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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 25.03.1927
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270325027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927032502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927032502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1927
- Monat1927-03
- Tag1927-03-25
- Monat1927-03
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-lc. 1i.t Äeite 2 22. t -.k belieben. Der Herr General war als Vertreter deS Mar schaus Pilsudiki zu der Massendemvnstration nach Kattvivitz entsandt worden. In einem Kaltvwitzer Hotel dnrfte er^bet eliiein holieren Persöiilicykeiten nnd der Auslandspresse ge nebenen Bankett rede», lind er sprach so. das» den polnischen Zullöiern die Haare zu Bergechranden. Nachdem er öle Grube Pilsudikis übermittelt und dessen Besuch in Ober schlesien siir eine spätere Beit angekitndigt hatte, betonte er den Wert Polnisch-Oberschlesiens für Polen, besonders , m F alle et » e s >7 rieges. Wörtlich schloß er diesen Teil seiner Aiifnndiguiig mit der prophetischen Versicherung: „Man soll sich nicht täuschen, dieser Krieg wird kommen.* Ob er den westlichen oder östlichen Nachbarn meinte, blieb unklar. Allgemein war gestern der Eindruck der, daß diese Ankündigung aus dem Munde des offiziellen Vertreters des Diktators der Polnische» Republik auch im Anslande B e u » r u I> i g u n g bernorrufen müsse. In einem Berichte heißt eS: „Die Amoesenden waren über diese Ankündigung — «Drevöuer )t> cki.ea-ien' — konsterniert.* Selbst die „Pvlonta* KvrfantyS schrieb gestern unter dem peinliche» Etnoruck diese- VäbelgerasselS. daß „diese Aeußerung beim Bankett nicht geringes Aussehen er regte. denn es habe den «nscheih, als trage sich die Regie rung mit KricgSabsichten. während die polnische Bevölkerung sehnlichst den Friede» mit den Nachbarländern wünscht". Das Blatt meint dann noch, daß Marschall Pilsudskt künftig in der Wahl seiner Vertreter bei offiziellen Festlichkeiten vvr- sichtiger sein möge. Möglich, dah dieses Säbelgerassel die persönliche Aenfterung eines Generals darstellt, die man als Entgleisung buchen könnte. Nach manchen ähnlich«» Acnsierungen ist sie doch charakteristisch dafür, welcher Geist in einem Teile der führenden Persönlichkeiten Polens steckt. Der Beseitigung der polnisch-deutschen Schwierigkeiten und der polnisch- russischen Differenzen dient eine derartige Auslassung jeden falls nicht. y-rtliches und Sächsisches. Äin-enburg an -er Spitze -es Ehre«- priisi-iums -er Iahresschau. Reichspräsident v. Hinbenburg hat der IahreSscha» mitaeteilt dah er gern bereit ist, daS Ehrenpräsidium der IahreSscha» Deutscher Arbeit 1VS7 „DaS Papier* zu Über nehmen. H Zum Stzan-al im Lair-Iage. Der Anlas, zu den tief beschämenden Vorgängen in der Donnerstagsitznng des Landtages war bekanntlich der Be. schluß, das Mandat des Kommunisten Ewert für ungültig zu erklären, der mit Hilfe der Altsvzialtsten zustande kam. Ewert hatte offenbar bereits Lunte gerochen und mar in der Sitzung nicht anweipnd. Als er am 81. Oktober v. I in den Landtag gewählt wurde, befand er sich wegen Hochverrats in Untersuchungshaft. Gegen die Stimmen