbessern. Starker Subjektivismus und Eigen brötelei haben nämlich die Gefahr der Radikalisierung zur Folge, die in ihrer letzten Konscauenz zur Auslösung jeg lichen staatlichen Lebens überhaupt führt. Dieser Gefahr sind wir in den bevorstehenden Wahlen, denen eine die Gemüter weiter VolkSkrctse anss höchste erregende Zeit voraus gegangen ist, in besonderem Maße auSgcsctzt, und io kann in den kommenden Tagen nicht eindringlich genua zur Nüchtern heit gemahnt werden, gerade weil es sich um eine für die deutsche Zukunft außerordentlich wichtige Entscheidung handelt. Eins muß freilich von vornherein erklärt werden, um etwaigen Mißdeutungen vorzubcuge»: Tic Ablehnung des Radikalismus ist keinesfalls gleichbedeutend mit einer Pro paganda für politische Knochenerweichung und Wetterfahnen prinzipien: im Gegenteil, erst dadurch, daß mir »ns der Un fruchtbarkeit und Schädlichkeit jeglichen RndikaltsmnsicS be wußt werden, gewinne» mir einen Boden, ans dem wir mit beiden Beinen stehen können und den wir Zoll um Zoll mit der wuchtigen Waffe praktischer Vcrnnnst verteidigen dürfen. Es wäre ein großer Irrtum, zu glaube», der Radikalismus im Parteilebcn bliebe notwendiacrweise aus die äußersten F-lügclpaitcicn reclftS nnd links beschränkt. — Wie radikal eine Mittelpartei, die sich noch vor kurzer Zeit am liebste» die „mittelste" genannt hätte, sein kann, hat die demokratische zum Ucberdruß bewiesen. Radikalismus isteinWesenSzug des in einer Partei herr schenden Geistes, aber nicht notwcndta der in ihr geltenden Grundsätze. Wäre dem nicht so, so könnte cS Koalitionsregierungen überhaupt nicht aebcn. Sine radikale Partei ist nie koalitionsfühig ebensvivenia wie eine Koalittonspartet ihren bewährten Ueberzcngnngsgrundsährn untre» zu werden braucht, llebcrzengnnacn bleiben auch dann nnangctastct, wenn sie infolge von Umständen, auf die eine Partei beim besten Willen keine» Einsliist haben konnte, zurzeit nicht in die Wirklichkeit nmgesctzt werden können. Das aber leugnet der Radikalismus, er sagt: Alles oder gar nichts!, »nd da ein „Alles" in der Politik fast nie — jeden falls nicht auf den ersten Anhieb — zu erreichen ist, bleibt
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