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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 23.12.1924
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1924-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19241223024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1924122302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1924122302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1924
- Monat1924-12
- Tag1924-12-23
- Monat1924-12
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69. Jahrgang, 649 Wen--Ausgabe Dienstag, 23. Dezember 1924 Gegründek 18S8 DradlanIchrM: Ilachelchl«» Dr»»br». lf»rnIpc»cher-Samm«!numm»r: 2S 241. Nur gir Rachtgelpritch«: 20 011. v. I«.dl»ZI D«t«md»r >«c«d«lläal.iwetmLligrrZustellung IreiSsu. I.sowoldmarl, Poftdetugepr. mrWonicl Dezember -t voldmarl, ai»j»ln»«»«r locueltpl»»»!,. Di» Niit„o»» werden nach Soldmark berechn»!: di« emlpallig» Zi mm oreil« <Ur»,ai-,a„-<Viroiko» 3'"' M Pia-, Mr au.wiirl. ZSPIg Samlllen-inzeigen und Slellengeluch» ohne etse. Nahali lü PI., austerdold 4> DIg., die M mm drei!» Reklame.,»,!« I^l Pia., auherhald MV PI«. OherlengedUhr lv Plo Auaw. AuIIräg» «egen vorausdezahl. Schrlflleilunq und Kauplgelchiiilsftell«: Warleulira!,» 3S 40. Druck ». Verlag von vieplch » RelchordI m Dresden. Postscheck - Äonlo 1OS S Dresden. Nachdruck nur mu deulNcher LueUenanoave ^.Dresdner liachr.-, nilällla. Unverlonale Schrnlftilcke werden »,ch> aulkewodrl. Jas Urteil im bbert-Prozetz. Das Gericht stellt fest, -atz „im strafrechtlichen Sinne Landesverrat begangen ist". Die Etilenle-Slimmungsmache über den Konlroliberichl. — Pressestimmen zur -eutsche.1 Dölkerbundsnote. Drei Monale Gefängnis wegen formaler Beleidigung. tSIgner Drahtbrrichl der „Dresdner Nechrlchte n-.I Magdeburg, SS. Dez. In der heutigen Schlußsitzung des Prozesses gegen Nothardt erteilte der Vorsitzende, Lond- gerichtödircklor BcvcrSdors, zunächst aus strafprozessualen Gründen noch einmal dem Angeklagte« Röthardt das letzte Kort. Als Nothardt verzichtete, zog sich das Gc- richt nochmals zur Beratung zurück. Daraus verkündete der Vorsitzende solgendcs Urteil: Der Angeklagte wird wegen öffentlicher Beleidigung zu einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten verurteilt. Dem beleidigten Reichspräsidenten Ebert wird die Befugnis zugesprochen, die Ver urteilung des Angeklagten auf dessen kosten binnen 1 Monat in der «Mitteldeutschen Presse" auf der ersten Seite, in der «Magdeburger Zeitung" und im „Vor wärts" durch einmaligen Abdruck des verfügenden Dell» öffentlich bekannt zu machen. Alle Exemplare der «Mitteldeutschen Presse" vom 23. Februar, sowie die zu ihrer Herstellung benutzten Platten und Formen sind unbrauchbar zu machen. Dle kosten des Verfahrens fallen dem Angeklagten Röthardt zur Last. Die Urteilsbegründung sagt: DaS Gericht nimmt an. daß der Artikel formale Be leidigungen des Nebenklägers enthält. Die Anrede „Fritze" braucht nicht unter alle» Umständen beleidigend zu sein. Bon Angehörigen oder freunden gebraucht enthält sic keine Beleidigung. Anders über, wenn eine Nichtglhtnng damit znm Ausdruck gebracht wird. Die Wendung „eine bittere Pille für Fritze Ebert". die Erwähnung der roten Badehose und endlich der Sah. „beweisen Sic doch, dasi Sie kein Landes verräter sind!", enthalten Werturteile dahin, dasi der Neben kläger ein Mensch sei. dem man einen Landesverrat wohl zu» trauen könne. Der Artikel enthält weiter den Tatbestand des K 186 St.-G.