der Bürgerlichen wurde aber damals seine Enthaftung beschlossen. Da er durch die Ungültigkeitserklärung des Mandats seine Immunität verliert und sofort wieder seine Festnahme zu gewärtigen hatte, hat er sich inzwischen in Sicherheit gebracht. Mit dem gestrige» Beschlüsse, das Mandat für ungültig zu erklären, ist natürlich keineswegs eine Aendernng der Mehrheitsverhältnisse des Landtages verbunden. Durch den Wegfall von EwertS Mandat rückt einfach der nächste An- Wärter ans der kvinmnnistischen Liste im Chemnitzer Wahl, kreise nach. Das ist der Klempner Ernst Scheffler in Schwarzenberg. Präsident Schwarz soll übrigens in der gestrigen Sitzung den Abgeordneten Roscher, von dem Bethke zum erste», mal angegriffen wurde, bereits für eine Woche von den Land, tagssitznngen ausgeschlossen haben, was aber bei dem groben Tumult nicht gehört worden ist. Hoffentlich werden gegen alle Beteiligten die geschäftSvrdnungsmästigen Mittel mit aller Strenge angcwendet. Die betreffenden verschärften Be. stimmungen, die sich im Jahre >921 unter der Präsidentschaft des Abgeordneten Winkler nötig machten, well insbesondere die Kommunisten fortwährend Ausschreitungen begingen, lauten wie folgt: „Wegen gröblicher Verletzung der Ordnung kann der Prä. sident einen Abgeordneten von der Sitzung ausschlteßen. Ber. läßt in diesem Falle der Abgeordnete trotz Aufforderung de! Präsidenten nicht sofort den Sitzungssaal, so wird die Sitzung unterbrochen oder aufgehoben. Der Abgeordnete zieht sich da. durch ohne weiteres den AnSschlub für die folgenden drei Vollsitzungen, höchstens eine Woche, zu. Leistet ein Abgeordneter einer vom Präsidenten zur Durchführung der Geschäftsordnung oder zur Aufrecht- crhaltung der Ordnung ergangenen Anordnung trotz wieder- holt an ihn gerichteter Aufforderung keine Folge, so tritt der Ausschluß für die folgenden - sechs Vollsitzungen, höchstens zwei Wochen, ein, sofern der Abgeordnete bei der zweiten Aus. fvrderung ans diese Folgen aufmerksam gemacht worden ist. Der Präsident hat Abgeordneten, die trotz ihres Aus- schlusses versuchen, in die Sitzungen des Landtages, der Aus schüsse, des Vorstandes oder deS Aeltcstenrates etnzndringcn, oder sonst die Ordnung Im Landtagsgebäude stören, bis zum Ablauf des letzten Auöschlußtages den Aufenthalt im Land- tagsgebäude zu untersagen und dem Landtag diese Anord nung mitznteilen. Zu ihrer Durchführung kann er die er- forderliche Macht von der vollziehenden Gewalt anfordern/ Für Slempelfrelheil in Aufwerlungsfachen. Landtagöabgcordncter Professor Dr. Kästner lDeui.s verlangt in einem Anträge die S t e m p e l f r e i k> e i t für Vollmachten und Urkunden in A n s w e r t u n g S s a ch c n. Der Antrag hat folgenden Wortlaut: Der Landtag wolle beschließen: 8 6 der sächsischen Notver- vrdnung vom 26 Oktober 1925 wird wie folgt geändert: „Das Verfahren ist stempelsrei. Urkunden, von denen im Verfahren Gebrauch gcmacht wird, sind nur insoweit stempel- pflichtig, als sie auch über das Aiifwertungsverfahrcn hinaus- gehende Aiigelcgcnl-cilc» betreffen." —* Zum Tode des stellvertretenden Polizeipräsidenten Stelzncr. Wie schon kurz mitgcteilt, ist am Montag hier der Oberregierungsrat Stelzner, Stellvertreter des Polizei- Präsidenten, gestorben. Er war geboren am 22. August IM, bestand die erste Prüfung am 39. Juni 1995 und die zweite Staatsprüfung am 1. Dezember 1999. Im Jahre 1916 wurde er als OberrcgicrungSrat und kommissarischer Leiter deS Kriminalamtes nach Leipzig nnd am 1. Oktober 1623 an die KrciShauptinannschaft Leipzig versetzt. Ein Jahre später er- folgte seine Versetzung an die Krcishauptmannschaft Dresden und am 1. Juli 1926 an das Polizeipräsidium Dresden, wo der Verstorbene Stellvertreter des Polizeipräsidenten war. Die Aufwerlungsnovelle im Rechlsausschutz. Ein Sitz öer S. P. D.-Fraktion unver bindlich an Dr. Best abgetreten. Berlin, 25. Marz. Im RechtsanSschuß des Reichs tages, der sich jetzt mit Answertungsfragen beschäitigt, teilte Dr. Landsberg iSoz.i nui, daß die sozialdemokratische Frak tion beschlossen habe, Dr. Veit, der nach Auslosung der völki schen Arbeitsgemeinschaft wieder ohne Sitz im Ausschuß ist. einen ihrer ach, Litze zu übertragen ohne jede beiderseitige Bin dung, also auch ohne die Verpflichtung, den Anträgen von Dr. Best zuzusliuiineit. — Dr. Vest nahm mit Dank das An erbieten der sozialdemokratischen Fraktion an. In der Beratung der 2t vveIlc zum A u fwertungS - ge setz wurde die Bestimmung erörtert, wonach die Zinsen für aiisgewenete Hnpolheken ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Wiedcreultrelbniig zu zahlen sind ab l. Juli l926. Dazu wurde non der Wirtschai'tlichen 'Vereinigung beantragt, diese» Zeitpunkt ans den l. Januar 1927 hinatlsziischiebe», von den Demokraten, den Zeitpunkt znrückziiverlegeil auf den 1. Jan. 1926. Letzterer 'Antrag wurde vom Reichsjuslizminister Herg« scharf bekämpft. Viele Schuldner ivnrdeil nicht in der Lage sein, diese Ziin'en rückwirkend zn bezahlen. Trotzdem ivnrde der Antrag mit 15 : 9 Stimmen angenommen. Dafür stimmten außer Sozialdemokraten und Komutniiisten auch mehrere Mitglieder des Zentrums und der Vertreter der Bäurischen Bvlksparlei. Die 'Vertreter der Dentschnationalen und der Deutsche» 'Vollspariei stimmle» geschlossen gegen den Antrag. Der 'Antrag der Wirtschaftlichen 'Vereinigung wurde abgelehnt. Tagung des evangelischen Kirchenausschusses. Berlin, 2l. März. Unter Vorsitz des Präsidenten Dr. ».Kapier trat hier der Deutsche evangelische .9 i r ch c » a n S s ch n ß , das geschäfiSnihrende nnd 'Vollzugs organ des KiichenbundeS der denlichen Landeskirche, zu seiner FrühjalirSsitzung zusammen. Zum letzten Male wohnte de» 'Verhandlungen der kürzlich in den Ruhestand getretene säch sische >>onsistorial-Präsident Dr ». B ö h m e, Dresden, bei, der sich »m den Kirchenbiind Hobe 'Verdienste erworben hat. Die Beratungen galten n a. der Borbcreitnna deS deutschen evan gelischen Kirchentages, der als die Gesgmtvcrtrcinng deS Bundes im I»»i d I. in Kö n > gSberg i Pr z» seiner ver fassungsmäßigen Tagung uisnmmeiltrilt. Die Haiiptvvrträge werde» haste» Professor ». K a li i iM. d RR Berlin, über „K i r ch e u n d 'V a t e r i a » d" nnd Pros. 0. 'A l t h a u S, Erlangen, über „K i r ch e n nd 'VolkS! n m". 