-B., da die Behauptung ausgestellt wird, der Nebenkläger habe Landesverrat begangen. Diese Be- hanvtung ist in dem abgcdrucktcn Offenen Briefe des Dr. Gansicr an den Nebenkläger enthalten. Indem der Ange klagte diesen Brief abdruckt, macht er sich die in ihm ent haltenen Behauptungen zu eigen. Ter Borwurs. der Neben kläger habe Landesverrat begangen, enthält die Behauptung einer Tatsache, die geeignet ist, den Nebenkläger verächt lich zu machen und in der öffentlichen Meinung herab- zuwürdiacn. Wer eine solche Tatsache behauptet, kann aber nach 8 186 nur dann bestraft werden, wenn nicht nachgcwiescn wird, daß die Tatsache wahr ist. Der Wahrheitsbeweis ist daher anzutreten, dasi der Nebenkläger Landesverrat be gangen habe 1. durch Beteiligung am Berliner Massenstreik, 2. durch Ucbertragung dieses Streiks auf Kiel, 8. durch den Versuch, einen solchen Streik in Chemnitz durch den Abg. Dvskc entfachen zu lassen, und 4. durch planmäsiigcS Entegcgnarbeiten und Durch kreuzen von M a si n a l> m e n der obersten Heeres leitung znm Zwecke der Schwächung der Landesver teidigung. Was die letzten drei Punkte anlangt, so hat die Verhand lung keinen B c weis dafür erbracht, dasi die ausgestellten Behauptungen wahr sind. Soweit der Abg. Noöke in Frage kommt, ist die Behauptung direkt widerlegt. Der Streik in Berlin ist von radikaler Seite entfacht morden. Seine Ziele waren hauptsächlich politische. Tie Bewegung wurde organi siert, und die Arbeiter, die der sozialdemokratischen Partei an gehörten, wünschten nun, dasi in der Streikleitung auch Mit glieder ihercs Parteivvrstandes vertreten wären. Der Partci- vorstand lehnte das zunächst ab. Schltcsilich aber erklärte sich der Bor stand bereit, einige seiner Mitglieder in die Streik leitung zn entsenden. In der ersten Sitzung der Streikleitung am 28. Januar verlangte der Nebenkläger die paritätische Zusamt»!nsetznng der Streikleitung und eine Erörterung der Streiksorderungc», mit dewm seine Parteifreunde nicht ein verstanden seien. Beides wurde abgelehnt. Am nächsten Tage, dem 2». Jnnuar vormittags, traf sich die Streik leitung im Gcwcrkschgftshaus. Ob dabei der Nebenkläger an wesend mar. ist nicht sestzustcllcn. Scheide mann berichtet dann, dasi er sich mit dem Staatssekretär Wall ras in Ver bindung gesetzt habe. Wallros wollte aber nur Abgeordnete empfangen und lehnte Verhandlungen über politische Fragen mit den Arbeitern ab. Am Nachmittag trat die Streikleitung wieder zusammen. Dabei war der Nebenkläger zugegen. An diesem Nachmittag verbot der Befehlshaber der Marken jede weitere Zusamincnknnst und Betätigung der Streikleitung. Am 36. Jannar vormittags tras sich die Streikleitung im Wartcsal des Bahnhofs Fricdrtchstrasie. Ob der Ncebnkläger an dieser Znsamciiinknnst tcilgenommen hat, konnte nicht fest gestellt werden. Am 86. Januar abends traf inan sich in Treptow. Da mar der Nebenkläger zugegen. In dieser Sitzung wurde das Flugblatt beschlossen, das „Mit teilungen an die Arbeiterschaft Berlins" überfchrtebeu war, und die Arbeiter ausforderte, sich nicht durch Mitteilungen der Regierung beirren zu lassen. ES wurde von keinem der Teil nehmer Widerspruch erhoben. Am 31. Januar hat der Nebenkläger inTreptowzu den Streikenden gesprochen, cs sei die Pflicht der Arbeitenden im Lande, ihre Brüder im Felde mit der gesamten Arbeitskraft zu stützen und das Beste an Waffen zu liefern. Die Arbeiter in Frankreich und England verlören nicht eine Stunde an Arbeitszeit. Man rief: Verräter, Streikabwürger. Strolch und ähnliche Worte. Dann ging der Redner zu den Streikforder u ii gen über und sagte: Eure Forderungen sind gerecht! Vermeidet Zusammcnstüsic mit der Polizei, lmltct Ruhe und Ordnung aufrecht, haltet ruhig ans, eure Arbeits brüder — da nannte er verschiedene Städte — stehen euch bet. Am Schlusi seiner Rede wurde ihm auch zugcrufen: „Gestel lungsbefehle!" Es wurde ihm auch ein Zettel hinaiifgcreicht. Was auf dem Zettel stand, ist nicht nachgcwiescn. Dann sagte er: Wenn Gestellungsbefehle komme«, wird die Partei sich be mühen, dasi sie zurückgezogen werden. Dasi der Nebenkläger weiter, wie die Zeugen Snrig und Gobcrt bekundet haben, auch noch gesagt hätte, die Streikenden sollten Gestellungs befehle nicht befolgen, ist nicht nacligcwicsen. Dann trat Dittmann an seine Stelle. Er wurde aber bald verhaftet. Am Nachmittag des 31. Januar traf sich die Streikleitung in der Lothringer Strohe. Der Nebenkläger war zugegen. Verhandlungen von Abgeordneten und Funk tionären der Gewerkschaften mit dem Reichskanzler, die versucht wurden, kamen nicht zustande. Der Streik hörte dann am S. Februar auf. Das Gericht hatte z« prüfe«, öS m»f Grund dieser Fest stellungen nachgcwiescn ist, daß der Nebenkläger Landesverrat begangen hat. Diese Prüfung ist lediglich vom strafrechtlichen Standpunkt ans vorzunchmen, nicht etwa vom politischen Standpunkt, nicht vom historische» und nicht vom mora lischen. Dieselbe Handlung, die politisch und moralisch ge boten sein kann, kann trotzdem de» Tatbestand eines strafrecht lichen Deliktes erfülle». Rach 8 89 St. G. B. macht sich des Landesverrats schuldig, wer vorsätzlich während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges einer feindlichen Macht Vorschub leistet, oder derKriegsmachtNachtcilc zufügt. Vorsätzlich bedeutet daS Bcwusitsein, dasi durch die Tat der Kriegsmacht Schaden zugesügt oder der feindlichen Macht Vorschub geleistet wird. Eine Absicht, di« ansdrücklich hieraus hinausgeht, ist dabei nicht erforderlich. Dah der politische Massenstreik, der also auch dle NttstungSiuduftrie umsahte, z«r Zeit des Weltkrieges objektiv Landesverrat ist, kau» füglich nicht bezweifelt werden. Ein solcher Massenstreik legt die Rüstungsindustrie lahm und zieht dadurch der Kriegsmacht des Reiches Nachteile zu. Diese Folgen kannten die Arbeiter, und wenn sic trotzdem de» Streik wollten, begingen sie Landesverrat. Aber nicht nur die streikenden Arbeiter selber begingen Landesverrat, son dern alle anderen, die den Streik austisictcn, organisierten, stärkten nnd stützten, machten sich des Deliktes schuldig, wenn sie den durch den Streik entstandenen Nachteil für die Wehr macht kannten. Ist nun nachgcwiescn, dasi der Nebenkläger so etwas getan hat? Die Sozialdemokratische Partei und der Nebenkläger haben den Streik nicht angezcttelt. Er ist ohne ihr Mtttun entstanden. Der Nebenkläger hat sich aber au der Streikleitung aktiv beteiligt. Er hat an mehreren Versamm lungen der Streikleitung teilgcnommcu und bei der Abiassnng von Beschlüsse», die sür die Fortführung von Bedeutung sind, mitgewirkt. Dem Flugblatt, das in scharfer Weise zum Avs- haltcn aussovdert, hat der Nebenkläger nicht widersprochen. Er hat es mit beschlossen. Er hat endlich im Treptower Park zu den Streikenden gesagt: «Haltet ruhig ans. Eure ArbcitS- brüder in anderen Städten stehen zu Euch!" Damit hat er zum Aushalten am Streik aufgeforbert, und es ist nicht zu treffend. dasi der Ton bei diesen Worten auf dem Worte „ruhig" liege. Alle diese Handlungen hat der Nebenkläger als solche gewollt, obwohl er einsah, dasi diese Haltung der Kriegsmacht des Reiches Schaden zufügen