'Von de» deutschen evangelische» Go>»ei"den in Bradford lEnglandj, Malaga, Balparaiso >i»d Okahandja sSüdwest- »frikaj sind Anträge ans 'Anschluß a» de» Kirchenbnnd ein- gegitngeil, die genehmigt wurden. Ferner wurde beschlossen, sur Jubelfeier,i in den dem Kirchenbnnd angeschlosseiien AuS- landSgenieinden eine kirchliche Ehrnna H"in''"liren. Anläßlich der Friiliiahrötagting des Deutschen evan gelischen Kilcheiiansschilsseo hatte öer Deutsch-evangelische Presseverband für Denlichland eine Reihe führender Per sönlichkeiten des politischen, kirchlichen nnd Schnllebens zu einer Besprechung des Reichsschulgesetzes geladen, der »eben zahlreichen 'Abgeordnete» aller Parteien auch der Reiche-innenminister v. Kendell und der preußische KulluSmiilisicr gefolgt waren. Neichsinnenminister v. Kendell wies daraus hin, daß für die gewaltigen zu lösende» Aus gaben vertrauensvollste, offenste und loyalste Zusammen arbeit notwendig sei. Der bayrische Kirchenpräsident, Dr. Beit-München, führte dann aus, daß es nicht um Kirche und Schule, daß es vielmehr um unsere Jugend geht, die wieder zu einem starke» und lebenstüchtige» Menschentum heran- wachse» muß. Die Schule soll, erklärte der Redner, ein Ackerfeld sein, aus dem wir geineinsain arbeiten wolle». Die Kirche fei die letzte, die den Fortfall der geistlichen Schul aufsicht bedauere. Das Mißtrauen müsse verschwinden, als ob es sich beim ReichSschulgesetz um irgendwelche Machtsrage» handele. Für das koiiiiiie»de ReichSschulgesetz lautet die Forderung: Für evangelische Sinder, evangelische Schulen: nicht im Sinne der Unterdrückung anderer Schularten: Es soll vielmehr de» Eltern ii»be»v»i»iei, bleiben, sich anderer Schularten zu bedienen. 'Aber gerade darum fordere man auch für die Bekenntnisschule ungehinderte Freiheit, nicht in» das Trennende zu betone», sondern weil inan eine Er ziehung wolle zur Geschlossenheit und Charakterfestigkeit, die Inhalt gibt und zugleich Duldsamkeit gewährt. In der christlichen Simultanschnle sei »m ihres geschichtlichen Rechtes willen, zumal in Gegenden besonderer Konfessioitsmischung, etwas Wertvolles zu erblicken. Aber wo immer die Bekennt nisschule gewünscht werde, müsse ihr freie Bahn gegeben werden. Die Erörterungen, an denen sich auch der frühere Reichs- iiineiintiilister Dr. Külz, der dciitschnationale Abgeordnete Dr. Mumm, 1). H t ck m a n n - Dresden »sw. beteiligten, brachten bei aller 'Verschiedenheit der Auffassungen den Willen zur gegenseitige» Achtung und zur Lösung der Frage in gegenseitigem Vertrauen zum Ausdruck. Das Neitbskabinett und Brauns Brief Berlin, 25. März, lieber die zu erwartende Stellung nahme des ReichSkablnettS zu dem Briese des preußischen Ministerpräsidenten Brau» teilt die „B. Z." mit, daß diele Stellungnahme völlig in der Richtung der früheren Beschlüsse des NeichSkabinettS liegen werde. An dem Standpunkt des Kanzlers habe sich in dieser Frage nichts geändert. Dr. Mar? betrachtet die ganze Frage noch unter genau dem gleichen Ge sichtspunkt wie bisher. Seitens des RcichskabinettS sei die Möglichkeit einer Rückkehr Wilhelms II. bisher überhaupt nicht diskutiert worden. Die Frage wurde als genügend ge klärt angesehen, so daß die vom preußischen Ministerpräsiden ten gewünschten Maßnahme» bisher als noch nicht dringlich betrachtet worden seien. Da auch der Generalbevollmächtigte des früheren Königshauses, Oberst von Kleist, in seinem Antwortschreiben an Staatssekretär Weißniann die Gerüchte von angeblichen Nückkehrpläneii des früheren Kaisers nnd seiner Gemahlin dementiert, hoffe man In der Regierung nahestehenden Kreisen, daß durch die ganze Rttckkehrfrage k e i ii e B e u n r u h i g n n g der Bevölkerung eintretcn werde. Berlin, 25. März. Ter von dem preußischen Minister präsidenten Braun a» den Reichskanzler gerichtete Brief ist dem bisher geübten Brauch zufolge wieder veröffentlicht wor den. noch bevor er in die Hände des Reichskanzlers gelangt war und ehe sich die ReickSregieruna damit beschäftigen konnte. Die preußische Regierung wird über den Ursprung dieser Indiskretion eine Untersuchung einleiteii. Berlin. 23. März. Der Reichspräsident hat den neueriiannten tschccho-slowaktschen außerordentlichen Gesandten und be vollmächtigten Minister Dr. Frantisec-Ehralkovsky zur Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens emp fangen. „Wallenslein." Neueinstudierung im Schauspielhaus. 2t. März 1927: „Wallensteins Lager". — „Die Piccolomini". Um den einen Schlußakt der gewaltigen Geichichts- tragödie Wallenstein darzustellen, hat Schiller elf Akte eines Dramas gebraucht. Leine Trilogie ist eine Schein- fvrm aus 'Notlage gegenüber einem überreichen Stoffe. Ob wohl infolgedessen die Bühnen gleichfalls zur Zerteilung des Dramas genötigt sind, darf man nie vergessen, daß „ W a l l e ii st c i n s Lager" und „Tic Piccolomini" nur gemeinsam mit „ W a l l e n st e i n s Tod" beurteilt werden können. Darum und 'Vorbehalte angebracht, solange erst die Hälfte des Gcsamlwerkes szenisch verwirklicht da- steht. Tie Reneinstndiernng des großen Werkes beschäitigt uns zunächst durch die Neubesetzung säst aller wichtigen Rolle» und dann durch die Umgestaltung des äußere» Rahmens. Inwieweit der dichterische Gehalt und die dramatische Kraft der Tragödie damit zur Auswirkung ge brach! worden sind, kann so recht erst beim Rückblick auf das Ganze festgestcllt werden. Georg K i c s a u. der Spiel leiter der Neneinstudiernng, hat de» Ehrgeiz gehalst, nicht nur eine äußerliche, sondern auch eine innerliche Erneuerung zu schaffen. In der Masseiircgie sind große Fortschritte gcmacht worden. Tie treibende Kraft eines temperamentvollen Regisseurs ist da stark zu spüren. Vorläufig jauchzt das Lagervvlk sogar noch allzu krastbewußt und tobt sich im Freudentaumel der Zuchtlosigkeit ans. Das wird sich ab- schlcifcn und mildern. Tie Grnppenbildnngen werden zivangsloscr erscheinen, wenn sic sich völlig eingespielt haben. Wie sich die bunte Menge um den Kapuziner schart, ist be sonders lebensvoll gelungen, ebenso ihre lachende Zu stimmung zu seinen volksderbcn Wortspielen. Tie Mit wirkung einer sehr loSgebimdenen Weiblichkeit tritt jetzt, einem Zuge der Zeit folgend, kühner hervor: doch daß dem Kapuziner eine Lagerdirnc um den Hals fällt, scheint mir doch die 'Respektlosigkeit zn weit getrieben. Allerdings ist Pvntvs Kapuziner ein recht gemütliches altes Wnrzel- niännlein, mehr Spaßmacher als Ernstmacher, und es ist kaum z» glauben, daß ihm sein Angriff auf den Feldherrn ans Leben geben könnte. 