würde. Er hat also im Sinne des 8 89 dcS St. G. B. o o r s S tz » l i ch gehandelt und damit ist erwiesen, dost im strafrecht lichen Sinne Landesverrat begangen ist. Ans die Frage, ob strafrechtlich der Tatbestand des 8 89 erfüllt ist, ist der Einwand, er habe den Streik abwürgcn wollen, ohne Belang. Hiernach könnte eine Verurteilung des Angeklagten aus 8 l8S nicht ersolgcn. Dagegen war der Angeklagte aus Grund deS 8 185 wegen formaler Beleidig nng zu be strafen. Bon den Wendungen, die als beleidigend bezeichnet worden sind, wiegt der Aufdruck Landesverräter am allcrschwcrstcn. Endlich kommt für das Strafmasi in Betracht, das, der Angeklagte mit seiner Beleidigung den höchsten Be amten dcö Reiches getroffen hat. Alle diese Umstände lassen die Tat des Angeklagten so schwer erscheinen, das, trotz seiner Jugend und seiner offenbaren Unfertigkcit nur eine empfind liche Gefängnisstrafe angemessen sein kann. Der Angeklagte hat zunächst zwei Monate Gefängnis zu verbüßen und für den letzten Monat hat er Strafaufschub. Bei der Feststellung der Urteilsbegründung, das, Reichs präsident Ebert, strafrechtlich betrachtet, Landesverrat begangen habe, entsteht im Zuhörerraum sichtliche Bewegung. Der Angeklagte nahm das Urteil lächelnd entgegen. Wie wir erfahren, beabsichtigt die Verteidigung des Angeklagten, Rot- Hardt, nicht, ein Rechtsmittel gegen daS Urteil einzulegen. Der deutsch-englische Kandelsverkrag. Die „Sächsische Industrie", das Organ des Verbundes Sächsischer Industrieller, nimmt zu dem deutsch-englischen Vertrag« in einem interessanten Artikel Stellung, dem wir folgendes entnehmen: «Ter Handelsvertrag mit Großbritannien ist ein Meist* begünstigungsvertraa mit einigen durchaus neu.- artigen Bestimmungen. Wäre das Machtverhältnis zwischen Deutschland und Englano noch das der Vorkriegs zeit, so würde man diesen Vertrag uneingeschränkt begrüben können, denn dann könnte seine Jnnehaltnna und seine ge rechte Durchführung für alle Fälle sichcracstellt werden. Statt dessen hat diesen Vertrag Großbritannien, das stärker gerüstet ist als vor dem Kriege, mit einem wehrlosen Deutschland ab geschlossen. mit einem Deutschland, dem außenpolitisch und außcnwirtschnftlich die allcrengslen Grenzen bereits durch das Londoner Abkommen gezogen sind, dessen Ausfuhrüber schüsse nicht ihm selbst gehören, sondern über die ein Kom missar der alliierten Negierungen nach deren Bestimmungen verfügt. Ein Deutschland, dem sämtliche Kolonien aenommelr sind, das also irgendwelche Sonderabmachungen mit über, sectschen Besitzungen nicht treffen kann, schliesit diesen Vertrag mit einem England, das seine eigenen Abmachungen mit keinen überseeischen Besitzungen ans dem Vertrage aus nimmt: diese überseeischen Besitzungen umfassen aber mehr als ein Viertel der gesamten Erdoberfläche. Die Regelung deS Handels innerhalb dicicS riesige» Komplexes. der wahrscheinlich weit mehr als der gesamte sonstige deutsche Außenhandel ansmacht, wird ans de« deutsch-englischen Abkommen berauSgcnommcn. Im übrigen verpflichtet sich die britische Negierung, dem Handel mit Deutschland diejenigen Vorteile zu sickern, die der englische Handel mit anderen Ländern auf Grund der Overlcas Trade Act usw. durch Gewälirnna von Garantie» und staatlichen Vorschüssen gcniesit. Es ist ein Nachteil des Vertrages, dasi die englische Negierung keine Erklärung darüber abgegeben hat. was sic unter „anderen Ländern" ver steht. Versteht sie darunter auch die Gebiete, die als englische Jntcrcssen-Sphärcn bezeichnet sind? Es wurde in der letzte» Zeit wiederholt beobachtet, saß die in London zur Aus schreibung kommenden Staats- und Kommunalliefe rungen. wenn cs sich nicht um Aufträge englischer Kolonien handelte, an deutsche Industrien auck dann nickt vergeben wurden, wenn die deutschen Angebote bis z» 15 Prozent unter den englischen liegen dasi ferner englisch« Ernnrt-J'^ustricn bei der Erlangung solcher Aufträge durch Exportkredite unterstützt wurden. Soll in dicker Beziehung nunmehr eine gerechte und gleichmäßige Behandlung deutscher und englischer Lieferanten erfolgen? Die Handelsbeziehungen Deutschlands zu den englische« Kolonien, Besitzungen, Protektoraten, Dominions sind nn- aeheuer wichtig, und gerade in diesen überseeischen Be sitzungen wird der deutsche Handel in einer okt unverständ lichen Weise noch diskriminiert. England hat sich nicht nur die vollkommen« selbständige Regelung zu diesen Nicsen- komplercn auf der Erde Vorbehalten, sondern es ist auch höchst ungewiß, ob diese Gebiete selbständig ihre Beziehungen zu Deutschland auf eine normale Basis bringen werden. Jeden falls besteht die Möglichkeit, dasi Englands überseeische Besitzungen uns befehden, wenn wir arosibritannischen Wün schen auch über den Vertrag hinaus einmal nicht sollten ent- gegcnkommen wollen. England hat cs weiter verstanden, in den Vertrag ein« Kautschnkbcstimmung hiiicinzunchmcn. die zwar angeblich sür beide Partner in gleicher Weise gilt, die sich aber praktisch höchst ungleich answirken muß. Deutschland ist außenwirt schaftlich durch die Damcs-tziesetze geknebelt, außerdem sehr geschwächt, und besitzt wegen der Erschließung seines Eigen, kapitals eine schutzbedttrstige, in der weiteren Modernisierung vielfach gehemmte Industrie gegenüber der kapitalkräftigen, modernisierten englischen Industrie. Bei der englischen Eisen- und Stahlindustrie ist die Produktion um etwa die Hälfte größer als vor dem Weltkriege. In anderen In dustrien liegt cs ähnlich. Bei dieser Schntzbedürftigkeit der dcutsänn Industrie erscheint uns die folgende Vertrags- besttmmnng als eine sehr zweischneidige Maßnahme: «Jede Partei übernimmt die Verpflichtung, keine Zölle oder Abgaben anszucrlcgen, wieder aukzucrlcgen oder bciznbchaltcn. die sür die andere Partei besonders abträglich sind, und künftige Zölle nur mit aebiihrcndcr Rücksicht aus die Gegenseitigkeit und die Entwicklung des Handels der beiden Länder sesnnictzcn. wenn die Zollsätze die Interessen dcS anderen Landes besonders berück sichtigen." Diele ^ ^'mnnnig enthält eine außerordentliche Bindung unserer künftigen Handelspolitik. Tie Bindung ist für Eng land. das mit seinen Kolonien einen Sclbstversoraerstaat dar- stcllt oder im Notfälle darstcllcn kann, selbstverständlich bet weitem nicht so groß, wie sür Deutschland. Man wird vor läufig auch noch nicht beurteilen können, inwieweit sich diese Bestimmung bei anderen Handelsverträgen, insbesondere der Meistbegünstigung gegenüber anderen Staaten, answirkt. Jedenfalls kann ein politisch mächtiger Staat mit diesen dehn baren Paragraphen einem ohnmächtigen Staat gegenüber alles durchsetzen. Wenn die Möglichkeit hierzu auch bereits bisher bestand, so ist eS u. E. doch etwas anderes, ob wir sie durch einen Vertrag bestätigen oder unbestätigt lassen. Der Vertrau behält im übrigen beiden Partnern das Recht vor. die sür Erhaltung seiner Industrien geeigneten Maßimhmen zn ergreifen. Deutschland hat aber dieses Recht seit dem Dawes-Gcsetzen überhaupt nicht mehr, kann von ihm also ' 2 Ä I
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