'Aus der Fülle der Figuren heben sich klargegliedert die führenden Sprecher der Soldateska heraus, P a u l s e n S schmucker höllischer Jäger, der stolz- bewußte wallonische Kürassier Posses als schöner Mann <m Eisenkleid, der schnauzbärtige, speckigglänzende Wacht meister Schröders. Nicht zu überleben die tonnenrunde, gewichtige Marketenderin der Jda B a r d o u-M tt l l e r. Wie Schiller mit erstaunlichem Geschick die Episoden zum Ganzen gebunden und zur Höhe gesteigert hat. so treten auch in KiesauS Regte schnell vorübergehende, einprägsame Situationen, wie der verwahrloste Bauer lvöhner) unter den drohenden Fäusten der Soldaten, znm Gesamtbilde des einmütigen Handelns der Krieger im Schwur aus Piccolomini zusammen und gipfeln in dem Absingen des Reiterliedes, das nicht vom Lagergcsangverei» vorgetragen wird, zu dem viel mehr der Trompeter seine Leute hcrbcisignalisicrt, um die einzelnen, die das Lied, der eine hier, der andere dort, Vor singen, mit schmetternden Klängen zu begleiten. Fern von falscher Meiningeret hat Kiesau einen lebendigen Realismus des Szenenhildes und seiner Bewegung angcstrebt und er reicht. „Wallciistcinö Lager" ist auch in dieser neuen For mung eine rauschende Ouvertüre zur ernsten Tragödie. In der Besetzung der großen Rollen des eigentlichen Dramas sind, soviel ich sehe, nur Meyer sJsolanij, Fa recht sQiiestciibergj, Clara Sa Ibach s-Herzogin) und A n t v n i a D i e t r i ch llThekla) am alten Orte. Sogar den Buttler Adolf Müllers, eine seiner charakteristisch sten Gestalten, vermißt man, ohne recht zn sehen, warum: denn Kotten kamp, in Figur und Maske repräsentativ, gibt doch mehr einen würdigen, etwas geheiinrätltchen RegiineiitSches, während Müller ein knurriges Original hin- srellte. Prachtvoll sind aber die Eharaktcrköpse dieser Kriegsmänner, schon in den vorzüglichen Masken, so Kleinoschegg als vvllbürtigcr. südlich brauner und rassiger Illv, Wvesler als geschmeidig schönliiighafter, aber geistig unbedeutender Tcrzky, Meyer mit dem verlebten Gesicht des Kroatcngcnerals Jsolani, der biedere Weinschwelg Tlefcn- bach Hühners usw Prachtvoll auch die spannnngöstarke Sitzung dieser Führer in der großen Szene der Audienz Oncstcubergs, straff die -Haltung dieser Schar unter der bannenden Persönlichkeit Wallensteins, eine schicksalsschwere Sitzung. Ganz eigenartig fesselt das verschlossene Gesicht Lind ners als Octavio Piccolomini. Diese kühle, geistes scharfe Maske, fern aller Jntrigantciimtene, Kopf eines klugen, selbstsicheren Diplomaten von altadliger Rasse, Blick eines scharfen Beobachters, Stimme eines leidenschaftslos scheinenden, beherrschten Mannes von Welt — das ergibt ein anfangs fast nüchternes, allmählich aber geheimnisvoll zwingendes Bild einer bedeutende» Persönlichkeit. Erst die Aufwallung Im Gespräch mit dem Sohne läßt ahnen, welche verderblichen Kräfte hinter diesem kühnen Acnßercn wohnen. Mar Piccolomini ist nun Felix Stetnböck, und er setzt die typische Weichheit seines Wesens für diese Schillerischste Gestalt des Dramas ein, aber mit einem Maßhalten im Rhetorischen, mit einem Drang zur Verinnerlichung, der schon jetzt die Klippen dieser Rolle klug vermeidet und für die weitere Entfaltung Gutes verspricht. Auch ber Gräfin Tcrzky von Greihe Bolckmar muß man diese „Be währungsfrist" geben, kommt sie doch erst später zur vollen Bedeutung für das Stück. Und selbst über Decarlts Wallenstcln soll nichts Abschließendes gesagt sein, bevor er selbst nicht seine Gestaltung, bi^ Bedeutsames verheißt, ab geschlossen hat. Beherrschend erschien er in der geistigen Führung der Audienzszene. Den äußeren Rahmen hatte seinerzeit Otto Altenkirch nach Studien an den historischen Stätte» gebildet Ich muß ! gestehen, daß mir die ruhigen, vornehmen Räume im Rat haus zu Pilsen angemessener erscheinen als die neue», die Mahnke und Brandt geschaffen haben. Das Treppen haus ist architektonisch reizvoll, aber als Ort für die ge heimsten Mitteilungen zwischen Piccolomini und Oiiestcn- berg unmöglich. Man wird bei dem Gedanken an die Akustik dieser hohen Halle ebenso nervös wie Octavio: vor den Horchern kann da kein Umschaiicn schützen. lAuch mutz dafür gesorgt werden, daß am oberen Ende der Treppe nicht jeder vvr dem vermutlich zu kurz angebauten Abstieg zurück- schreckt.) Das Zimmer bei Terzkys ist ei» schrecklicher Winkel, und die Pvlsterbank smit der Lampe darunter und dem Niescngemälde dahinter) ein noch schrecklicheres Möbel. Wozu diese schlechte, die Gesichter mit Schlagschatten bedeckende Beleuchtung? — Der Bankcttsaal ist ein großes Treppen haus »ach bekannten Barvckarchitckturen und bietet mit den beiden Treppenwangen schöne Gelegenheit zn überhöhten Gruppen und lebhaftem Ans und Ab der Bewegung. Oben zechen die Generale unterm Kronleuchter bei Tafelmusik der Hostrompeter. Malerisch gewiß sehr reich und farbig, szcnilch praktisch und günstig. Doch das „Bacchus-Fest" malte sich die Phantasie einst, als es hinter hohen Glastüren stattsand, niel üppiger und wilder ans, als cü jetzt mit gesitteten Trink- sprüchcn und mäßigem Pr^chtanswand nor Augen steht. In dessen geriet die Unterschreibnngöszene äußerst dramatisch und führte zu einer großen Höhe der Leidenschaften in diesem kriegerischen Mäiinerdrama, dessen Wiedergewinnung für unsere Bühne lebhaft zu begrüßen ist. Wir harren des baldigen Abschlusses mit „Wallensteins Tod", um die Gesamt- Wirkung beurteilen zu können. Die große Arbeit am großen Werk wurde schon jetzt durch langanhaltenbcn Beifall der BegeisteAcn gelohnt, dem sich Darsteller und Szenenschöpfer immer wieder dankend neigen mußten. Dr. Felix Zimmer mann. Kunst und Wissenschaft. Opernhaus Richard Strauß als Dirigent seines „Rosen- kavalier" ist eine in Dresden bekannte Erscheinung. So hatte also dieser Strauß-Abend nicht gleich dem voran- gegangenen den Reiz einer neuen Besonderheit. Oder eigent lich doch. Insofern nämlich eine Künstlerin vom Range der Meta Seine meyer erstmals die Marschallin sang. Aus das Wort „sang" ist dabei der Schwerpunkt zu legen, denn vorerst war eS ein rein gesanglicher Eindruck, ein neuer Triumph der ideal schöne», warmen und weichen Stimme. In der Auffassung dagegen noch nicht recht lebendig. Diese Marschallin, die äußerlich sehr hübsch, nicht schon wirklich gealtert, sondern vorerst mehr als „Frau tm gefährliche« Alter" erschien, war zu sentimental. ES mttsien kn de« Szenen mit OAS und besonder» bet der Konfllktlösung tm dritten Akt doch auch Züge eines starken repräsentative«
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